Nasazzi-Stab

Nasazzi-Stab

Der Nasazzi-Stab (englisch Nasazzi’s baton) bezeichnet eine Interpretation der Fußballstatistik. Dabei wird, ähnlich wie beim Boxen, davon ausgegangen, dass der amtierende Nasazzi-Stab-Träger den Titel in jedem Spiel verteidigen muss und ihn im Falle einer Niederlage an den Sieger der Partie verliert.

Aktueller Titelträger
DanemarkDänemark Dänemark
Titelträger seit
11. November 2011: 2:0 gegen SchwedenSchweden Schweden, Freundschaftsspiel
Titelverteidigungen
15. November 2011: 2:1 gegen FinnlandFinnland Finnland, Freundschaftsspiel
Nächstes Spiel[1]

Derzeitiger Nasazzi-Stab-Träger ist die dänische Fußballnationalmannschaft, die den Titel am 11. November 2011 gegen die schwedische Nationalmannschaft gewann, die den Stab erst am 11. Oktober 2011 übernommen hatte.

Inhaltsverzeichnis

Regeln

Der Nasazzi-Stab ist nach José Nasazzi benannt, einem uruguayischen Fußballnationalspieler, der bei der ersten Fußball-Weltmeisterschaft 1930 Spielführer der siegreichen Mannschaft Uruguays war. Als Regeln gelten:

  1. Erster Titelträger ist der erste Gewinner einer Fußball-Weltmeisterschaft, also Uruguay 1930.
  2. Bei einer Niederlage in der regulären Spielzeit wird der Stab an den Sieger weitergegeben.
  3. Endet ein Titelspiel unentschieden bzw. wird der Sieger in der Verlängerung, im Elfmeterschießen oder durch Münzwurf gefunden, bleibt der Stab beim bisherigen Titelträger.

Geschichte

Erster Gewinner und Namensgeber des Nasazzi-Stabs ist Uruguay im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 1930 gegen Argentinien. Zweiter Stabträger ist Brasilien, das Uruguay am 6. September 1931 in einem Spiel um die Copa Rio Branco bezwang. Brasilien ist auch das erste Team, das den Stab verteidigte, am 4. Dezember 1932 konnte Uruguay erneut besiegt werden.

1934 wechselte der Nasazzi-Stab erstmals an eine europäische Mannschaft, als Brasilien im WM-Achtelfinale gegen Spanien verlor. Da Spanien im Viertelfinale gegen Italien unterlag, war auch der zweite FIFA-Weltmeister gleichzeitig Nasazzi-Stabträger.

Bis 1950 wechselte der Stab ausschließlich zwischen europäischen Mannschaften. Bei der WM 1938 wurde er nicht verteidigt, da Stabträger Schottland nicht teilnahm. Bei der WM 1950 übernahm mit den USA erstmals ein Team aus Nord- und Mittelamerika des Stab, sie mussten ihn direkt ohne erfolgreiche Verteidigung an Chile weiterreichen.

Mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung blieb der Titel danach bis 1961 in Südamerika. Titelträger Paraguay nahm an der WM 1954 nicht teil. 1958 reiste Brasilien als Nasazzi-Stab-Träger zur WM nach Schweden und verteidigte den Titel während der ganzen WM. Zum dritten Mal war nun der Nasazzi-Stab-Träger gleichzeitig FIFA-Weltmeister.

Zwischen 1961 und 1966 wanderte der Stab in rascher Folge zwischen europäischen, mittelamerikanischen und südamerikanischen Ländern. Als bisher kleinstes Land konnten an 24. März 1963 die Niederländischen Antillen den Stab gewinnen. Vor der WM 1966 übernahm die Sowjetunion den Stab und trug ihn bis ins Halbfinale, wo er an Deutschland verloren ging. Im WM-Finale verteidigte Deutschland zwar den Nasazzi-Stab, musste sich aber in der Verlängerung geschlagen geben und wurde nicht Weltmeister. Zum ersten Mal konnte damit der unterlegene WM-Finalist den Stab nach Hause nehmen. Nach einigen Wechseln konnte Deutschland den Stab im letzten Vorrundenspiel der WM 1970 wieder erobern. Auf dem Weg zum Weltmeister-Titel scheiterte Deutschland zwar im Halbfinale an Italien, aber erneut erst in der Verlängerung, sodass der Stab auch im Spiel um Platz 3 erfolgreich verteidigt werden konnte. Nachdem der Stab in der Zwischenzeit unter anderem zwei Jahre von Brasilien und ein Jahr von Italien verteidigt wurde, eroberte ihn Deutschland im Finale der WM 1974 erneut und war nun ebenfalls gleichzeitig Weltmeister und Nasazzi-Stab-Träger.

