Radstadion Köln

Radstadion Köln
Radstadion Köln
Innenansicht des Radstadions mit Albert-Richter-Bahn
Gedenktafel für Albert Richter am Radstadion Köln. Entwurf: John Bachem

Das Radstadion Köln (Albert-Richter-Bahn) wurde im Mai 1996 in Köln-Müngersdorf eröffnet. Wenige Wochen später fanden dort die 110. Deutschen Bahn-Meisterschaften statt.

Inhaltsverzeichnis

Bau

Mit dem Bau des Radstadions wurde 1990 begonnen; in mehreren Bauabschnitten wurde es bis 1996 fertiggestellt. Das Radstadion fasst 2500 Zuschauer und ist zum Teil überdacht. Die zwischen 13° und 43° überhöhte Holzbahn ist für Geschwindigkeiten bis 85 km/h ausgelegt. Die Bahn besteht aus dem wertvollen und seltenen tropischen Holz Afzelia, da es besonders wetterbeständig ist. Die Verwendung dieses Tropenholzes führte während des Baus der Bahn zu politischen Auseinandersetzungen im Rat der Stadt.

Die Bahn wurde von den Architekten Herbert und seinem Sohn Ralph Schürmann aus Münster konstruiert.

Das Stadion liegt in direkter Nachbarschaft zum RheinEnergieStadion und zur Deutschen Sporthochschule in Köln-Müngersdorf.

Bis 2001 war die Bahn im Besitz der Stadt Köln; dann wurde sie in die städtische Eigengesellschaft „Kölner Sportstätten GmbH“ überführt.

Benennung

Eine Bürgerinitiative erreichte, dass die Radrennbahn nach Albert Richter benannt wurde. Der Kölner Radsportler wurde 1940 mutmaßlich von der Gestapo im Gefängnis von Lörrach ermordet. 1932 war Richter in Rom Amateur-Weltmeister im Sprint geworden, auf einer Radrennbahn, die der Vater von Herbert Schürmann, Clemens Schürmann, für die Weltmeisterschaften entworfen hatte (s. Velodromo Maspes-Vigorelli).

Der gesamte Gebäudekomplex heißt „Radstadion Köln“ und nur die Bahn selbst trägt den Namen Richters. Diese Trennung hat sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht durchgesetzt, meist wird vom „Albert-Richter-Radstadion“ gesprochen.[1]

Vorläufer

Insgesamt gab es seit 1889 (mind.) neun Radrennbahnen in Köln.

Die Riehler Radrennbahn

Riehler Radrennbahn

Die erste war die „Radrennbahn am Kölner Sportplatz“, bekannter als „Riehler Radrennbahn“. Gebaut wurde sie vom „1. Bicycle Club Köln“, einem Radsportverein, der 1880 auf Initiative des Reifenherstellers „Gummiwerke Clouth“ gegründet worden war. Die Bahn wurde 1889 auf einem Areal eingeweiht, das heute zum Kölner Zoo gehört. Zeitgleich fand in der Kölner Flora die „Internationale Sportausstellung“ statt. Die Bahn war 400 Meter lang und hatte überhöhte Kurven. 1892 fanden auf der Riehler Bahn Deutsche Meisterschaften statt; das Rennen über 1000 Meter im Niederradfahren gewann Jean Schaaf, der damit der erster Kölner Radsportler war, der einen deutschen Meistertitel gewann. Drei Jahre später fanden dort die Bahn-Radweltmeisterschaften statt, die dritten in der Geschichte des Radsports und die ersten mit Profi-Beteiligung. Aus diesem Anlass erhielt die Bahn, die bis dahin aus gewalztem Kies bestand, eine Asphaltdecke. Im Laufe der Jahrzehnte wurde sie hauptsächlich für Steherrennen genutzt.

Am 6. September 1908 wurde auf der Bahn die Europameisterschaft über 100 km ausgetragen; am Start war u. a. der spätere Steher-Weltmeister Peter Günther. Am 8. September 1913 verunglückten auf der Riehler Radrennbahn zwei Sportler bei einem Sturz tödlich, der Rennfahrer Richard Scheuermann sowie der Schrittmacher Gus Lawson, Bruder des Rennfahrers Iver Lawson.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Bahn durch die Bombardierung der Stadt schwere Schäden und wurde 1956 abgebrochen.[2]

Stadtwaldbahn

Start zu einem Rennen auf der Stadtwaldbahn 1922

Um 1900 wurde in einem Kölner Park in Lindenthal die „Stadtwaldbahn“ angelegt, die 400 Meter lang war, aus Asche und Sand bestand und über keine nennenswerte Kurvenneigung verfügte. Ursprünglich war sie lediglich ein Parkweg gewesen, der um Tennisplätze führte. Die hier stattfindenden Rennen erfreuten sich besonderer Beliebtheit wegen der idyllischen Lage der Bahn. Bis zu 20 000 Zuschauer kamen zu den Rennen und bauten sich die Tribünen aus Stühlen, Brettern und Leitern selbst; zudem wird berichtet, dass die Fans schon samstags abends mit Stuhl und Picknick-Korb anrückten, um sich die besten Plätze für die Rennen am Sonntag vormittag zu sichern.[3] 1923 fand das letzte Rennen statt.

