Sa-19

Sa-19
SA-19 Tunguska Flugabwehrkomplex, Bild aus „Field Artillery Magazine“.

Das Tunguska M-1 (russisch Тунгуска M-1) ist ein russischer Flugabwehrpanzer (GRAU-Index 2K22). Er wurde ab 1970 vom Konstruktionsbüro für Gerätebau in Tula für die sowjetischen Streitkräfte entworfen, 1986 in Dienst gestellt und ist bis heute im Einsatz.

Der Flugabwehrkomplex verfügt über zwei Waffensysteme, die 9M311 Raketen (NATO-Bezeichnung SA-19 Grison) mit acht Kilometer Reichweite und zwei 30-mm-Kanonen des Typs 2A38M für tief fliegende Ziele. Das System dient zur Verteidigung gegen Luftziele in niedriger und mittlerer Flughöhe und wird durch weitreichende Systeme wie das SA-11 Gadfly ergänzt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Entwicklung begann 1970 als Weiterentwicklung des ZSU-23-4 Flakpanzers. Gegenüber diesem wurde das Kaliber von 23 mm auf 30 mm erhöht und die wirksame Bekämpfunghöhe von 2000 auf 4000 Meter. Das Konzept ähnelt dem deutschen Gepard, der möglicherweise die Entwicklung des Tunguska M-1 beeinflusste [1].

Die Entwicklung stockte von 1975 bis 1977, als mit dem SA-8 Gecko ein leichtes Kurzenstrecken-Flugabwehrsystem eingeführt wurde, das ein ähnliches Einsatzprofil besitzt. Es wurde trotzdem entschieden das Flugabwehrsystem Tunguska M1 weiterzuentwickeln, da die kürzere Reaktionszeit der Kanone von 8 bis 10 Sekunden, verglichen mit 30 Sekunden der Rakete, deutliche Vorteile etwa bei der Bekämpfung von Hubschraubern und Tieffliegern versprach.

Erste Tests erfolgten ab 1980, die Zulassung im September 1982. Die erste Version 2K22/2S6 mit vier Raketenrohren, zwei auf jeder Turmseite, wurde 1986 in Dienst gestellt; kurz danach folgte die Version 2K22M/2S6M mit acht Abschussrohren.

Technik

2S6 beim Feuern der 30-mm-Kanonen.

Das 2K22 Fahrzeug ist autark einsatzfähig, sehr mobil, und in der Lage, Truppenteile, die sich in ständiger Bewegung befinden, gegen Luftangriffe zu schützen. Damit Tunguska M-1 auch mit schnellen Einsatzverbänden mithalten kann, wurde es auf ein leichtes Kettenfahrgestell des Typs GM-352M gesetzt. Die Panzerung ist relativ schwach, gegen Granatsplitter und Infanteriewaffen jedoch ausreichend.

Das System kann sowohl im Verband mit mehreren Fahrzeugen, als auch auf sich allein gestellt operieren. Die vierköpfige Besatzung der 2K22 kann alle zur Bekämpfung eines Luftziels nötigen Schritte von der Überwachung bis zum Abschuss der Waffen selbsttätig durchführen. Zur serienmäßigen Ausstattung zählen Kommunikationsanlagen, Nachtsichtgeräte, ein GPS-Navigationssystem und ein automatisches Feuerlöschsystem.

Ein großes E-Band Suchradar ist hinten auf dem Turm montiert und wird von einem J-Band Feuerleitradar des Typs 1RL144M (NATO-Code: Hot Shot) ergänzt. Die Reichweite beträgt etwa 18 km, und es können Ziele bis hinunter zu einer Flughöhe von 15 Metern verfolgt werden. Weiterhin ist ein C/D-Band Freund-Feind-Erkennungs-System (engl. Identification-Friend-Foe, IFF) des Typs 1RL138 vorhanden.

