PCCh

PCCh

Der Partido Comunista de Chile (Kommunistische Partei Chiles, PCCh, auch PC) ist die kommunistische Partei im südamerikanischen Land Chile. Sie ging 1922 aus der 1912 gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei hervor und spielte ab den 30er Jahren eine entscheidende Rolle im politischen System Chiles, besonders unter der Regierung von Salvador Allende 1970 bis 1973. Von der brutalen Repression nach dem Militärputsch von 1973 und der Diktatur von Augusto Pinochet 1973 bis 1990 hat sich die Partei nie wieder erholt. Heute bildet sie zusammen mit dem Partido Humanista de Chile und kleineren Gruppen das Linksbündnisses Juntos Podemos Más, das allerdings seit der Transition kein einziges Mandat auf nationaler Ebene erlangen konnte. Mit der 2005 gestorbenen Parteivorsitzenden Gladys Marín haben die Kommunisten ihre prominenteste und angesehenste Politikerin verloren. Berühmte Mitglieder der KP waren unter anderem Luis Emilio Recabarren, Pablo Neruda, Víctor Jara und Violeta Parra.

Inhaltsverzeichnis

Gründung und Anfänge 1912–32

1912 gründete Luis Emilio Recabarren nach politischem Engagement im Partido Demócrata und nach vielen Jahren in Gefängnissen und im Exil den Partido Obrero Socialista (POS), die Sozialistische Arbeiterpartei. Recabarren wird damit als der Vater der chilenischen Arbeiterbewegung angesehen. Allerdings blieb die Partei bis in die 30er Jahre ohne große Wahlerfolge. 1920 beschloß ein Parteitag die Umbenennung in Kommunistische Partei Chiles, die jedoch erst nach der Teilnahme an der Dritten Internationalen 1922 erfolgt. Erst unter dem Eindruck der Repression durch den Diktator Carlos Ibañez del Campo erfolgt 1927 die Aufnahme in die Komintern. Zu diesem Zeitpunkt haben die der POS nahe stehende Gewerkschaft FOCH und POS zusammen etwa 200.000 Mitglieder (zum Vergleich: Chile 4,3 Millionen Einwohner) und die POS zwei von 118 Sitzen im Abgeordnetenhaus.

Nach dem der General Carlos Ibañez del Campo schon 1925 faktisch die Macht in Chile übernommen hatte, ließ er sich 1927 als einziger Kandidat zum Präsidenten wählen und etablierte für vier Jahre eine äußerst repressive Diktatur im Land. Wie alle anderen Parteien wurde auch die KP massiv unterdrückt und viele Funktionäre und Mitglieder waren gezwungen ins Exil zu gehen. Durch die Folgen der Weltwirtschaftskrise, die Chile wie kein anderes Land der Welt traf (siehe hierzu Wirtschaft Chiles), wurde der Diktator 1931 durch einen Volksaufstand abgesetzt. Nach einer fast zweijährigen Phase politischen Chaos mit diversen Präsidenten und Putschen konnte erst ab 1932 die Demokratie und damit auch das Parteiensystem wieder etabliert werden. Zum ersten Mal wurden Arbeiterparteien ins politische System integriert.

Integration im Parteiensystem 1932–73

Die Volksfront

1932 gelingt den Linken in Chile ein fulminanter Start in die neue Ära, als der frisch gegründete Partido Socialista de Chile bei den Parlamentswahlen 1932 sechs Prozent der Stimmen gewinnt und vor allem als Marmaduque Grove bei den Präsidentschaftswahlen im gleichen Jahr mit 18 % der Stimmen ein sehr gutes Ergebnis verbuchen kann. Die Kommunisten können von dem Wandel nicht in Form von Wählerstimmen profitieren. Außerdem leiden sie unter internen ideologischen Kämpfen, die zur Spaltung der Partei führt. Die Trotzkisten um Manuel Hidalgo Plaza werden schließlich aus der Partei ausgeschlossen und gründen die Izquierda Comunista (Kommunistische Linke). 1936 schließen sich die Mehrzahl der Mitglieder letzterer der Sozialistischen Partei an.

