Notbremsassistent

Notbremsassistent

Ein Notbremsassistent ist ein „intelligentes“, „vorausschauendes“ Sicherheitssystem für KFZ, das bei Gefahr vorbeugend eine „Automatische Notbremsung“ bewirkt, indem es bereits beim Erkennen einer kritischen Situation per Bordcomputer Sicherheitsmaßnahmen ergreift. Das Gerät erkennt via Infrarotwellen bzw. GPS die Entfernung des Fahrzeugs von Hindernissen und leitet zunächste eine deutliche Geschwindigkeitsreduktion (Teilbremsung) ein. Wenn der errechnete Abstand zu gering wird, wird eine Vollbremsung ausgelöst, um die Wucht des Aufpralls bei der Kollision mit dem Hindernis zu vermindern, im Idealfall komplett zu vermeiden. Damit unterscheidet dieses Fahrerassistenzsystem sich vom einfachen Bremsassistenten, welcher lediglich ein Bremskraftverstärker im Verantwortungsbereich des Fahrzeugführers darstellt.

„Adaptive Cruise Control“ für den „Active Brake Assist“

Die als allgemein bekannte Automatische Notbremsung, ist der „Active Brake Assist” (ABA), der als eine Erweiterung des „Adaptive Cruise Control“ (ACC), dem sogenannten Abstandsregeltempomat, zur Verhinderung von Auffahrunfällen dient.
Der ACC ist beim schwereren LKW weiter verbreitet als beim PKW.

Das weltweit erste Serienfahrzeug mit einem Notbremsassistenten (also auch automatische Notbremsung) war der auf dem japanischen Markt im Jahr 2003 eingeführte Toyota Harrier (Lexus RX) mit Pre-crash Safety System[1] auf Radarbasis.

Inhaltsverzeichnis

Notbremsassistent im PKW

Elektronische Distanzmessung durch Radar (blau) und Infrarot (rot)
Automatischer Bremsvorgang

2002 hat Mercedes in der S-Klasse (W220) ein Sicherheitssystem eingeführt, das mittels Fahrzeugsensoren (ohne Radar) eine gefährliche Situation erkennen und präventive Maßnahmen einleiten konnte: Pre-Safe. Folgende Maßnahmen werden dabei von Pre-Safe I ausgeführt:

  • die Sicherheitsgurte werden mittels elektrischer, reversibler Gurtstraffer gestrafft, um die Insassen in eine aufrechte Haltung zu bringen
  • die Seitenscheiben und − falls vorhanden − auch das Schiebedach werden bis auf einen Restspalt geschlossen, um das Eindringen von Gegenständen in den Innenraum zu verhindern und um die Wirkung der Kopfairbags zu verbessern
  • falls der Beifahrersitz (Serie in der S-Klasse) und evtl. auch die Rücksitze (nur in der S-Klasse) elektrisch verstellbar sein sollten, werden diese in eine crashoptimierte Position gebracht, um die Wirkung der Airbags zu optimieren
  • abgeklappte Fondkopfstützen werden pneumatisch aufgestellt (nur in der S-Klasse)

Im Jahr 2005 wurde im Pre-Safe II erstmals auch ein Notbremsassistent integriert, das System wurde in der S-Klasse (W221) eingesetzt. Erstmals war Pre-Safe mit dem Radarsystem gekoppelt und konnte dadurch vor Kollisionen warnen und die Bremsen für eine Notbremsung vorbereiten. Ein Jahr später wurde auch die automatische Notbremsung eingeführt. Neu bei Pre-Safe II waren die Auslösung der Multikontursitze und die Pre-Safe-Bremse, welche zur Gefahrenentschärfung einen automatischen Bremseingriff vornahm. Beim Pre-Safe II wurde erstmals der Schutz anderer Verkehrsteilnehmer berücksichtigt und ergreift folgende Schutzmaßnahmen:

