- Andreas Thierfelder
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Andreas Thierfelder (* 15. Juni 1903 in Zwickau; † 15. April 1986 in Mainz) war ein deutscher klassischer Philologe, der als ordentlicher Professor in Gießen (1941–1943) und Mainz (1950–1971) wirkte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur am Landesgymnasium St. Afra in Meißen (1921) bezog Thierfelder 1922 die Universität Leipzig, wo er (unter anderem bei Erich Bethe und Richard Heinze) Klassische Philologie und Alte Geschichte studierte. Einige Semester verbrachte er in Kiel, wo ihn Eduard Fraenkel beeinflusste. 1930 wurde Thierfelder mit der Dissertation De rationibus interpolationum Plautinarum promoviert (gedruckt 1929). Die Schrift widmete er seinem Doktorvater Richard Heinze, der die Drucklegung nicht mehr erlebte.
Nach wenigen Monaten Assistententätigkeit in Gießen ging Thierfelder im Herbst 1930 in derselben Stellung nach Leipzig zurück. Seine Habilitation erreichte er 1934 mit der Schrift Beiträge zur Kritik und Erklärung des Apollonius Dyscolus, die von Alfred Körte betreut wurde. In seinen vier Jahren als Privatdozent nahm Thierfelder zwei Lehrstuhlvertretungen wahr: im Sommersemester 1936 in Halle und im Wintersemester 1937/1938 in Rostock, wo er anschließend zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. 1941 folgte er einem Ruf an die Universität Gießen (als ordentlicher Professor), wo er bis zu seinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg (1943–1945) wirkte.
Nach zwei Jahren britischer Kriegsgefangenschaft in Ägypten, während der Thierfelder eine von Otto Skutsch mit Büchern unterstützte Lageruniversität gegründet hatte, kehrte er 1947 nach Deutschland zurück. Sein Gießener Lehrstuhl war mit der Auflösung der dortigen Fakultät verloren. So schlug sich Thierfelder mit Lehraufträgen und Vertretungen an der Universität Hamburg durch, wo er auch am Thesaurus Linguae Graecae mitarbeitete, ehe er 1950 als Nachfolger von Wilhelm Süß an die Universität Mainz berufen wurde. Er war der zweite Inhaber dieses Lehrstuhls an der 1946 neugegründeten Universität. Einen Ruf der Universität Tübingen (1961) lehnte Thierfelder ab. Er wurde 1971 emeritiert.
Leistungen
Thierfelder ist besonders als intimer Kenner der antiken Komödie bekannt, der griechischen wie der römischen. Sein Mainzer Nachfolger Jürgen Blänsdorf rühmt ihn in einem Nachruf mit den Worten: „Mit umfassender Kenntnis von Sprache, Stil, Metrik und Überlieferungsgeschichte gelang es ihm, schon mit seiner Dissertation eine neue Epoche der Plautuskritik zu eröffnen“.[1] An der damaligen Forschungsdebatte um „attische“ und „plautinische“ Elemente in den Plautus-Stücken beteiligte er sich neben Friedrich Marx, Eduard Fraenkel, Günther Jachmann und Hans Drexler. Von großer Bedeutung sind nach wie vor Thierfelders Versübersetzungen der Stücke Captivi, Curculio, Epidicus, Miles Gloriosus und Poenulus (von Plautus) sowie Eunuchus und Heautontimorumenus (von Terenz), die beim Reclam-Verlag erschienen; darüber hinaus gab er den Plautus-Kommentar von Johan Louis Ussing 1972 neu heraus und lieferte mehrfach wiederaufgelegte Studienausgaben des Rudens (1949) und der Andria (1951).
