- Rudolf Minger
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Rudolf Minger (* 13. November 1881 in Mülchi; † 23. August 1955 in Schüpfen BE), war ein Schweizer Politiker und gehörte der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) an.
Mit seiner Rede vom 24. November 1917 an der Delegiertenversammlung des bernischen Genossenschaftverbandes im Bierhübeli-Saal in Bern gab er den Anstoss zur Gründung der bernischen BGB (heute Schweizerische Volkspartei), die im Jahre 1918 erfolgte. 1919 wurde er als Vertreter der bernischen BGB in den Nationalrat gewählt, wo er Präsident der BGB-Fraktion war. 1923 wurde er zum Oberstleutnant und 1929 zum Oberst befördert. Im Jahr 1928 präsidierte Minger den Nationalrat.
Er wurde am 12. Dezember 1929 als Nachfolger des im Amt verstorbenen Karl Scheurer als erster Vertreter der BGB in den Bundesrat gewählt. Zum ersten Mal sassen nun die Vertreter von drei Parteien in der Landesregierung. Entgegen seinem Willen musste der gelernte Bauer das Militärdepartement übernehmen, das in den Dreissigerjahren wegen pazifistischer Strömungen in der Bevölkerung nicht sehr prestigeträchtig war. Zudem hatte das Parlament rigorose Sparbeschlüsse durchgesetzt. Trotzdem konnte er mit seiner Hartnäckigkeit die nötige Aufrüstung und Reformation der Landesverteidigung erreichen. Die Weltwirtschaftskrise und die zunehmend politisch gespannte Lage in Europa erlaubten ihm, die notwendigen Mittel zugesprochen zu bekommen. Minger verbesserte auch die Ausbildung in der Armee, indem er, gegen den heftigen Widerstand der linken Parteien, die Verlängerung der Rekrutenschule von 67 auf 118 und die der Wiederholungskurse von 13 auf 20 Tage durch die entsprechende Volksabstimmung brachte (diese Regelung blieb bis 1995 bestehen).
Um der Milizarmee die nötige Popularität zu bringen, inszenierte Minger mehrere sogenannte «Volkstage» und Defilees. So konnte er die Arbeit der Armee dem Volk präsentieren und sie als wichtigstes Mittel der Friedenssicherung darstellen. Die von ihm im Jahr 1936 inszenierte Wehranleihe gilt als Höhepunkt dieser Bemühungen, wurde sie doch trotz geringem Zins deutlich überzeichnet.
Schliesslich brach der Zweite Weltkrieg aus. Minger, der ein Freund General Henri Guisans war, setzte sich vehement für dessen Wahl ein. Er wollte damit die Wahl von Korpskommandant Ulrich Wille junior, dem deutschfreundliche Tendenzen nachgesagt wurden, verhindern.
Minger galt, trotz teilweise stark rechtsgerichteter ordnungspolitischer Ansichten, als klarer Gegner des Faschismus. Nie liess er Zweifel am Widerstand gegen die Nationalsozialisten aufkommen. Auch gegen Anexionsgelüste oder Kniefälle gegen den mächtigen Gegner verwehrte er sich.
Er war Bundespräsident im Jahre 1935 sowie Vizepräsident in den Jahren 1934 und 1940. Er trat am 31. Dezember 1940 als Bundesrat zurück, was zunächst zu Spekulationen geführt hatte, denn es schien seltsam, dass genau der Verteidigungsminister mitten im Krieg zurücktreten würde, auch wenn er hinter General Guisan nur noch im «zweiten Glied» stand. Später wurde aber klar, dass vorwiegend persönliche Gründe und die Sorge um seinen Hof zur Demission geführt hatten. Tatsächlich kehrte er nach seiner Amtszeit auf seinen Hof nach Schüpfen zurück, setzte sich politisch aber weiterhin für die Interessen des Bauernstandes ein und nahm Einsitz in verschiedenen Verwaltungsräten. Sein Nachfolger wurde Eduard von Steiger. 1946 wird ihm von der Universität Bern der Ehrendoktortitel in Anerkennung seiner Verdienste um die Erhaltung eines gesunden Bauernstandes verliehen. Hierfür hatte er sich seiner Lebzeit lang eingesetzt. Die Tatsache, dass er heute besonders als Reformator der Armee gilt, hat vorwiegend mit dem Verlauf der Geschichte zu tun. Minger gilt als einer der beliebtesten Bundesräte des 20. Jahrhunderts.
Weblinks
- Minger, Rudolf im Historischen Lexikon der Schweiz
- Rudolf Minger gewidmete Website
- Literatur von und über Rudolf Minger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Vorgänger Amt Nachfolger Karl Scheurer Mitglied im Schweizer Bundesrat
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