  • die Sicherheitsgurte werden mittels elektrischer, reversibler Gurtstraffer gestrafft, um die Insassen in eine aufrechte Haltung zu bringen
  • die Seitenscheiben und − falls vorhanden − auch das Schiebedach werden bis auf einen Restspalt geschlossen, um das Eindringen von Gegenständen in den Innenraum zu verhindern und um die Wirkung der Kopfairbags zu verbessern
  • der elektrisch verstellbare Beifahrersitz und optional auch die Rücksitze (nur in der S-Klasse) werden in eine crashoptimierte Position gebracht, um die Wirkung der Airbags zu optimieren
  • abgeklappte Fondkopfstützen werden pneumatisch aufgestellt
  • die Seitenwangen der optionalen, luftgepolsterten Multikontursitze der Front- und Fondsitze (nur in der S-Klasse) werden aufgepolstert, um die Insassen in eine gerade und aufrechte Haltung zu bringen und um zusätzliche „Knautschzonen“ beim Seitenaufprall zu bieten
  • Pre-Safe-Bremse bewirkte vollautomatisches Abbremsen mit 40 % der Maximalbremskraft − auch bei deaktivierter Abstandsregelung −  wenn der Fahrer bei schnellem Annähern an ein Hindernis auch nach mehrmaliger Warnung nicht reagiert hat, um einen Aufprall zu verhindern oder zumindest die Aufprallschwere zu reduzieren. Die Pre-Safe-Bremse kann jederzeit durch den Fahrer überstimmt oder auch dauerhaft deaktiviert werden. Gleichzeitig werden auch andere geeignete Pre-Safe II-Maßnahmen ausgelöst. Pre-Safe-Bremse ist nur in Verbindung mit dem optionalen Abstandsregeltempomaten Distronic Plus erhältlich.

Es handelt sich hier um ein Bremssystem der aktiven Sicherheit, das in Gefahrensituationen eine optimale Verzögerung des Fahrzeugs bewirken kann, um Unfälle zu vermeiden.

Das System bremst das Fahrzeug vor einem drohenden Auffahrunfall automatisch ab. Die Pre-Safe-Bremse arbeitet mit dem Bremsassistenten Plus zusammen, dessen Bremskraftunterstützung beim Tritt aufs Bremspedal sofort zur Verfügung steht. Reagiert der Autofahrer indes nicht auf die Warnhinweise des Bremsassistenten, nimmt die Pre-Safe-Bremse bei akuter Unfallgefahr eine automatische Teilbremsung vor und verzögert das Fahrzeug mit rund 40 % der maximalen Bremsleistung. Diese ca. 0,4 g Verzögerung entsprechen in etwa dem, was ein ungeübter Fahrer durchschnittlich ohne Bremsassistent erreicht, wenn er unerwartet eine Vollbremsung machen muss. Die Bremsverzögerung wird deshalb vergleichsweise niedrig gewählt, um eine zu starke Schreckreaktion beim Fahrer zu vermeiden, bei der er die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren könnte.

Diese Systeme nutzen neben der übrigen Sensorik des Autos auch die bereits vom Abstandsregeltempomaten her bekannte moderne Radartechnologie, um die Situation vor dem Auto zu erfassen und einen drohenden Unfall zu erkennen.

Radargestützte Kollisionswarnsysteme

  • Audi: Braking Guard
  • BMW: Intelligent Brake (iBrake)
  • Ford: Collision Warning with Brake Support

Lasergestützte Kollisionswarnysteme

  • Infiniti: Intelligent Brake Assist (IBA) with Forward Collision Warning, Distance Control Assist

Radargestützte Systeme mit automatischer Notbremsung

  • Audi: Pre-Sense (Pre-S)
  • BMW: Auffahrwarnung mit Anbremsfunktion
  • Bosch: Predicitve Emergency Braking System
  • Daimler: Pre-Safe bzw. Active Brake Assist (ABA)
  • Ford: Forward Alert (FA)
  • Honda: Collision Mitigation Brake System (CMBS)
  • Lexus: Advanced Pre-Crash Safety-System (A-PCS)
  • Škoda Auto: Citiy Safe Drive (CSD)
  • Toyota: Pre-Crash Safety-System (PCS)
  • Volkswagen: Front Assist[2]
  • Volvo: Collision Warning with Auto Brake (CWAB)

Kameraunterstützung

Bei Lexus und Audi[3] werden sowohl Radar als auch eine an der Frontscheibe installierte Kamera eingesetzt.

Fußgängererkennung

Der Lexus LS verfügt zusätzlich zum Radarsensor über eine Stereokamera am Rückspiegel[4] sowie Infrarotprojektoren in den Scheinwerfern[5], die Fußgänger (auch nachts) erkennen können.

Beim Volvo S60 (Typ P24) kann der Notbremsassistent „Collision Warning with Auto Brake“ (CWAB) auch Fußgänger erkennen und im Notfall automatisch bremsen [6].

Hecknotbremsassistent

Im Audi A8 (Pre-Sense Rear)[7] und Lexus LS (Heck-Pre-Crash-System)[8] sind Systeme verfügbar die auch vor einer Heckkollision warnen und die Sitze vorbereiten (bei Crown Majesta auch die Fondsitze[9]) bzw. die Kopfstützen aktivieren (Lexus).

