- Bahnstrecke Haifa–Dar'a
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Haifa–Dar’a Streckenlänge: 161 km Spurweite: 1.050 mm Maximale Neigung: 2,0 ‰ Minimaler Radius: 100 m Staaten: Israel, Syrien / Jordanien Legende0,0 Haifa 1,45 m ü. NN 2,0 Zweigstrecke nach Akko 4,5 Anschlussgleis Steinbruch 7,4 Nescher 10,2 Meschek Yadschur 15,0 El Roy 17,0 Kiryat Haroschet 21,7 Tel ush Shamam / Kefar Yehoschua 39 m ü. NN 26,7 Kefar Baruch Bahnstrecke Afula–Nablus 36,3 Afula 62,4 m ü. NN 45,8 Ain Harod 48,7 Tel Yosef 51,0 Shatta 78,19 m unter NN 57.0 Hassadeh 59,2 Beisan heute: Bet Sche'an 121,72 m unter NN 61,5 Anschlussgleis Steinbruch des „Public Works Department 69,9 Beit Yosef 76,5 Jisr el Mejamie 246,47 m unter NN tiefstgelegene Bahnstation der Welt Jordan ehem. Grenze zwischen Palästina bzw. Israel
und Transjordanien bzw. Jordanien78,0 Anschlussgleis Palestine Electric Co. 79,0 Naharayim 1. Yarmukbrücke 81,4 Delhamiya Anschlussgleis Steinbruch 84,2 Emek Hayarden 86,9 Sammakh 186,88 m unter NN ehem. Grenze zwischen Transjordanien bzw.
Jordanien und Syrien bzw. Golan-Höhen2. Yarmukbrücke 95,3 El Hamma 146,06 m unter NN 3. Yarmukbrücke 4. Yarmukbrücke 5. Yarmukbrücke 6. Yarmukbrücke 107,4 Wadi Khalid 56,62 m unter NN 7. Yarmukbrücke 119,5 El Sedshere / Esh Shejara 26,89 m ü. NN 8. Yarmukbrücke 124,4 Mukarin / Marquarin 71,14 m ü. NN 9. Yarmukbrücke 10. Yarmukbrücke 11. Yarmukbrücke 12. Yarmukbrücke 135,8 Zeizun 260,19 m ü. NN 13. Yarmukbrücke 14. Yarmukbrücke 15. Yarmukbrücke 149,1 Muzeirib 461,6 m ü. NN Hauptstrecke nach Damaskus (s.o.) Dar'a 461,6 m ü. NN Hauptstrecke nach Medina Die Bahnstrecke Haifa–Dar'a war eine schmalspurige Strecke in der Spurweite von 1050 mm, die zum System der Hedschasbahn gehörte. Von der Hafenstadt Haifa verlief sie bis zu dem Bahnhof Dar'a an der Hauptstrecke der Hedschasbahn von Damaskus nach Medina. Sie war die Strecke, die mit 258 m unter dem Meeresspiegel den tiefsten Punkt aller Bahnstrecken der Welt erreichte.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Ein erster Versuch, die Verbindung Haifa – Damaskus in Normalspur zu verwirklichen, unternahm 1882 die alteingesessene Beiruter Familie Sursock. Sie erhielt eine Konzession noch für die Strecke Akko – Damaskus. Da es ihr aber nicht gelang, das erforderliche Kapital aufzubringen, verfiel die Konzession.[1]
Die Konzession erhielt danach 1889 Jusuf Effendi Eljas und 1891 erneut, zusammen mit dem Briten Robert Pilling. Sie verkauften sie aber schon bald an die Syrian Ottoman Railway Company, hinter der der britische Unternehmer Hill mit seinen Thames Ironworks and Shipbuilding and Engineering stand. Der Bau begann 1892. Unterfinanziert, kam das Unternehmen nicht über die Erdarbeiten für die ersten 8 km hinaus, so dass der Staat 1895 die Konzession einzog und auf eine britische Gesellschaft übertrug. Ihr gelang es, bis 1899 die ersten 8 km betriebsfertig her- und den Oberbau bis zum Kilometer 23 fertig zu stellen. Zwischen Kilometer 30 und 35 sowie Kilometer 45 und 50 waren die Erdarbeiten in den nächsten Baulosen im Gang. Der Baufortschritt verlief aber sehr zögerlich, weshalb die Regierung die Konzession 1902 zurück erwarb und das Projekt auf die Spurweite von 1.050 mm umstellte, um den Anschluss an die technischen Parameter der Hedschasbahn sicherzustellen. Die Arbeiten lagen in den Händen von Heinrich August Meißner, „Meißner Pascha“, und begannen am 11. April 1903.
