Raumfahrtbahnhof

Raumfahrtbahnhof

Als Weltraumbahnhof bezeichnet man einen Raketenstartplatz, an dem auch Trägerraketen für orbitale und interplanetare Weltraummissionen starten können. Dabei kann es sich um unbemannte Satelliten- oder Raumsondenstarts oder bemannte Raumflüge handeln. In Russland und China ist auch der Begriff Kosmodrom geläufig. Die meisten Weltraumbahnhöfe verfügen auch über Startanlagen für Höhenforschungsraketen und/oder für militärische Raketen zu Versuchszwecken.

Weltraumbahnhöfe werden derzeit von einzelnen Weltraumnationen, Staatenorganisationen (wie der ESA) oder privaten Unternehmen (Sea Launch) unterhalten.

Inhaltsverzeichnis

Standortbedingungen

Die Kriterien für den Standort eines Weltraumbahnhofs sind vielfältig. Er sollte wenn möglich nahe am Äquator liegen: Durch die Erdrotation hat die Rakete dort bereits die auf der Erdoberfläche maximal vermittelte Grundgeschwindigkeit und muss weniger beschleunigen, um insgesamt auf die im Orbit notwendige Geschwindigkeit zu kommen. Zudem erleichtert die Lage das Erreichen der Umlaufbahn. Nur für Starts in polare Orbits sind polnahe Standorte günstiger (z. B. Plessezk).

Ein Raketenbahnhof sollte sich in einem politisch stabilen Staat befinden, da sein Aufbau mit großen Investitionen verbunden ist. Er sollte abseits von dicht besiedeltem Gebiet liegen und in östlicher Richtung einen Ozean oder ein sehr dünn besieltes Gebiet haben. Denn fast alle Raketenstarts erfolgen mit der Erdrotation (aus oben genanntem Grunde) in östlicher Richtung. Wenn es zu einem Fehlstart kommt, könnten sonst Menschen durch niederstürzende Trümmer und Treibstoffe gefährdet werden. Zudem ist der Standort auf die politische Einflusssphäre des errichtenden Staats oder der Staatenorganisation beschränkt.

Der Weltraumbahnhof sollte an einem geologisch stabilen Ort gebaut werden, der von größeren und vielen Unwettern verschont wird, da Raketenstarts bei Regen oder Sturm meist abgesagt werden müssen. Schließlich sollte genügend Raum vorhanden sein, um ihn gegebenenfalls ausbauen zu können.

Der ideale Standort für einen Weltraumbahnhof existiert jedoch nicht und bei der Wahl müssen Kompromisse eingegangen werden.

Beispiel: Russische Kosmodrome

Besonders die russischen Kosmodrome sind durch ihre sehr weit nördliche Lage benachteiligt, da für orbitale Manöver zur Zielumlaufbahn mehr Treibstoff aufgewendet werden müssen.

Beispiel: Kourou

Der europäische Weltraumbahnhof Centre Spatial Guyanais in Kourou besitzt von ähnlichen Einrichtungen weltweit die günstigste Lage. Er liegt im französischen Übersee-Departement Französisch-Guayana im Norden Südamerikas (politisch stabil) und liegt sehr dicht am Äquator (günstige Starteigenschaften, maximaler Geschwindigkeitsbonus durch Erdrotation). Die Region ist sehr dünn besiedelt und grenzt im Nordosten an den Atlantik (geringe Gefährdung für Menschen). Da der Weltraumbahnhof direkt an ein ausgedehntes Waldgebiet grenzt, ist auch sein Ausbau problemlos möglich. Zwar besitzt Kourou ein subtropisches Klima, wird jedoch von den meisten Atlantikstürmen verschont. Zudem lassen sich Material und Güter aufgrund der Küstenlage sehr einfach und schnell dorthin transportieren.

Liste der Weltraumbahnhöfe

Name Standort Betreiber
Brasilien
Centro de Lançamento de Alcântara (CLA) Alcântara, Maranhão
China
Jiǔquán Weìxīng Fāshè Zhōngxīn Jiuquan, Gansu Volksrepublik China
Xīchāng Weìxīng Fāshè Zhōngxīn Xichang, Sichuan Volksrepublik China
Tàiyuán Wèixīng Fāshè Zhōngxīn Taiyuan, Shanxi Volksrepublik China
Wénchāng Wèixīng Fāshè Zhōngxīn (in Planung) Wenchang, Hainan Volksrepublik China
Französisch-Guayana
Centre Spatial Guyanais (CSG) Kourou Europa/ESA
Indien
Satish Dhawan Space Centre (SHAR) Andhra Pradesh
Israel
Palmachim Palmachim, nahe Tel Aviv Israelische Streitkräfte
und Israel Space Agency
Japan
Tanegashima Uchū Sentā Tanegashima
Uchinoura Uchū Kūkan Kansokusho Uchinoura, Präfektur Kagoshima Institute of Space
and Astronautical Science (ISAS)
Kasachstan
Baikonur Russland
Kenia
San-Marco-Plattform
San Marco Equatorial Range (SMER)
nahe Malindi, vor der Küste Kenias
Russland
Kapustin Jar Oblast Astrachan,
nähe Wolgograd
Plessezk Plessezk, Oblast Archangelsk Russland
Swobodny Swobodny, Oblast Amur Russland
USA
Cape Canaveral Air Force Station (CCAFS) Cape Canaveral, Florida US Air Force
Kennedy Space Center (KSC) Merritt Island, Florida NASA
Kodiak Launch Complex (KLC) Kodiak-Insel, Alaska Alaska Aerospace Development Corporation
Vandenberg Air Force Base (VAFB) zwischen Los Angeles und
San Francisco, Kalifornien
US Air Force
Wallops Flight Facility (WFF) Wallops Island, Virginia
Sea-Launch-Plattform nahe Hawaii internationales
Konsortium

Stillgelegte Weltraumbahnhöfe

Name Standort ehem. Betreiber
Algerien
Hammaguir Hammaguir
Australien
Woomera Prohibited Area (WPA)

(nur noch Startplatz für Höhenforschungsraketen)

Woomera, South Australia

Startplätze nur für ballistische Raketen (Höhenforschungsraketen oder militärische Raketen), siehe Raketenstartplatz.

Karte der Weltraumbahnhöfe

Kennedy Space Center Cape Canaveral Air Force Station Sea Launch Vandenberg Air Force Base Kodiak Launch Center Wallops Flight Facility Alacantara Korou San-Marco-Plattform Palmachim Kapustin Jar Baikonur Plessezk Swobodny Jiuquan Taiyuan Uchinoura Space Center Tanegashima Space Center Xichang Statish Dhawan Space Centre
Weltraumbahnhöfe weltweit (anklickbar)

Literatur

  • Ralf Butscher: Großer Bahnhof am Äquator. Bild der Wissenschaft 1/2005, S. 88 - 93 (2005), ISSN 0006-2375

Weblinks


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