Nosokomialinfektion

Nosokomialinfektion
Klassifikation nach ICD-10
A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten
Y95 Nosokomiale Faktoren
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Unter einer nosokomialen Infektion (Krankenhausinfektion; griech.: Nosokomeion: Krankenhaus) wird jede durch Mikroorganismen hervorgerufene Infektion verstanden, die im zeitlichen Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt oder einem Aufenthalt in einer anderen medizinischen Einrichtung steht, unabhängig davon, ob Krankheitssymptome bestehen oder nicht. „Nosokomien“ hießen die Räumlichkeiten in den Heilstätten im alten Griechenland (z. B. in Epidauros), in denen Patienten mittels eines Heilschlafes behandelt wurden. Um eine nosokomiale Infektion sicher feststellen zu können, muss der Patient im gesamten Zeitraum, in dem die Infektion stattgefunden haben kann, in einem Krankenhaus gewesen sein, beziehungsweise es muss nachgewiesen sein, dass er ohne die Infektion ins Krankenhaus gekommen ist. Zur Berechnung dieses Zeitraumes dient die für die jeweilige Krankheit bekannte Inkubationszeit. Die Häufigkeit, dass sich ein Patient während des Krankheitsverlaufs eine nosokomiale Infektion zuzieht, wird trotz des Fortschrittes in der Medizin nicht abnehmen, sondern eher noch zunehmen.

Folgende Faktoren sind hierfür verantwortlich:

  • immer mehr Patienten mit geschwächter körpereigener Infektionsabwehr werden in den Krankenhäusern behandelt
  • immer häufiger werden komplizierte und schwierige Operationen aufgrund der Fortschritte in der operativen Technik durchgeführt
  • immer häufiger werden komplizierte apparative, invasive Maßnahmen mit erhöhtem Infektionsrisiko durchgeführt
  • immer häufiger werden therapeutische Maßnahmen durchgeführt, die die Abwehrkraft herabsetzen

Nicht zu vergessen ist das hohe Alter vieler Patienten – im Jahr 1990 lag in deutschen Kliniken der Anteil der Patienten über 60 Jahren bei 30,6 % (3,6 Mio.) – Tendenz aufgrund der demographischen Entwicklung steigend. Höhere Infekthäufigkeit, größerer Schweregrad und höhere Letalität der Infekte, stärkere Beteiligung gramnegativer Keime, chronische Grunderkrankungen, Aufenthalt in Langzeitpflegeeinrichtungen, verminderte Reservekapazität und evtl. eingeschränkte immunologische Abwehr kennzeichnen die Besonderheiten der älteren Patienten im Hinblick auf das Erwerben von Krankenhausinfektionen.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat auch der vermehrte und irrationale Antibiotikaverbrauch in der Behandlung von bakteriellen Infektionen zu einer besorgniserregenden Zunahme von multiresistenten Problemerregern (Methicillin-resistente Stapylococcus aureus, Vancomycin-resistente Enterokokken etc.) geführt. Der vermehrte Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika steht eng mit der Zunahme von multiresistenten Erregern in direkter Wechselbeziehung.

Immer häufiger kompliziert sich demzufolge auch die antibiotische Therapie von Hospitalinfektionen, wobei häufig mehr als eine Substanz appliziert werden.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie und klinische Relevanz

Krankenhausinfektionen machen einen Großteil aller im Hospital auftretenden Komplikationen aus und haben daher einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der medizinischen und krankenpflegerischen Versorgung der Patienten. Entsprechend müssen sie als ein ernstzunehmendes Problem eines jeden Krankenhauses erkannt werden. Im Krankenhaus erworbene Infektionen belasten nicht nur den Patienten selbst aufgrund der damit verbundenen Schmerzen und Beschwerden, sie verlängern meist auch den Krankenhausaufenthalt – je nach Art der Infektion im Durchschnitt um 4 Tage – und führen damit zumindest in solchen Gesundheitssystemen, in denen nach Fallpauschalen abgerechnet wird, zu deutlichen betriebswirtschaftlichen Einbußen. Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung ist die regelmäßige Durchführung einer hygienischen Händedesinfektion mit Händedesinfektionsmitteln.

