- Pradaxa
-
Strukturformel Allgemeines Freiname Dabigatranetexilat Andere Namen Ethyl 3-{[(2-{[(4-{N'-[(Hexyloxy)carbonyl] carbamimidoyl}phenyl)amino]methyl}-1- Methyl-1H-Benzimidazol-5-yl)carbonyl] (2-Pyridinyl)amino}propanoat
Summenformel C34H41N7O5 CAS-Nummer 211915-06-9 PubChem 9578572 ATC-Code B01AE07
Arzneistoffangaben Wirkstoffklasse Direkter Thrombin-Inhibitor
Fertigpräparate Pradaxa® (EU)
Verschreibungspflichtig: Ja Eigenschaften Molare Masse 627,73 g·mol−1 Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung
unbekanntR- und S-Sätze R: ? S: ? Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Dabigatranetexilat ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Gerinnungshemmer (Antikoagulantien). Die Substanz ist ein Prodrug, das nach Umwandlung in das pharmakologisch aktive Dabigatran den Blutgerinnungsfaktor Thrombin direkt hemmt.
Dabigatranetexilat ist für die perorale Verabreichung geeignet und in dieser Form (Handelsname Pradaxa®; Hersteller Boehringer Ingelheim) zugelassen zur Vorbeugung der Bildung von Blutgerinnseln in den Venen nach chirurgischem Knie- oder Hüftgelenksersatz.
Inhaltsverzeichnis
Pharmakologische Eigenschaften
Dabigatranetexilat selbst ist pharmakologisch inaktiv. Nach Resorption entsteht im Plasma und in der Leber durch von Esterasen katalysierte Hydrolyse der beiden Prodrug-Funktionen die wirksame Form Dabigatran. Die absolute Bioverfügbarkeit nach peroraler Gabe liegt bei circa 6,5 %, maximale Plasmaspiegel werden nach 0,5 bis 2 Stunden erreicht. Die terminale Halbwertszeit von Dabigatran lag im Mittel bei 12–14 Stunden (gesunde Probanden) beziehungsweise 14–17 Stunden (Patienten nach einem größeren orthopädischen Eingriff).[1]
Dabigatran bindet kompetitiv und reversibel direkt an Thrombin und blockiert dessen Wirkung, so dass die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin und damit eine Gerinnselentstehung unterbleibt. Weil Dabigatran neben im Plasma frei vorliegenden Thrombin auch fibringebundenes Thrombin hemmt, wird zusätzlich die Thrombin-induzierte Verklumpung der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) verhindert. Die gerinnungshemmnde (antikoagulatorische) Wirkung des Dabigatran korreliert mit seiner Konzentration im Plasma.
In vitro-Wechselwirkungsstudien zeigten, dass Dabigatran die wichtigsten Cytochrome P450 weder inhibiert noch induziert. Dabigatran wird hauptsächlich in unveränderter Form über den Urin ausgeschieden.
Klinische Angaben
- Anwendung
Pradexa ist zur Anwendung bei Erwachsenen zugelassen. Die Substanz wird in fester Tagesdosis gegeben, ein Gerinnungs-Monitoring wird nicht durchgeführt.
Ältere Patienten über 75 Jahren sollten mit Vorsicht behandelt werden, da klinische Daten für diese Altersgruppe nur eingeschränkt vorliegen. Patienten mit leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz sowie Patienten, die Amiodaron einnehmen, sind vorsichtig und mit reduzierter Dosis zu behandeln. Aufgrund des Fehlens von Daten zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit wird Pradaxa nicht empfohlen für die Anwendung bei Patienten unter 18 Jahren. Es liegen keine hinreichenden Daten für die Anwendung von Dabigatranetexilat bei Schwangeren vor. Frauen im gebärfähigen Alter sollten daher während einer Behandlung mit dem Mittel eine Schwangerschaft vermeiden, auch sollte bei einer bestehenden Schwangerschaft Dabigatranetexilat möglichst nicht angewendet werden. Stillende Frauen sollten das Stillen während einer Behandlung mit Dabigatranetexilat unterbrechen.[1]
- Gegenanzeigen (Kontraindikationen)
Die Behandlung mit Dabigatranetexilat ist kontraindiziert ist bei akuten Blutungen, schwerer Niereninsuffizienz, beeinträchtiger Leberfunktion und gleichzeitiger Einnahme von Chinidin.[1]
- Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Blutungen. Die Anzahl roter Blutkörperchen im Blut kann abnehmen.[1]
- Wechselwirkungen mit anderen Mitteln
Besondere Vorsicht ist geboten bei gleichzeitziger Einnahme von blutverdünnenden Arzneimitteln (z. B. Warfarin, Heparin), nichtsteroidalen Antirheumatika, Verapamil, Rifampicin, Clarithromycin, Johanniskraut und insbesondere Amiodaron.[1]
Studien
Die Wirksamkeit von Pradaxa wurde in zwei randomisierten, doppelblinden Parallelgruppenstudien mit insgesamt fast 5600 Patienten untersucht, die sich einer Knie- bzw. Hüftgelenkersatzoperation unterzogen. Die Patienten erhielten täglich 150 oder 220 mg Dabigatranetexilat peroral oder einmal täglich 40 mg Enoxaparin subkutan. Primärer Endpunkt war jeweils die Kombination aus der Gesamtzahl venöser Thromboembolien (VTE) und der Gesamtmortalität; ein sekundärer Endpunkt war die Kombination von schweren VTE und VTE-bezogener Mortalität.[2]
In beiden Studien zeigte Dabigatranetexilat die gleiche Wirksamkeit wie Enoxaparin mit Bezug auf die Verhinderung einer Blutgerinnselbildung bzw. auf die Verhinderung von Todesfällen:
- In der Studie mit Patienten nach Kniegelenkersatz erlitten knapp 38 % unter Enoxaparin ein Blutgerinnsel, im Vergleich zu 36 % unter 220 mg Dabigatranetexilat bzw. 40 % unter 150 mg Dabigatranetexilat. In jeder Gruppe gab es einen Todesfall.