Die Weltwirtschaftskrise und die politische Lage in Europa nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland bereitet den Weg für ein Mitte-Links-Bündnis aus Kommunisten, Sozialisten und Radikalen. Letztere hatten eine marktliberale Tradition und eine starke antikommunistische Grundhaltung. Die KP dagegen hatte bis zur Volksfront-Doktrin der KPdSU und der Volksfront in Frankreich unter Léon Blum Koalitionen mit "Reformisten" und "bourgeoisen" Parteien abgelehnt. Neben diesen externen Entwicklungen führte auch die repressive Politik des "Quasi-Diktators" Arturo Alessandri Palma zur Gründung der Frente Popular.

1938 bis 1952 regierten in Chile verschiedenste Koalitionen unter der Führung des Partido Radical, an denen auch die Kommunisten oft beteiligt waren. Schon 1936 hatte sich die Volksfront (Frente Popular) aus Radikalen, Sozialisten und Kommunisten gebildet. Zu den Parlamentswahlen 1938 verbietet Präsident Alessandri die Kommunistische Partei, die daraufhin als „Partido Nacional Democrático“ immerhin sechs der 147 Sitze im Abgeordnetenhaus erlangt. Sozialisten (11 %) und Radikale (19 %) feiern Wahlerfolge. Im gleichen Jahr gelingt der Frente ein knapper Sieg bei den Präsidentschaftswahlen und Pedro Aguirre Cerda wird Präsident. Drei Jahre später gelingt der KP der erste echte Wahlerfolg: 12 % bei den Parlamentswahlen 1941. Als daraufhin die Radikalen einen politischen Rechtsschwenk machen, zerbricht die Frente Popular noch im gleichen Jahr. Allerdings stützen sich auch die nächsten beiden Präsidenten Juan Antonio Ríos (1942–46) und Gabriel González Videla (1946–52), beide von den Radikalen, zeitweise auf die Kommunisten, etwa unter dem Namen "Alianza Democrático".

Das "Verdammte Gesetz"

Unter der Regierung von Videla beteiligen sich die Kommunisten erstmal an der Regierung (was sie bis dahin aus ideologischen Gründen abgelehnt hatten). Besonders der kommunistische Landwirtschaftsminister führt zu schwere Konflikten in der Regierungskoalition, die auch von den Liberalen getragen wird, die stark im ländlichen Großgrundbesitz verwurzelt sind. In Europa beginnt gleichzeitig mit der Berlinkrise der Kalte Krieg. Ende 1947 entlässt González die kommunistischen Minister und im Januar 1948 wird das so genannte „ley de defensa permanente de la democrácia” verabschiedet, besser bekannt als Ley Maldita ("verdammtes Gesetz"). Dieses verbietet nicht nur die Kommunistische Partei, entfernt alle Kommunisten aus gewählten Mandaten und öffentlichen Ämtern, sondern entfernt auch alle Wähler der Kommunisten aus den Wahlregistern: insgesamt mehr als 25.000 Wähler, etwa 4 % der Wählerschaft. In Pisagua der I. Region Chiles wird ein Konzentrationslager für die politische Gefangenen eingerichtet. Dieses KZ wird zeitweise von dem damaligen Offizier Augusto Pinochet geleitet, der es nach seinem Staatsstreich 25 Jahre später wieder errichtet. Wie erwartet, stimmten fast alle Abgeordneten und Senatoren der rechten Parteien (Liberale und Konservative) und der Radikalen dem Gesetz zu, aber auch etwa die Hälfte der Sozialisten. Dagegen wird es von der anderen Hälfte des PS (darunter dem jungen Allende) und der Falange Nacional abgelehnt. Als Folge des Ley Maldita muss auch Dichter Pablo Neruda ins Exil gehen. Für zehn Jahre bleibt der Partido Comunista in Chile verboten.

