Strafstoß

Strafstoß
Birgit Prinz in der 73. Minute beim Strafstoß zum 4:0-Endstand im Bundesligaspiel FrankfurtPotsdam, 12. Mai 2008.[1]
Lothar Matthäus verwandelt in der 47. Minute des WM-Viertelfinales 1994 gegen Bulgarien einen Strafstoß zur 1:0-Führung.

Der Strafstoß (schweiz., auch österr. Penalty, meist als Elfmeter oder Elfer bezeichnet) beim Fußball ist eine vom Schiedsrichter verordnete Spielstrafe, die eine von einer Regelwidrigkeit benachteiligte Mannschaft in eine aussichtsreiche Position zum Torerfolg bringt. Vom Strafstoß ist das Strafstoßschießen zur Ermittlung eines Siegers (zur Spielentscheidung) zu unterscheiden (s. u.). Der Strafstoß wird dann durchgeführt, wenn ein Regelverstoß (meist Foul oder Handspiel), der einen direkten Freistoß nach sich zöge, innerhalb des eigenen Strafraumes stattfindet. Da ein Strafstoß eine spielentscheidende Situation sein kann, versuchen einige Spieler, ein Foul vorzutäuschen (so genannte „Schwalbe“), indem sie sich im gegnerischen Strafraum fallen lassen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Strafstoßes

Der Strafstoß wurde 1891 in Irland erfunden. Als Erfinder des Strafstoßes gilt der Leinenfabrikant und Sportsmann William McCrum, der als Torhüter von 1890–1891 beim Milford Everton FC in der Irish Football League zwischen den Pfosten stand. Der Strafstoß war als Ausgleich gedacht, wenn der Gegner absichtlich ein Bein stellt oder tritt. Noch im gleichen Jahr schlug die irische FA vor, den Strafstoß allgemein einzuführen, was nach einigen Debatten auch geschehen sollte.

In Deutschland wurde der Strafstoß 1893 eingeführt. Zunächst gab es sowohl in England als auch in Deutschland keinen Strafstoßpunkt, sondern eine Linie, die parallel zur Torlinie in einer Entfernung von 12 Yards (also fast genau 11 Meter, woher auch die übliche Bezeichnung stammt) zum Tor quer über das ganze Spielfeld verlief, diese hieß auch „Sühnelinie". Von überall auf der Linie aus durfte beim Strafstoß geschossen werden. Der Torhüter durfte sich bis zu fünfeinhalb Meter von der Torlinie entfernen. Im Jahre 1902 wurde der Strafraum (oft als 16-Meter-Raum bezeichnet) eingeführt und die Linie durch einen Punkt ersetzt.

Seit 1906 darf der Torhüter die Torlinie beim Strafstoß nicht verlassen. Er durfte sich jedoch bis zum Schuss auf der Torlinie bewegen[2], was 1929 abgeschafft wurde, jedoch seit 1997 wieder erlaubt ist.

Ausführen des Strafstoßes

Der Strafstoß wird von einem Punkt fast genau 11 Meter (oder in der englischsprachigen Norm auch 12 yards = 10,9728 m) von der Torlinie in Richtung Mittelpunkt durchgeführt. Im Gegensatz zum Freistoß, bei dem nur die Verteidiger den Abstand einzuhalten haben, müssen beim Strafstoß alle Spieler außer dem Schützen der angreifenden Mannschaft und dem Torwart der verteidigenden Mannschaft mindestens 9,15 m oder 10 yards (9,144 m) vom Ball entfernt, außerhalb des Strafraumes sowie hinter dem Strafstoßpunkt (näher an der Mittellinie) auf dem Spielfeld sein. Der Raum, der weniger als 9,15 m von der Strafstoßmarke entfernt ist, aber nicht im Strafraum liegt, wird vom Teilkreis am Strafraum markiert.