- In der Studie mit Patienten nach Hüftgelenkersatz erlitten knapp 7 % unter Enoxaparin ein Blutgerinnsel, im Vergleich zu 6 % unter 220 mg Dabigatranetexilat bzw. 8,7 % unter 150 mg Dabigatranetexilat.
In beiden Studien zeigte die Dosis mit 220 mg tendenziell eine bessere Wirksamkeit als die Dosis mit 150 mg.
Hinsichtlich des Auftretens von starken Blutungen, erhöhten Leberenzymwerten sowie akuten koronaren Ereignissen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Dabigatranetexilat und Enoxaparin.
Sonstige Informationen
Chemisch-pharmazeutische Informationen
Pharmazeutisch verwendet wird das Mesilat (Methansulfonsäure-Salz) des Dabigatranetexilat. Die Löslichkeit in wässrigem Medium ist stark pH-Wert-abhängig und erhöht bei sauren pH-Werten, die Löslichkeit in Wasser beträgt 1,8 mg/ml. Das Salz ist leicht löslich in Methanol, löslich in Ethanol, wenig löslich im Isopropanol, sehr wenig löslich in Aceton und praktisch unlöslich in Ethylacetat. Dabigatranetexilatmesilat hat keine chiralen Zentren und ist polymorph, es sind zwei Modifikationen bekannt. In der kommerziellen Synthese entsteht die Modifikation I in der wasserfreien Form.[2]
Entwicklung
Die Suche nach einem niedermolekularen, oral verabreichbaren Wirkstoff begann Boehringer Ingelheim 1992 auf der Basis der Struktur des peptidischen Thrombin-Inhibitors N-α-(2-Naphthylsulfonylglycyl)-4-Amidinophenylalaninpiperidin (α-NAPAP). Ausgehend von einem dreifachsubstituiertes Benzimidazol als Grundgerüst,[3] wurde das Molekül schrittweise einer optimalen Konformation und Affinität für die Bindung an Thrombin angenähert. Das resultierende stark polare und daher schlecht resorbierbare Dabigatran wurde durch die Einführung von zwei Schutzgruppen (veresterte Carboxylgruppe und O-n-Hexylcarbamatgruppe) so modifiziert, dass es ausreichend peroral bioverfügbar ist. „Etexilat“ ist ein Kunstwort aus den beiden Reaktanden Ethanol und Hexansäure. Ab 1996 wurde die antikoagulatorische Wirkung von Dabegatran in vitro und in Tiermodellen untersucht, die klinischen Studien begannen Ende der 1990er Jahre.[4] Im März 2008 wurde Pradaxa durch die EU-Kommission für den europäischen Markt zugelassen. Die Anwendung für weitere Indikationen ist in der Entwicklung.[5]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Produktinformation der Europäischen Arzneimttelagentur zu Pradaxa, Stand März 2009
- ↑ a b Beurteilungsbericht (englisch) des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) zu Pradaxa, Stand März 2008
- ↑ Hauel NH, Nar H, Priepke H, Ries U, Stassen JM, Wienen W: Structure-based design of novel potent nonpeptide thrombin inhibitors J. Med. Chem. 45 (9), p. 1757–66 (2002) [1] PMID 11960487
- ↑ Firmeninformation von Boehringer Ingelheim auf www.pradaxa.de, eingesehen am 13. April 2009
- ↑ Neue Indikationen in Sicht, in: Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 14, 2009.
Weblinks
- Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) und Produktinformation, Übersicht auf der Website der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA)
Bitte beachte den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
Wikimedia Foundation.