Zweck
Gründe, diese teure und aufwändige Bahn zu bauen, gab es einige: Das Osmanische Reich konnte durch sie seine militärische Präsenz im Grenzgebiet zum britisch beherrschten Ägypten stärken. Außerdem konnte auf der Strecke Baumaterial für die Hauptstrecke der Hedschasbahn über den Seeweg von Haifa, als dem nächst erreichbaren Mittelmeerhafen, zu deren Baustellen geliefert werden. Weiter erschloss die Bahn die landwirtschaftlich produktiven Regionen von Hauranebene, Jordantal und Jesreel-Ebene. Die osmanische Regierung versprach sich von der Bahn auch eine wirtschaftliche Wiederbelebung von Damaskus, das sich in einer andauernden wirtschaftlichen Depression befand, nachdem der neu eröffnete Sueskanal den Verkehr im Nahen Osten an sich gezogen hatte. Und schließlich stand die von einer französischen Gesellschaft, der Chemin de Fer Damas – Hama et Prolongement (D.H.P.), erbaute und 1895 eröffnete Eisenbahn von Damaskus nach Beirut zum einen in ausländischem Eigentum und musste zum anderen das Libanongebirge betrieblich sehr aufwändig mit Zahnstangenabschnitten und Spitzkehren überwinden und war damit wenig leistungsfähig.
Diese politischen und strategischen Vorgaben verlangten die größtmögliche Beschleunigung des Vorhabens, auch bei nur begrenzt zur Verfügung stehenden Geldmitteln. Die Bauleitung bemühte sich deshalb, die Trasse so weit wie möglich dem Gelände anzupassen und auf Kunstbauten und große Erdbewegungen zu verzichten.
Topografie
Die Strecke führte über 161 km von Haifa nach Dar’a, wo sie 123 km südlich von Damaskus in die Hauptstrecke mündete. Dazu musste das Jordantal, Nordende des Ostafrikanischen Grabenbruchsystems, durchquert und die begleitenden Randgebirge überwunden werden – eine beachtliche technische Herausforderung. Die Trasse führte vom Tal Jesreel hinunter bis unter Meeresspiegelhöhe und erreichte nahe beim 247 m unter dem Meeresspiegel gelegenen Bahnhof Dschisr el-Madschami’ (heute: Gescher Naharajim) auf der Jordan-Brücke den tiefsten Punkt, auf dem eine Eisenbahn oberirdisch in der Welt je verkehrte. Von dort führte sie wieder hinauf zum See Genezareth (209 m unter dem Meeresspiegel) sowie anschließend über eine Reihe spektakulärer Viadukte durch die Schlucht des Yarmuk hinauf nach Syrien. Insgesamt wies die Bahn 141 Brücken, 392 Wasserdurchlässe und acht Tunnel mit einer Gesamtlänge von 1100 m auf. Trotz der schwierigen Topographie kam eine Adhäsionsbahn zustande, die eine Maximalsteigung von 20 Promille und einen Minimalradius von 125 m einhält. Die größten Schwierigkeiten bereitete der Aufstieg im Yarmuktal, wo die Höhendifferenz zwischen dem See Genezareth (−187 m bei der Station Samach, km 87) und dem Bahnhof Muzerib (462 m über NN, km 149) von 649 Metern auf einer Länge von nur 62 km überwunden werden muss.
