- Richard Reitzenstein
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Richard August Reitzenstein (* 2. April 1861 in Breslau; † 23. März 1931 in Göttingen) war ein deutscher klassischer Philologe und Religionshistoriker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Reitzenstein war bis zu seinem Abitur im Jahre 1879 Schüler des Maria-Magdalenen-Gymnasiums in Breslau. Anschließend studierte er in Berlin bei Theodor Mommsen und wurde 1884 bei Johannes Vahlen mit einer quellenkritischen Studie über verschollene Autoren bei Cato und Columella promoviert. Anschließend arbeitete er im Auftrag Mommsens lange Zeit in italienischen Bibliotheken. Am 24. Februar 1888 habilitierte sich Reitzenstein in Breslau mit einer Studie über Detailprobleme der Überlieferung des Alexanderfeldzuges bei Arrian. 1889 wurde er außerordentlicher Professor für klassische Philologie in Rostock. Von 1892 bis 1893 war Reitzenstein Ordinarius in Gießen und wechselte dann nach Straßburg. Die Begegnung mit den dortigen Repräsentanten historisch-kritischer Exegese sowie die Bekanntschaft mit dem Ägyptologen Wilhelm Spiegelberg, den Reitzenstein 1898 auf eine Studien- und Forschungsreise begleitet und deren Papyrusfunde den Grundstock zu Reitzensteins Straßburger Handschriftensammlung bildet, regten Reitzenstein zur Auseinandersetzung mit religionsgeschichtlichen Fragen an. 1911 wurde er nach Freiburg im Breisgau und 1914 als Nachfolger von Friedrich Leo nach Göttingen berufen. Dort wurde er als Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule bahnbrechend, obwohl er sich in diese Zeit kaum mehr zu religionsgeschichtlichen Themen, sondern fast ausschließlich mit lateinischen Autoren beschäftigt. 1928 wurde Reitzenstein emeritiert. Sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl wurde Eduard Fraenkel. Nach seinem Tod widmeten ihm seine Schüler zu seinem 70. Geburtstag am 2. April 1931 eine Festschrift, die von Eduard Fraenkel und Hermann Fränkel herausgegeben wurde.
Seit 1890 war Richard Reitzenstein mit Antonie Keil (1864–1934) verheiratet. Das Paar hatte eine Tochter und zwei Söhne: Den Bibliothekar Richard Reitzenstein (1894–1982) und den Altphilologen Erich Reitzenstein (1897–1976).
Leistungen
Die Bedeutung Reitzensteins liegt vor allem in der Fruchtbarmachung der hellenistischen Mysterienreligionen für die neutestamentliche Exegese und der Erforschung des antiken Synkretismus und der Gnosis, deren Herkunft er seit seinem Poimandres (1904) aus Ägypten, seit 1916 aus einem iranischen Erlösermythos ableitete. Zudem hat er in der Folge Mark Lidzbarskis auf die Bedeutung der mandäischen Überlieferungen für das Verständnis des Johannesevangeliums und vor allem die Erklärung der Johannestaufe sowie des altchristlichen Taufrituals hingewiesen. Diese Impulse hat vor allem Rudolf Bultmann später aufgenommen. Ferner lenkte Reitzenstein die Aufmerksamkeit auf die Parallelität von hellenistischen Philosophenviten und Reiseromanen mit der apokryphen Apostelliteratur.
Literatur
- Klaus-Gunther Wesseling: Reitzenstein, Richard August. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 1329–1339.
- Alf Özen: Reitzenstein, Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 405 f.
- Jahresbericht 1879 des Gymnasiums St.Maria Magdalena zu Breslau
Weblinks
Wikisource: Richard Reitzenstein – Quellen und VolltexteInhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität RostockErster Lehrstuhl (bis 1810 rätliche Professur der Griechischen Sprache): Johannes Posselius (der Ältere) (1553–1591) | Johannes Posselius (der Jüngere) (1593–1623) | Johannes Huswedel (1623–1627) | Bernhard Taddel (1650–1656) | Christian Woldenberg (1657–1659) | Heinrich Müller (1659–1662) | Christian Kortholt (1663–1665) | Johann Mantzel (1674–1681) | Gottfried Weiss (1684–1693) | Johann Gottlieb Möller (1694–1696) | Jacob Burgmann (1699–1724) | Jakob Christoph Wolff (1725–1758) | Hermann Jakob Lasius (1764–1802) | Johann Christian Wilhelm Dahl (1802–1803) | Immanuel Gottlieb Huschke (1806–1828) | Gustav Christoph Sarpe (1815–1830) | Ludwig Bachmann (1833–1881) Rudolf Helm (1909–1937) | Andreas Thierfelder (1938–1940) | Rudolf Helm (1947–1948) | Werner Hartke (1948–1955) | Franz Zimmermann (1961–1962) | Wolfgang Hering (1964–1986) | Wolfgang Bernard (seit 1994)
Zweiter Lehrstuhl: Franz Volkmar Fritzsche (1828–1887) | Eduard Schwartz (1887–1893) | Hans von Arnim (1893–1900) | Otto Kern (1900–1907) | Johannes Geffcken (1907–1933) | Kurt von Fritz (1933–1934) | Hans Diller (1937–1942) | Hermann Kleinknecht (1944–1951) | Werner Krenkel (1975–1993) | Jürgen Leonhardt (1994–1997) | Christiane Reitz (seit 1999)
Dritter Lehrstuhl (ab 1888 Extraordinariat): Richard Foerster (1875–1881) | Georg Kaibel (1882–1883) | Friedrich Leo (1883–1888) | Friedrich Marx (1888–1889) | Richard Reitzenstein (1889–1892) | Hans von Arnim (1893) | Erich Bethe (1893–1897) | Otto Kern (1897–1900) | Karl Kalbfleisch (1900–1903)
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