Torhüterin Bianca Henninger bewegte sich wie beim ersten auch bei diesem zweiten Strafstoß-Versuch Esther Sundays im Elfmeterschießen des U-20-WM-Spiels USA – Nigeria, gemäß Beurteilung der Schiedsrichterin regelwidrig vor die Torlinie, sodass Sunday nach zwei vergebenen Chancen den dritten Elfmeter verwandeln konnte.

Ein Strafstoß darf nur ausgeführt werden, wenn bei der verteidigenden Mannschaft der Torwart im Tor steht. Weigert sich der Torwart in sein Tor zu gehen, so ist er zu verwarnen. Bringt auch das keine Abhilfe, so ist der Spielführer einzuschalten. Bei der Ausführung des Strafstoßes müssen Gesicht und Körper des Torwartes zum Spielfeld zeigen. Der Torwart muss sich auf der Torlinie befinden, darf sich dort aber bewegen[2]. Erst nachdem der Ball gestoßen wurde und damit im Spiel ist, darf der Torwart die Torlinie verlassen. Ein Strafstoß muss vom Schiedsrichter mit einem Pfiff freigegeben werden. Erst nachdem sich der Ball bewegt, dürfen alle Spieler in den vorher gesperrten Bereich eindringen und können, falls der Ball nicht ins Tor oder Aus geht, in der Folge direkt ins Spiel eingreifen. So darf der Strafstoßschütze beispielsweise einem Mannschaftskameraden den Ball auflegen (indirekte Ausführung), muss ihn jedoch nach vorn spielen. Der Schütze selbst darf den Ball erst dann wieder spielen, wenn nach seinem Schuss mindestens ein anderer Spieler den Ball berührt hat. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Strafstoßschütze den Nachschuss ausführen kann, wenn der Elfmeter vom Torwart abgewehrt wurde. Springt der Ball jedoch vom Pfosten oder der Latte zu ihm zurück, darf er das nicht. Berührt der Strafstoßschütze trotzdem zweimal hintereinander den Ball, gibt es an der Stelle, an der er den Ball ein zweites Mal berührt hat, indirekten Freistoß für die verteidigende Mannschaft.

Der Anlauf darf nur abgestoppt werden, soweit dies kein unsportliches Täuschen beinhaltet. Ein Innehalten unmittelbar vor oder in der eigentlichen Schussbewegung stellt einen Regelverstoß dar. Geht der Ball in diesem Fall ohne eine Berührung des Torhüters neben das Tor, gibt es einen Abstoß. Springt der Ball vom Torhüter oder vom Pfosten oder der Latte zurück ins Feld, wird das Spiel mit einem indirekten Freistoß dort fortgesetzt, wo sich der Regelverstoß ereignete. Geht der Ball ins Tor, so ist vom Schiedsrichter auf Wiederholung des Strafstoßes zu entscheiden.

Wenn ein Spieler der angreifenden Mannschaft vor dem Schuss den Strafraum oder den Teilkreis davor betritt, ergeben sich die gleichen Folgen analog des obigen Abschnitts, wie wenn der Schütze unsportlich täuscht.

Sollte ein Spieler der verteidigenden Mannschaft auf gleiche Weise zu früh den Strafraum oder den Teilkreis betreten, so ist der Strafstoß, wenn er nicht zum Tor führte, zu wiederholen. Bei einem Treffer ist das Tor anzuerkennen und mit Anstoß fortzufahren. Sollte ein Vergehen beider Mannschaften bestehen, so ist immer auf Wiederholung zu entscheiden.

Beim Hallenfußball gibt es an Stelle des Elfmeters den Neunmeter oder Siebenmeter, der nach ähnlichen Regeln ausgeführt wird.

Mathematik und Statistik

Geometrische Berechnung des Elfmeter-Punktes

Geometrische Berechnung des Strafstoßpunktes

Auch die Distanz und exakte Lage des Strafstoßpunktes mittig vor dem Tor ist nicht durch Zufall, sondern durch die geometrische Denkweise der Engländer entstanden.

