- Narva (Leuchtmittel)
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NARVA (Zusammensetzung aus den Abkürzungen N für Nitrogenium (Stickstoff), AR für Argon sowie VA für Vakuum) war die Firmenbezeichnung eines Volkseigenen Betriebes (VEB) (später eines Großkombinates) in der DDR, der Leuchtmittel (insbesondere Glühlampen) herstellte. Heute ist es der gemeinsame Markenname der Produkte der voneinander unabhängigen Nachfolgebetriebe des ehemaligen VEB, die im Warenzeichenverband NARVA e.V. zusammengeschlossen sind.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Betriebliche Entwicklung
Die Geschichte des Unternehmens ist eng verbunden mit dem Berliner Glühlampenwerk Osram. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der beginnenden Teilung Deutschlands wurde auch der Osram-Konzern aufgeteilt. So produzierte ab 1949 das im Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain befindliche ehemalige Osram-Werk D (Drahtwerk) fortan als VEB Berliner Glühlampenwerk "Rosa Luxemburg". Ab 1963 fand der Produktname NARVA Verwendung, 1966 wurde der Name als Markenzeichen eingetragen. 1969 erfolgte der Zusammenschluss mit den Glühlampenbetrieben in Plauen, Oberweißbach und Brand-Erbisdorf zum Kombinat. Das Unternehmen hatte in Berlin gegen Ende der 1970er-Jahre bis zu 6000 Mitarbeiter. Mit der Wende 1990 erfolgte am Stammsitz Berlin die Umwandlung in die Gesellschaft für lichttechnische Erzeugnisse mbH. Trotz der Auflösung des VEB produzieren einige der verbliebenen nunmehr voneinander unabhängigen ehemaligen Betriebsteile weiterhin Waren unter dem Markennamen NARVA. Sie sind im Warenzeichenverband NARVA e.V. zusammengeschlossen.
1991 erhielt die Fa. Narva, Berliner Glühlampenfabrik GmbH, den Berliner Umweltpreis für die Entwicklung einer quecksilberfrei herstellbaren Natrium-Dampfhochdrucklampe.[1]
1992 wurde die Produktion von Leuchtmitteln im bisherigen Gebäude eingestellt, das Unternehmen wechselte zum 30. März 1996 den Standort nach Berlin-Lichtenberg, Herzbergstraße.[2]
Probleme mit Mitarbeitern im Werk
Zu Unruhen kam es im August 1952, also bereits Monate vor dem 17. Juni 1953, dem Arbeiteraufstand in der DDR. Überwiegend Frauen legten im Berliner Stammbetrieb die Arbeit nieder, weil sie gegen die Betriebskollektivverträge, mit denen eine Nachtschicht eingeführt werden sollte, protestierten. Nach Verhandlungen mit der Betriebsleitung konnten sich die Arbeiterinnen mit ihrem Anliegen durchsetzen.
Das NARVA-Gebäude
Mitte des 19. Jahrhunderts entstand auf dem Gelände des späteren NARVA-Gebäudes Berlins erstes Wasserwerk, welches 1893 den Betrieb wieder einstellte. 1894 wurden Versuche für Müllverbrennungsverfahren in diesem Gebäude durchgeführt. In den Jahren 1906 bis 1912 errichtete die Deutsche Gasglühlicht AG, die sogenannte Auer-Gesellschaft (siehe auch Industriepalast), das Glühlampenwerk mit einem auffälligen elfgeschossiges Gebäude, das als Berlins erstes Hochhaus gilt. 1963 wurde dem Turm ein Glasturm aufgesetzt. Das Gebäude zählt heute als technisches Denkmal und dient als Bürogebäude. Heute trägt der Gebäudekomplex um das Glühlampen-Hochhaus den Namen Oberbaum-City, benannt nach der in der Nähe befindlichen Oberbaumbrücke, beziehungsweise dem Oberbaum an der Spree.
Bald wurde der nahegelegene U-Bahnhof Warschauer Brücke, der seit dem Mauerbau am 13. August 1961 außer Betrieb war, als Lagerhalle für das BGW genutzt. Knapp sechs Jahre nach der Maueröffnung, am 14. Oktober 1995, wurde im inzwischen Warschauer Straße genannten Bahnhof der U-Bahn-Verkehr wieder aufgenommen.
In einigen ehemals von NARVA genutzten Räumen befinden sich Discotheken wie die NARVA Lounge.
