- Steherrennen
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Das Steherrennen ist eine Disziplin des Bahnradsports.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Steher (veraltet Dauerfahrer) werden Radrennfahrer genannt, die in einem dauerhaft hochgehaltenen Tempo über längere Distanzen (50 oder 100 Kilometer) auf einer Radrennbahn fahren.
Heutzutage sind Steherrennen Bahnrennen, bei denen der Radsportler (der Steher) hinter einem Motorrad im Windschatten fährt. Dazu werden speziell für diesen Zweck ausgerüstete Schrittmacher-Maschinen benutzt, die dem Radrennfahrer vorausfahren und ihm Windschatten geben. Der Fahrer des Motorrades, Schrittmacher genannt, steht auf Trittbrettern der Maschine (was aber nichts mit dem Begriff „Steher“ zu tun hat), damit dieser eine möglichst großen Windschatten erzeugt. Anstelle der Sitzbank sind die Motorräder mit einer höher gelegten Stütze und verlängerten Lenkerenden ausgestattet. Bei Steherrennen werden Geschwindigkeiten von teilweise über 100 km/h erzielt und auch über längere Abschnitte gehalten.
Die Radfahrer sind in keiner Weise mit dem Schrittmacher verbunden, sondern werden durch eine Abstandsrolle auf Distanz zum Motorrad gehalten. Ihre Fortbewegung erfolgt ausschließlich durch ihre Beinarbeit. Der Fahrer versucht dabei, möglichst nahe an der Rolle des vor ihm fahrenden Schrittmacher-Motorrades zu bleiben, um möglichst viel Windschatten zu erhalten. Verliert er den engen Kontakt zum Schrittmacher, so kommt der Fahrer „von der Rolle“ (daher stammt auch die Redewendung „von der Rolle sein“[1]).
Steherrennen finden auch häufig im Rahmen von Sechstagerennen statt.
Herkunft und Entwicklung
Der Begriff „Steher“ leitet sich vom englischen „stayer“ ab, d. h. jemand mit Ausdauer („to stay“ – anhalten, bleiben). Die früher übliche deutsche Entsprechung „Dauerrennen“ weist auf denselben Umstand hin. In der Frühzeit dieser Sportart fuhren die Rennfahrer zunächst ohne Schrittmacher, dann mit Fahrrädern als Schrittmacher, und zwar spezielle Vierer- oder Sechserräder mit entsprechend viel Besatzung. Dabei ging es zunächst weniger um Rennen gegeneinander als um Rekorde: Höchstgeschwindigkeiten, Zeit pro Strecke und Strecke pro Zeit – oft über sehr lange Distanzen (100 Kilometer unterste Grenze) und Zeiten (24 Stunden und mehr), so dass „to stay“ bzw. „Dauerfahren“ tatsächlich wörtlich genommen werden konnte. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden schließlich Motorräder als Schrittmacher benutzt.
Besonders in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg waren Steherrennen äußerst gefährlich, da das Material, insbesondere die Reifen, noch fehlerhaft war und es zu vielen Stürzen kam, bei denen Steher oder Schrittmacher entweder schwerverletzt wurden oder ums Leben kamen. (s. Liste von tödlich verunglückten Radrennfahrern sowie Rennbahnkatastrophe von Berlin)
Heute ist die Zuschauerresonanz bei Steher-Rennen nicht mehr so groß wie vor 20 oder 30 Jahren, wo noch Zehntausende von Besuchern auf die Radrennbahnen kamen, dennoch faszinieren sie immer noch viele Menschen. Deutsche Steher-Hochburgen sind u. a. Erfurt, Nürnberg, Forst und Leipzig.
1993 wurde die Trennung zwischen Profi- und Amateurstehern abgeschafft. Wie in anderen Disziplinen des Bahnradsports auch wurden die Steherweltmeisterschaften in der neuen Elite-Klasse ausgetragen. Der letzte Steherweltmeister der Amateure war der Berliner Carsten Podlesch, der in der ersten Elitekonkurrenz 1993 Dritter wurde und bei der letzten ausgetragenen Steherweltmeisterschaft der Elite 1994 erneut Weltmeister. Seit 1994 richtet die UCI keine Steher-Weltmeisterschaften mehr aus, da der Stehersport nur noch in wenigen europäischen Nationen (im Wesentlichen Deutschland, Schweiz, Niederlande) ausgeübt wird. Allerdings werden jährlich weiterhin Steher-Europameisterschaften ausgetragen.