Wenn der Torraum parallel zur Seitenlinie verlängert wird, schneidet diese Linie den Strafraum. Von diesem Schnittpunkt aus zieht man nun diagonal eine Linie zu einer Ecke des Torraumes. Wenn man diese Konstruktion von beiden Seiten her ausführt, erhält man als Schnittpunkt dieser beiden Linien genau den Strafstoßpunkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Torraum eigentlich ein Raum mit einem Abstand von 5,5 Metern und der Strafraum ein Bereich mit einem Abstand von 16,5 Metern zur Torlinie ist, da die eigentlichen Maße 6 bzw. 18 yard sind (siehe Spielfeld-Maße).

Berechnung: 5,5 m + (16,5 m − 5,5 m)/2 = 11 m

Diese Technik wird zur Kontrolle der Strafstoß-Markierung von Schiedsrichtern angewendet.

Auf diese Weise hat der Schweizer Schiedsrichter Martin Salm im August 2006 im Stade de Suisse festgestellt, dass der Penalty-Punkt auf dem Kunstrasen bei 10 statt 11 Meter aufgemalt war. Dies war zuvor von mehreren Super-League-Schiedsrichtern nicht bemerkt worden.

Statistik

In 75 bis 80 % der Fälle trifft der Schütze. Bei den Weltmeisterschaften liegt die Quote bei über 80 %. 90 % der Spieler schießen in eine der Ecken.

Bei einer Torgröße von 7,32 × 2,44 m müsste der Torhüter 18 m² abdecken. Nach Messungen ist der Ball 90–100 km/h schnell. Für die 11 m (Tormitte) braucht er nur 0,4 Sekunden, für die 11,59 m (Torenden) entsprechend 0,42 Sekunden. Mathematiker der Uni Erlangen haben ausgerechnet, dass der Torhüter mit der Geschwindigkeit eines 100 m-Läufers in die Ecke fliegen müsste, um den Ball noch zu erreichen.

Obwohl ein perfekt in die Ecke geschossener Strafstoß also nicht zu halten ist, gelingt es einigen Torwarten, deutlich mehr Strafstöße zu halten als der Durchschnitt. Diese Torhüter verfügen über die Fähigkeit, zumindest bei einigen Spielern zu erkennen, in welche Ecke sie schießen werden, werfen sich also in die richtige Ecke und haben so die Chance, einen nicht ganz in die Ecke platzierten Ball zu halten. Eilt einem Torwart dieser Ruf voraus, macht dies die Schützen noch nervöser, so dass sich zu den gehaltenen Strafstößen leicht noch verschossene Strafstöße addieren.

Elfmeterschießen

Kapitän Steven Pressley verwandelt im Scottish FA Cup-Finale 2005/06 den ersten Elfmeter zum 4:2-Sieg n.E. von Heart of Midlothian über FC Gretna.

Anwendung

Obwohl das Regelwerk eigentlich nur Strafstöße kennt, wird im Abschnitt „Vorgehensweisen zur Ermittlung eines Siegers“ vom Elfmeterschießen und von Elfmetern gesprochen.

Die meisten Fußballspiele bedürfen keiner Entscheidung, da ein „Unentschieden“ dann zur Punkteteilung führt. Einige Fußballwettbewerbe wie beispielsweise Pokalspiele oder Fußballturniere im Anschluss an die Gruppenphase erfordern aber zwingend einen Sieger. Endet die reguläre Spielzeit unentschieden und erbringt auch eine Verlängerung (regelmäßig 2 Halbzeiten zu je 15 Minuten) der Spielzeit keinen Sieger, folgt das so genannte Elfmeterschießen (offiziell Schüsse von der Strafstoßmarke zur Spielentscheidung).

