Neue Innerlichkeit

Neue Innerlichkeit

Neue Subjektivität ist ein von Marcel Reich-Ranicki geprägter Begriff für eine neue Richtung der deutschen Literatur in den 70er Jahren, die Probleme im Privatleben, persönliche Träume bzw. Phantasien und ähnliches thematisierte. Sie bildete sich als Gegenbewegung zu einer politisch engagierten Literatur mit ihren systemkritischen und gesellschaftstheoretischen Implikationen, wie sie im Umfeld der 68er-Bewegung entstanden war, auch im Gegensatz zu literarischen Experimenten, die an die Literatur der klassischen Moderne anknüpfen wollten. Ziel war ein auf Innerlichkeit, Introspektion und Selbsterfahrung ausgerichteter Schreibprozess.

Mit ihrem Schreibstil setzten die Autoren auf einen subjektiven, privaten Ton und schrieben oft gefühlsbetonte, nicht selten auch autobiografische Texte, die teils bekenntnishaft, teils tagebuchartig sind. Hinzu trat ein Fortschrittspessimismus, der häufig Themen der eben entstehenden Umweltbewegung aufgriff oder geschichtspessimistisch Themen wie den Nationalsozialismus oder die Unterdrückung der Frau behandelten. Der Ton der Texte ist meist resignativ; oft werden unausweichliche Schicksale, unlösbare familiäre Verstrickungen oder auch unheilbare Krankheiten behandelt. Viele Werke der Neuen Subjektivität fallen durch eine starke Anlehnung an die Alltagssprache auf. In manchen Fällen führt dies dazu, dass Gedichte der Neuen Subjektivität vor allem durch ungewöhnlich platzierte Zeilenumbrüche von Prosatexten zu unterscheiden sind.

Als programmatisch für die um Authentizität bemühte Neue Subjektivität, die sich hauptsächlich in autobiographischen und lyrischen Texten artikulierte, können die 1973 erschienenen Werke "Lenz" von Peter Schneider und "Klassenliebe" von Karin Struck gelten. Ein Vorläufer der Neuen Subjektivität war Peter Weiss ("Abschied von den Eltern", 1961).

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Werke, die sich der Neuen Innerlichkeit zuordnen lassen, finden sich im gesamten deutschsprachigen Raum. Auch in der DDR-Literatur führte das Ende der Hoffnung auf Reformen verstärkt zum Rückzug ins Private und entsprechend innerlichen literarischen Entwürfen. Einflussreich waren für die DDR Christa Wolf und Monika Maron (deren Werke aber gerade auch im Westen starken Anklang fanden), in der BRD Peter Schneider mit seiner Erzählung Lenz (1973), dann Christoph Meckel, Botho Strauß und auch Martin Walser. In Österreich fanden sich entsprechende Tendenzen in Werken von Peter Handke, in der Schweiz bei Fritz Zorn.

Siehe auch

Ausgewählte Autoren und Werke

Über die Neue Innerlichkeit

  • Michael Rutschky: Erfahrungshunger. Ein Essay über die siebziger Jahre (1980)
  • Jürgen Neckam: Literatur der 70er Jahre in der BRD - Die Neue Innerlichkeit: Walser, Strauß, Enzensberger (2003)

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