Bei den meisten aufgeführten Studien handelt es sich um Prävalenz-Untersuchungen. Sie erfassen zu einem bestimmten Zeitpunkt die Häufigkeit von nosokomialen Infektionen. Aus hohen Infektionsraten direkt Konsequenzen zu ziehen, ist bei dieser Form der Erfassung nur selten möglich, weshalb auch die prospektive, kontinuierliche Überwachung (Erfassung von Infektionen und deren Risikofaktoren) favorisiert wird.

Die Interpretation von epidemiologischen Daten über Krankenhausinfektionen ist kompliziert, weil zwischen den exogen (extrinsisch) bedingten, vermeidbaren Infektionen und den endogen (intrinsisch) bedingten, kaum oder nur teilweise unterschieden werden kann. Der Vergleich zwischen Krankenhäusern oder auch Fachdisziplinen ist problematisch, da stets berücksichtigt werden muss, nach welchen Kriterien (z. B. Falldefinitionen) die Daten erhoben wurden, und ob die Patientenpopulationen bezüglich der Risikofaktoren vergleichbar sind.

Studien zeigten, dass das Risiko, eine Krankenhausinfektion zu erwerben, in Kliniken mit geringeren Bettenzahlen niedriger ist als in größeren. Dieses Faktum ist auch nicht verwunderlich, da in Schwerpunktkliniken mit großen und spezifischen Fachdisziplinen erhöhte diagnostische und aggressive therapeutische Interventionen angewendet werden, weshalb auch mit höheren Inzidenzraten von Krankenhausinfektionen zu rechnen ist. Auf Intensivpflegestationen und auch in operativen Fachdisziplinen ist die Wahrscheinlichkeit an Krankenhausinfektionen zu erkranken ebenfalls deutlich erhöht.

Die häufigsten Arten nosokomialer Infektionen auf der Intensivstation sind die beatmungs-assoziierte Pneumonie, intraabdominelle Infektionen nach einem Trauma oder nach chirurgischen Eingriffen und Bakteriämien durch intravasale Fremdkörper.

USA

In den USA ist der Anteil an Klinikinfektionen von 1975 bis 1995 um 36 % angestiegen; von 7,2/1000 auf 9,8/1000 Patienten im Jahre 1995. In Kliniken der USA erwerben 5 bis 15 % der Krankenhauspatienten und 25–50 % der Patienten in Intensivpflegestationen eine nosokomiale Infektion. Nach Aussagen des Institute of Medicine in Washington D. C. sind Krankenhausinfektionen, obgleich vermeidbar, in den USA im Jahr für 44.000–98.000 Todesfälle verantwortlich. In den USA verursachen nosokomiale Infektionen pro Jahr Kosten von 17 bis 29 Milliarden US-Dollar. Im Zeitraum von 1980 bis 1992 hat die Todesursache „Infektion“ in den USA um 58 % zugenommen. Zur Anzahl der Todesfälle, die als Folge einer nosokomialen Infektion auftreten, existieren bislang nur wenige Studien, meist aus den USA. In diesen Studien wurde ermittelt, dass etwa 1 % dieser Patienten mittelbar oder unmittelbar daran versterben. Bei 2,7 % aller ins Krankenhaus aufgenommenen Patienten tragen Infektionen als Mitursache zu einem tödlichen Verlauf bei, sind jedoch nicht die eigentliche Todesursache.

Europa

Statistisch gesehen, treten in Akutkliniken in Europa durchschnittlich 3,5–11,6 Krankenhausinfektionen auf. Das Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) gibt in seinem Bericht von 2007 drei Millionen nosokomiale Infektionen pro Jahr in Europa an.[1] In Italien sterben jedes Jahr zwischen 4.500 und 7.000 Menschen an Infektionen, die sie sich während eines Klinikaufenthaltes zugezogen haben. Damit dürfte Italien im europäischen Durchschnitt liegen.[2] Das ECDC gibt in seinem Bericht von 2007 50.000 zuschreibbare Todesfälle pro Jahr in Europa an.[1]