Mit wenigen Unterbrechungen blieb der Stab danach bis 1992 in Europa. Bei der WM 1978 ereilte die Niederlande dasselbe Schicksal wie Deutschland 1966: Trotz verteidigtem Nasazzi-Stab ging das WM-Finale in der Verlängerung verloren. Bei der WM 1982 verteidigte Frankreich den Stab noch im Halbfinale (das im Elfmeterschießen verloren ging), musste ihn aber im Spiel um Platz 3 an Polen weitergeben. Bei den Weltmeisterschaften 1986 und 1990 schied jeweils Spanien in der K.-o.-Runde aus, ohne den Stab abgeben zu müssen.

Von 1992 bis 1998 blieb der Stab mit wenigen Ausnahmen in Südamerika. Bei der WM 1994 wechselte er mehrfach zwischen Teams, die in der Vorrunde ausschieden. Bei der WM 1998 verloren die Niederlande den Stab erst im Spiel um Platz 3 an Kroatien.

In den folgenden Jahren bis 2006 wechselte der Nasazzi-Stab wieder häufig den Kontinent. Am 1. Juni 2001 trug sich mit Australien erstmals ein ozeanisches Land in die Siegerliste ein. Am 6. Juni 2001 folgte mit Südkorea der erste asiatische Titelträger und von Mai 2004 bis November 2005 waren mit Nigeria, Angola und Simbabwe drei afrikanische Mannschaften Stabträger. Die jeweiligen Stabträger während der Weltmeisterschaften 2002 und 2006 waren allerdings nicht qualifiziert, sodass der Titel dort jeweils nicht zur Disposition stand. Im November 2006 kehrte der Stab nach Europa zurück und wird seit November 2008 von den Niederlanden verteidigt, die ihn auch ins WM-Finale 2010 getragen (und dort trotz der späteren Niederlage in der Verlängerung verteidigt) haben.

Beim letzten Qualifikationsspiel zur EM 2012, verlor die Niederlande gegen Schweden und musste den Nasazzi-Stab an den vorangegangenen Titelträger abgeben, der ihn im nächsten Spiel sofort wieder an den Nachbarn Dänemark verlor.

Nasazzi-Stab-Träger nach Weltmeisterschaften

  • 1930: Uruguay (Weltmeister)
  • 1934: Italien (Weltmeister)
  • 1938: Schottland (nicht teilgenommen)
  • 1950: Chile (Vorrunde)
  • 1954: Paraguay (nicht qualifiziert)
  • 1958: Brasilien (Weltmeister und Nasazzi-Stab-Träger von Beginn weg)
  • 1962: Mexiko (Vorrunden-Sieg gegen den späteren Finalisten CSSR)
  • 1966: Deutschland (Finalist)
  • 1970: Deutschland (Platz 3)
  • 1974: Deutschland (Weltmeister)
  • 1978: Niederlande (Finalist)
  • 1982: Polen (Platz 3)
  • 1986: Spanien (Viertelfinale)
  • 1990: Spanien (Achtelfinale)
  • 1994: Kolumbien (Vorrunde)
  • 1998: Kroatien (Platz 3, nachdem die Niederlande den Stab durch die komplette Vor- und K.-o.-Runde getragen hatten)
  • 2002: Norwegen (nicht qualifiziert)
  • 2006: Uruguay (nicht qualifiziert)
  • 2010: Niederlande (Finalist)

Nasazzi-Stab und inoffizielle Fußball-Weltmeisterschaft

Ein vergleichbarer fiktiver Wettbewerb wird unter dem Titel Inoffizielle Fußball-Weltmeisterschaft (engl. Unofficial Football World Championships, UFWC) nachverfolgt. Beide Wertungen unterscheiden sich durch den Startpunkt und die Wertung von Spielen, die nach Ende der regulären Spielzeit, etwa in Verlängerung oder Elfmeterschießen, entschieden wurden.

Beide Titel wurden mehrfach von derselben Mannschaft getragen, jedoch wegen der unterschiedlichen Modi nicht vereinigt. Zuletzt wurden vom 21. August 2002 bis 11. Juli 2010 beide Titel gemeinsam geführt. Durch die Niederlage des Doppel-Titeltägers Niederlande in der Verlängerung des WM-Finales gegen Spanien trennten sich die Titel wieder, da Spanien zwar UFWC- und FIFA-Weltmeister wurde, der Nasazzi-Stab aber bei den Niederlanden verblieb.

