Operation Hannibal (1945)

Operation Hannibal (1945)
Ostpreußische Flüchtlinge im Hafen von Pillau (26. Januar 1945)

Die Operation Hannibal bezeichnet die Evakuierung der Menschen aus Ost- und Westpreußen zu Beginn des Jahres 1945. Ziel des Unternehmens war die Evakuierung aller Militärverbände und Zivilisten vor dem Einmarsch der Roten Armee[1].

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Durch das Vorstoßen der sowjetischen Truppen wurde Ost- und Westpreußen vom Rest des Deutschen Reiches abgeschnitten. Eine vorherige Evakuierung war durch Berlin und vor allem durch die Gauleitung verboten worden. Dadurch blieb für etwa 2,5 Millionen Menschen nur noch ein Fluchtweg offen: die Flucht über die Ostsee. Das Oberkommando der Marine unter Leitung von Großadmiral Karl Dönitz verlegte daraufhin jedes noch vorhandene Schiff der Kriegsmarine in die Ostsee, da der Seekrieg bedingt durch die Landung der Alliierten in Frankreich schon als verloren galt und ein Einsatz der Einheiten in der Nordsee und im Atlantik nicht mehr möglich war. Erste Seerettungsaktionen über die Ostsee begannen bereits Ende Juli 1944 mit der Räumung der Stadt Memel und kurz darauf, in Folge der Kapitulation Finnlands, mit der Rückführung von Militär aus den finnische Ostseehäfen. Mitte September folgten die Evakuierungen von Reval, Riga, Windau und Libau. Aus Memel und Reval wurden dabei ca. 140.000 Flüchtlinge gerettet. Bis Dezember 1944 gingen in der Ostsee 70 Schiffe, die als Flüchtlings-und Verwundetentransporter eingesetzt waren, durch Feindeinwirkung verloren; ihre Gesamttonnage betrug 153.275 Bruttoregistertonnen.

Durchführung

Flucht aus Ostpreußen mit Kriegsfischkuttern der Kriegsmarine

Die Operation wurde am 21. Januar 1945 durch Dönitz eingeleitet. Die Leitung der Evakuierung übertrug er dem Seetransportstab, kurz Seetra, unter Leitung von Seetransportchef Konteradmiral Conrad Engelhardt. Engelhardt veranlasste daraufhin, dass die Kaianlagen ausgebessert wurden und alle verfügbaren Schiffe der Handelsmarine für den Flüchtlingstransport eingesetzt wurden. Er legte Vorratslager an und ließ Kohle und Brennstoffe nach Osten transportieren. Die sowjetische Marine drang auch in der Ostsee immer weiter vor. So bestand eine erhöhte Gefahr für auslaufende Schiffe. Daraufhin wurden die Schiffe durch bewaffnete Kriegsschiffe begleitet, um sie vor Angriffen aus der Luft oder zur See zu schützen.

In den Ostseehäfen Gotenhafen und Pillau waren die beiden Unterseeboot-Lehrdivisionen stationiert, die die U-Boot Besatzungen für den Krieg ausbildeten. Diese Divisionen wurden mit ihrem Lehrmaterial als erste nach Westen gebracht.[2] Am wichtigsten war die Evakuierung von Truppen, Verwundeten und Kriegsmaterial, doch Dönitz ordnete an, jeden verfügbaren Raum für Zivilisten freizumachen.

Ergebnisse

Der Kriegsmarine unter Großadmiral Karl Dönitz und seinem Chef der Seetra, Konteradmiral Conrad Engelhardt, gelang es bei der größten Evakuierungsaktion der Geschichte auf See ungefähr zweieinhalb Millionen Menschen mit 1081 Schiffen aus dem Kriegsgebiet herauszubringen. Dabei sind durch kriegsbedingte Schiffsverluste ca. 33.000 Flüchtlinge, rund ein Prozent der Evakuierten, ums Leben gekommen. An der Rettungsaktion nahmen zwischen 25. Januar und 9. Mai 1945 672 Handelsschiffe mit 409 Kriegsschiffen als Begleitschutz teil. Das erfolgreichste Schiff des Unternehmens war der Dampfer Deutschland mit 21.046 BRT, welcher auf sieben Fahrten fast 70.000 Menschen aus dem Kriegsgebiet rettete. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge wurde allein aus den vier großen Ostseehäfen Hela (Hel), Pillau (Baltijsk), Gotenhafen (Gdynia) und Danzig (Gdansk) an Bord genommen. Trotz des Geleitschutzes wurden immer wieder Schiffe durch Feindeinwirkung versenkt, darunter auch das wohl bekannteste, die Wilhelm Gustloff. Der Untergang der Wilhelm Gustloff durch drei Torpedotreffer am 30. Januar 1945 ist zwar die bekannteste Schiffskatastrophe des Unternehmens und überhaupt der neueren Seegeschichte, sie war aber weder die größte noch die einzige. Am 10. Februar 1945 wurde die General Steuben mit 14.660 BRT versenkt, am 16. April die Goya mit 5.230 BRT und am 3. Mai 1945 die beiden Schiffe Cap Arcona mit 27.571 BRT und Thielbeck mit 2.815 BRT. Die Zahl der Toten beim Untergang der Goya wird mit 6.700 bis 7.000 angegeben, jene der Cap Arcona mit 5.600 bis 6.500, jene der Wilhelm Gustloff mit 5.500 bis 6.500, jene der General Steuben mit 3.000 bis 3.600 und jene der Thielbeck mit 2.414. Da die Schiffe vor ihrem Ablegen jeweils von weiteren, nicht mehr gezählten Menschen gestürmt worden waren, konnten genaue Zahlen nicht festgestellt werden. Insgesamt gingen 245 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 738.735 BRT verloren, auf 190 davon waren keine Menschenverluste zu beklagen. Ein letztes winziges Rettungsschiff verließ am 9. Mai 1945 um 1 Uhr, also eine Stunde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, mit 145 Flüchtlingen den Hafen Hela und kam am 14. Mai 1945 unversehrt im Hafen von Flensburg an.[3][4]

Einzelnachweise

  1. http://www.ndr1radiomv.de/programm/erinnerungen/vor_der_teilung/forum650.html
  2. http://www.stern.de/politik/historie/:Schiffskatastrophe-Das-Drama-Wilhelm-Gustloff/612211.html
  3. http://www.wilhelmgustloff.com/facts_keyplayers_events_d.htm
  4. alternative Einschätzung eines Freiburger Historikers

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