- Mätressenschlösschen
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Neufriedstein ist ein ehemaliger Weinbergsbesitz innerhalb der heutigen Lage Radebeuler Johannisberg im Stadtteil Niederlößnitz von Radebeul mit Herrenhaus und einem Berghaus (Mätressenschlösschen).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der westlich vom Friedstein (danach in Altfriedstein umbenannt) gelegene Weinbergsbesitz wurde 1827 Neufriedstein benannt. Er lag ursprünglich auf der zu Kötzschenbroda gehörenden Flur, dem „Kötzschbergischen Weingebirge“. Diese wurde mit seiner Gründung im Jahre 1839 Teil von Niederlößnitz.
In den Jahren zwischen 1727 und 1749 vereinten der Dresdner Ratsherr Johann George Ehrlich und sein Sohn Johann Gotthold Ehrlich die drei historischen Weinberge Schild, Sandleithe und Wehlsberg zum Weinbergsbesitz Ehrlich, wie er im Flurbuch von 1800 genannt wurde. Sohn Johann Gotthold Ehrlich ließ auf der Suche nach Silber um 1765 erfolglos mehrere Bergstollen in den Hang treiben.
Der östlich an den Fliegenwedel grenzende Wehlsberg, ursprünglich im Besitz der Herren von Köckeritz auf Burg Wehlen, galt bereits im Jahr 1417 als einer der wertvollsten Weinberge der Lößnitz. Zur Zeit von Vater und Sohn Ehrlich gab es hier bereits ein Winzerhaus (heute Nr. 5) mit Berg- und Preßhaus.
Im unteren Bereich des Schildbergs baute Johann Gotthold Ehrlich um 1770 ein barockes Herrenhaus, das spätere Pfarrtöchterheim und 1771/1772 auf der Hangkante das Berghaus Neufriedstein als Lusthaus.
1776 kaufte Christiane Dorothee Schäffer das Anwesen.[1] Das Herrenhaus (heute Nr. 2) erhielt durch seinen späteren Besitzer, den Major Karl Gottlob Ludwig Schäffer, 1820 einen klassizistischen Portikus auf vier dorischen Säulen.
Georg Schwarz, Schwager von Ludwig Pilgrim und wie dieser Schwiegersohn von Johann Peter Hundeiker, wohnte um 1820 wohl auf dem Weinbergsanwesen Friedstein seines Schwagers Pilgrim. 1821 erwarb er erstmal wohl nur zur Pacht den Schäfferschen Weinberg, den er 1827 dann auch kaufen konnte. Da er 1823 bereits Friedstein von seinem Schwager erworben hatte, der zu jener Zeit bereits im Mohrenhaus wohnte, benannte Schwarz Friedstein in Altfriedstein um und das Schäffersche Anwesen in Neufriedstein.[1] Mit Georg Schwarz und später Friedrich Sickmann waren zwei der Gründer der Sektkellerei Bussard Besitzer von Neufriedstein.
Der Arzt Ernst Wilhelm Lenk errichtete auf dem Besitz 1876 eine Schankwirtschaft, die er vier Jahre später bereits wieder schloss, um nach der Reblauskatastrophe das Land parzellieren und als Bauland verkaufen zu können. Im Südwestteil entstanden eine Majolikafabrik sowie das Wasserwerk Niederlößnitz.
Das Herrenhaus und das Berghaus übernahm 1886 der Schriftsteller und Übersetzer Maximilian Rudolph Schenk. Er verkaufte wiederum das Herrenhaus 1888 an den Landesverein zur Unterstützung verwaister und unversorgter Predigertöchter im Königreich Sachsen, der hier das sogenannte Pfarrtöchterheim einrichtete, welches bis 1998 bestand. Seit 2001 wird das inzwischen an Privat verkaufte und sanierte Herrenhaus zu Wohnzwecken verwendet.