Die Kanonen können auch während der Fahrt ein Ziel verfolgen und feuern, der Raketenabschuss ist aber nur im Stand möglich. Bei der Zielverfolgung per Radar wird das Ziel automatisch verfolgt und auf Wunsch automatisch mit Feuerstößen zwischen 83 und 250 Schuss bekämpft. Die Feuergeschwindigkeit liegt zwischen 4.000 und 5.000 Schuss pro Minute, wobei die zwei Rohre abwechselnd feuern, die Mündungsgeschwindigkeit beträgt 960 m/s. Mit einer optischen Zieleinrichtung mit 8-facher Vergrößerung und 8 Grad Sichtwinkel kann das Zielen auch manuell erfolgen.

Die aktuelle Tunguska-M1 (2M22) besitzt auf jeder Seite des Turms vier 9M311-Raketen. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 900 Meter pro Sekunde und haben einen Splittersprengkopf, der ca. 5 m vor dem Ziel detoniert und einen Fragmentschauer erzeugt. Die effektive Raketenreichweite liegt zwischen 6.000 und 8.000 Metern, je nach Typ der Rakete.

Es existiert auch eine Marineversion des Flugkörpers mit dem Natocodenamen SA-N-11 Grison.

Die Flugkörper werden nach dem SACLOS-Verfahren vom Richtschützen auf das Ziel gelenkt; die Steuerimpulse werden durch das Feuerleitradar übertragen. Die Treffergenauigkeit ist dabei geringer als bei Raketen mit eigenem Suchkopf oder bei Radarlenkung, wie etwa bei der neueren Tor M1 - laut Militärangaben liegt sie bei 65 Prozent. Der Systempreis einer SA-19 liegt mit 8 Mio. US-Dollar jedoch auch nur bei einem Drittel des Tor M1.

Einsatz

Tunguska M-1

Die 2M22 Tunguska wird außer bei den russischen auch bei den weißrussischen und iranischen Streitkräften genutzt. Mit einem Stückpreis von acht Millionen US-Dollar ist das System auch eine Option für kleinere Länder wie Marokko, die bereits mehrere 2M22 beim russischen Heer geordert haben. Indien hat 80 Systeme bestellt, die zur Zeit ausgeliefert werden. Weiterhin wird an Weiterentwicklungen des Systems gearbeitet. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben Interesse an dem System gezeigt und experimentieren derzeit mit einem Panzir-S1 genannten Modell. Dieses baut auf einem Ural-Lkw auf.[2]

In der Praxis kam es immer wieder zu Zwischenfällen bei Schießeinsätzen der Maschinenkanone. Dabei entzündete sich das Schmiergemisch in der Verschlussbahn während der Feuerstoßabgabe. Daher wurde im Jahr 2006, zumindest bei der russischen Armee, das Waffensystem vorerst aus der Nutzung genommen und eingelagert. Die Waffensysteme sollen wieder reaktiviert werden, wenn die bisher unüberwindlichen Probleme der Schmierung der Maschinenkanone behoben wurden.[3]

Technische Daten

Quelle[4]

  • Gesamtgewicht: 34 Tonnen
  • Höchstgeschwindigkeit: 64 km/h
  • Abmessungen: 7,9 m x 3,2 m
  • Höhe: 4,0 m (inkl. Gefechtsradar)
  • Fahrbereich: 500 km
  • Motor: V-12 mit Turbolader mit 740 PS
  • Bewaffnung:
  • Zwei 30-mm-2A38M-Kanonen mit 1904 Schuss Munition
  • Acht SA-19-GRISON-Lenkraketen

Ähnliche Systeme

Verweise

Interne Verweise

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Quelle:Informationen über das Flugabwehrsystem Tunguska M-1(englisch)
  2. RIA novosti: „Tunguska“ hat nach wie vor keine Konkurrenz
  3. Jane´s: Janes Defence Weekly, Ausgabe (46/2006)
  4. Herstellerseite zum Tunguska-Komplex (englisch)

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