- Raumkurve
-
Eine Raumkurve ist eine Kurve im dreidimensionalen Raum.
Ihre theoretische Untersuchung ist ein Gegenstand der Differentialgeometrie. Angewandt spielen Raumkurven unter anderem in der klassischen Mechanik als Bahnkurven und in der Strömungslehre als charakteristische Linien eine wichtige Rolle.
In der (klassischen) Mechanik lässt sich die Bahn eines Massenpunktes im Raum mathematisch als Raumkurve beschreiben. Hier ist eigentlich die Bezeichnung Weg zutreffender, da Bahnkurven durch die Zeit parametrisiert sind. Weitere Anwendungen sind die charakteristischen Linien in Strömungen, wie z. B. Stromlinien und Bahnlinien. Die beiden Begriffe fallen für stationäre Strömungen zusammen. Dieser Artikel widmet sich vorwiegend der Anwendung in der klassischen Mechanik. Dabei werden die betrachteten mathematischen Funktionen stets als hinreichend oft differenzierbar vorausgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Anwendungen in der Mechanik
Bahnkurven
Mathematisch lassen sich Raumkurven mit den Frenetschen Formeln beschreiben. Dabei wird jedem Punkt der Kurve ein begleitendes Dreibein aus Tangenteneinheitsvektor , Hauptnormaleneinheitsvektor und Binormaleneinheitsvektor zugeordnet. Die genaue Definition und geometrische Bedeutung dieser Vektoren wird im Artikel Frenetsche Formeln erläutert.
Beschreibt die Raumkurve den Ort eines Massenpunktes zum Zeitpunkt t, dann haben die dadurch gegebenen Richtungen folgende physikalische Bedeutung:
Richtung des Dreibeinvektors Richtung der vektoriellen Größe Tangenteneinheitsvektor Momentangeschwindigkeit Hauptnormaleneinheitsvektor Zentralanteil der Momentanbeschleunigung Binormaleneinheitsvektor Momentaner Drehimpuls bezogen auf den Krümmungsmittelpunkt Arbeit und Potential
Die Definition des Arbeitsintegrals erfolgt über eine (gedachte) Raumkurve:
Dabei bewegt sich ein (gedachter) Massenpunkt zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 auf dem Weg vom Anfangspunkt zum Endpunkt durch das vom Ort und der Zeit t abhängige Kraftfeld . Das Differential dW dieses Integrals ist die physikalische Arbeit, sein Wert ist die von dem Massenpunkt aufgenommene Energie.
In einem stationären Kraftfeld (das sich zeitlich nicht ändert) sind Arbeit und Arbeitsintegral zeitunabhängig, die Raumkurve kann dann mit einer beliebigen Variablen φ parametrisiert werden und das Arbeitsintegral vereinfacht sich zu
Wenn dieses Arbeitsintegral in einem Raumgebiet V allein vom Anfangs- und Endpunkt und nicht von der Wahl des Weges abhängig ist, dann kann es zur Definition eines Potentials
auf V verwendet werden. Die skalare Funktion gibt bei festem Anfangspunkt die potentielle Energie des Ortes (bezogen auf ) an.
Beispiele für Bahnkurven
- Die Bahnen von künstlichen Satelliten um die Erde und der Planeten um die Sonne sind, wenn man von kleinen Bahnstörungen absieht, ebene Bahnkurven genauer Kepler-Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Erde bzw. Sonne steht.
- Allgemeiner ist in jedem Zentralfeld die Bahn eines Körpers eine ebene Kurve. Dies ist eine der Aussagen des Drehimpulserhaltungssatzes: Seine Richtung und damit die des Binormalenvektors ist konstant.
- In einem homogenen magnetischen Feld beschreiben geladene Teilchen spiralförmige Bahnen (Schraubenlinien) um die Magnetfeldlinien.
Sonstiges
- Ein starrer Körper hat außer den 3 Translationsfreiheitsgraden auch noch 3 Rotationsfreiheitsgrade. Kann man seine Abmessungen nicht vernachlässigen, dann muss seine Bewegung durch zwei über die Zeit verknüpfte „Kurven“, die Bahnkurve seines Schwerpunkts im Raum (Raumkurve) und die Bahn eines zweiten, (markiert gedachten) Punktes des Körpers auf der 2-Sphäre S2 beschrieben werden.
- Bei Geschwindigkeiten, die gegenüber der Lichtgeschwindigkeit nicht vernachlässigbar klein sind, versagt das mathematische Modell der Raumkurve zur Beschreibung der Bahn eines Massenpunktes. An die Stelle der Raumkurve tritt dann die Weltlinie in der vierdimensionalen Raumzeit.
- Die Differenzierbarkeitsbedingungen, die herkömmlich an die Wege und Felder gestellt werden, können durch eine verallgemeinerte Interpretation des Ableitungsbegriffs (Ableitung im Distributionensinn) stark abgeschwächt werden. Dies ist in den Anwendungen vor allem für die Felder von Bedeutung, die von punktförmigen Zentren ausgehen.
Literatur
- Christian Gerthsen, Hans O. Kneser, Helmut Vogel: Physik: ein Lehrbuch zum Gebrauch neben Vorlesungen. 16. Auflage. Springer, Berlin 1992. ISBN 3-540-51196-2
Kategorien:- Strömungslehre
- Elementare Differentialgeometrie
Wikimedia Foundation.