Der Zirkusdirektor Hans Stosch-Sarrasani kaufte 1938 die Villa Neufriedstein 1 als Wohnsitz und „Ruheheim für verdiente Sarrasani-Artisten“. 1948 übersiedelte seine Witwe Trude Stosch-Sarrasani nach Argentinien, wo sie bis 1972 mit Unterbrechungen den Circo Sarrasani-Shangri La betrieb. 1992 besuchte sie wieder Dresden und Radebeul, wo sie ihr auf Neufriedstein gelegenes Artisten-Ruheheim der Diakonie übereignete. Diese ließ das alte Gebäude abreißen und errichtete an gleicher Stelle 1997/1998 das moderne Alters- und Pflegeheim Neufriedstein der Diakonie, gleichzeitig wurde das Pfarrtöchterheim aufgelöst.
Mätressenschlösschen
Das an der Hangkante oberhalb des Schildberg genannten Weinbergs 1771/1772 gebaute Berghaus Neufriedstein ist ein massiver und weit sichtbarer Bergpavillon. Er wird heute Mätressenschlösschen genannt, früher hieß er auch Himmelsschlösschen oder Friedsteinburg. Wie das Herrenhaus steht auch er heute unter Denkmalschutz.[2]
Auf einer talseitigen Terrasse mit Treppen auf beiden Seiten steht ein fensterloser Unterbau aus Sandsteinblöcken mit Blendbogengliederung in der Ansicht sowie einer Balustrade obenauf, im Inneren mit einem Tonnengewölbe. Das Lusthaus selbst ist ein achteckiger, verputzter Baukörper mit zwei rechts und links angesetzten rechteckigen Flügelbauten. Diese tragen einseitige Ziegel-Walmdächer, der Mittelbau trägt ein Mansarddach mit einer Aussichtsplattform. Die Wetterfahne zeigt durch einen Zahlendreher das Jahr 1717.
Das 1888 von dem Schriftsteller und Übersetzer Maximilian Rudolpf Schenk durch Verkauf des Herrenhauses abgeteilte Anwesen des Mätressenschlösschens wurde 1922 durch die Gemeinde Niederlößnitz erworben.
Der Salon im Inneren war bis zur Sanierung im Jahr 1923 mit Weinbaumotiven ausgemalt. Als einziges historisches Inventar befindet sich heute ein zierlicher Rokokokamin im Salon.
Nachdem das Gebäude in städtischem Besitz zum Teil als Wohngebäude verpachtet war, wurde es 1993 an Privat verkauft. Der neue Besitzer ließ es 1998 bis 2000 denkmalgerecht sanieren, gleichzeitig entstand hinter dem Lusthaus, von der Hangkante aus gesehen, ein neues Wohnhaus, dessen Formgebung die Vorgaben des Mätressenschlösschens aufnahm. Das umliegende Gelände wurde als Park neu angelegt, dessen Gestaltung 2001 durch einen Preis für Sächsischen Garten- und Landschaftsbau ausgezeichnet wurde.
Baukultur
Das im Osten an das Denkmalensemble von Schloss Wackerbarth stoßende Weinbergsgelände des Neufriedstein steht heute einschließlich Berghaus (Mätressenschlösschen), Herrenhaus (Pfarrtöchterheim) und Winzerhaus (Haus Nitzsche) als denkmalpflegerische Sachgesamtheit (Ensembleschutz) unter Denkmalschutz.[3] Außerhalb der Sachgesamtheit steht das früher ebenfalls zu Neufriedstein gehörende Untere Berghaus, in dem in den 1820er Jahren Johann Peter Hundeiker wohnte.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit außerhalb beziehungsweise unterhalb von Neufriedstein liegt das ehemalige Weingutsanwesen von Haus Liborius.
Literatur
- Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz, 2., leicht geänderte Auflage 2006, ISBN 3-938460-05-9
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen, SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland. 1914.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Jochen Zschaler: War Jean Paul in der Lößnitz? Teil 2. In: Vorschau und Rückblick. Monatsheft für Radebeul und Umgebung. 14. Jahrgang, Heft 3, S. 2–4. Radebeuler Monatshefte e.V. (Hrsg.), Radebeul 2003.
- ↑ Denkmalliste Radebeul
- ↑ Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen
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