Dabei bestimmt jede Mannschaft fünf Spieler, die im Wechsel mit der gegnerischen Mannschaft nacheinander von der Strafstoßmarke zum Torschuss antreten. Jede Mannschaft schießt abwechselnd einen hier Elfmeter genannten Strafstoß, wobei ein Nachschuss nicht möglich ist. Sobald eine Mannschaft uneinholbar in Führung liegt, hat diese gewonnen und das „Elfmeterschießen“ wird beendet. Besteht auch nach fünf Schützen beider Mannschaften noch immer bzw. erneut Gleichstand, wird im Wechsel so lange jeweils ein weiterer Strafstoß geschossen, bis ein Sieger feststeht; dabei darf ein Schütze erst dann zum zweiten Mal antreten, wenn alle Spieler seiner Mannschaft, die zum Abschluss des Spieles am Spiel teilgenommen haben, einen Strafstoß geschossen haben. Sollte vor Ende der Verlängerung ein oder mehrere Spieler des Feldes verwiesen wurden sein, so muss das Team, welches in der Überzahl spielte, so viele Spieler vom Elfmeterschießen ausschließen, bis beide Mannschaften mit der gleichen Anzahl an Spielern das Elfmeterschießen bestreiten. Diese Regelung wurde im Sinne des Fair-Plays eingeführt, da sonst die Mannschaft welche in Unterzahl spielt, bereits früher erneut auf ihren besten Strafstoß-Schützen zurückgreifen könnte, als die andere Mannschaft. (Beispiel: Mannschaft A mit elf Spielern, erst nachdem alle elf Spieler geschossen haben, kann der vermutlich beste Schütze wieder antreten, dagegen kann Mannschaft B, die eine Rote Karte erhalten haben, bereits nach zehn geschossenen Elfmetern wieder auf ihren besten Schützen zurückgreifen.)

Ablauf

Im Gegensatz zum üblichen Strafstoß ist beim Elfmeterschießen kein Nachschuss möglich und alle Spieler – mit Ausnahme des jeweiligen Schützen und beider Torwarte – müssen sich während des Elfmeterschießens im Mittelkreis (Feldspieler) aufhalten. Der Torwart der Mannschaft des Schützen muss sich außerhalb des Strafraumes aufhalten und soll dabei einen der Eckpunkte des Strafraumes mit der Torlinie aufsuchen. Die Schützen beider Mannschaften schießen auf dasselbe Tor. Dadurch wird ausgeschlossen, dass zum Beispiel durch einen tiefen Stand der Sonne ungleiche Bedingungen herrschen. Die Seite wird vor dem Elfmeterschießen durch den Schiedsrichter festgelegt, der dazu aber oftmals das Los entscheiden lässt.