Unidad Popular

Nach ihrer Legalisierung 1958 gründeten die beiden großen Linksparteien PC und PS die Frente de Acción Popular (FRAP, Front der Volksaktion). Nach mindestens 25 Jahren Spaltung wurde damit die chilenische Linke geeint – jedenfalls oberflächlich. Im gleichen Jahr erlangte ihr Präsidentschaftskandidat Salvador Allende mit 28,5 % der Stimmen einen Wahlerfolg und lag nur knapp hinter dem Wahlsieger Jorge Alessandri, der 32,2 % der Stimmen eauf sich vereinigen konnte. Tatsächlich wäre er wohl Präsident geworden, hätte nicht der Dorfpfarrer Antonio Zamorano kurz vor der Wahl finanziert von den Rechtsparteien einen linkspopulistischen Anti-Parteien-Wahlkampf begonnen und so 3,3 % der Stimmen erlang (die sonst wohl Allende zugefallen wären).

Nach einem gescheiterten wirtschaftsliberalen Programm wird sechs Jahre später der progressive Christdemokrat Eduardo Frei Montalva zu Präsidenten gewählt. Unter ihm nimmt der Einfluss der Linksparteien und ihre Wahlerfolge weiter zu. Der Partido Socialista wird zunehmend radikaler, unterstützt den bewaffneten Kampf als Weg zu einer Revolution.

1970 benennt sich die FRAP in Unidad Popular um. Im gleichen Jahr wird Salvador Allende zum Präsidenten gewählt. Innerhalb der heterogenen Koalition bildeten die Kommunisten den gemäßigten Flügel. Obwohl Allende Sozialist ist, stützte er sich gegen Ende seiner Amtszeit vor allem auf die KP. ( Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Epoche, siehe auch: Unidad Popular, Salvador Allende, Geschichte Chiles)

Militärdiktatur 1973–90

Wie alle Parteien der UP wird die KP unmittelbar nach dem Putsch am 11. September 1973 verboten. Der aus Liberalen und Konservativen hervorgegangene Partido Nacional löst sich selber auf und auch die Christdemokraten werden vier Jahre später verboten. Die Verfassung wird außer Kraft gesetzt, der Kongress aufgelöst, das Wahlregister verbrannt, das Verfassungsgericht aufgelöst, alle politischen Veranstaltungen verboten und damit praktisch alle Bürgerrechte außer Kraft gesetzt, die meisten für 17 Jahre. In den Wochen nach dem Putsch werden zahllose Funktionäre und Symaptisanten der Partei gefoltert und ermordet. Der im folgenden Jahr gegründete Geheimdienst Dirección Nacional de Inteligencia (DINA) zerstörte 1975 erst systematisch die Parteistruktur der Sozialistischen Partei, bevor er 1976 die Kommunistische Partei innerhalb Chiles praktisch auslöschte: Praktisch alle aktiven Kommunisten wurden ermordet oder sind ins Exil geflohen. Die Kommunisten lehnen anders als der MIR einen bewaffneten Widerstand gegen das Regime ab, um nicht eine Rechtfertigung der Repression zu erleichtern.

Nachdem ein großer Teil der Sozialisten Anfang der 80er Jahre im Exil einen Reformkurs einleitet und damit den Weg für ihre heutige sozialdemokratische und oft marktliberale Position bahnen, geben die Kommunisten den Versuch auf, eine neue Volksfront gegen die "faschistische Diktatur" zu gründen. Aus dem Moskauer Exil gründet KP-Vorsitzender Luis Corvalán die Frente Patriótico Manuel Rodríguez, um die Diktatur in Chile mit Gewalt zu bekämpfen. 1988 boykottiert die KP das Plebiszit.

