Paul Graf von Hoensbroech

Paul Graf von Hoensbroech
Paul Graf von Hoensbroech

Paul Graf von Hoensbroech (* 29. Juni 1852 auf Schloss Haag bei Geldern; † 29. August 1923 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Philosoph und zeitweilig Jesuit, nach seiner Konversion wurde er Bekämpfer des ultramontanen Katholizismus.

Inhaltsverzeichnis

Früheres Leben

Hoensbroech kam mit neun Jahren in die von Jesuiten geleitete Erziehungsanstalt zu Feldkirch in Vorarlberg, besuchte 1869−1872 die Unter- und Oberprima des Gymnasiums in Mainz unter besonderer Leitung des Bischof von Mainz, Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteler, der ein Vetter seiner Mutter war. Hoensbroech studierte ein Jahr Philosophie in dem englischen Jesuitenkolleg von Stonyhurst, dann in Deutschland drei Jahre in Bonn und Göttingen Rechtswissenschaft. In Bonn wurde er aktives Mitglied des K.St.V. Arminia, in Göttingen des KStV Winfridia, beide im KV. 1875 hatte er sein Studium unterbrochen, er wollte als Novize bei den Jesuiten eintreten. Diese hielten ihn jedoch nicht für geeignet. Nach dem Referendarexamen arbeitete Hoensbroech ein Jahr im preußischen Justizdienst und unternahm Reisen nach England, Frankreich, Portugal, Spanien, Italien und Nordafrika.

Jesuitenorden

1878 wurde Hoensbroech - wahrscheinlich durch Intervention von Papst Leo XIII. - als Novize in den Jesuitenorden aufgenommen und empfing 1886 vom Bischof von Liverpool in Ditton Hall die Priesterweihe. Sein Arbeitsgebiet war die Kirchengeschichte, besonders die Papstgeschichte. Er sollte die Notwendigkeit des Kirchenstaates für die Freiheit des Papstes beweisen. Gleichzeitig erhielt Hoensbroech den Auftrag, sich in Berlin niederzulassen, um dort den Boden für eine Jesuitenniederlassung vorzubereiten. Er sollte sich an der Universität immatrikulieren lassen und einige Vorlesungen belegen, um den Schein zu erwecken, er halte sich nur zu Studienzwecken in Berlin auf. Im Auftrag seines Ordens studierte Hoensbroech eifrig evangelische Theologie, um sie zu widerlegen. Das führte zu furchtbaren inneren Kämpfen. Im Herbst 1888 trat Hoensbroech in Portico bei Liverpool das Tertiat an, die dritte Probezeit nach Abschluss der Studienjahre. Exerzitien sollten ihm Klarheit über sich selbst geben. Wenn es ihm nicht gelingen sollte, die Glaubenszweifel als Versuchungen zu erkennen und zu überwinden, wollte er Kirche und Orden verlassen. Nach Beendigung des Tertiats kehrte Hoensbroech im Sommer 1890 nach Exaeten in Holland zurück in dem Bewusstsein, den Bruch mit dem Orden und der Kirche vollziehen zu müssen.

Späteres Leben

1892 verließ Hoensbroech den Jesuitenorden, trat 1895 zum Protestantismus über und heiratete im selben Jahr Gertrud Lettgau, deren Vater Geheimer Oberjustizrat und Senatspräsident am Königlichen Kammergericht in Berlin war. Seine Hoffnungen auf ein Landratsamt ging nicht in Erfüllung. 1897 wurde Hoensbroech in den Zentralvorstand des „Evangelischen Bundes“ gewählt, dem er eine Zeitlang angehörte. 1898 leitete Hoensbroech acht Monate lang die „Tägliche Rundschau“ und gab von Oktober 1902 bis März 1907 in Verbindung mit namhaften Männern der Wissenschaft und des Schrifttums die Zeitschrift „Deutschland, Monatsschrift für die gesamte Kultur“ heraus.

In späterer Zeit entfernte sich Hoensbroech wieder vom Protestantismus, ohne jedoch auszutreten.

Neben seinem Kampf gegen die Katholische Kirche und den Jesuitenorden zeigte sich Hoensbroech als glühender Nationalist und propagierte während des Krieges von 1914-1918 extreme Kriegsziele. Nach dem Krieg griff er den abgedankten Kaiser Wilhelm II. als Feigling an und rief zum Sturz der Republik auf.

Zitat

Es ist eine unbestrittene Wahrheit, daß die Päpste Jahrhunderte lang an der Spitze eines Mord- und Raubsystems gestanden haben, das mehr Menschenleben geschlachtet, als irgend ein Krieg oder eine Seuche "im Namen Gottes und Christi". Der Weg des Papsttums ist ein Weg des Grauens und Entsetzens. Rechts und links ist er eingesäumt von Tausenden von Scheiterhaufen und Tausenden von Blutgerüsten. Prasselnd schlagen die Flammen zum Himmel empor.

Paul Graf von Hoensbroech, (1852−1923) [1] [2]

Werke (Auswahl)

  • Der Kirchenstaat in seiner dogmatischen und historischen Bedeutung (1889)
  • Warum sollen die Jesuiten nicht nach Deutschland zurück? (1890)
  • Geist des heiligen Franz Xaver (1891)
  • Die Preußischen Jahrbücher, Professor Harnack und die Jesuiten (1891)
  • Professor Tschackert und die authentischen Gesetze des Jesuitenordens (1891)
  • Christ und Widerchrist (1892)
  • Moderner Jesuitismus. Walther, Berlin 1893 (Digitalisat der ULB Düsseldorf)
  • Mein Austritt aus dem Jesuitenorden (1893)
  • Ultramontane Leistungen (1895)
  • Die römische Frage (1895)
  • Die deutschen Jesuiten der Gegenwart und der konfessionelle Friede (1896)
  • Religion oder Aberglaube (1896)
  • Der Ultramontanismus, sein Wesen und seine Bekämpfung (1897)
  • Das Papsttum in seiner sozialkulturellen Wirksamkeit (1900-1902)
  • Die katholische Kritik über mein Werk (1902)
  • Der Zweck heiligt die Mittel', als jesuitischer Grundsatz erwiesen (1904)
  • Der Syllabus (1904)
  • Moderner Staat und römische Kirche (1906)
  • Rom und Zentrum (1907)
  • 14 Jahre Jesuit (1909 f./1923)
  • Das Wesen des Christentums (1920)
  • Der Jesuitenorden, 2 Bände (1926/27)

Siehe auch

Literatur

  • Robert von Nostitz-Rieneck: Graf Paul von Hoensbroechs Flucht aus Kirche und Orden: was er verließ und verlor. 1913
  • Johannes Rump: Paul Reichsgraf von Hoensbroech als Gefolgsmann der Hohenzollern.
  • Wolfgang Löhr in Biographisches Lexikon des KV Band 1 (1991) Seite 50 f ISBN 3-923621-55-8

Weblinks

Anmerkungen

  1. 1001 Aphorismen
  2. Zitat von Graf Paul von Hoensbroech, Philosoph

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