- Liepāja
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Liepāja (dt.: Libau) Basisdaten Staat: Lettland Landschaft: Kurland (lettisch: Kurzeme) Verwaltungsbezirk: Republik-Stadt Liepāja Koordinaten: 56° 31′ N, 21° 1′ O56.51166666666721.0138888888897Koordinaten: 56° 30′ 42″ N, 21° 0′ 50″ O Einwohner: 83.884 (1. Jul. 2010) Fläche: 60,4 km² Bevölkerungsdichte: 1.388,81 Einwohner je km² Höhe: 7 m NAP Stadtrecht: seit 1625 Webseite: www.liepaja.lv Blick über Liepāja Liepāja Klimadiagramm (Erklärung) J F M A M J J A S O N D 53-1-538-1-5353-3378242146481811662014802014791610771167861682-2Temperatur in °C, Niederschlag in mm Quelle: Latvian, Environment, Geology and Meteorology Agency Liepāja (deutsch Libau) ist eine Hafenstadt im Westen Lettlands an der Ostsee.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Stadt entstand aus einem kleinen kurischen Dorf an der Mündung der Līva; erstmals erwähnt wird der Ort als Lyva im Jahre 1253. Als kleiner unbefestigter Hafenort im Staat des Livländischen Ordens wurde Lyva mehrmals von den Litauern niedergebrannt. 1560 wurde Libow als Teil der Komturei Grobiņa für fast 50 Jahre an Preußen verpfändet. In dieser Zeit stieg die Bevölkerungszahl unter anderem durch Zuwanderung aus Deutschland. Die Verleihung des Stadtrechts erfolgte 1625 durch Herzog Friedrich von Kettler von Kurland (bestätigt 1626 durch König Sigismund III. Wasa von Polen).
Mitte des 17.Jahrhunderts wurde mit dem Bau der Hafenanlage begonnen. Die Nordischen Kriege bedeuteten für Libau weniger Zerstörung als Zahlung von Kontributionen an die durchziehenden Heere und mehrere Pest-Epidemien. 1698 brach ein Großbrand aus, dem viele der Holzgebäude zum Opfer fielen. Von 1697 bis 1703 wurde auch der Handelskanal zum Libauer See in Betrieb genommen. Der Hafen befindet sich bis heute an der verbreiterten Mündung des Kanals und war ab 1730 auch für große Schiffe befahrbar.
Als das Herzogtum Kurland 1795 zum russischen Gouvernement Kurland wurde, lebten 4548 Einwohner in der Stadt. Nach mehr als 100 Friedensjahren waren es 1914 bereits 94.000. Im 19. Jahrhundert bekam Libau Eisenbahnanschluss (1869/1876) und wurde ein bedeutendes Industriezentrum. 1899 wurde hier die erste elektrische Straßenbahn im Baltikum eröffnet. In diesem Jahr wurde auch mit dem Ausbau des Kriegshafens (siehe Karosta) als strategische Flottenbasis begonnen. Von 1906 bis 1914 bestand direkter Schiffsverkehr nach New York. Durch den Hafen Libaus kamen unter anderem mehrere Hunderttausend Auswanderer.
Der Erste Weltkrieg begann für die Libauer mit der Beschießung von Hafen und Stadt am 2. August 1914. 1915 folgte die Besetzung durch die Armee des Deutschen Kaiserreichs. Durch Zwangsevakuierung ins Landesinnere und wirtschaftlichen Niedergang waren Ende 1915 nur noch 43.600 Einwohner in der Stadt. Nach dem Kriegsende besetzten die Bolschewiki fast das ganze lettische Territorium. Libau wurde Anfang 1919 Zufluchtstätte der bürgerlichen lettischen Regierung. Außerdem befanden sich noch die Vertreter der Entente sowie Soldatenrat und Militärverwaltung der deutschen Besatzungsmacht in der Stadt. Am 16. April fand ein Putsch von Teilen der Baltischen Landeswehr statt. Der Ministerpräsident Kārlis Ulmanis lebte daraufhin bis zum 27. Juni auf dem Schiff "Saratow", welches unter englischem Schutz im Hafen ankerte.
Der Verkehr im Hafen sank nach 1920 auf ein Zwölftel des frühern Umfangs. Von wirtschaftlicher Bedeutung waren die Anbindung an die Eisenbahnstrecke nach Jelgava (1929) und die Gründung des Freihafens (1931). Es entstanden auch kulturelle Einrichtungen wie Oper (1922) und Philharmonie (1927).
Anfang 1940 wurden in Liepāja 15.000 Soldaten der Roten Armee stationiert. Im Sommer folgte die förmliche Besetzung des Landes. Allein am 14. und 15. Juni 1941 wurden um die 2000 Stadtbewohner nach Sibirien deportiert. Nach der Eroberung Liepājas durch deutsche Truppen am 29. Juni war die Stadt bis zum 9. Mai 1945 deutsch besetzt. Die meisten der über 7000 jüdischen Einwohner wurden umgebracht. Über 3000 davon vom 15. bis 17. Dezember 1941 in Škēde.
1944 und 1945 war der Hafen neben Ventspils wichtigste Verbindung der eingeschlossenen Heeresgruppe Kurland. Viele Zehntausende Einwohner flohen per Schiff vor der Roten Armee. Nach 1945 bestand das Kriegsgefangenenlager 349 für deutsche Kriegsgefangene.[1]
Zwischen 1945 und 1990 wurden von der sowjetischen Führung Industrie- und Fischereibetriebe eingerichtet. Der Hafen diente als Stützpunkt der Roten Flotte. Bis 1974 hatte die Stadt wieder 100.000 Einwohner. Von diesen waren mehr als die Hälfte aus Russland angeworbene Arbeiterfamilien.