  1. Teilnahmeberechtigt sind alle Spieler, die beim Abpfiff auf dem Fußballfeld stehen. Auswechslungen sind nur dem Torwart gestattet, wenn dieser verletzt und das Wechselkontingent noch nicht erschöpft ist.
  2. Ist beim Ende der Verlängerung die Anzahl der Spieler (wegen Ausschlüssen/Verletzungen) unterschiedlich, muss die zahlenmäßig stärkere Mannschaft so viele Spieler entfernen, bis beide Teams gleich groß sind. Verändert sich die Anzahl der Spieler während des Elfmeterschießens, findet keine Anpassung mehr statt. (Hintergrund: Tritt eine Mannschaft mit nur noch 10 Spielern gegen einen vollzähligen Gegner an, müsste beim elften Pärchen der vermeintlich schwächste Schütze des kompletten Teams gegen einen frei wählbaren, also wahrscheinlich den besten Spieler der reduzierten Mannschaft antreten. So wäre ein Team, das einen Feldverweis hinnehmen musste, sogar im Vorteil. Dies widerspräche dem Fairplay-Gedanken).
  3. Der Spielführer jedes Teams nominiert fünf Schützen und bestimmt eine Reihenfolge aller restlichen Schützen.
  4. Abwechselnd schießt je ein Spieler beider Teams einen Elfmeter. Das Elfmeterschießen gewinnt diejenige Mannschaft, die von ihren fünf Elfmetern mehr verwandelt als die andere Mannschaft (z. B. 5:4, wenn die andere Mannschaft einen ihrer Elfmeter „verschießt“). Vergibt ein Spieler einen Elfmeter und gerät seine Mannschaft dadurch in Rückstand, so hat sie noch nicht verloren, sofern noch genügend Elfmeter verbleiben, um den Rückstand wieder aufzuholen (z. B. bei einem Stand von 2:3 nach je drei Elfmetern). Erst nach fünf geschossenen Elfmetern pro Mannschaft wird „abgerechnet“ und der Sieger ermittelt. Das Elfmeterschießen wird vorzeitig beendet, wenn eine der beiden Mannschaften schon frühzeitig als Gewinner feststeht. Beispiel: nach jeweils vier Elfmetern steht es 4:2, so dass die zurückliegende Mannschaft mit ihrem fünften Elfmeter höchstens noch auf 4:3 verkürzen kann. In diesem Fall braucht die führende Mannschaft ihren fünften Elfmeter nicht mehr auszuführen, denn sie gewänne ja in jedem Fall (mit 5:2, 5:3, 4:2 oder 4:3).
  5. Sollte auch nach jeweils fünf geschossenen Elfmetern keine Entscheidung gefallen sein, wird das Elfmeterschießen so lange um jeweils einen Elfmeter für jede Mannschaft fortgesetzt, bis ein Sieger ermittelt ist. Es gibt dann keine Möglichkeit mehr, einen Fehlschuss später auszugleichen. Beispiel: Beide Mannschaften verwandeln ihre ersten fünf Elfmeter, es steht 5:5. Verwandelt eine Mannschaft ihren 6. Elfmeter und vergibt die andere ihren 6. Elfmeter, so gewinnt die erste Mannschaft mit 6:5 und das Spiel ist beendet.
  6. Haben alle Spieler (die Torhüter müssen auch antreten) einer Mannschaft (Punkte 1 und 2 beachten) geschossen und besteht noch immer Gleichstand, so schießt (wieder abwechselnd) erneut jeweils ein Spieler beider Mannschaften. Die Reihenfolge der Schützen innerhalb des Teams ist jedoch vom ersten Durchgang unabhängig; der ursprünglich siebte Schütze darf z. B. den ersten Elfmeter des zweiten Durchgangs schießen. Kein Spieler darf jedoch ein drittes Mal schießen, bevor nicht alle Mannschaftskollegen auch mindestens zweimal angetreten sind.

Geschichte

Die K.o.-Runden von Welt- oder Europameisterschaften sind die Blüte des Elfmeterschießens. Standen Begegnungen am Ende der Spielzeit von 90 Minuten plus einer etwaigen Verlängerung von 30 Minuten unentschieden und wurde gleichwohl ein Sieger für das Weiterkommen in einem Turnier oder dessen Sieger gesucht, wurden früher entweder Münzen geworfen oder Lose gezogen, so z. B. im Halbfinale der EM 1968 zwischen Italien und der Sowjetunion.[3] Ein Münzwurf entschied zugunsten des späteren Europameisters Italien.

Auch das kurzfristige Ansetzen eines Wiederholungsspiels gehörte zum Repertoire, um eine Entscheidung zu erzielen. Jedoch ist es z. B. bei einer Weltmeisterschaft im Viertelfinale zeitlich kaum möglich, ein Wiederholungsspiel anzusetzen. Entweder ist die weiterkommende Mannschaft durch das kurzfristig angesetzte Wiederholungsspiel erschöpft und hat damit schlechtere Chancen im folgenden Halbfinale gegen eine Mannschaft ohne Wiederholungsspiel, oder das Turnier müsste insgesamt zeitlich hinausgeschoben und damit der Spielplan durcheinandergebracht werden, was bei großen Turnieren praktisch kaum möglich ist. So blieben nur Münzwurf oder Losentscheid, also Vorgänge, auf die die Leistungen der Mannschaften keinerlei Einfluss haben.