Betrieb
Der Betrieb bis zur Jordanbrücke (km 77) wurde im Laufe des Jahres 1904 aufgenommen, die Befahrbarkeit des Gleises über die weiteren 84 km bis Dar’a am 15. Oktober des gleichen Jahres hergestellt, der fahrplanmäßige Betrieb 1906 aufgenommen. Im Gesamtsystem der Heschasbahn spielte die Verbindung zum Hafen Haifa eine herausragende Rolle. Die Strecke prosperierte wirtschaftlich, auch wenn sich eine Reihe von Umständen nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit auswirkten:
- leichte Schienen von nur 21,5 kg/m Gewicht, was nur eine geringe Radsatzlast von 10 t zuließ.
- es fehlte zunächst an Werkstätten für die Fahrzeuge. Erst auf das wiederholte Drängen der Betriebs- und Bauleitung wurde in Kischon (auch: Qischon, heute ein Vorort von Haifa) eine größere Werkstätte errichtet; bis zu deren Fertigstellungstermin im Juli 1908 musste sich der Betrieb mit drei kleinen Werkstätten begnügen, die den Lokomotivschuppen angegliedert waren.
- das Personal rekrutierte sich durchweg aus der einheimischen Bevölkerung und war schlecht ausgebildet.
Ergänzungen
Nachdem die Bahn sich als wirtschaftlicher Erfolg erwies,
- verlängerte der osmanische Staat 1911–1913 die Strecke um die Bahnstrecke Haifa–Akko.
- wurde 1912-1914 die Bahnstrecke Afula–Nablus gebaut.
- Im Ersten Weltkrieg war die Bahnstrecke Haifa–Dar'a Ausgangspunkt für ein Bahnsystem, das der osmanischen Armee für den Angriff auf die Briten am Sueskanal und in Ägypten diente und von Haifa aus nach Süden vorangetrieben wurde. Diese Strecken wurden beim Rückzug der osmanischen Armee aufgegeben und deren Trassen von den nachrückenden Briten und deren normalspurigen Bahnen nur teilweise übernommen.
Zwischen den Weltkriegen
Infrastruktur
Im Zuge des Ersten Weltkriegs trieb die britische Armee, ausgehend von der Sinai-Bahn, eine normalspurige Strecke bis nach Haifa vor und ersetzte die während des Ersten Weltkriegs südlich von Haifa verlegte Schmalspurbahn. Die Bahnstrecke Haifa–Dar'a wurde weiter als Schmalspurbahn betrieben. Durch die veränderten politischen Verhältnisse verlief die Strecke nun zum Teil im Mandatsgebiet Palästina, das unter britischer Oberhoheit stand, und dem französisch verwalteten syrischen Mandatsgebiet. Grenzbahnhof zwischen beiden Verwaltungen war El Hama, Lokomotivwechselbahnhof dagegen Sammach am See Genezareth (heute: Wüstung mit Bahnhofs-Ruine in der Nähe des Kibbuz Ma'agan). Der in Palästina liegende Teil der Strecke wurde nun von der Palestine Railways (PR) betrieben, der in Syrien liegende Teil firmierte nun als Chemin de Fer Hijaz (CFH), wobei der Betrieb der Eisenbahn Damas–Hama et Prolongements (DHP) übertragen war.
Betrieb
Es verkehrten jetzt nur noch drei Zugpaare pro Woche – vor dem Ersten Weltkrieg fuhr der Zug täglich. Mit der Übernahme des Mandats in Palästina durch Großbritannien verlagerten sich dessen Verkehrsbeziehungen in Richtung Ägypten. Der Personenzug von Haifa nach Damaskus war der direkte Anschluss des aus El Qantara (Ägypten) kommenden Nachtzuges. Der Fahrkomfort auf der Hedschasbahn war minimal. Schlaf- oder Speisewagen existierten nicht. Nur wenn der Salonwagen angemietet wurde, war es möglich, für dessen Passagiere vorgekochtes Essen zu servieren.
