Schiedsamt

Schiedsamt

Das Schiedsamt ist eine ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit zur Streitschlichtung in weniger wichtigen strafrechtlichen und nachbarschaftsrechtlichen Angelegenheiten.

Als nach dem Wiener Kongress 1814/15 die europäischen Territorien neu geordnet wurden, blieb in den vordem französisch besetzt gewesenen linksrheinischen deutschen Gebieten das Institut des Friedensrichters bestehen, während daran anlehnend das Königreich Preußen (mit Ausnahme von Rheinpreußen) 1827 das Institut des Schiedsmanns einführte. Dessen Aufgabe war es, bei kleinen Privatrechtsstreitigkeiten und Injuriensachen vor dem Gang zu den ordentlichen Gerichten einen Sühneversuch zwischen den streitenden Parteien zu unternehmen.

Dem Beispiel Preußens folgten andere deutsche Länder, die Vergleichs- und Friedensrichter beriefen, so dass dieses Institut schließlich zunächst für private Beleidigungen Eingang in die deutsche Strafprozessordnung von 1877 fand. Mit der preußischen Schiedsmannsordnung von 1879 kamen noch weniger wichtige bürgerrechtliche Streitigkeiten hinzu, dem wiederum andere deutsche Länder sich anschlossen.

Seit der preußischen Schiedsmannsordnung (SchiedsmannO) von 1924 gab es das Institut des Schiedsmanns auch in den Ländern Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein, während, noch von der DDR-Volkskammer verabschiedet, in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nach dem Gesetz über die Schiedsstellen in den Gemeinden (SchiedsStG) seit 1990 eine Schiedsperson diese Aufgaben wahrnimmt, in Sachsen Friedensrichter genannt.

Auf der Grundlage von Änderungen der Strafprozessordnung (§ 380 StPO) im Jahre 1998 und des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung (§ 15a EGZPO) im Jahre 1999 sind in neuerer Zeit in Kraft getreten: Bayerisches Schlichtungsgesetz, Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW, Gesetz zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung Baden-Württemberg, Gesetz zur Einführung einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung im Land Brandenburg, Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung Hessen.

Schiedspersonen (Friedensrichter, Schiedsmänner, Schlichter) sind zuständig, falls das öffentliche Interesse der Staatsanwaltschaft an der Strafverfolgung fehlt, im Rahmen des Privatklageverfahrens in den Strafsachen Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und Vollrausch. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind sie obligatorisch (§ 15a EGZPO) zuständig, auch wenn,wie in einigen Bundesländern verabschiedet, der Geldwert 750 Euro übersteigt (sowie in allen zwölf Schiedsamtsländern freiwillig bei allen vermögensrechtlichen Streitigkeiten in unbegrenzter Höhe und in den nachbarschaftsrechtlichen Streitigkeiten Überhang, Überfall, Grenzbaum, Zuführung unwägbarer Stoffe, Abstand von Bäumen und Sträuchern).

Das Amt ist ein auf Zeit ausgeübtes Ehrenamt mit der Aufgabe zwischen den streitenden Parteien zu schlichten. Schiedspersonen entscheiden nicht, sondern führen rechtlich einen Vergleich herbei, das heißt einen Vertrag zwischen den sich einigenden Parteien, aus dem gegebenenfalls auch unmittelbar die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.

Von den ehrenamtlich tätigen Schiedspersonen sind zu unterscheiden die staatlich anerkannten Gütestellen, in denen häufig Rechtsanwälte und Notare als Mediatoren tätig sind.

In der Schweiz nennt man die Schiedsmänner Friedensrichter oder Vermittler. Ihre gesetzliche Grundlage bilden die verschiedenen kantonalen Gerichtsverfassungen.

Siehe auch

Literatur

  • Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliografischen Instituts, 4. Auflage, Band 14, Leipzig 1890, Seiten 443 f.
  • Carl Creifelds, Rechtswörterbuch, C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, 15. Auflage, München 1999, Seiten 1124 f, ISBN 3-406-44300-1

Weblinks

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Privatklageverfahren — Die Privatklage ist ein weitgehend überkommenes Verfahren im deutschen Strafprozessrecht. Die Privatklage ist in den §§ 374–394 StPO geregelt. Im übrigen gelten die Vorschriften der StPO entsprechend, sofern in den §§ 374–394 StPO nichts… …   Deutsch Wikipedia

  • Baron Delacourt-Smith — Charles George Percy Delacourt Smith, Baron Delacourt Smith bekannt als George Delacourt Smith PC, JP (* 25. April 1917; † 2. August 1972) war ein britischer Politiker. Karriere Delacourt Smith war Mitglied des House of Commons von 1945 bis 1950 …   Deutsch Wikipedia

  • Matthias Friedrich Chemnitz — Matthäus Friedrich Chemnitz, zeitgenössisches Portrait Matthäus Friedrich Chemnitz (* 10. Juni 1815 in Barmstedt; † 15. März 1870 in Altona) schrieb im Jahre 1844 den Text für das Schleswig Holstein Lied Schleswig Holstein meerumschlungen …   Deutsch Wikipedia

  • Privatklage — Die Privatklage ist ein weitgehend überkommenes Verfahren im deutschen Strafprozessrecht. Die Privatklage ist in den §§ 374–394 StPO geregelt. Im übrigen gelten die Vorschriften der StPO entsprechend, sofern in den §§ 374–394 StPO nichts… …   Deutsch Wikipedia

  • Albertschwil — SG dient als Kürzel für den Schweizer Kanton St. Gallen und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Gossau zu vermeiden. Gossau …   Deutsch Wikipedia

  • Arnegg SG — SG dient als Kürzel für den Schweizer Kanton St. Gallen und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Gossau zu vermeiden. Gossau …   Deutsch Wikipedia

  • Augst AG — Kaiseraugst Datei:Wappen Kaiseraugst AG.svg Basisdaten Kanton: Aargau Bezirk: Rheinfelden BFS Nr.: 4252Vorlage:Infobox Ort in der Schweiz/Gemeinde …   Deutsch Wikipedia

  • Barmstedt — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Baron Shawcross — Hartley William Shawcross, Baron Shawcross (GBE, PC, KC) (* 4. Februar 1902 in Gießen; † 10. Juli 2003 Cowbeech, East Sussex) war Abgeordneter der britischen Labour Party, Justizminister und britischer Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Castrum Rauracense — Kaiseraugst Datei:Wappen Kaiseraugst AG.svg Basisdaten Kanton: Aargau Bezirk: Rheinfelden BFS Nr.: 4252Vorlage:Infobox Ort in der Schweiz/Gemeinde …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”