Varianten des modernen Elfmeterschießens wurden bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren in verschiedenen nationalen Wettbewerben und in kleineren Turnieren verwendet. Beispiele für nationale Wettbewerbe beinhalten den Jugoslawischen Fußballpokal 1952,[4] die Coppa Italia 1958/59[5] und den Schweizer Jugend Cup 1959/60.[6] Internationale Beispiele beinhalten den Uhrencup 1962[7] (auf Vorschlag von dessen Gründer Kurt Weissbrodt),[8] den Final der Trofeo Ramón de Carranza 1962[9] (auf Vorschlag des Journalisten Rafael Ballester),[10] und ein Silbermedaillen-Playoffspiel zwischen Amateurmannschaften aus Venezuela und Bolivien bei den Bolivianischen Spielen 1965.[11] Einige dieser Varianten wichen jedoch von der heutigen Form ab. Beim Coppa Italia 1960 wurde etwa nach einem ausgeglichenen Elfmeterschießen erneut das Los herangezogen, anstatt mit jeweils einem Elfmeter weiterzufahren.[12] Beim Jugend Cup 1966/67 wurde das Elfmeterschießen nach einem Gleichstand wiederholt mit fünf weiteren Elfmetern[13] und beim Uhrencup musste in den Anfangsjahren jeweils ein Schütze alle fünf Elfmeter ausführen[8] und bei mehrmaligem ausgeglichenen Ergebnis wurde erneut auf den Losentscheid zurückgegriffen.[14]

Karl Wald (2006)

Wer zuerst die moderne Variante erfunden hat, ist umstritten. Der Schiedsrichter Karl Wald aus Frankfurt am Main beansprucht die Idee des Elfmeterschießens für sich.[15] Er fand 1970 auf dem bayerischen Verbandstag in München für die von ihm akribisch ausgearbeitete, heute international geltende Regel eine Mehrheit bei den Delegierten gegen den Widerstand der Verbandsführung. Wenig später übernahm auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Regel aus Bayern, kurz darauf folgten die UEFA und die FIFA. Ebenso erhebt der Israeli Yosef Dagan Anspruch auf die Erfindung des modernen Elfmeterschießens.[16] Er erfand die heutige Form, nachdem er sah, wie die Israelische Nationalmannschaft das Olympische Viertelfinalspiel 1968 durch Münzwurf verlor. Michael Almog, der später Präsident des Israelischen Fußballverbandes wurde, beschreibt Dagans Vorschlag in einem Brief, der im August 1969 in den FIFA News veröffentlicht wurde.[17] Koe Ewe Teik, das malaysische Mitglied Schiedsrichter-Komitees, führte zu dessen Annahme durch die FIFA.[17] Der Vorschlag der FIFA wurde schließlich am 20. Februar 1970 durch eine Arbeitsgruppe des International Football Association Boards (IFAB) diskutiert. Die Arbeitsgruppe empfahl den Vorschlag zur Annahme, obwohl sie „nicht vollständig zufrieden“ damit war.[18] Die Regel wurde an der IFAB-Jahresversammlung am 27. Juni 1970 angenommen.[19]

Das erste große Turnier[20], das durch ein Elfmeterschießen entschieden wurde, war die Fußball-Europameisterschaft 1976, als im Finale Deutschland und die Tschechoslowakei aufeinandertrafen. Uli Hoeneß schoss den Ball statt ins Tor in den nächtlichen Himmel von Belgrad, während Antonín Panenka seinen Strafstoß mit einem leichten Lupfer in die Tormitte verwandelte und die CSSR zum Europameister machte. Erstmals bei Weltmeisterschaften wurde das Halbfinale bei der WM 1982 Deutschland gegen Frankreich in Spanien mit einem Elfmeterschießen entschieden, wobei Deutschland sich durchsetzte.

