- Schatzregal
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Das Schatzregal ist eine rechtliche Regelung, nach der herrenloses, bis zum Zeitpunkt des Fundes verborgenes Gut mit seinem Auffinden Eigentum des Staates wird, ohne dass dazu ein weiterer (Übertragungs-)Akt erforderlich ist.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Wie das Bergregal zählte es ursprünglich zu den Regalien, den Herrschaftsrechten des Landesherren. Daher rührt auch die etwas altertümlich anmutende Bezeichnung.
Rechtslage
Entgegen der Bezeichnung geht es im überwiegenden Teil der Fälle in der Praxis nicht um den Fund eines Schatzes, sondern um das Auffinden von Bodendenkmälern, also archäologischen und – in manchen Rechtssystemen auch – paläontologischen Kulturdenkmälern.
Deutschland
Juristisch bildet das Schatzregal eine Ausnahme der Regelung zum Schatzfund in § 984 BGB, der sogenannten Hadrianischen Teilung. Dabei erwirbt das Eigentum am Fund je zur Hälfte der Finder und der Grundstückseigentümer.
In den meisten deutschen Ländern enthalten die Denkmalschutzgesetze eine Vorschrift, die ein Schatzregal für Bodendenkmäler vorsieht. Ausnahmen sind Bayern und Nordrhein-Westfalen. Abgesehen von dem beschriebenen Grundsatz ist das Schatzregal aber in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgestaltet:
- In Bremen geht das kraft Schatzregals vom Land erworbene Eigentum ex nunc auf die nach § 984 BGB Berechtigten über, wenn es nicht innerhalb von drei Monaten in die Denkmalliste eingetragen wird.
- Im Saarland gilt das Schatzregal, bei Funden anlässlich staatlicher Nachforschungen, in Grabungsschutzgebieten, aus nicht genehmigten Grabungen oder bei wissenschaftlichem Wert der Funde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und zahlreichen Urteilen von Verwaltungsgerichten entsprechen die Bestimmungen zum Schatzregal in den Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer dem Grundgesetz.
Die Länder, die über kein Schatzregal verfügen, können sich jedoch herausragende Funde aufgrund anderer Bestimmungen (z. B. Ablieferung gegen Entschädigung) sichern und auch unabhängig von der Eigentumsfrage einer wissenschaftlichen Bearbeitung zuführen.
Literatur Deutschland
- R. Fischer zu Cramburg: Das Schatzregal. Höhr-Grenzhausen 2001. ISBN 3923708114
- Strobl, Majocco, Sieche: Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg. Kommentar und Vorschriftensammlung. Kohlhammer, Stuttgart 2001 (2. Aufl.). ISBN 3-17-015621-7
- J. von Staudingers: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzes. 2004. (Buch 3 Sachenrecht Rn. 21 zu § 894 BGB) ISBN 3-8059-0969-1
- Marisa Katharina Hermans: Der Schatzfund. Eine Gegenüberstellung der Rechtsverhältnisse an einem Schatz im deutschen und niederländischen Recht unter Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Sonderbestimmungen (Wissenschaftliche Schriften der Westfälischen Wilhelms-Universität. Reihe III, Bd. 6). Münster 2011. ISBN 978-3-8405-0045-9
Schweiz
Herrenlose Naturkörper und Altertümer sind im Sinne des schweizerischen Zivilgesetzbuches Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, die einen wissenschaftlichen Wert aufweisen. Herrenlose Naturkörper und Altertümer i.S.d. Art. 724 ZGB sind bewegliche Sachen. Sie gelangen von Gesetzes wegen (ex lege) in das „Eigentum des Kantons, in dessen Gebiet sie gefunden werden“ (Art. 724 Abs. 1 ZGB). Der Finder bzw. der Eigentümer des Grundstücks haben einen Ausgleichsanspruch auf eine angemessene Vergütung (Art. 724 Abs. 3 ZGB).
Herrenlose Naturkörper und Altertümer im Sinne des ZGB können ohne Genehmigung der zuständigen kantonalen Behörde nicht veräußert werden. Ebenso sind die Ersitzung und der gutgläubige Erwerb ausgeschlossen. Der Herausgabeanspruch gegenüber dem Kanton, in dessen Gebiet die Sache gefunden wurde, verjährt nicht (Art. 724 Abs. 1bis ZGB).
Literatur Schweiz
- Peter Tuor, "Das schweizerische Zivilgesetzbuch", Art. 724 ZGB, Schulthess-Verlag, Zürich 1973.
Liechtenstein
Die Rechtslage in Liechtenstein bezüglich des Schatzregals entspricht weitgehend der Rechtslage in der Schweiz. Herrenlose Naturkörper und Altertümer sind gemäß Art. 192 liechtensteinisches Sachenrecht (SR) Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse. Es sind lediglich Gegenstände von erheblichem wissenschaftlichem Wert davon erfasst. Herrenlose Naturkörper und Altertümer i.S.d. Art. 192 i.V.m. Art. 444 und 445 SR sind bewegliche Sachen. Sie gelangen von Gesetzes wegen (ex lege) in das Eigentum des Landes Liechtenstein (Art. 445 Abs. 1 SR). Der Finder bzw. der Eigentümer des Grundstücks haben einen Ausgleichsanspruch auf eine angemessene Vergütung (Art. 445 Abs. 3 SR).
Literatur Liechtenstein
- Antonius Opilio, Arbeitskommentar zum liechtensteinischen Sachenrecht, Band II, Art 445 SR, EDITION EUROPA Verlag, 2009, ISBN 978-3-901924-25-5.
Andere Staaten
Zahlreiche Staaten haben ein Schatzregal – insbesondere für archäologische Funde. Es gibt auf der Welt kein Land mit Fundstellen einer antiken Hochkultur, in dem nicht ein Schatzregal bestünde, in Griechenland etwa seit 1834.
Diskussion
Die Auswirkungen des Schatzregals sind unter Archäologen und vor allem Numismatikern umstritten.
Kritiker wenden ein, das Schatzregal leiste der Fundunterschlagung Vorschub. Beispielsweise hat sich der renommierte Numismatiker Niklot Klüßendorf eindeutig gegen das Schatzregal ausgesprochen.
Befürworter des Schatzregals weisen auf die bei Einführung des Schatzregals geschaffene eindeutige Rechtslage hin. Es werden Situationen vermieden, in denen Raubgräber illegal graben, aber gleichwohl zur Hälfte Eigentümer des Gefundenen werden.
Die unterschiedlichen Rechtslagen zwischen den deutschen Bundesländern leisten dem „Fundtourismus“ Vorschub, bei dem archäologische Funde in ein Land ohne Schatzregal verbracht werden und der ursprüngliche Fundort dabei unzutreffend angegeben wird. Der Umfang der dadurch verursachten Unrichtigkeiten auf Fundverbreitungskarten ist nicht bekannt.
Weblinks
Einzelnachweise
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