In Deutschland sterben jedes Jahr zwischen 10.000 und 15.000 Menschen, weil sie sich im Krankenhaus eine schwere Infektion zugezogen haben. Die Gesamtzahl dieser nosokomialen Infektionen wird auf 400.000 bis 600.000 pro Jahr geschätzt.[3] Am häufigsten sind Wundinfektionen nach Operationen. Gastmeier schätzt die Zahl für Deutschland auf 225.000. Es folgen Harnwegsinfekte mit 155.000 Fällen pro Jahr und 80.000 tiefe Atemwegsinfektionen, darunter 60.000 Pneumonien. Bei 20.000 Patienten treten die Erreger ins Blut, es kommt zur Sepsis. Die anderen Erkrankungen entfallen auf seltenere Infektionen.[3] Die Zahlen stimmen mit den Erfahrungen anderer Länder überein. So wurden aus England zuletzt 320.000 Infektionen gemeldet, in den USA sind es sogar 1,7 Millionen pro Jahr.[3] Nach einer anderen Quelle erkranken in Deutschland jährlich etwa 3 Millionen Menschen an Infektionen, die sie sich im Krankenhaus zugezogen haben. Etwa 50.000 Menschen sterben daran.[4] Krankenhausinfektionen verursachen im Mittel vier Tage längere Liegezeiten sowie Zusatzkosten von 4.000 bis 20.000 Euro[5]

Pathogenese und Komplikationen nosokomialer Infektionen

Im Rahmen invasiver medizinischer Maßnahmen (Devices Medicine) werden immer häufiger Fremdkörper in den Patienten eingeführt, die leider gerade bei längerer Liegezeit als Quelle nosokomialer Infektionen fungieren. Invasive medizinische Hilfsmittel spielen eine weitaus größere Rolle für die Entstehung von nosokomialen Infektionen als die Grundkrankheiten der Patienten. Die Mehrzahl der Risikoanalysen für die Entstehung nosokomialer Infektionen hat klare Ergebnisse erbracht, dass die Erreger, seien sie empfindlich oder multiresistent, bei chirurgischen Eingriffen oder bei der Anwendung invasiver Hilfsmittel in den Körper gelangen. Bei diesen Hilfsmitteln handelt es sich beispielsweise um Venenkatheter (Auslöser für nosokomiale Septikämien), Harnwegskatheter (Auslöser nosokomialer Harnwegsinfektionen), Intubation und apparative Beatmung (Auslöser für Beatmungspneumonien) oder um Liquorableitungen (Auslöser für Meningitiden).

Gefäßzugänge, insbesondere zentrale Venenkatheter, spielen hierbei zahlenmäßig die Hauptrolle. Sie sind für knapp zwei Drittel der in US-Krankenhäusern auftretenden nosokomialen Infektionen verantwortlich. Schlüsselereignis in der Pathogenese dieser Infektionen ist zunächst eine Anheftung von Mikroorganismen an das Plastikmaterial der Katheter. Daran schließt sich häufig die Erzeugung einer schleimigen Matrix durch die Erreger an. Der so entstandene Biofilm ist gekennzeichnet durch erhöhte Resistenz, verminderte Kultivierbarkeit, kooperative Strategien und hohe Diversität der Mikroorganismen.[6]

Aus jeder nosokomialen Infektion kann sich eine schwere systemische Infektion, die Sepsis als schwerste Verlaufsform oder schwere systemische Komplikation, entwickeln. Im Rahmen der Immunabwehr wird eine Entzündungsreaktion (SIRS = systemische inflammatorische Antwort oder systemic inflammatory response syndrome) in Gang gesetzt mit dem Ziel, die Eindringlinge (Bakterien, Pilze, Viren und Parasiten) zu vernichten. Hierbei kommt es zu einer überschießenden Freisetzung inflammatorischer Zytokine (Mediatorenexplosion), deren Wirkungen den Makroorganismus schwerwiegend schädigen können. Trotz intensivmedizinischer Behandlung sterben mehr als die Hälfte der Patienten an einer nosokomialen Sepsis, besonders dann, wenn sich ein septischer Schock mit nachfolgendem Organdysfunktionssyndrom entwickelt hat. Die nosokomiale Sepsis wird oft als die Crux der modernen Intensivmedizin bezeichnet.