Das Elfmeterschießen kann allerdings auch zur Förderung unattraktiven Sicherheitsfußballs beitragen. Dies kann dann passieren, wenn beide Mannschaften aufs Elfmeterschießen hoffen und gegen Ende der regulären Spielzeit bzw. in der Verlängerung nicht mehr in erster Linie eigene Tore schießen, sondern nur noch Tore des Gegners verhindern wollen. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986 wurden drei der vier Viertelfinalspiele und bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 beide Halbfinalspiele erst durch Elfmeterschießen entschieden. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1994 schaffte im Finale Brasilien-Italien keine der beteiligten Mannschaften innerhalb von 90 Minuten regulärer Spielzeit und 30 Minuten Verlängerung einen Treffer, so dass der WM-Titel nach einem 0:0 mit folgendem Elfmeterschießen vergeben werden musste. Brasilien siegte 3:2, Roberto Baggio war der tragische Verlierer. Ähnlich knapp war das Finale der WM 2006 zwischen Italien und Frankreich (1:1, 5:3 i.E.).

Um das Spiel attraktiver zu gestalten, führte die FIFA in den 1990er-Jahren zeitweise die Golden-Goal-Regelung ein, durch die es seltener zum Elfmeterschießen kommen sollte. Dabei siegt die Mannschaft sofort, die in der Verlängerung als erste ein Tor erzielt. Das Spiel wird zu diesem Zeitpunkt beendet. Da diese Regelung aufgrund der fehlenden Möglichkeit zum Ausgleich vielfach als ungerecht empfunden wurde, wurde sie inzwischen wieder abgeschafft. Auch die Silver-Goal-Regel – sie kam bei der Fußball-Europameisterschaft 2004 zur Anwendung – konnte sich nicht durchsetzen.

Bemerkenswerte Spiele

Elfmeterschießen

Das längste Elfmeterschießen gewann der argentinische Verein Argentinos Juniors 1975 gegen Racing Club Avellaneda mit 20:19. Das DFB-Pokal-Halbfinalspiel von 1991/92 zwischen Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen endete mit 2:0 im Elfmeterschießen für Gladbach, wobei Uwe Kamps vier Elfmeter hintereinander für die Borussia hielt.

Die wenigsten Elfmeter in einem Länderspiel wurden im Viertelfinalspiel der Copa América 2011 zwischen Paraguay und Brasilien verwandelt: mit 2:0 gewann Paraguay das Elfmeterschießen nachdem drei Brasilianer und ein Paraguayer verschossen und der paraguayische Torhüter einen Elfmeter halten konnte, mussten die restlichen drei Schützen nicht mehr antreten.[21]

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat ihre Elfmeterschießen bei Weltmeisterschaften allesamt gewonnen. Deutschland ist weltweit eines der erfolgreichsten Länder im Elfmeterschießen. Man verlor neben dem EM-Finale 1976 nur das Halbfinale des Osterturniers 1988 gegen Schweden 3:5 und ein Elfmeterschießen im Halbfinale bei den Olympischen Spielen 1988 gegen Brasilien mit 2:3. Bei den Olympischen Spielen, wie in dem Beispiel Brasilien gegen die Bundesrepublik (1988), handelte es sich allerdings nicht um die A-Nationalmannschaften.

Das erste Champions League-Finale der Frauen gewann der 1. FFC Turbine Potsdam gegen Olympique Lyon nach einem torlosen Spiel mit 6:7 im Elfmeterschießen.

Bedeutende Elfmeter

Andreas Brehme entschied das WM-Finale 1990 per Elfmeter zugunsten Deutschlands. Dies war der einzige Treffer in diesem Spiel.

Michael Kutzop schoss in seiner Karriere 40 Elfmeter, wobei er nur einmal vergab. Am 22. April 1986 versagte er gegen den FC Bayern. Bremen vergab damit den Matchball im Meisterschaftsrennen und wurde letztlich nur Zweiter.[22]

Am 18. Spieltag der Saison 2010/11 wurden erst zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesliga an einem Spieltag vier von vier Elfmetern vergeben.[23] In dieser Saison schaffte Borussia Dortmund die letzten 5 Elfmeter zu vergeben.