Betriebsteile
Arnstadt
1936 errichtete die DAIMON Elektro-Technische Fabrik Schmidt & Co. GmbH ein Taschenlampenwerk in Arnstadt. Erst 1959, wohl aufgrund von Markenrechtskollisionen mit dem im Westen befindlichen Teil des DAIMON-Werks, erfolgte die Umbenennung in ARTAS - Arnstädter Taschenlampenwerk. Wegen der Beteiligung ausländischer Kapitalgeber erfolgte die Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb erst 1970. Zum 1. Oktober 1978 wurde der Betrieb dem Kombinat Narva angegliedert. In der DDR war er Alleinhersteller von Taschenlampen. Die Privatisierung erfolgte 1993, das Unternehmen firmiert heute wieder unter dem Namen ARTAS. Hergestellt werden Taschenlampen, Zweckleuchten und Infrarotstrahler für die Tierhaltung. [3]
Brand-Erbisdorf
1966 begann im sächsischen Brand-Erbisdorf die Produktion von Leuchtstofflampen, 1971 konnte ein eigenes Glaswerk in Betrieb genommen werden. 1991 kaufte eine internationale Investorengruppe von der Treuhandanstalt betriebsnotwendige Gebäude und Ausrüstungen; die Fabrik wurde damit privatisiert. Die Initiative ging von NARVA-Mitarbeitern aus, die sich an der Investition beteiligten und das Unternehmen heute leiten. Die restlichen Gebäude und Ausrüstungen wurden im Wesentlichen auch an ehemalige NARVA-Mitarbeiter verkauft, so dass aus dem sehr großen Immobilienbestand heute ein florierendes Industriegebiet mit über 50 Firmen entstanden ist. Der frühere Leuchtstofflampen-Hersteller firmiert heute als NARVA Lichtquellen GmbH + Co. KG und produziert Leuchtstofflampen in verschiedensten Längen, Farbspektren und Durchmessern, Solarienstrahler, Glasrohre und Energiesparlampen. Ein kleinerer Betriebsteil hat sich abgespalten und stellt Kristallleuchten her.[4] [5]
Groß Glienicke
Auf dem Gutshofgelände von Groß Glienicke wurde in den 1920er-Jahren vom Physiker von Kramolin ein Labor zur Entwicklung von Radioröhren errichtet (heute auch als Alte Manufaktur bezeichnet). Das Labor wurde vom Unternehmen Holzapfel und Co. KG übernommen. In den 1960er-Jahren wurde die Röhrenmanufaktur in einen Volkseigenen Betrieb umgewandelt und als Außenstelle vom VEB Narva Berlin betrieben. Hier wurden jedoch nur Industrielampen montiert, eine Produktion fand nicht statt. Die Fabrikation wurde mit der Wende in der DDR eingestellt, das Gebäude ist heute ein Wohnhaus.
Oberweißbach
Seit 1902 wurden in Oberweißbach Leuchtstoffe hergestellt. Bis zur Verstaatlichung 1946 gab es mehrfache Änderungen der Besitzverhältnisse, 1948 wurde der VEB Glühlampenwerk Oberweißbach gegründet. 1969 wurde der Betrieb in den NARVA-Verband eingegliedert. Nach der Wende wurde der Betrieb 1990 in die NARVA Glühlampenwerk Oberweißbach GmbH umgewandelt und stellt heute in erster Linie Thüringer Glaslichtschmuck (wie zum Beispiel Christbaumschmuck) her.[6]
Oschatz
1946 erfolgte die Gründung der privaten Elektrobau Oschatz GmbH, 1954 erfolgte die Umwandlung in eine Offene Handelsgesellschaft (OHG). Bald darauf wurde das Unternehmen eine Kommanditgesellschaft, auch staatliche Banken kamen als Gesellschafter hinzu. Damit war ein erster Schritt zur Verstaatlichung geschaffen. 1972 erfolgte die vollständige Überführung in Volkseigentum, das Unternehmen firmierte nunmehr als VEB Elektrobau Oschatz. 1979 wurde der Betrieb in das NARVA-Kombinat integriert. Seit 1991 ist das Unternehmen wieder im Besitz der Alteigentümer.