Infektionsursachen und Prävention

Beatmungs-assoziierte Pneumonien

Beatmungs-assoziierte Pneumonien stellen sowohl in Deutschland als auch international die häufigste nosokomiale Infektionsart auf der Intensivstation dar. In Deutschland zeigen aktuelle Daten des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS), dass die Pneumonierate auf Intensivstationen derzeit bei etwa neun bis elf Episoden pro 1000 Beatmungstage liegt. Hochgerechnet für Deutschland erleiden pro Jahr 30.000 Patienten auf Intensivpflegestationen eine Pneumonie. Hierdurch entstehen nicht nur erhebliche Mehrkosten aufgrund des verlängerten Intensivaufenthaltes, auch die persönliche Prognose des betroffenen Patienten wird deutlich eingeschränkt. Es war lange Zeit umstritten, wie die Erreger einer Beatmungspneumonie in die Lunge gelangen. Heute weiß man, dass es sich entweder um Erreger aus dem Milieu der Intensivstation handelt, die durch Hygienefehler in die Mundhöhle des Patienten transportiert werden (=exogener Infektionsweg), oder aber um Erreger aus dem eigenen Magen des Patienten, die durch „Hochschwappen“ von Mageninhalt die Mundhöhle erreichen („endogener Infektionsweg“). Der endogene Infektionsweg ist in seiner Bedeutung in den letzten Jahren deutlich zurückgetreten, seitdem sich für Beatmungspatienten die Oberkörperhochlagerung mit einem Winkel von etwa 30–45° zur Unterlage durchgesetzt hat. Aus der Mundhöhle gelangen die Erreger durch Mikroaspirationen in die Trachea und die tieferen Luftwege. Der weitere Ablauf bei der Entstehung einer beatmungs-assoziierten Pneumonie. Man erkennt hieraus, dass nach dem Eindringen der Erreger in den Bronchialbaum zunächst eine tracheobronchiale Besiedlung entsteht. Erst unter bestimmten Bedingungen, wie beispielsweise einer Schwächung der Abwehrlage des Patienten, kommt es zur Durchbrechung der Alveolarschranke, sodass sich schließlich eine Gewebsentzündung entwickelt.

Präventionsmaßnahmen zur Verhütung von Beatmungspneumonien im Barnes-Jewish Hospital, USA Baltimore – modifiziert nach Panknin, H.-T., Berlin

Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung einer mikrobiellen Besiedelung des Magendarmtraktes und der Atemwege

  • Peinliche Beachtung der Händehygiene vor und nach jeder Manipulation am Beatmungssystem sowie vor und nach dem Absaugen
  • Beatmungsschläuche und geschlossene Absaugsysteme nicht routinemäßig, sondern nur bei Funktionsstörungen oder sichtbarer Verschmutzung wechseln*
  • In-line-Beatmungsfilter (Heat Moisture Exchanger, HME) nicht bei Patienten mit starker Sekretproduktion oder Hämoptysen verwenden
  • HME-Filter alle 24 Stunden oder bei sichtbarer Verschmutzung wechseln
  • Bei Entleerung der Wasserfallen exogene Kontamination des Inneren der Beatmungsschläuche vermeiden

Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Aspiration kontaminierter Sekrete

  • Druck des Tubus-Cuffs regelmäßig prüfen und aufrecht erhalten
  • Halbaufrechte Lagerung des Patienten mit einem Winkel von etwa 30°, auch bei Transporten
  • Wasserfallen leeren vor Patientenumlagerung
  • Um eine Magenüberdehnung zu vermeiden, vor jeder Nahrungs- oder Flüssigkeitszufuhr stets Magenfüllungszustand durch Aspiration prüfen
  • Nasogastrische Magensonde so bald wie möglich entfernen

Präventionsmaßnahmen beim Absaugen

  • Bei geschlossenem Absaugsystem: Saubere Einmalhandschuhe verwenden. Bei offener Absaugung: Sterile Handschuhe
  • Absaugkatheter in sauberer und trockener Umgebung lagern
  • Absaugkatheter nicht auf das Beatmungsgerät legen
  • Katheter zur oralen Absaugung sollten nicht in Papierfolienverpackung, sondern in einer sauberen wiederverschließbaren Verpackung gelagert werden
  • Nur bei wirklichem Bedarf absaugen. Durch zu häufige Absaugung können Erreger in die Atemwege gelangen

Andere wesentliche Punkte

  • Nasalen Intubationsweg vermeiden
  • Beatmungstubus sicher befestigen, damit er nicht versehentlich vom Patienten gezogen werden oder herausrutschen kann
  • Doppelte oder dreifache Antibiotikatherapie vermeiden
  • Wenn möglich, keine medikamentöse Stressulcusprophylaxe anwenden
  • Mundrachenraum täglich mit Chlorhexidinlösung spülen (nur bei kardiochirurgischen Patienten)
  • Impfungen durchführen (Influenza, Pneumokokken, Hämophilus Typ b)