Liste der Vereinigungen und Trennungen:

  • Vereinigung am 14. November 1934: UFWC-Meister England schlägt Nasazzi-Stab-Träger Italien (Battle of Highbury).
  • Trennung am 30. Juli 1966: England gewinnt gegen Deutschland in der Verlängerung des WM-Finales, der Nasazzi-Stab bleibt bei Deutschland.
  • 2. Vereinigung am 7. Juli 1974: UFWC-Meister Niederlande unterliegt Nasazzi-Stab-Träger Deutschland im WM-Finale.
  • Trennung am 25. Juni 1978: Argentinien gewinnt gegen die Niederlande in der Verlängerung des WM-Finales, der Nasazzi-Stab bleibt bei den Niederlanden.
  • knapp verpasste Vereinigung 1982: Bei der WM wird der Nasazzi-Stab im Halbfinale von Frankreich gegen Deutschland verteidigt, die UFWC geht von Polen an Italien über. Im Spiel um Platz drei gewinnt Polen im Gegenzug den Nasazzi-Stab
  • 3. Vereinigung am 2. Juni 1984: Nasazzi-Stab-Träger Jugoslawien gewinnt gegen UFWC-Meister Portugal.
  • Trennung am 22. Juni 1986: Belgien gewinnt gegen Spanien in der Verlängerung des WM-Viertelfinales, der Nasazzi-Stab bleibt bei Spanien.
  • 4. Vereinigung am 4. Juli 1993: UFWC-Meister Argentinien besiegt Nasazzi-Stab-Träger Mexiko im Finale der Copa America.
  • Trennung am 23. Juli 1995: Uruguay gewinnt im Finale der Copa America gegen Brasilien nach Elfmeterschießen, der Nasazzi-Stab bleibt bei Brasilien.
  • 5. Vereinigung am 4. Juli und sofortige Trennung am 7. Juli 1998: Nasazzi-Stab-Träger Niederlande gewinnt gegen UFWC-Meister Argentinien im WM-Viertelfinale. In der Verlängerung des Halbfinales geht der UFWC-Titel direkt wieder an Brasilien verloren.
  • Vereinigungsversuch am 29. Juni 2000: UFWC-Meister Italien entscheidet das EM-Halbfinale gegen Nasazzi-Stab-Träger Niederlande erst im Elfmeterschießen für sich. Der UFWC-Titel ist damit verteidigt, der Nasazzi-Stab aber nicht gewonnen.
  • 6. Vereinigung am 21. August 2002: UFWC-Meister Niederlande besiegt Nasazzi-Stab-Träger Norwegen.
  • Trennung am 11. Juli 2010: Spanien gewinnt gegen die Niederlande in der Verlängerung des WM-Finales, der Nasazzi-Stab bleibt bei den Niederlanden.

Rekorde

  • Brasilien ist, was die Gesamtzeit anbelangt, „Rekord-Nasazzi-Stab-Träger“ mit insgesamt 3.657 Tagen vor England, Deutschland, Argentinien und Uruguay.
  • Die Niederlande hielten den Stab für 36 Spiele, was einen neuen Rekord darstellte (Verlust am 11.Oktober 2011 an Schweden). Die bis dahin längsten Titelverteidigungen hatten Brasilien mit Pelé und 21 Spielen 1958 sowie die Bundesrepublik Deutschland mit ebenfalls 21 Spielen 1979/80 erreicht.
  • 1958 und 2010 konnte der vor der WM amtierende Nasazzi-Stab-Träger auch das Finale der WM erreichen. 1958 wurde er anschließend auch Weltmeister.
  • 1938, 1954, 2002 und 2006 nahmen die Nasazzi-Stab-Träger nicht an der FIFA-WM teil.
  • 2006 konnten sich sogar die letzten vier Nasazzi-Stab-Träger vor Beginn der FIFA-WM (Simbabwe, Nigeria, Rumänien, Uruguay) nicht für den offiziellen Wettbewerb qualifizieren. Da der seinerzeitige „Titelträger“ Ungarn sich nicht für die EM 2008 qualifiziert hatte, standen Nasazzi-Stab und inoffizielle Fußball-Weltmeisterschaft auch dort nicht zur Disposition.

Siehe auch

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. gemäß FIFA.com

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