Auswirkung auf das offizielle Spielergebnis

Die offizielle Spielzeit eines Fußballspiels endet nach 120 Minuten, wenn eine Nachspielzeit erforderlich wurde. Der Spielstand zu diesem Zeitpunkt wird als offizielles Spielergebnis gewertet. Das anschließende Elfmeterschießen dient lediglich der „Ermittlung eines Siegers“[24]. Für die Punktevergabe, z. B. für die FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste, gilt nach FIFA-Regeln, dass der Verlierer des Elfmeterschießens einen Punkt von drei möglichen erhält (für das erreichte Unentschieden) und der „Sieger“ des Spiels lediglich zwei Punkte.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Strafstoß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1. FFC Frankfurt – FFC Turbine Potsdam 4:0 (2:0). In: DFB.de, 12. Mai 2008.
  2. a b [1] FAZ: Warum darf Tim Wiese beim Elfmeter zappeln?
  3. Spiegel-Online: Ein Münzwurf ermöglichte Italien den Titel
  4. Dinant Abbink (6. Juni 2008): Cup of Yugoslavia 1952. RSSSF. Abgerufen am 15. Juli 2008.
  5. Erik Garin (28. März 2007): Coppa Italia 1958/59. RSSSF. Abgerufen am 15. Juli 2008.
  6. Dinant Abbink (8. Juni 2000): Switzerland – Youth Cup 1959/60. RSSSF. Abgerufen am 15. Juli 2008.
  7. Erik Garin (6. November 2009): Coupe Horlogère - Uhren Cup (Switzerland) 1962–2009: 1962. RSSSF. Abgerufen am 14. Juli 2011.
  8. a b Marco Sansoni (13. Juli 2011): Der Beweis für die deutsche Frechheit. Grenchner Tagblatt. Abgerufen am 14. Juli 2011.
  9. Raúl Torre (16. Mai 2008): Trofeo Ramón de Carranza (Cádiz-Spain) 1955–2007: 1962. RSSSF. Abgerufen am 11. Juni 2008.
  10. Alfredo Relaño (18. August 2006): A don Rafael Ballester, innovador (Spanisch). AS.com. Abgerufen am 16. Juli 2008.
  11. José Luis Pierrend; Alfonzo Cornejo (3. September 2005): Bolivarian Games: Soccer Tournaments. RSSSF. Abgerufen am 11. Juni 2008.
  12. rsssf.com: Coppa Italia 1960. Zugriff am 14. Juli 2011.
  13. rsssf.com: Switzerland - Youth Cup 1966/67. Zugriff am 14. Juli 2011.
  14. A.W.: Sieger durch Losentscheid. In: Solothurner Zeitung, 8. August 1969.
  15. Erfinder des Elfmeterschiessens
  16. Israeli Behind the Goal (Hebräisch und Englisch) (Adobe Flash). infolive.tv. Abgerufen am 19. Juni 2008.
  17. a b Clark Miller: He Always Puts It To The Right: A History Of The Penalty Kick. Orion 1996, ISBN 0-7528-2728-6
  18. IFAB (20. Februar 1970): Minutes of the Working Party (PDF). Soccer South Bay Referee Association. Abgerufen am 29. November 2009.
  19. IFAB (27. Juni 1970): Minutes of the AGM (PDF). Soccer South Bay Referee Association. Abgerufen am 29. November 2009.
  20. Bereits 1974 wurde die ost- und mittelafrikanische Meisterschaft durch ein Elfmeterschießen entschieden
  21. weltfussball.de: Liveticker Brasilien - Paraguay (Abgerufen am 18. Juli 2011)
  22. http://www.bundesliga.de/de/historie/1980/meldung_archiv.php?f=116415.php
  23. http://www.fussball.de/die-elfmeter-misere-der-bundesliga/id_44035824/index
  24. Spielregeln der FIFA

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