zur Verfolgung unter der Diktatur siehe auch Folter in Chile

Seit der Transition

Die 2005 verstorbene Parteivorsitzende Gladys Marín

Anders als die Sozialistische Partei hat sich die KP während der Diktatur nicht grundsätzlich ideologisch gewandelt. Gebremst durch das binominale Wahlsystem bilden sie eine außerparlamentarische Opposition und erlangen bei den Wahlen meist einstellige Ergebnisse. Bis zum Tod der Parteivorsitzenden Gladys Marín trat die Partei vor allem als Protestpartei auf und ihre Anhänger beteiligten sich an zahlreichen Demonstrationen und Protesten.

Nachdem Marín aufgrund ihrer Krankheit nicht in der Politik aktiv war, versuchte die Kommunistische Partei ihren Einfluss über offizielle Kanäle der Politik zu stärken. So stellt sie seit 2004 vier Bürgermeister in den Gemeinden Diego de Almagro, Canela, La Ligua y Tiltil. Zusammen mit der Humanistischen Partei und einigen kleineren Gruppen bildet die KP das Wahlbündnis Juntos Podemos Más. Zentrale Forderung ist eine Reform des Wahlsystems und die Abschaffung des Binominalen Wahlsystems

Wahlergebnisse

Kommunistische Partei: Wahlergebnisse 1932–2005
Bis 1973 gab es 150 Abgeordnete und 50 Senatoren; seit 1989 nur noch 120 bzw. 38. Der Senat wird immer zur Hälfte neu gewählt.
Quellen. Wahlergebnisse: Spanische Wikipedia: [1], [2], Innenministerium, Servel, Cruz-Coke[1]. Bevölkerung: Nohlen [2], INE

Parlamentswahl 1932 1937 1941 1945 1949 1953 1957 1961 1965 1969 1973 1989 1993 1997 2001 2005
Abgeordnete
Stimmenanteil
3
1,0 %
6
4,2 %
3
2,0 %
15
10,2 %
verboten 16
11,8 %
18
12,7 %
19
16,7 %
26
16,0 %
- 0
5,0 %
0
6,9 %
0
5,2 %
0
5,1 %
Senatoren
Wahlbeteiligung 70 % 87 % 78 % 70 % 79 % 70,8 % 68,4 % 74,5 % 80,6 % 74,2 % 81,1 % 89,9 % 83,4 % 71,8 % 76,1 % 87,7 %
Wähler / Bevölkerung 7,4 % 8,7 % 8,9 % 8,4 % 8,1 % 12,0 % 12,3 % 17,7 % 27,2 % 25,7 % 36,3 % 52,4 % 48,5 % 39,2 % 39,9 % 44,3 %
Präsidentschaftswahl 1932 1938 1942 1946 - 1952 1958 - 1964 1970 - 1989 1993 1999 - 2005
Stimmenanteil
Kandidat
Bündnis
1,2 %
Lafertte
-
51,0 %
PAC
Frente
56 %
JAR
Frente
40,1
González
Frente
verboten 28,9 %
Allende
FRAP
- 39,9 %
Allende
FRAP
36,4 %
Allende
UP
- - 4,7 %
Poblete
MIDA
3,2 %
Marín
-
- 5,4 %
Hirsch
Podemos
Wahlbeteiligung  %  %  %  % -  %  % -  %  % - 94,7 % 86,2 % 87,3 % - 87,7 %
Wähler / Bevölkerung 8,0 % 8,9 % 9,2 % 8,7 % - 16,1 % 15,9 % - 29,0 % 30,1 % - 54,3 % 48,8 % 45,8 % - 46,2 %

Weitere Ergebnisse auf Wahlergebnisse in Chile.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ricardo Cruz-Coke: Historia electoral de Chile. 1925–1973.. Editorial Jurídica de Chile, Santiago de Chile 1984. 
  2. Dieter Nohlen: Chile – Das sozialistische Experiment. 1973, S. 339. 

Weblinks


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