Plauen
1948 wurde in Plauen ein Glühlampenwerk zur Herstellung von Allgemeinbeleuchtung gegründet. Mit der steigenden Produktion von Personenkraftwagen erfolgte eine Spezialisierung auf Fahrzeugbeleuchtung. Die Kfz-Lampenfabrik Plauen wurde in den 1960er-Jahren auch Mitglied der Narva-Familie. Die Konstrukteure schufen 1974 zunächst H4-Lampen in Hartglas, dann kam Quarzglas zur Anwendung. Von 1978 bis 1982 erfolgte die Verfeinerung der Hartglas-Technologie, die seitdem als Grundlage für die Auto-Lampenproduktion dient. 1987 folgte die Herstellung von Halogen-Miniaturlampen. Nach der Wende erfolgte eine Vergesellschaftung des Betriebes, das Unternehmen hieß nun NARVA Glühlampenwerk Plauen GmbH. 1991 übernahm der Philips-Konzern das Unternehmen, es erfolgte eine Umbenennung in Narva Speziallampen GmbH. Das Werk produziert unter dem Namen Philips, bringt bestimmte Produkte aber auch (teils deutlich preiswerter) unter eigenem Namen in den Handel.[7] 1994 konnte mit HB3/HB4-Halogen-Lampen der US-amerikanische Markt erobert werden. 1999 folgte die HB5-Halogen-Lampe. Die sehr positive Entwicklung des Umsatzes führte zu Produktionserweiterungen im Jahr 2005. Als weiterer Meilenstein gelang die Entwicklung und Markteinführung der H7-Lampe.[8] Seit 2011 werden die H4-Lampen in Polen gefertigt. Dafür wurde die Produktionsstraße in Plauen abgebaut und in Polen wieder aufgebaut.
Weitere Einrichtungen
In der DDR war es weit verbreitet, dass große Unternehmen neben den eigentlichen Betriebsanlagen auch weitere Einrichtungen unterhielten. In erster Linie waren dies Einrichtungen in den Bereichen Bildung, Soziales und Freizeit/Sport. So gehörten zum Kombinat NARVA auch folgende Schulen und Sportvereine.
Berufsschule VEB NARVA „Olga Benario Prestes“
Hier wurden Menschen in verschiedenen Berufen und unterschiedlichen Bildungsniveaus ausgebildet wie Teilfacharbeiter, Facharbeiter und Facharbeiter mit Abitur. Die Ausbildungsstätte befand sich in unmittelbarer Nähe des Berliner Stammwerkes nicht weit vom S-Bahnhof Warschauer Straße, im heutigen Gewerbegebäude Warschauer Straße 58a/59a.
SG NARVA Berlin
Der Sportverein wurde 1946 als Betriebssportvereinigung Berliner Glühlampenwerk gegründet. Im Januar 1951 bekam der Verein den Namen Betriebssportgemeinschaft Mechanik Friedrichshain, wenige Monate später schließlich BSG Motor Friedrichshain-Ost. 1958 erfolgte die Umbenennung in BSG Berliner Glühlampenwerk, 1969, nach der Bildung des Kombinats NARVA, dann in BSG NARVA Berlin. Der Verein hatte als Betriebssportverein fast 2500 Mitglieder (1. Januar 2005 - ca.450). Betreut wurden die Sparten Handball, Schach, Volleyball, Turnen, Rudern, Boxen und Gymnastik + Judo und Fußball (Stadion in Berlin-Oberspree "Käthe-Tucholla-Stadion").[9]
TSC NARVA Brand-Erbisdorf
1969 gegründet, heute als SSV 91 Brand-Erbisdorf e.V. aktiv. Der Sportverein betreut die Sparten Badminton, Billard, Fußball, Kegeln, Laufen, Schach, Tischtennis und Volleyball.
Literatur
- Renate Schwärzel: VEB Kombinat NARVA. Einige Überlegungen zur Kombinatsbildung Ende der 1960er Jahre. in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1985/3, Akademie Verlag, Berlin 1985, S. 27-41 (Digitalisat des gesamten Jahrbuches)
Weblinks
Commons: Narva (company) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Mitteldeutscher Warenzeichenverband "NARVA" e.V.
- www.east-side-story.de Interessante Seite zur Geschichte des Stadtteils und des NARVA-Werkes am Oberbaum
Einzelnachweise
- ↑ Website der Berliner Senatsverwaltung; Wettbewerbssieger, abgerufen am 12. Juli 2010
- ↑ Homepage von Narva; abgerufen am 12. Juli 2010
- ↑ Firmenhomepage Taschenlampenwerk ARTAS GmbH
- ↑ NARVA Lichtquellen GmbH + Co. KG, Brand-Erbisdorf
- ↑ NARVA-NEUCO Kristallleuchten GmbH, Brand-Erbisdorf
- ↑ NARVA-Golux Glühlampenwerk Oberweißbach
- ↑ NARVA-Speziallampen GmbH Plauen
- ↑ Homepage mit Darstellung der Geschichte des Plauener Werkes; abgerufen am 12. Juli 2010
- ↑ Homepage SG NARVA Berlin
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