Die griechische Komödienforschung bereicherte Thierfelder um eine Neuausgabe der Fragmente des Menander nach der Neuausgabe seines Lehrers Alfred Körte (1953), deren zweiter Band bis zu seinem Tod trotz zahlreicher Neufunde relevant blieb. Die umfassende Beschäftigung mit der antiken Komik mündete in seinen erst 1979 veröffentlichten Aufsatz Die antike Komödie und das Komische, in dem er „eine trotz aller Verschiedenheit des Mediums und der dichterischen Aussage tiefwurzelnde Verwandtschaft der Komödie mit der Tragödie“[1] nachwies.
Außerdem trat Thierfelder mit zahlreichen textkritischen und exegetischen Beiträgen zu den verschiedensten griechischen und lateinischen Autoren hervor und beschäftigte sich seit seiner Habilitation mit der Grammatik. In mühevoller Arbeit brachte er Neuausgaben von Hermann Menges Repetitorium der lateinischen Stilistik und Syntax (1953) und Repetitorium der griechischen Syntax (1954) sowie der Lateinischen Grammatik von Kühner und Stegmann (1955) heraus, die seit 1914 unbearbeitet geblieben war. 1962 und 1976 lieferte Thierfelder die vierte und fünfte Auflage, nach deren Vorlage der reprografische Nachdruck der 2. Auflage (erschienen 1997) berichtigt wurde.
Literatur
- Musa iocosa. Arbeiten über Humor und Witz, Komik und Komödie der Antike. Andreas Thierfelder zum 70. Geburtstag am 15. Juni 1973, Hildesheim 1974 (mit Schriftenverzeichnis).
- Jürgen Blänsdorf: Andreas Thierfelder †, in: Gnomon 59 (1987), S. 664−667
- Konrad Fuchs: Andreas Thierfelder. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 18, Herzberg 2001, ISBN 3-88309-086-7, Sp. 1372–1377.
Weblinks
- Literatur von und über Andreas Thierfelder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Andreas Thierfelder im Catalogus Professorum Halensis
Einzelnachweise
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität RostockErster Lehrstuhl: Johannes Posselius (der Ältere) (1553–1591) | Johannes Posselius (der Jüngere) (1593–1623) | Johannes Huswedel (1623–1627) | Bernhard Taddel (1650–1656) | Christian Woldenberg (1657–1659) | Heinrich Müller (1659–1662) | Christian Kortholt (1663–1665) | Johann Mantzel (1674–1681) | Gottfried Weiss (1684–1693) | Johann Gottlieb Möller (1694–1696) | Jacob Burgmann (1699–1724) | Jakob Christoph Wolff (1725–1758) | Hermann Jakob Lasius (1764–1802) | Johann Christian Wilhelm Dahl (1802–1803) | Immanuel Gottlieb Huschke (1806–1828) | Gustav Christoph Sarpe (1815–1830) | Ludwig Bachmann (1833–1881) Rudolf Helm (1909–1937) | Andreas Thierfelder (1938–1940) | Rudolf Helm (1947–1948) | Werner Hartke (1948–1955) | Franz Zimmermann (1961–1962) | Wolfgang Hering (1964–1986) | Wolfgang Bernard (seit 1994)
Zweiter Lehrstuhl: Franz Volkmar Fritzsche (1828–1887) | Eduard Schwartz (1887–1893) | Hans von Arnim (1893–1900) | Otto Kern (1900–1907) | Johannes Geffcken (1907–1933) | Kurt von Fritz (1933–1934) | Hans Diller (1937–1942) | Hermann Kleinknecht (1944–1951) | Werner Krenkel (1975–1993) | Jürgen Leonhardt (1994–1997) | Christiane Reitz (seit 1999)
Dritter Lehrstuhl (ab 1888 Extraordinariat): Richard Foerster (1875–1881) | Georg Kaibel (1882–1883) | Friedrich Leo (1883–1888) | Friedrich Marx (1888–1889) | Richard Reitzenstein (1889–1892) | Hans von Arnim (1893) | Erich Bethe (1893–1897) | Otto Kern (1897–1900) | Karl Kalbfleisch (1900–1903)
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