Osmanische Militärbahn in Palästina

Osmanische Militärbahn in Palästina
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Massoudieh–Sinai
Spurweite: 1.050 mm
Staaten: Paläst. Auton.-geb.,
Israel, Ägypten
Legende
   
von Nablus
   
Massudiech
   
nach Afula
   
Anetra [?]
   
Nur esch-Schams
   
Tulkarm
   
Kaikilieh
   
Ras al Ain
   
Kafr Jinis
   
Strecke von Jaffa/Tel Aviv
Bahnhof, Station
Lod
Bahnhof, Station
Ramleh
Bahnhof, Station
Naaneh
Bahnhof, Station
Wadi Sarar
   
Strecke nach Jerusalem
   
Tine
   
Zweigstrecke nach Deir Seheid (s.u.)
   
Tel Charia
   
164,0 Be'er Scheva
   
Hafir el-'audscha
   
El-Quseme
   
256,0 Ägyptische Front im Sinai

Die Osmanischen Militärbahnen in Palästina waren ein Eisenbahnsystem, das dem Nachschub der osmanischen Truppen in Palästina im Ersten Weltkrieg diente. Ausgangspunkt war die Bahnstrecke Afula-Silech.

Inhaltsverzeichnis

Militärische Ausgangssituation

Für die osmanische Regierung war es im Ersten Weltkrieg extrem wichtig, die den Engländern gegenüberliegenden Garnisonen im Grenzgebiet zu Ägypten auf dem Landweg zu versorgen. Osmanische Stoßrichtung war der Sueskanal. Dieser sollte für die Royal Navy unbenutzbar gemacht werden, um die Verbindung zwischen England, dem Persischen Golf, Indien und Ostafrika zu unterbrechen. Weiter mussten osmanische Truppen und Versorgungsgüter aus der Türkei an die Front gebracht werden. Die britische Flotte aber besaß die absolute Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer und unterband jeden Nachschub über See.

Eine durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen der Türkei und Palästina existierte nicht. Die Reisezeit für Truppenverstärkungen zwischen Istanbul und der Front im Sinai betrug zwischen 4 und 6 Wochen. Befestigte Straßen gab es kaum und Straßenverkehr war auf den existierenden Wegen während der Regenzeit im Winter nicht möglich. Truppen und Güter mussten mehrfach umgeladen werden, bevor sie die Front erreichten. Vom südlichen Endpunkt der Bahn in Palästina, von Silech, mussten die Truppen zu Fuß über Jerusalem, Hebron und Be'er Scheva zur Front marschieren. Der Nachschub wurde mit Kamelkarawanen befördert. Die unterschiedliche Spurweite der bestehenden Eisenbahnteilstücke zwischen der Türkei, Syrien und Palästina waren ein zusätzliches Problem.

Die osmanischen Truppen rückten von Be'er Scheva am 14. Januar 1915 ab und erreichten die britischen Stellungen am Kanal am 3. Februar 1915. Dieser Angriff auf den Sueskanal scheiterte – auch wegen der schlechten Infrastruktur auf osmanischer Seite. Die Hedschasbahn war den Anforderungen am Anfang gewachsen, ausreichende Bestände an Kohle, Öl und Betriebsmitteln waren vorhanden. Es verkehrten täglich 9 Militärzüge, der öffentliche Verkehr war eingestellt. Beim Rückzug aus dem Angriff auf den Sueskanal im März 1915 gingen jedoch die Kohlevorräte der Bahn ihrem Ende zu.

Strecken

Spurweite 1050 mm

Bahnhof Beersheba 1917

Um diese logistischen Schwierigkeiten zu beheben, wurde mit größtmöglicher Geschwindigkeit die Eisenbahn nach Süden vorangetrieben. Ausgangspunkt war eine Zweigstrecke der Bahnstrecke Haifa–Dar'a, die Bahnstrecke Afula–Nablus, der damals am weitesten südlich reichenden Bahnstrecke der Hedschasbahn in Palästina, die beim Ausbruch des Krieges bis Silech befahrbar war. Es handelte sich um eine Strecke aus dem Netz der Hedschasbahn in der Spurweite 1050 mm.

Am 15. Januar 1915 begannen die Arbeiten, um die Bahn nach Süden voranzutreiben. Der kommandierende General, Dschemal Pascha, versicherte sich dazu der Hilfe von Heinrich August Meißner Pascha, der dafür von der Bagdadbahnbaugesellschaft freigestellt wurde.

