Orgel der Ludgerikirche (Norden)

Orgel der Ludgerikirche (Norden)
Orgel der Ludgerikirche (Norden)
2009 07 Norden Ludgerikirche Arp-Schnitger-Orgel.JPG
Allgemeines
Ort Ludgeri-Kirche (Norden)
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1692
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1985 durch Jürgen Ahrend
Epoche Barock
Orgellandschaft Ostfriesland
Technische Daten
Anzahl der Register 46
Anzahl der Pfeifenreihen 77
Anzahl der Manuale 3

Die Orgel der Ludgerikirche (Norden) wurde 1686 bis 1692 von Arp Schnitger gebaut. Sie verfügt über 46 Register, fünf Werke, drei Manuale und Pedal ist damit nach der Orgel der Jacobikirche in Hamburg Schnitgers zweitgrößtes erhaltenes Werk in Deutschland und die größte Orgel in Ostfriesland. Historisch und musikalisch stellt sie ein Kunstwerk von internationalem Rang dar.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Orgelbauten von 1567 und 1618

Die Vorgängerorgel der ev.-lutherischen Ludgerikirche stammt von Edo Evers (1618), der teils Pfeifen aus der alten Orgel von Andreas de Mare (1567) übernahm. Das Instrument wies 18 Register, drei Manuale und angehängtes Pedal auf. Durch ihre Platzierung an der südlichen Chormauer (hinter dem jetzigen Standort) war sie im Bereich der Kanzel nicht gut zu hören.

Neubau durch Schnitger 1686–88/91–92

Blick vom Chor auf Orgel und Fürstenstuhl; nur von hier aus ist das Oberpositiv sichtbar

Schnitger baute deshalb im Chorraum eine akustisch günstigere Orgelempore, auf der die neue Orgel bis ans Querschiff heranreichte und schräg in das Hauptschiff hinein ihren Klang entfalten konnte. Einzigartig und optisch reizvoll ist die Konstruktion eines einziges Pedalturms um den südöstlichen Vierungspfeiler mit Klangrichtung ins Hauptschiff. Acht alte Register von de Mare und Evers, die Schnitger in sein Werk integriert hat, sind noch erhalten und von besonderer klanglicher Qualität. Über den Kontrakt hinaus fügte Schnitger das Brustwerk hinzu und ergänzte in einem zweiten Bauabschnitt (1691–92) ein Oberpositiv mit acht Stimmen, das an die Traktur des Brustwerks angehängt war und ebenfalls vom dritten Manual angespielt werden konnte. Die neue Orgel verfügte nun über 46 Register und fünf Werke auf drei Manual-Klaviaturen und Pedal.

Umbauten im 18. und 19. Jahrhundert

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden im Zuge von Reparaturen und Anpassungen an den Zeitgeschmack etliche Register, die Klaviaturen und Bälge ersetzt. 1917 mussten die zinnhaltigen Prinzipalpfeifen zu Kriegszwecken abgegeben werden.

Restaurierungen im 20. Jahrhundert

Die lange Phase der Restaurierungen im 20. Jahrhundert begann 1927 zu Beginn der Orgelbewegung mit den Untersuchungen von Christhard Mahrenholz und Hans Henny Jahnn, worauf 1929/1930 durch die Firma P. Furtwängler & Hammer einiges nach den Erkenntnissen der damaligen Zeit wiederhergestellt wurde. Allerdings wurden die fehlenden Töne der kurzen Oktave und in der Höhe cis3–gis3 pneumatisch ergänzt und eine vierte Klaviatur eingebaut, um Brust- und Oberpositiv separat spielen zu können. Oberwerk und Pedal erhielten eine pneumatische Traktur. Nach Auslagerung der Orgel (1943) und Wiederaufbau (1948) führte Paul Ott 1948 und 1957–1959 verschiedene Restaurierungen durch, die klanglich letztlich nicht befriedigen konnten. Aufgrund des abgesenkten Winddrucks wurden sogar Eingriffe ins Pfeifenwerk vorgenommen.

