Richard Benz

Richard Benz

Richard Benz (* 12. Juni 1884 in Reichenbach im Vogtland; † 9. November 1966 in Heidelberg) war ein deutscher Germanist, Kulturhistoriker und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grab von Benz in Heidelberg

Richard Benz wurde als zweitjüngstes von neun Kindern eines evangelisch-lutherischen Geistlichen geboren. Seit seinem 5. Lebensjahr lebte Richard Benz in Dresden, wo sein Vater als Pfarrer, unter anderem an der Frauenkirche, tätig war. Ab 1902 studierte er in Heidelberg (wo er durch Henry Thodes Vorlesungen wesentliche Anregungen erfuhr), Leipzig und München. 1907 promovierte er in Heidelberg über das Thema Märchendichtung der Romantik zum Dr. phil. Im gleichen Jahr ließ er sich in Freiburg im Breisgau nieder. 1910 zog er nach dem Tod seines Schwiegervaters nach Heidelberg um, wo er den Rest seines Lebens als Privatgelehrter verbrachte.

Wegen einer Vortragsreise, die er während des Zweiten Weltkrieges im Auftrag des Propagandaministeriums durchführte, wurde ihm nach dem Krieg von den alliierten Behörden ein vorübergehendes Publikationsverbot erteilt.

1952 erhielt Richard Benz das Bundesverdienstkreuz. 1954 wurde er zum Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt. Im gleichen Jahr erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Heidelberg. 1959 wurde er zum Honorarprofessor für deutsche Kulturgeschichte an der Universität Heidelberg ernannt und erhielt das Große Bundesverdienstkreuz.

Richard Benz war eine bedeutende Persönlichkeit des Heidelberger Kulturlebens. Bereits 1902 war er an der Gründung des Heidelberger Hebbelvereins - eines bis 1908 bestehenden literarischen Vereins - beteiligt. 1906 wirkte er an einer Feier des Hebbelvereins zum hundertjährigen Jubiläum der Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn auf Stift Neuburg mit. 1921 gründete er, unter anderem mit seinem Freund Alfred Mombert, die Gemeinschaft Die Pforte, die Bücher, Plakate und andere Druckwerke nach eigenen Vorstellungen herausgab. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zunehmend als prominentester Exponent des Heidelberger Bildungsbürgertums und als „Grandseigneur des Geistes“ wahrgenommen.

Richard Benz ist auf dem Heidelberger Bergfriedhof begraben. Sein Grab besteht aus einer gemauerten Wand aus Rotsandstein mit einem inschrifttragenden Mittelteil. Zum Gedächtnis an Richard Benz stiftete die Stadt Heidelberg im Jahr 1976 die Richard-Benz-Medaille für Kunst und Wissenschaft.

Werk

Richard Benz gab zunächst mittelalterliche Volksliteratur, wie beispielsweise die Legenda aurea, heraus. Er setzte sich intensiv mit der Buchgestaltung, insbesondere der Typographie, auseinander und nahm großen Anteil am Zustandekommen der Bücher.

Danach beschäftigte sich Richard Benz mit der Bedeutung der Musik in der deutschen Kultur. Richard Benz, über die Mutter seines Vaters ein direkter Nachfahre von Johann Rosenmüller [1], war von klein auf mit Musik aufgewachsen, und Aufführungen von Beethovens Fünfter Symphonie [2] und Glucks Orfeo ed Euridice [3] in Leipzig gehörten zu seinen prägendenden Erlebnissen. 1923 veröffentlichte er Die Stunde der deutschen Musik. Von der Musik handeln auch seine Hauptwerke Die deutsche Romantik (1937), Deutsches Barock (1949) und Die Zeit der deutschen Klassik (1953). Sein 1933 veröffentlichtes Buch „Geist und Reich“, in welchem er zur geistigen Situation der Zeit Stellung bezog, wurde 1935 von den Behörden des NS-Staates verboten, weil die Behandlung der „Rassenfrage“ im Widerspruch zur offiziellen NS-Ideologie stand.

Richard Benz galt als typischer Privatgelehrter, der bewusst Abstand zum akademischen Betrieb hielt. Seine Werke dienten auch weniger dem Gewinn wissenschaftlicher Erkenntnis als vielmehr der Verbreitung seiner Gedanken und Einsichten in der gebildeten Öffentlichkeit. Deshalb verzichtete Richard Benz in seinen Werken auch weitgehend auf einen wissenschaftlichen Apparat. Von einem kulturkonservativen Standpunkt aus propagierte Richard Benz seine These von der im deutschen Volkstum begründeten Eigenart deutscher Kultur, die in Romanik, Gotik, Barock und Romantik seine Ausprägung gefunden habe, während er Renaissance und Klassik als der deutschen Wesensart zuwiderlaufend betrachtete. Bezüglich der Renaissance änderte Richard Benz allerdings später seinen Standpunkt. Richard Benz vertrat aus heutiger Sicht ausgesprochen völkische Ansichten, ohne jedoch in rassistische oder antisemitische Gedankengänge abzugleiten. So bemerkte Richard Benz selbst, dass seine Künstlerfreunde ausnahmslos Juden seien.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Richard Benz hoch angesehen, sein Werk wurde als wesentliches Element der damals angestrebten konservativen Sinnstiftung der jungen Bundesrepublik betrachtet. Heute ist das Werk von Richard Benz so gut wie vergessen.

Im Auftrag des Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg, Carl Neinhaus, schrieb Richard Benz das Buch Heidelberg. Schicksal und Geist (1. Auflage 1961, 2. Auflage 1975). Dieses Buch, eine „meisterhafte Stadtbiographie“ [4] und Kulturgeschichte Heidelbergs, gilt einerseits als Standardwerk, wird heute aber - insbesondere wegen des Fehlens eines wissenschaftlichen Apparats und wegen des fast kompletten Ausblendens der Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie der Tatsache, dass die Darstellung nur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts reicht - teilweise auch als veraltet oder unbrauchbar angesehen.

Einzelnachweise

  1. Richard Benz: Lebens-Welten und Bildungs-Mächte meines Jugend. Dresdner und Heidelberger Erinnerungen, Hamburg 1950, S. 14
  2. Richard Benz: Lebens-Welten und Bildungs-Mächte meines Jugend. Dresdner und Heidelberger Erinnerungen, Hamburg 1950, S. 130
  3. Richard Benz: Lebens-Welten und Bildungs-Mächte meines Jugend. Dresdner und Heidelberger Erinnerungen, Hamburg 1950, S. 270
  4. Hans-Georg Gadamer: Ein Philosoph geht durch die Stadt, in Merian 10/XXXVII, S. 8

Literatur

  • Richard Benz: Lebens-Welten und Bildungs-Mächte meiner Jugend. Dresdner und Heidelberger Erinnerungen, Hamburg 1950 (Autobiographie bis 1914)
  • Julia Scialpi: Der Kulturhistoriker Richard Benz (1884-1966). Eine Biographie, Heidelberg 2010 (Buchreihe der Stadt Heidelberg XIV), ISBN 978-3-89735-619-1

Weblinks


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