- Schröter-Effekt
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Johann Hieronymus Schroeter (* 30. August 1745 in Erfurt; † 29. August 1816 in Lilienthal) war Jurist, hoher Beamter und einer der bekanntesten Astronomen seiner Zeit. Er führte genaueste Beobachtungen der Planeten durch, fertigte sehr detaillierte Mondkarten an und baute große Spiegelteleskope. Die von ihm errichtete Sternwarte Lilienthal war mit den größten Teleskopen Europas ausgestattet und jener Ort, an dem Bessels Wirken für die Astronomie begann.
Inhaltsverzeichnis
Vom Juristen zum Astronomen
Schroeter wurde als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Der Vater starb, als Schroeter neun Jahre alt war. Nach Abschluss seiner Schulausbildung begann er 1762 an der Universität Erfurt das Studium der Theologie. Daneben interessierte er sich für Musik und die Astronomie. Im Turm der Schottenkirche war eine behelfsmäßige Sternwarte mit einem Fernrohr eingerichtet worden. Hier führte er mit Freunden Himmelsbeobachtungen durch.
Im März 1764 wechselte Schroeter an die Universität Göttingen, um Rechtswissenschaften zu studieren. Er hörte auch Physik und Astronomie bei Abraham Gotthelf Kästner, der sein Gönner wurde, und besuchte regelmäßig die Göttinger Sternwarte. 1767 schloss er das Studium der Rechtswissenschaften ab und begann eine Laufbahn als Beamter – zunächst in Polle an der Unterweser, dann in Herzberg am Harz.
1777 wurde er als Sekretär der „Königlichen Kammer“ nach Hannover versetzt. Durch sein Interesse an der Musik lernte er die Familie des Hautboisten und Mechanikers Isaak Herschel kennen. Dessen zweiter Sohn, Wilhelm Herschel, war als Musiker nach England gegangen und betätigte sich dort mittlerweile als Astronom mit selbst gebauten Fernrohren.
Durch die Berichte von Herschels Geschwistern inspiriert, wandte sich Schroeter abermals der Astronomie zu. Er lieh sich zuerst ein einfaches Fernrohr von einem Optiker aus. Nach Beratung und Vermittlung von Dietrich Herschel erwarb er 1779 ein doppellinsiges (farbreines) terrestrisches Fernrohr, einen Achromaten von John Dollond mit 2¼ Zoll Öffnung und 3 Fuß Brennweite (ca. 5½ : 91 cm) mit 5 Wechselokularen (22- bis 130-fach). Er begann mit der Beobachtung der Sonne, des Mondes und der Planeten. Wilhelm Herschels Entdeckung des Uranus im Jahre 1781 veranlasste Schroeter, systematische und intensivere Himmelsbeobachtungen durchzuführen.
Im Mai 1782 wurde Schroeter in das abgeschiedenen Moordorf Lilienthal bei Bremen versetzt, wo er eine Stelle als Oberamtmannes antrat. Diese Tätigkeit ließ ihm genügend Zeit, sich der Astronomie zu widmen. Im Garten des Amtshauses richtete er zunächst eine einfache Sternwarte ein. 1784 baute er ein leistungsfähiges Spiegelteleskop mit 12 cm Öffnung und 122 cm Brennweite. Den Spiegel und acht Okulare hatte ihm Wilhelm Herschel aus England geschickt. Die Ergebnisse der damit gemachten Beobachtungen von Mond und Venus veröffentlichte Schroeter in Fachpublikationen.
Privatsternwarte, Riesenteleskop und „Himmelspolizey“
Nach intensivem Briefaustausch mit Herschel erhielt Schroeter 1786 weitere Bauteile, mit denen er ein Spiegelteleskop mit 16,5 cm Öffnung und 2,14 m Brennweite baute. Im Garten ließ er ein zweistöckiges Observatorium errichten. Er verfasste Arbeitspläne zur systematischen Untersuchung von Sonne, Mond, Venus, Mars Jupiter Saturn, ebenso wie von Veränderlichen, Doppelsternen und nebligen Objekten.
1788 errichtete Schroeter im Garten einen zweiten Beobachtungsstandort, den er „Urania-Tempel“ taufte. Bei seinen Beobachtungen kam ihm seine ausgezeichnete Sehschärfe zugute. Er war daher besonders kritisch gegenüber seinen selbst hergestellten Teleskopen und verbesserte ihre Leistungen immer weiter.
1792 machte er die Bekanntschaft von Professor Johann Gottlieb Friedrich Schrader von der Universität Kiel. In der Folgezeit optimierten die beiden, zusammen mit Schroeters Gärtner Harm Gefken, die Verfahren zur Herstellung von Teleskopspiegeln, die damals noch aus Metall bestanden. Zur Erhöhung des Reflexionsvermögens dampften sie eine Schicht von Arsen auf die herkömmliche Kupfer-Zinn-Legierung auf. Nach entsprechender Justierung entstanden so Teleskope mit sehr guten Abbildungsleistungen, z. B. eines mit 24 cm Öffnung.