Erst durch die 1981–1985 nach strengen denkmalpflegerischen Maßstäben erfolgte Restaurierung durch Jürgen Ahrend ist die alte Klangpracht wieder vollumfänglich hergestellt. Ahrend rekonstruierte 25 Register, die Klaviaturen, Keilbälge, Windkanäle, Sperrventile, Tremulanten und Teile der Mechanik. Insbesondere seine Rekonstruktion der Prinzipale und Zungenregister gilt als meisterhaft. Die modifizierte mitteltönige Stimmung, die ein 1/5-syntonisches Komma zugrunde legt und auch als Norder Stimmung bezeichnet wird, führt zu einer großen Reinheit des Orgelklangs ohne sog. Wolfsquinte und ist seitdem auch bei anderen Orgelrestaurierungen und -neubauten angelegt worden.

Disposition seit 1985 (= 1693)

I Rückpositiv CDE–c3
Principal 8′ A
Gedact 8′ E
Octav 4′ S
Rohrfloit 4' S
Octav 2′ E
Waldfloit 2′ S
Ziffloit 1′ S
Sexquialt II E
Tertian II S
Scharff VI A
Dulcian 8′ A
Tremulant
Cimbelstern
II Hauptwerk CDEFGA–c3
Quintadena 16′ E
Principal 8′ A
Rohrfloit 8′ E
Octav 4' E
Spitzfloit 4′ A
Quinta 3′ A
Nasat 3′ A
Octav 2′ E
Gemshorm 2′ S
Mixtur VI A
Cimbel III A
Trommet 16′ A
Vogelsang
III Brustpositiv CDEFGA–c3
Gedact 8′ S[Anm. 1]
Plockfloit 4′ S[Anm. 1]
Principal 2′ A
Quinta 11/2 S
Scharff IV S
Regal 8′ A


III Oberpositiv CDEFGA–c3
Hollfloit 8′ S[Anm. 1]
Octav 4′ S
Flachfloit 2′ S
Rauschpfeiff II A
Scharff IV-VI A
Trommet 8′ A
Vox humana 8′ A
Schalmey 4′ A
Tremulant
Pedal CD–d1
Principal 16′ A
Octav 8′ E
Octav 4′ A
Rauschpfeiff II A
Mixtur VIII A
Posaun 16′ A
Trommet 8′ A
Trommet 4′ A
Cornet 2′ A
Anmerkungen
  1. a b c Holz.

Orgelbauer:

E = Edo Evers oder älter (Andreas de Mare)
S = Arp Schnitger
A = Jürgen Ahrend

Technische Daten

  • 46 Register, 77 Pfeifenreihen, 3.110 Pfeifen
  • Traktur:
    • Tontraktur: Mechanisch
    • Registertraktur: Mechanisch
    • Fünf Ventilzüge
  • Windversorgung:
    • Windruck: 71,5 mmWS
    • Drei Keilbälge mit Tretanlage
  • Stimmung:
    • Stimmtonhöhe: 5/8-Ton über a1 = 440 Hz
    • Modifizierte mitteltönige Stimmung (1/5-Komma)

Literatur

  • Martin Balz: Göttliche Musik. Orgeln in Deutschland. Konrad Theiss, Stuttgart 2008, ISBN 3-8062-2062-X (230. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde).
  • Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0 (Bildband der Arp-Schnitger-Gesellschaft und der Stichting Groningen Orgelland).
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968.
  • Reinhard Ruge, Ev.-luth. Kirchengemeinde Norden (Hrsg.): Arp-Schnitger-Orgel Ludgerikirche Norden 1686-1692, 1981-1985. Norden 1985.
  • Reinhard Ruge, Ev.-luth. Kirchengemeinde Norden (Hrsg.): Festschrift zur Wiedereinweihung der restaurierten Ludgerikirche mit Arp-Schnitger-Orgel. Soltau-Kurier, Norden 1985.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild Verlag, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2 Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.

Aufnahmen/Tonträger

Hörbeispiel

Weblinks

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