Müngersdorfer Radrennbahn

Die direkte Vorgängerin des Albert-Richter-Radstadions war die „Müngersdorfer Radrennbahn“, die an selber Stelle stand und die einzige Kölner Bahn im städtischen Besitz war. Die 400 Meter lange Holzpiste wurde 1923 eröffnet, und vier Jahre später fanden auf ihr die Wettbewerbe der Bahn-Weltmeisterschaften statt, für die sie nochmals modernisiert und ausgebaut worden war: Die Holzbahn wurde durch eine aus Beton ersetzt, Tribünen erweitert und Beleuchtung angebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden schon ab 1945 Rennen - hauptsächlich Steherrennen - statt. Bei einem Rennen mit mehreren Nationen im Jahre 1949 gewann der Kölner Jean Schorn. Da es noch keine offizielle Nationalhymne gab, erklang der kölsche Schlager Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien von Karl Berbuer.

1954 wurden in Müngersdorf die Bahn-Weltmeisterschaften - außer den Steherrennen, die in Wuppertal stattfanden - ausgetragen. 1971 war das letzte Radrennen auf dieser Bahn. Während der Bauphase des benachbarten Müngersdorfer Fußballstadions trainierte der 1. FC Köln im Innenraum der Radrennbahn. Dort wurden auch die Heimspiele des 1 FC. Köln und der SC Fortuna Köln ausgetragen. 1981 wurde die Bahn abgerissen, 1990 mit dem Bau der neuen Radrennbahn begonnen.

Rheinlandhalle

Gedenktafel für Albert Richter
an der Rheinlandhalle in Köln-Ehrenfeld
Entwurf: U. Schnackenberg

1928 wurde die erste überdachte Radrennbahn in Köln (Länge 166,66 Meter, Konstrukteur Clemens Schürmann) in der Rheinlandhalle eröffnet, in der von 1927 bis 1933 die Kölner Sechstagerennen stattfanden. Im Krieg wurde die Halle stark beschädigt, und die Bahn verschwand in der Versenkung; heute befinden sich in der Halle Geschäfte, u.a. ein Fahrrad-Discounter. Da die Radsport-Laufbahn von Albert Richter in der Rheinlandhalle ihren Anfang nahm, ist an ihr eine Gedenktafel für ihn angebracht.

Vereins- und Trainingsbahnen

Zusätzlich gab es in den 1930er Jahren mehrere Bahnen in Vereinsbesitz, wie etwa die „Schwalbe-Bahn“ in Bickendorf, die „Tempo“- sowie die „Schmitter-Bahn“ in Mülheim, letztere auf dem Gelände der heutigen Stegerwaldsiedlung. Ebenfalls in den 30er Jahren entstand auf dem Stadion-Gelände in Müngersdorf die „Nordfeldbahn“ zu Trainingszwecken, heute befindet sich dort das Reitstadion. Alle diese Bahnen existierten jedoch jeweils nur wenige Jahre.

Kölner Sporthalle

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Köln zum zweiten Mal eine überdachte Radrennbahn, in der Sporthalle auf dem Gelände der KölnMesse. Die Holzbahn war ausbaubar, 166,66 Meter lang und hatte eine Kurvenüberhöhung von 54 Grad. Konzipiert hatte sie Herbert Schürmann. Auf dieser Bahn fanden von 1958 bis 1997 die Sechstagerennen sowie das Rennen um den „Silbernen Adler“ statt. Die Sporthalle wurde 1999 abgerissen, und die Holzbahn nach Litauen verkauft. Bis 2011 wurde sie jedoch dort nicht aufgebaut.[4]

Einzelnachweise

  1. wergehthin.de
  2. Gabi Langen: Geliebt - Verehrt - Vergöttert. Die Idole des Kölner Sports, Köln 2000, S. 51f.
  3. Langen, S. 53f.
  4. velodromes.com

Quellen

  • Udo Schmidt-Arndt: Die Kölner Radrennbahnen 1889-1996, Köln 1996
  • Gabi Langen/Thomas Deres: Müngersdorfer Stadion Köln, Köln 1998, S. 114 ff.
  • Horst Nordmann/Fritz und Mika Hahn: Kölsche Zweiradgeschichten. Pioniere, Rennfahrer, Schicksale, Köln 2003

Weblinks

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