- Pendule
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Die Pendeluhr ist eine Uhr, deren Zeitnormal ein mechanisches Pendel ist, das sogenannte Perpendikel. Sie wurde um 1640 von Galileo Galilei erdacht, aber erst von seinem Sohn Vincenzo gebaut.
Das Grundprinzip der Pendeluhr beruht darauf, dass ein schwingendes oder rotierendes Pendel bei jedem Durchgang an einem bestimmten Punkt seines Wegs eine Aktion im Uhrwerk auslöst, in dem dann die Zeitanzeige um einen vorgegebenen Betrag (z. B. eine Sekunde) weitergeschaltet wird. Außerdem erhält das Pendel vom Uhrwerk (oder einem anderen Antrieb) einen Impuls (Hebung), um weiterzuschwingen. Das Gleichmaß der Pendelbewegung ist also bestimmend für die erreichbare Genauigkeit der Uhr, weshalb der Konstruktion des Pendels und der Auslösung der Aktion im Uhrwerk ohne störende Beeinflussung durch das Uhrwerk größte Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Übliche Maßnahmen sind daher eine Konstruktion des Pendels, um es bei allen Umwelteinflüssen wie Temperatur, Luftdichte und -feuchtigkeit gleich schnell schwingen zu lassen, eine Kapselung des Pendels zum gleichen Zweck, eine möglichst leichtgängige Auslösung des Uhrwerks und eine möglichst gleichmäßige Impulsübertragung von Uhrwerk/Antrieb auf das Pendel.
Inhaltsverzeichnis
Kurze Geschichte
- 1657 lässt Christiaan Huygens eine Hemmung patentieren, die den Gang auf 10 Sekunden pro Tag verbessert.
- In den 1680ern werden Haken- und Ankerhemmung erfunden und die Pendelaufhängung am Faden durch eine dünne Stahlfeder (Pendelfeder) ersetzt. Formeln für den Einfluss der Amplitude werden bekannt.
- In den 1720ern entwickeln George Graham (Erfinder der Spiral-Unruh) und John Harrison unabhängig das temperaturkompensierte Pendel, was die Ganggenauigkeit auf etwa eine Sekunde täglich verbessert.
- 1843 wird das elektromagnetisch angetriebene Pendel patentiert - eine etwa zehnfache Verbesserung und der erste Schritt zur Elektro-Uhr.
- Um 1930 Entwicklung des Shortt-Pendels (Tagesfehler unter 0,01 s) und Erfindung der damals ähnlich genauen Quarzuhr.
Genauigkeit der Schwingung
Hängende, stabil gebaute Pendel, die um eine horizontale Achse schwingen, besitzen eine höhere Genauigkeit im Gang als viele andere Pendelschwingungen. Solche ungenaueren Vorgänge sind beispielsweise das vertikal oszillierende Federpendel (siehe Harmonische Schwingung) oder ein einfaches Fadenpendel. Diese übertreffen nur schwer Genauigkeiten von 0.01 Prozent, während ein abgeschirmtes Kompensatorpendel mindestens 0.0001 Prozent (10-6 oder ±0.1 Sekunden pro Tag) erreichen kann. Spezialkonstruktionen kommen sogar in den Bereich einiger ms pro Tag.
Bei klassischen Pendeluhren wird die Schwingung über die Hemmung in ein schrittweises Drehen des Steigrades umgewandelt, welches seinerseits über ein Räderwerk (wie bei anderen mechanischen Uhren auch) zum Beispiel durch das Uhrgewicht angetrieben wird, um einen dosierten Impuls an das Pendel abgeben zu können.
Das Pendel elektrischer Pendeluhren erhält seine Energie durch eine Spule, die im richtigen Moment über Pendelkontakte oder eine andere Steuerung mit elektrischem Strom versorgt wird. Die Spule bewegt das hierzu aus einem Dauermagnet gefertigte Pendel. Die Spule kann auch selbst zur Gewinnung des Steuersignales benutzt werden, indem ihre Gegeninduktionsspannung ausgenutzt wird.
Die bei solchen Uhren geringere Dämpfung und die besser erreichbare konstante Amplitude des Pendels verbessert die Ganggenauigkeit wesentlich.
Am präzisesten ist die von Störungen befreite Shortt-Uhr. In der Hauptuhr schwingt ein fast freies Pendel im Vakuum, während die synchrone „Slave“-Uhr alle anderen beweglichen Teile enthält, welche die Hauptuhr beeinträchtigen würden. Deren Genauigkeit (Millisekunden pro Tag) wurde erst um 1950 von Quarzuhren übertroffen.
Astronomische Pendeluhren
Astronomische Pendeluhren hatten meist Sekundenpendel, die etwa 1 Meter lang sind. Die Schwingungsdauer T hängt von der Pendellänge L und der Erdbeschleunigung g über die Formel ab.