Die Bahn wurde von Silech südwärts nach Massudiech und von dort aus westwärts nach Tulkarem (Birat Soreqa) weitergeführt, wo sie die Küstenebene erreichte und die Strecke von dort weiter nach Süden bis in den Sinai verlängert. Da neues Baumaterial wegen der britischen Seehoheit nicht mehr angeliefert werden konnte, das Baumaterial aber zur Neige ging, wurden Vorräte genutzt, die für die Verlängerung der Hedschasbahn von Medina nach Mekka 1908 beschafft, aber nicht mehr verbaut worden waren und in Haifa lagerten. Schwellen wurden lokal hergestellt und von den Baustellen der Bagdadbahn zugeführt. Letztere mussten wegen der unterschiedlichen Spurweiten in Damaskus umgelocht werden. Weiter wurden einige militärisch unbedeutende Strecken demontiert, um das Material für die Verlängerung der Bahn nach Süden wieder zu verwenden. Dazu gehörte unter anderem die Bahnstrecke Haifa–Akko, der Abschnitt Jaffa-Lod der Bahnstrecke Jaffa–Jerusalem und die Hauranbahn in Syrien.

Tine–Küste
Spurweite: 1.050 mm
Staaten: Israel, Gazastreifen
Legende
   
Zweigstrecke von Massoudieh (s.o.)
   
Tine
   
Zweigstrecke nach Sinai (s.o.)
   
Deir Seneid
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El Huj
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Beit Hanun

In flachem, bautechnisch anspruchslosem Gelände führte die Bahn von Tulkarem weiter nach Lod, immer ausreichend Abstand zum Meer einhaltend, um die Strecke außer Reichweite britischer Schiffsgeschütze zu belassen. In Lod mündete die Bahn in die Bahnstrecke Jaffa–Jerusalem (J & J). Deren Trasse wurde von hier bis Jerusalem von 1.000 mm auf 1.050 mm umgespurt und bis Nahal Soreq (Wadi es-Sarar) als Fortsetzung genutzt. Mit Hilfe von 2.000 geschulten Soldaten ließ Meißner Pascha Wassertürme in Massoudiech, Tulkarem, Ras el-'Ain, Wadi Surar, et-Tina, Tell esch-Scheri'a (Gerar) und Be'er Scheva errichten. Am 17. Oktober 1915 wurde der Betrieb bis Be'er Scheva aufgenommen. Die Strecke Al-Massoudiech–Be'er Scheva war 165 km lang und nutzte 18 km der J & J. Der Ort Be'er Scheva war Hauptstützpunkt der osmanischen Streitkräfte in der Region. Von dort wurde weiter in Richtung Süden nach Nessana (Hafir el-'audscha) (92 km) gebaut, das im Sommer 1916 erreicht wurde, an die Grenze zu Ägypten und nach El-Quseme auf der Sinai-Halbinsel. Die Materialbeschaffung wurde dabei immer schwieriger, und die Geschwindigkeit des Gleisbaus nahm ab. In el-Quseme endete dann der Bahnbau wegen der heranrückenden Briten. „Regulärer“ Bahnbetrieb fand nur bis Nessana (Hafir el-'audscha) statt, er musste aber schon im Frühjahr 1917 wieder aufgegeben werden.

Die Bahn wurde ab 1917 weiter von Et-Tine in südwestlicher Richtung vorangetrieben und an ihrer Spitze gegabelt, einmal nach Beit Hanun und zum anderen nach El Huj, um die Stellungen bei Gaza zu versorgen. Dieser Streckenast hatte insgesamt eine Länge von 53,5 km.

Neben der zentralen Strecke errichtete das osmanische Militär zusätzlich noch eine Nebenstrecken von Tulkarem nach Kfar Qara (24 km) und von dieser abzweigend nach Gelenne – Hadera (6 km). Diese Bahn führte der Hauptbahn Feuerholz als Heizmaterial für die Lokomotiven zu.

Spurweite 600 mm

Diese „Hauptstrecken“ wurden durch Feldbahnen in der Spurweite 600 mm ergänzt. Das waren im Einzelnen die Strecken

  • Nessana (Hafir el-'Audscha) – Makdaba, die osmanische Positionen im Sinai versorgte;
  • Tell esch-Scheri'a (Gerar) – Tell Abu Hurere (heute: Tel Haror) (vermutlich 600 mm), gebaut im März 1917 aus beim Rückbau der Strecke nach En esch-Schellale gewonnenem Material als Verbindung zur 16. Türkischen Division, um die wichtige Verteidigungsstellung in Tell Abu Hurere zu sichern;
  • Tell esch-Scheri'a (Gerar) – En esch-Schellale (vermutlich 600 mm), gebaut im Januar 1917.