Seitennotbremsassistent

In dem ausschließlich in Japan erhältlichen Toyota Crown Majesta wurde ab 2009 das Advanced Pre-Crash-System von Lexus weiterentwickelt und schützt erstmals auch vor seitlichen Kollisionen: Front-side Pre-crash Safety System[9]. Zwei Radar-Sensoren überwachen die Seiten des Fahrzeugs und im Notfall werden verschiedene Maßnahmen eingeleitet: der Fahrer erhält eine akustische und optische Warnung, der Druck in den Bremsen wird erhöht, die Sicherheitsgurte werden angespannt und die Sitzlehnen sowohl vorne als auch hinten werden in eine günstigere Position gebracht[10].

Gesichtsfeldmonitor

Der Lexus LS verfügt auch über eine Infrarotkamera am Lenkrad, welche überwacht, ob der Fahrer seinen Kopf nach vorn oder zur Seite richtet. So kann das System den Fahrer automatisch warnen, falls dieser eine Gefahrenquelle nicht rechtzeitig erkennt.[11].

Notbremsassistent mit GPS-Unterstützung

Das System wurde im Jahr 2008 auf dem japanischen Markt im Toyota Crown eingeführt[1]: Brake Assist with Navigation Link[12]. Brake Assist wird aktiviert, wenn der Fahrer bremst als Reaktion auf die visuelle und akustische Stoppschilderwarnung vom Navigationssystem. Die Warnung erfolgt aufgrund von Verkehrszeicheninformationen, die auf der Festplatte des Navigationssystems gespeichert sind. Der Bremsdruck wird automatisch angepasst auf Basis von Informationen von der Position des Fahrzeugs (von einer Kamera) und des tatsächlichen Bremsdrucks des Fahrers.

Notbrems-Assistent im LKW

MB Actros „Safety Truck“

Im LKW kann der Notbrems-Assistent mit dem „Active Brake Assist” (ABA) bewirken, das eine Automatische Notbremsung stattfindet. Mercedes Benz hatte für den LKW den Active Brake Assist entwickelt und im Jahr 2006 am Markt eingeführt.

Das ABA bewirkt unter anderem mit dem Adaptive Cruise Control (ACC), auch Abstandsregeltempomat genannt, eine Verhinderung von Auffahrunfällen und wird bei Mercedes Benz im Actros-LKW im sogenannten „Safety Truck“ eingebaut.

Voraussetzungen für eine Automatische Notbremsung (ABA) sind, wie beim Beispiel PKW, das im kompletten Last- bzw. Sattelzug folgende Ausstattungen eingebaut sind:

  1. Scheibenbremsen
  2. Elektronisches Bremssystem (EBS),
  3. Abstandsregeltempomat (ACC),
  4. Bremsassistent (BAS),
  5. Antiblockiersystem (ABS).
  6. Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP)
  7. Spurassistent (LDW)
  8. Sicherheitsgurt

ABA-Funktion beim LKW

Der Abstandsregeltempomat (ACC) stellt durch Radar- und Infrarotsysteme fest, ob der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu klein ist.

Der Sicherheitsabstand vor dem LKW kann dabei zwischen 7 m und 150 m eingestellt werden. Das vor dem Fahrer befindliche Hindernis wird erkannt und die Differenzgeschwindigkeit ermittelt. Ist der Sicherheitsabstand unterschritten, wird der Fahrer mittels akustischem und visuellem Signal gewarnt, es erfolgt ggf. die Radio- und Telefonstummschaltung. Reagiert der Fahrer trotz unveränderter Verkehrssituation nach der Warnung nicht, wird zunächst eine schwache Teilbremsung mit 30 % eingeleitet.

Als letztes Mittel findet dann eine automatische Vollbremsung statt, um das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen. Die Abstandsmessung des Abstandsregeltempomaten erfolgt bisher über ein Radarsystem. An Messsystemen, die hierzu eine Kamera verwenden, wird noch geforscht. Der Vorteil läge in einer günstigeren Herstellung, sowie in der größeren Robustheit.

Weblinks und Quellen

Einzelnachweise

  1. a b Toyota: Corporate Responsibility
  2. Weltpremiere: Neuer Touareg führt SUV-Idee in die Zukunft + VW -Phaeton (Abs. Front Assist im Detail)
  3. Umfassende Sicherheit im neuen Audi A8 - Vorausschauendes Notbremssystem von Bosch in Serie
  4. Chef-Assistent
  5. Objekterkennungssystem
  6. Der neue Volvo bremst selbst – auch für Fußgänger
  7. Pre-Sense Rear
  8. Heck-Pre-Crash-System
  9. a b Toyota Corporate Responsibility Sustainability Report
  10. Toyota Crown Majesta: So viele Airbags wie noch nie
  11. Gesichtsfeldmonitor
  12. Brake Assist with Navigation Link

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