Der Sekundenschlag erlaubt bei Messungen von Sterndurchgängen – etwa im Fernrohr eines Meridiankreises – die genaue Korrelation der Zeit mit dem durchs Gesichtsfeld ziehenden Stern (bis 15"/s). Mit der so genannten Auge-Ohr-Methode können Zeitmessungen auf 0,05 bis 0,1 Sekunden genau durchgeführt werden.
Die Gangregulierung (Kalibrierung) von Pendeluhren erfolgt mittels Stellschrauben am unteren Ende des Pendels oder durch Gewichtsplättchen.
Die Temperaturkompensation guter Pendeluhren erfolgt mittels Dreistabpendeln oder Quecksilberpendeln. Dabei werden der Masseschwerpunkt oder die Stablänge des Pendels beeinflusst, um die thermische Ausdehnung des Pendels und die dadurch hervorgerufene Temperaturabhängigkeit der Schwingfrequenz auszugleichen. Die Abhängigkeit der Schwingungsdauer vom Luftdruck kann mit Hilfe der Aneroiddosenkompensation verringert werden.
Private Pendeluhren
Private Pendeluhren haben meistens Pendellängen von 15 bis 25 cm; letzteres entspricht etwa 0,5 s einfacher Schwingungsdauer. Sie erreichen etwa eine Gangkonstanz von Sekunden pro Tag. Sogenannte Standuhren haben Gewichtsantrieb und längere Pendel mit kleiner Amplitude und Temperaturkompensation und somit gute Voraussetzungen für hohe Ganggenauigkeit.
Kürzere, vor dem Zifferblatt schwingende Pendel haben die sog. Zappler, bei zwei schwingenden Pendeln spricht man von Doppelzapplern. Sie sind Tisch- oder kurze Wanduhren, deren Gehäuse nur auf der Schauseite geschlossen ist. Ihre Genauigkeit liegt bei Zehntelminuten pro Tag.
Heute angebotene billige Zieruhren mit Drehpendel (oft mit imitierten Messingkugeln) oder kleinen schnellen Pendeln sind an sich Quarzuhren - sie haben nur zur Zierde einen zusätzlichen elektrischen Antrieb für die Bewegung des Pendels.
Reversionspendel für Gravimetrie
Ein Pendel, das umgedreht werden kann und um beide Achsen (meist Achatschneiden) dieselbe Schwingungsdauer hat, heißt Reversionspendel. Diese Technik erlaubt die genaue Messung der Pendellänge und daher mittels obiger Pendelformel auch der Schwerkraft g.
Auf ähnliche Art erforschte man schon im 18. Jahrhundert das Erdschwerefeld. Durch Kombination von Gravimetrie und geometrischer Gradmessung wurde die Form der Erde bestimmt und das Meter definiert.
Heute verwendet man dafür hochpräzise Federwaagen, die sogenannten Gravimeter.
Spezielle Formen
Drehpendeluhr
Drehpendeluhren nutzen statt einem hin- und herschwingenden Pendel ein Torsionspendel als Zeitbasis. Torsionspendel sind sehr dämpfungsarm, da sie sich langsam bewegen und daher die Luftreibung gering ist. Drehpendeluhren können daher mit einem Aufzug sehr lange laufen (z. B. ein Jahr).
Drehpendeluhren benötigen derart wenig Leistung, dass sie auch lediglich durch die Luftdruck- und Temperaturschwankungen ihrer Umgebung angetrieben werden können. Solche Uhren besitzen einen Aufzugsmechanismus, der mit einer Druckmessdose ähnlich wie in Manometern arbeitet.
Elektrisch angetriebene Drehpendeluhren haben oft nur dekorativen Wert oder gar ein motorisch angetriebenes Pendel, das nicht das Zeitnormal ist.
Drehpendeluhren können – ebenso wie gewöhnliche Pendeluhren – auch selbst ihr eigenes Pendel bilden (d. h. sich als Pendelmasse mitdrehen bzw. mitschwingen). Bei Drehpendeluhren führt dies jedoch zu Gangungenauigkeiten aufgrund der sich ausdehnenden Feder.
Augenwender
Ein „Augenwender“ ist eine Uhr, bei der sich mit dem Pendel die Augen einer Figur bewegen.
Siehe auch
- Retardé und Avancé, Technik zum Justieren von Pendeluhren
- Mysterieuse, Schwingpendeluhr
Weblinks
- www.phaenomen.de (Pendeluhren im 16. Jahrhundert und Zeitsystem)
- www.uhrenhanse.org (mechanisch und elektrisch angeregte Präzisionspendel)
- Informationen zu Pendeluhr im BAM-Portal
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