Sehenswürdigkeiten
Sehenswert sind die Innenstadt mit dem alten Speicherviertel, der breite und feinsandige Dünenstrand an der Ostsee sowie
- die evangelische St. Annakirche (Einweihung: 1587) mit ihrem monumentalen holzgeschnitzten Altaraufsatz von 1697, einem Meisterwerk der Barockzeit,
- die evangelische Dreifaltigkeitskirche (Einweihung: 1758), ein Wahrzeichen der Stadt in der Nähe des Rosenplatzes. Die Orgel der Dreifaltigkeitskirche war nach dem Umbau im Jahre 1885 durch Barnim Grüneberg noch bis 1912 die größte der Welt mit 131 Registern, vier Manualen und mehr als 7.000 Pfeifen. Sie gehört auch heute noch zu den größten in Europa.
- die katholische St. Josephs Kathedrale (Einweihung: 1762) in der Nähe des Alten Marktplatzes,
- die orthodoxe Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit, erbaut 1867.
- das Stadtviertel Karosta (Kriegshafen) mit:
- der orthodoxen Kathedrale St. Nikolai, errichtet 1901–03, und
- dem historischen Militärgefängnis, welches über hundert Jahre von den wechselnden Landesherren genutzt wurde. Das Gebäude beherbergt heute ein Museum und eine Herberge. Alle Räume sind im Originalzustand erhalten bzw. werden nach und nach wieder instandgesetzt.
- der Festung (neun Teile, zwei davon am Kriegshafen)
- der Manege
- und zahlreichen seit dem Abzug des sowjetischen Militärs leerstehenden alten Gebäuden.
Bistum Liepāja
Liepāja ist Sitz von gleichnamigen katholischen und evangelischen Diözesen, die sich über das Gebiet von Kurland (lett.: Kurzeme) erstrecken.
Verkehr
- Es besteht eine Fährverbindung nach Travemünde.
- Ins Landesinnere und ins nahe Litauen bestehen Fernbusverbindungen.
- Seit dem 15. Februar 2010 wird die Eisenbahnverbindung nur noch am Freitag/Sonntag (Riga – Liepāja) bzw. Samstag/Montag (Liepāja – Riga) angeboten.
Wirtschaft
Ab 1995 erblühte die Wirtschaft wieder. Hauptexportgüter sind Stahlwaren, Möbel und Textilien. Zur Zeit gewinnt der Dienstleistungssektor stetig an Bedeutung.
Die Kunstgewerbeschule von Liepāja gehört zu den wenigen Ausbildungsstätten weltweit, an denen Wissen über die künstlerische Verarbeitung von Bernstein vermittelt wird. Auch einige der an der Rekonstruktion des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast in Puschkin beteiligten Kunsthandwerker und Künstler haben diese Schule besucht.
Partnerschaften
Liepāja pflegt mit folgenden Städten und Gemeinden partnerschaftliche Beziehungen:
- Nynäshamn, Schweden, seit 1990
- Elbląg, Polen, seit 1991
- Bellevue (WA), USA, seit 1992
- Darmstadt, Deutschland, seit 1993
- Nykøbing Falster, Dänemark, seit 1993
- Karlshamn, Schweden, seit 1997
- Klaipėda, Litauen, seit 1997
- Gdynia, Polen, seit 1999
- Homel, Weißrussland, seit 1999
- Provinz Rogaland, Norwegen, seit 1999
- Stadtteil Årstad in Bergen, Norwegen, seit 2001
- Palanga, Litauen, seit 2001
- Westlicher Teil der Oblast Moskau, Russland, seit 2004
- Helsingborg, Schweden, seit 2005
Persönlichkeiten
Töchter und Söhne der Stadt
(chronologisch geordnet)
- Alexander Faltin (1819–1899), Jurist, Politiker und Ratsherr in Riga
- Mathilde von Dellingshausen (1854–1920), Wohltäterin
- John Martens (1875–1936), Architekt
- Lina Stern (1878–1968), Naturwissenschaftlerin, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften
- Arthur Sakheim (1889–1931), deutscher Schriftsteller, Journalist und Dramaturg
- Eduard Kasimirowitsch Tisse (1897–1961), russisch-sowjetischer Kameramann
- Zenta Mauriņa (1897–1978), deutsch-lettisch-russischsprachige Schriftstellerin
- Jacob Klein (1899–1978), Philosoph und Mathematiker
- Rolf Kahn (* 1943), Fußballspieler, Vater von Oliver Kahn
- Jānis Vanags (* 1958), Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands
- Mārtiņš Freimanis (1977–2011), lettischer Musiker, Schauspieler und Autor
- Māris Verpakovskis (* 1979), lettischer Fußballnationalspieler
Mit Liepāja verbunden
- Paul Max Bertschy (1840–1911), Stadtarchitekt in Libau
- Lew Rahr (1913-1980), exilrussischer Publizist, lebte 1924-1941 in Libau
- Gleb Rahr (1922-2006), exilrussischer Journalist und Kirchenhistoriker, lebte 1924-1941 in Libau
Literatur
- Wegner, Alexander (1878/1970), Geschichte der Stadt Libau, Libau: v. Hirschheydt, ISBN 3777-70-870-4
- Gintnere, Uļa (2005), Liepāja laikmetu dzirnavās, Liepāja, LV: Kurzemes Vārds, ISBN 9984-91-904-8
Weblinks
Commons: Liepāja – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.
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