Motorräder für Steherrennen
Die Motorräder für Steherrennen sind meistens älteren Baujahrs. Die Maschinen weisen etliche besondere Eigenschaften aus: Sie haben einen großvolumigen, meist einzylindrigen, niedertourigen Motor mit einem in der Halle tendenziell eher erträglichen, tiefen Klangbild. Die Drehmoment-Charakteristik des Motors erlaubt schnelles Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen. Die Lenker sind als Stangen weit nach hinten verlängert, um durch eine aufrechte Sitzposition einen bestmöglichen Windschatten zu ermöglichen. Am Heck der Maschine ist eine breite kugelgelagerte Rolle als Abstandshalter angebracht. Der Radrennfahrer sollte den Radkontakt mit der Rolle – auch den kurzzeitigen Kontakt – unbedingt meiden, da es wegen der doppelten Bremswirkung dabei leicht zu Stürzen kommen kann.
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Schrittmacher-Motorräder im Radstadion Köln
Einzelnachweise
Literatur
- Toni Theilmeier: Die wilde, verwegene Jagd. Der Aufstieg des professionellen Stehersports in Deutschland. Die frühen Jahre bis 1910. (= Schriftenreihe zur Fahrradgeschichte, Band 6.) Kutschera, Leipzig 2009, ISBN 978-3-931965-23-5.
Siehe auch
Weblinks
Commons: Steherrennen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- UCI-Reglement für den Bahnradsport, dort 3.2.189: „Motor Pacing“
- stayer.de
- Video eines Steher-Rennens auf SPON
Deutsche Meister im Steherrennen (Profis)1892 Oskar Breitling | 1896 Josef Fischer | 1897 Fritz Opel | 1898 Alfred Köcher | 1905, 1911, 1912 Peter Günther | 1906 Anton Huber | 1907, 1908 Thaddäus Robl | 1909 Arthur Stellbrink/Werner Krüger | 1910 Richard Scheuermann | 1913, 1915 Gustav Janke/Werner Krüger | 1914, 1919, 1924 Karl Saldow | 1916–1917 nicht ausgetragen | 1918 Franz Krupkat | 1920, 1921, 1926 Karl Wittig | 1922 Paul Thomas | 1923 Jean Rosellen/Willi Heßlich | 1925 Karl Saldow/Christian Junggeburth | 1927, 1929, 1931 Walter Sawall/Emil Meinhold | 1928 Erich Möller[1] | 1930 nicht ausgetragen | 1931 Erich Möller/Léon Didier | 1933, 1939 Erich Metze | 1935, 1936, Erich Metze/Maurice Ville | 1934 Erich Metze/Karl Saldow | 1937 Adolf Schön/Jupp Merkens | 1938, 1944, 1946, 1948, 1949, 1951, 1952, 1953 Walter Lohmann | 1939 Erich Metze/Willi Heßlich | 1940 Toni Merkens/Arnulf Meinhold | 1941 Walter Lohmann/Jupp Merkens | 1942, 1950 Erich Bautz/Jupp Merkens | 1943 Walter Lohmann/Arnulf Meinhold | 1947 Jean Schorn/Jupp Merkens | 1954 Karl Kittsteiner | 1955, 1957 Valentin Petry | 1956 Heinz Jakobi/Miel Vandenbosch | 1958, 1959 Heinz Jakobi/Kurt Schindler | 1960, 1961, 1963 Karl-Heinz Marsell | 1962 Achim Holz/Werner Schmidt | 1964 Horst Staudacher/Werner Schmidt | 1965, 1966, 1968 Ehrenfried Rudolph | 1969 Ehrenfried Rudolph/Bruno Walrave | 1970–1974 nicht ausgetragen | 1975 Dieter Kemper/Norbert Koch | 1976 Dieter Kemper | 1977 nicht ausgetragen | 1978 Horst Schütz | 1979 Wilfried Peffgen | 1980–1983 nicht ausgetragen | 1984, 1985, 1988 Werner Betz | 1986–1987 nicht ausgetragen | 1989 Torsten Rellensmann | 1990, 1991 nicht ausgetragen | 1992 Roland Günther/Dieter Durst | 1993, 1994, 1995 Carsten Podlesch/Dieter Durst | 1996 Torsten Rellensmann/Christian Dippel | 1997 Stefan Schmitz/Manfred Schmadtke | 1998 Carsten Podlesch/Christian Dippel | 1999 Andreas Kappes/Dieter Durst | 2000, 2001, 2002 Carsten Podlesch/Bruno Walrave | 2003, 2004 Stefan Klare/Christian Dippel | 2005, 2006 Carsten Podlesch/Helmut Baur | 2007 Jan Eric Schwarzer/Christian Dippel | 2008 Timo Scholz/Peter Bäuerlein | 2009 Mario Vonhof/Dieter Durst | 2010 Marcel Möbus/Helmut Baur | 2011 Florian Fernow/Peter Bäuerlein
Deutsche Meister bis 1992 Profis, danach "open". Wenn bekannt, mit Angabe der Schrittmacher
- ↑ Im September 1928 wurden die Ergebnisse der Meisterschaft im selben Jahr vom Bund Deutscher Radfahrer wegen unfairer Fahrweise von Möller annulliert. Illustrierter Radrenn-Sport, 23. September 1928
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