Katheter-assoziierte Harnwegsinfektionen

Harnwegsinfektionen stehen in jeder Statistik nosokomialer Infektionen an erster Stelle. In den USA entwickeln etwa 3 % aller Krankenhauspatienten und 15 % aller mit einem Blasenkatheter versorgten Patienten eine Harnwegsinfektion. Bei 10–15 % der Patienten mit Harnwegsinfektion kommt es zu sekundären Komplikationen wie beispielsweise einer Sepsis und einem septischen Schock. Ob durch eine Harnwegsinfektion auch die Letalität der Krankenhauspatienten steigt, ist strittig. Für die USA wurde hochgerechnet, dass etwa 50.000 zusätzliche Todesfälle im Krankenhaus auf eine Harnwegsinfektion zurückzuführen sind. Folgende Empfehlungen zur Überwachung, Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung der Harnwegsinfektionen sind nach Methoden der Evidenz-basierten Medizin gut abgesichert:[7]

  • Eine Erfassung (Surveillance) von asymptomatischen Bakteriurien ist für Patienten in Langzeitpflegeeinrichtungen nicht erforderlich.
  • Für die Erfassung symptomatischer Harnwegsinfektionen sollten standardisierte diagnostische Kriterien (CDC-Definition) verwendet werden.
  • Die Häufigkeit nosokomialer Harnwegsinfektionen soll als Infektionsrate/1.000 Patiententage bzw. /1.000 Harnwegskathetertage angegeben werden.
  • Kondomkatheter sollten bei begründeter Indikation bei Männern dem transurethralen Blasenkatheter vorgezogen werden.
  • Wenn irgend möglich, sollten intermittierende Einmalkatheterisierungen gegenüber einer Langzeiturinableitung bevorzugt werden.
  • Keine Aussage zum routinemäßigen Wechsel von Langzeit-Harnwegskathetern und zum optimalen Zeitpunkt eines Wechsels.
  • Die Therapie von Harnwegsinfektionen sollte stets mit Antibiotika erfolgen. Lokale Desinfizienzien sind obsolet.
  • Die Therapiedauer sollte maximal 10–14 Tage betragen, kürzere Zyklen können für Frauen mit geringer klinischer Symptomatik empfohlen werden.
  • Bei rezidivierender symptomatischer Harnwegsinfektion kann eine durchgehende Therapie von 6 Wochen erwogen werden.
  • Es ist nicht erforderlich, nach Beendigung der Antibiotikatherapie eine zweite Kultur zur Dokumentation des Therapieerfolgs abzunehmen.

Postoperative Wundinfektionen

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Katheter-assoziierte Veneninfektionen