1794 stellte er ein „Riesenteleskop“ fertig, das über 50,8 cm Öffnung und 8,25 m Brennweite verfügte. Es wurde vor allem zur Beobachtung der Nachtseite des Mondes, der Registrierung von Nebeln und Sternhaufen und der Planeten bei Tageslicht eingesetzt. Durch das Teleskop gelangte Schroeter Berühmtheit und er erhielt Besuch von Astronomen, hohen Staatsbeamten und Militärs.
Mit Franz Xaver von Zach und Heinrich Wilhelm Olbers gründete er 1800 in Lilienthal die Astronomische Gesellschaft, um die Verbreitung von Wissen und Entdeckungsdaten zu fördern. Erster Präsident der Gesellschaft wurde Schroeter. Er und Zach organisierten die sog. „Himmelspolizey“ für eine gezielte Suche nach einem vermuteten Planeten zwischen Mars- und Jupiterbahn (siehe Titius-Bode-Reihe). Die Bereiche um die Ekliptik wurden verschiedenen Sternwarten zugeordnet und die Suche gestartet, doch entdeckte zufällig Piazzi in Palermo den ersten Kleinplaneten. Hingegen wurden in den Folgejahren die Asteroiden Nr. 2 bis 4 in Bremen und Lilienthal entdeckt.
Weitergabe der Sternwarte und F. W. Bessel
Ab 1799 reichte Schroeters Gehalt als Oberamtmann nicht mehr für die Unterhaltung der Sternwarte und die Kosten seiner Veröffentlichungen aus. Er verkaufte daher die gesamte Ausrüstung an den englisch-hannoverschen König George III., wobei die Geräte in Lilienthal verblieben. Schroeter erhielt dafür 1200 englische Guineen (nach heutigem Wert etwa 150.000 Euro), eine Rente von 300 Talern und 200 Taler zur Unterhaltung eines „Sternwarte-Inspektors“. Nach Schroeters Tod sollten die Geräte an die Universität Göttingen gehen.
Inspektor wurde Karl Ludwig Harding, der seit 1796 Schroeters Sohn Johann Friedrich unterrichtete. Harding entdeckte 1804 von Lilienthal aus den dritten Asteroiden Juno; 1805 ging er an die Universität Göttingen.
Von 1806 bis 1809 arbeitete Friedrich Wilhelm Bessel auf Empfehlung Olbers' als Assistent in Lilienthal. 1809 wurde er an die Universität Königsberg berufen, wo er in den nächsten Jahrzehnten seine bahnbrechenden Arbeiten durchführte.
Schroeters ehemaliger Gärtner Harm Gefken nutzte seine erworbenen Kenntnisse und gründete in Lilienthal eine optische Werkstatt zur Herstellung von Spiegelteleskopen, wobei er auch Schroeter belieferte. Gefken verstarb allerdings 1811 im Alter von 55 Jahren. Wahrscheinlich hatte er sich im Laufe der Zeit zunehmend mit den Arsendämpfen vergiftet, mit denen er die Spiegel verbesserte.
Infolge der napoleonischen Kriege kam Lilienthal 1810 unter französische Verwaltung und Schroeter wurde zwangspensioniert. Seine Bezüge wurden nicht mehr gezahlt, die Gelder aus England waren seit 1806 ausgeblieben.
Am 21. April 1813 führten französische Truppen eine Strafexpedition durch und brannten die Ortschaft Lilienthal nieder. Schroeters Amtshaus mit seinen Aufzeichnungen verbrannten. Die Sternwarte blieb zwar verschont, wurde jedoch geplündert. Im November 1813 wurde Schroeter wieder in sein Amt eingesetzt. Da sich aber sein Gesundheitszustand verschlechterte, ließ er vertragsgemäß alle Instrumente, die vor 1799 gekauft worden waren, nach Göttingen transportieren.
1816 verstarb Schroeter im Alter von 70 Jahren in Lilienthal. Er wurde an der Westseite der dortigen Klosterkirche beigesetzt. Nach seinem Tod verfiel die Sternwarte. Die letzten Reste wurden 1850 abgerissen.
Zu Schroeters Gedenken wurden ein Krater und das Schrötertal auf dem Mond, ein Krater auf dem Mars sowie der Asteroid (3707) Schröter benannt.
In Lilienthal wird heute eine Heimatstube unterhalten, in der ein Modell der Sternwarte besichtigt werden kann – siehe Heimatmuseum Lilienthal.
Wissenschaftliches Werk
1791 veröffentlichte Schröter auf eigene Kosten den ersten Teil seines umfangreichen Werkes über den Mond, die Selenotopographischen Fragmente. Es enthielt 43 Tafeln mit Abbildungen der Mondoberfläche, die in unzähligen Beobachtungsnächten entstanden waren. Bei seinen Zeichnungen hatte sich Schroeter an einer Mondkarte von Tobias Mayer orientiert, der den Mond erstmals in Längen- und Breitengrade eingeteilt hatte.