Der gesamte Streckenneubau in Palästina während des Ersten Weltkrieges belief sich auf osmanischer Seite, die Feldbahnen in 600-mm-Spur eingerechnet, auf 437 km.

Betrieb

Das größte Problem des Eisenbahnbetriebs war die Lokomotiven mit Brennstoff zu versorgen. Kohlevorkommen gab es nur im Libanon, in allerdings schlechter Qualität und geringen Mengen. Auf dem Seeweg konnte wegen der britischen Seeblockade nichts mehr herbeigeschafft werden. Der jährliche Holzbedarf für den Betrieb lag bei 150.000 t. Schon 1916 waren alle erreichbaren Baumbestände entlang der Bahnlinien verheizt, auch viele der alten Olivenhaine wurden abgeholzt. Die gesamte Inneneinrichtung aller Wagen der J & J wurde ebenfalls verfeuert, vermutlich als beim Vorrücken der Briten noch möglichst viele Lokomotiven nordwärts evakuiert werden sollten. Um Holz zu beschaffen, wurden Männer vom Militärdienst befreit, um auch weitab liegende Baumbestände nutzbar zu machen.

Trotz aller Anstrengungen konnte die durchgehende Bahnverbindung ab Istanbul erst 1918 fertig gestellt werden, also kurz vor Kriegsende, und hatte so auf den Ausgang der Kämpfe keinen Einfluss mehr. Nur noch etwa 100 Waggons mit deutscher Kohle erreichten die Hedschasbahn vor dem Zusammenbruch 1918.

Mit der Zeit wurden auch die Schmiermittel knapp. Deshalb griff man auf Rückstände der Olivenölproduktion zurück und es wurden Rizinusplantagen unter der Regie der Bahnverwaltung angelegt. Diese Betriebsbedingungen führten schon 1914/15 zu einem erheblichen Verschleiß bei den Lokomotiven.

1917/18 kamen zwei deutsche Eisenbahnbetriebskompanien (E.B.S.K.) auf der Hedschasbahn zum Einsatz:

  • E.B.S.K. 11 unter Hauptmann Borck und
  • E.B.S.K. 44/48 unter Hauptmann Pösentrup.

Die Kompanien bestanden aus deutschen Eisenbahnbeamten. Die E.B.S.K. 11 führte den gesamten Betrieb zwischen Samach und Tulkarem und stellte die Fahrdienstleiter.

Im November 1917 mussten die osmanischen Streitkräfte die Eisenbahn südlich von Tulkarem aufgeben, die Osmanische Militärbahn bestand also hier nur von 1915 bis 1917.

Bauliche Relikte

Alte Eisenbahnbrücke bei Beersheba

Von den osmanischen Militärbahnen haben nur wenige Gleisanlagen den Ersten Weltkrieg überdauert. Die nachfolgenden Briten verwendeten die Trassen zum Teil für die von ihnen verlegte Normalspur, teilweise rissen sie sie ersatzlos ab. Nur die kurzen Verbindungen zwischen Afula, Nablus (Sichem) und Tulkarem wurden in der Mandatszeit in 1.050 mm weiterbetrieben, weit davon entfernt, irgendwelche Bedeutung zu erlangen.

In Be'er Scheva stehen noch immer die Bahnhofsgebäude der osmanischen Militärbahn, außerordentlich solide in Stein ausgeführt. In den neunziger Jahren wurde das Empfangsgebäude als Kulturzentrum genutzt, das Wohnhaus des Stationsvorstehers als Büro einer Naturschutzorganisation. 400 m entfernt steht der steinerne Unterbau des alten Wasserturms, heute von Wohnblocks umzingelt, die ihn weit überragen. Weitgehend intakt ist auch ein großer Steinbogenviadukt am südlichen Ende der Stadt. Kleinere Brücken und Dämme sind von der Straße nach Nizzana an der ägyptischen Grenze aus sehen.

Literatur

  • Paul Cotterell: Bahnt den Weg. Ein historisches Album der Eisenbahn in Israel. Hentrich & Hentrich, Berlin 2011, ISBN 978-3-942271-20-2
  • Paul Cotterell: The Railways of Palestine and Israel. Tourret Books, Abingdon 1986, ISBN 0-905878-04-3.

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