In den USA werden jährlich mehr als 5 Millionen zentralvenöse Katheter gelegt. Obwohl ihre Anwendung für die parenterale Ernährung, die Messung des zentralen Venendrucks und die Zufuhr von Medikamenten in vielen Fällen unabdingbar ist, sind sie andererseits eine der häufigsten Quellen von Komplikationen und nosokomialen Infektionen. Je nach Liegedauer und Kathetertyp kommt es bei etwa 5–26 % der Katheter zur Lokalinfektion oder Sepsis. Jedes Jahr treten alleine in den USA 250.000 bis 500.000 Bakteriämien im Zusammenhang mit Gefäßkathetern auf. Zwei Drittel aller Ausbrüche von nosokomialen Bakteriämien oder Candidämien haben einen Gefäßkatheter als Ursache, aber auch die Mehrzahl der endemisch auftretenden nosokomialen Bakteriämien sind katheter-assoziiert. Studien haben gezeigt, dass das Vorhandensein eines Venenkatheters mit einer erhöhten Inzidenz nosokomialer Bakteriämien bedingt ist. Das Vorhandensein eines Katheters ist auch der wichtigste einzelne Risikofaktor für das Auftreten einer nosokomialen Candidämie oder einer Bakteriämie durch Staphylococcus aureus. Prospektive Studien haben auch gezeigt, dass katheter-assoziierte Sepsis zu einer erheblichen Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes führen, auch wenn die Anzahl und Schwere der Grundkrankheiten als weiterer Einflussfaktor berücksichtigt und herausgerechnet wird. Die durchschnittliche Verlängerung der Liegedauer im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollpatienten ohne Sepsis beträgt 10–20 Tage. Hieraus resultieren erhöhte Krankenhauskosten in Höhe von 4000 bis maximal 56.000 US-$ pro Sepsisepisode. Von besonders schwerwiegender Bedeutung ist die Tatsache, dass Patienten mit katheter-assoziierter Sepsis bzw. Bakteriämie eine erhöhte Letalität aufweisen. Im Vergleich zu gleichaltrigen Kontrollpatienten mit vergleichbar schwerer Grundkrankheit beträgt die zusätzliche Letalität 12–35 %. Ein weiterer, die Letalität bestimmender Einflussfaktor ist der auslösende Erreger: Der Nachweis von Staphylococcus aureus geht mit einer katheter-assoziierten Sepsisletalität von 22–43 % einher, der Nachweis von Candida spp. in einigen Studien sogar mit einer Letalität bis zu 67 %. Katheter-assoziierte Septikämien mit weniger pathogenen Erregern wie koagulase-negativen Staphylokokken und Enterokokken waren dagegen nur in einigen Studien, aber nicht immer, mit einer erhöhten Letalität assoziiert. Vor jeder Katheterinsertion steht zunächst die Entscheidung, welches Kathetermaterial bzw. welcher Kathetertyp angewandt werden soll. Neben den konventionellen Kathetern aus Polyurethan werden bereits seit einigen Jahren sowohl auf dem US-Markt als auch in Deutschland antimikrobiell beschichtete Katheter angeboten. In Deutschland sind bisher lediglich Katheter, die außenseitig mit Chlorhexidin und Silbersulfadiazin beschichtet sind, sowie reine Silberkatheter im Handel. In den USA existieren auch Katheter, die mit Antibiotika (Rifampicin und Minocyclin) imprägniert sind. Hintergrund für die Entwicklung dieser Katheter war die Tatsache, dass die Mehrzahl der katheter-assoziierten Infektionen durch eine außenseitige Kolonisation der Katheterspitze hervorgerufen werden. In Kürze sind diese (Herbst 2006) auch auf den deutschen Markt erhältlich. Randomisierte klinische Studien haben gezeigt, dass die außenseitig mit Chlorhexidin und Silbersulfadiazin beschichteten Katheter in der Lage sind, die Infektionsrate von 7,6 Septikämien pro 1000 Kathetertage (4,6 % der Katheter) auf 1,6 Septikämien pro 1000 Kathetertage (1 % der Katheter) zu senken. Unter laufender Infusionstherapie sollten folgende Maßnahmen der Infektionsprävention beachtet werden:

  • Hygienische Händedesinfektion vor jeder Manipulation am Katheter
  • Katheterkonus und Dreiwegehähne vor Diskonnektion desinfizieren
  • Infusionssystemwechsel alle 72 Stunden
  • Verbandwechsel unter Einhaltung aseptischer Kautelen, entweder mit Gaze oder als Transparentverband
  • Kein routinemäßiger Austausch des Katheters nach einer bestimmten Liegedauer
  • Keine Anwendung von antibiotikahaltigen Salben an der Insertionsstelle.

Siehe auch

Quellen

  1. a b European Centre for Disease Prevention and Control (Hrsg.): The First European Communicable Disease Epidemiological Report. Stockholm 2007, ISSN 1830–6160, ISBN 978-92-9193-062-3 (PDF-Datei; 2,1 MB)
  2. S. Ulrich: Krankenhäuser, die krank machen. In: Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 2007, S. 10 (Online-Artikel)
  3. a b c P. Gastmeier, C. Geffers: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Wie viele gibt es wirklich? Eine Schätzung für das Jahr 2006. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Bd. 133, Nr. 21, 2008, ISSN 0012-0472, doi:10.1055/s-2008-1077224, S. 1111–1115 (Online-Zusammenfassung)
  4. Keime, gegen die nichts mehr hilft, Süddeutsche Zeitung, 10. Oktober 2008, S. 22
  5. Dreckspatzen in Weiß, W. Bartens, Süddeutsche Zeitung, 23. Oktober 2008, S. 16
  6. L. Hall-Stoodley u. a.: Bacterial biofilms: from the natural environment to infectious diseases. In: Nature reviews / Microbiology. Bd. 2, Nr. 2, 2004, ISSN 1740–1526, PMID 15040259, doi:10.1038/nrmicro821, S. 95–108 (PDF-Datei; 0,6 MB)
  7. Nicolle LE; SHEA Long-Term-Care-Committee: Urinary tract infections in long-term-care facilities. Infect Control Hosp Epidemiol. 2001 Mar;22(3):167–75. PMID 11310697
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