Zweiter Weltkrieg und Ende
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs standen sich an der palästinensisch / syrischen Grenze britische Einheiten und französisches Militär, das mit dem Vichy-Regime sympathisierte, gegenüber: Nach der Besetzung Frankreichs hatte Deutschland die hitlerfreundliche Regierung des Marschalls Pétain anerkannt und ihr die Kolonialstreitkräfte gegen die Bedingung belassen, dass deutsche Truppen die Bahnen in Tunesien und Syrien zum Aufmarsch gegen den Suezkanal nutzen dürften. Dies und ein hitlerfreundlicher Umsturz im Irak ließen britische Truppen auf Damaskus vorstoßen, ein Unternehmen, dessen Logistik in erheblichem Maß über die Bahnstrecke Haifa–Dar'a erfolgte. 1942 wurde dann allerdings die normalspurige Bahnstrecke Haifa–Beirut–Tripoli (HBT) entlang der Mittelmeerküste eröffnet, die die logistische Funktion der Bahnstrecke Haifa–Dar'a als Verbindung zwischen Syrien und Ägypten weitestgehend übernahm, da sie topografisch viel unproblematischer war und das Umladen der Güter in den Spurwechselbahnhöfen entfiel.
Die Bahnstrecke Haifa–Dar'a wurde während des Palästinakrieges in den späten 1940er Jahren, kurz vor der Unabhängigkeit Israels, von jüdischen Untergrundkämpfern unterbrochen, um der britischen Mandatsmacht einen Nachschubweg abzuschneiden. Der nach der Unabhängigkeit und der Teilung Palästinas in Israel verbliebene Rest der Strecke bis Samach wurde seit dem nicht mehr regelmäßig betrieben und 1951 stillgelegt. Der in Syrien verbliebene Teil wurde weiter betrieben, weist allerdings heute keinen planmäßigen Verkehr mehr auf. Der Zustand der Strecke soll Sonderfahrten noch zulassen.
Fahrzeuge
Hinsichtlich der eingesetzten Fahrzeuge siehe den entsprechenden Abschnitt in dem Artikel Hedschasbahn.
Wissenswert
Im Israelischen Eisenbahnmuseum in Haifa gibt es zahlreiche Exponate auch zu dieser Strecke.
Es wird erwogen, einen Teil der Trasse östlich von Haifa für einen Bahnneubau zu nutzen. Er soll von dort über Afula nach Bet Sche'an führen.
Literatur
- Karl Auler-Pascha: Hedschasbahn. Gotha 1906
- Benno Bickel: Mit Volldampf durch die Wüste. Lokomotiv- und Betriebsgeschichte von Hedjazbahn und Bagdadbahn, in: Jürgen Franzke (Hrsg.): Bagdadbahn und Hedjazbahn. Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient, Nürnberg 2003, ISBN 3-921590-05-1, S. 139 – 143.
- Paul Cotterell: The Railways of Palestine and Israel. Tourret Books, Abington 1986, ISBN 0-905878-04-3
- Jürgen Franzke (Hrsg.): Bagdad- und Hedjazbahn. Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient. W. Tümmels, Nürnberg 2003, ISBN 3-921590-05-1
- Peter Heigl: „Bis Gleiskopf 17,6 wird fleißig Schotter gefahren und die Gleise zum zweiten Male gestopft und gerichtet“. Deutsche Bauingenieure bei Bauarbeiten der Hejaz- und Bagdadbahn, in: Jürgen Franzke (Hrsg.): Bagdadbahn und Hedjazbahn. Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient, Nürnberg 2003. ISBN 3-921590-05-1, S. 112 – 119.
- Uwe Pfullmann: Die Bagdad- und Hedjazbahn im Ersten Weltkrieg 1914 - 1918, in: Jürgen Franzke (Hrsg.): Bagdadbahn und Hedjazbahn. Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient. Nürnberg 2003, ISBN 3-921590-05-1, S. 125 – 138.
Weblinks
Commons: Hedschasbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Offizielle Website der jordanischen Hedschasbahn
- Reisebericht mit Fotos, Kartenabbildung und Modell
- Bau und Geschichte der Bahn sowie Verbleib des südlichen Teils der Hedschaseisenbahn in Saudi Arabien, >500 Fotos.
- Fotos und Infos zur Hedschasbahn früher und heute
- Lokomotivübersicht der Hedschasbahn
Einzelnachweise
- ↑ Zu den Schwierigkeiten beim Bau vgl. Heigl
Kategorien:- Bahnstrecke in Vorderasien
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