1796 veröffentlichte Schroeter ein Werk über die Venus, die Aphroditographischen Fragmente. Er hatte festgestellt, dass zwischen der geometrisch berechneten Phase der Venus und der tatsächlich beobachteten Phase systematische Unterschiede bestehen. Zunächst meinte Schroeter, dass diese Unregelmäßigkeiten, wie beim Erdmond, auf Oberflächendetails, z. B. Gebirgszüge, zurückgehen. In einer 1803 veröffentlichten Arbeit über die Venusphase zum Zeitpunkt der Dichotomie (Halbvenus) folgerte er dann allerdings korrekt, dass es sich um Dämmerungseffekte in der Venusatmosphäre handelt. Daher wird diese Erscheinung heute allgemein nach der von Patrick Moore eingeführten Bezeichnung „Schroeter-Effekt“ genannt. Der Effekt kann bereits mit kleinen Teleskop leicht als „Venushörner“ beobachtet werden.
1800 erschienen die Hermographischen Fragmente über den Planeten Merkur, 1802 der zweite Teil des Mondwerkes.
1802 stellte Schroeter fest, dass die der Sonne nächstgelegenen Fixsterne so weit entfernt wären, dass ihre jährliche Parallaxe kleiner als 0,75 Bogensekunden sein müsse. Dies wurde bei späteren Untersuchungen bestätigt: sein früherer Assistent Bessel konnte erst 1838 eine Sternparallaxe (61 Cygni) mit 0,3" messen, Wilhelm Struve im selben Jahr bei Wega 0,2" und bei Sirius 0,4". Unser nächster Stern α Centauri kommt mit 0,74" allerdings nahe an Schroeters Schätzung heran, weshalb Thomas Henderson seine Messreihe von 1832/33 bezweifelte und erst kurz nach Bessel publizierte.
Schröters 1803 erstellte Areographischen Beiträge zur genaueren Kenntnis des Planeten Mars blieben zunächst unveröffentlicht. Erst 1881 veranlasste die Universität Leiden, im Besitz der Aufzeichnungen, ihren Druck. Das Werk sorgte in Fachkreisen für Aufregung. Schroeter hatte darin bereits das Phänomen der Marskanäle beschrieben, sie aber als optische Täuschungen angesehen.
Zur Arbeitsweise Schroeters
Neben seiner ausgezeichneten Sehschärfe und den ständig verbesserten Instrumenten sind noch weitere Arbeitsmethoden für Schröters Erfolge typisch. Die mit Schrader und Gefken entwickelte Methode der arsenbeschichteten Spiegel war optisch denen von Herschel gleichwertig, kostete aber nur die Hälfte. Das spröde Material musste aber sehr langsam abkühlen. Die besten Stücke, die mit 6½ und 9½ Zoll Öffnung dem heutigen Standard der „Achtzöller“ entsprachen, behielt Schroeter als die sogenannten „Schrader“ für seine Sternwarte selbst. Der größere „13-füßige“ (Brennweite 4 Meter) hatte ungewöhnliche Bildschärfe und galt noch für viele Jahre als bestes Lilienthaler Teleskop. Mit ihm konnte Schröter bei der Planeten- und Mondbeobachtung an die optischen Grenzen gehen und mit speziellen Okularen bis 500-fach vergrößern.
Um seine Instrumente optimal einsetzen zu können, erhielten alle Okulare und Projektionsgeräte vorrichtungen sie alle Die Spiegel der Telescope erhielten eine Vorrichtung, welche es erlaubte, die freie Öffnung in Stufen bis auf einen Wert von 3 Zoll herunter zu verkleinern. Dieses erbrachte eine völlige Beseitigung der sogenannten „Irradiation“, eine Überstrahlung, welche sonst bei der Bestimmung von Planetendurchmessern Korrekturen in den Rechnungen notwendig machte. Heutige moderne Telescope mit Doppelspiegelreflexion lassen diese Abblendung nicht mehr zu. Der Astronom Zach schreibt darüber Weiterhin erhielten in ihren Fassungen einen einheitlichen Durchmesser. Damit konnte zur Kontrolle von Beobachtungsergebnissen das jeweils verwendete Okular wechselseitig an mehreren Instrumenten benutzt werden. Zusätzlich wurde dadurch die Möglichkeit der Anwendung einer Vielzahl weiterer Vergrößerungsmaßstäbe geschaffen.
Weblinks
- Literatur von und über Johann Hieronymus Schröter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Schröter und die Lilienthaler Astronomie
- „Astronomie in Bremen und umzu“
- Schröter und seine Instrumente
Personendaten NAME Schröter, Johann Hieronymus KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist und Astronom GEBURTSDATUM 30. August 1745 GEBURTSORT Erfurt STERBEDATUM 29. August 1816 STERBEORT Lilienthal
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