Vorstoß in die Rigaer Bucht

Vorstoß in die Rigaer Bucht
Vorstoß in die Rigaer Bucht
Teil von: Erster Weltkrieg (Seekrieg)
Datum 8. August 191519. August 1915
Ort Rigaer Meerbusen, Ostsee
Ausgang Rückzug der deutschen Marineeinheiten
Konfliktparteien
Deutsches ReichDeutsches Reich (Reichskriegsflagge) Deutsches Reich
Russisches KaiserreichRussisches Kaiserreich (Seekriegsflagge) Russisches Reich
Befehlshaber
Großadmiral Prinz Heinrich von Preußen,
Vizeadmiral Ehrhard Schmidt,
Vizeadmiral Franz Hipper,
Konteradmiral Albert Hopman
Vizeadmiral Wassili Kanin,
Konteradmiral Alexander Koltschak,
Kapitän zur See Pjotr Truchatschew
Truppenstärke
3 Schlachtkreuzer,
8 Schlachtschiffe,
8 Linienschiffe,
2 Panzerkreuzer,
9 Kleine Kreuzer,
1 Hilfsminenleger,
56 Torpedoboote,
3 U-Boote,
27 Minensuchboote
1 Linienschiff,
1 Kreuzer,
4 Kanonenboote,
25 Zerstörer,
6 U-Boote,
1 Minenleger,
1 Flugzeugmutterschiff
Verluste
2 Torpedoboote,
3 Minensuchboote,
1 U-Boot,
zahlreiche beschädigte Schiffe
2 Kanonenboote,
mehrere beschädigte Schiffe

Der Vorstoß in die Rigaer Bucht war eine maritime deutsche Operation während des Ersten Weltkriegs im Ostseeraum, mit dem Ziel die Rigaer Meerbusen zu beherrschen und die Stadt Riga von Land her zu besetzen.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangslage

Nach der Schlacht bei Tannenberg und der Schlacht an den Masurischen Seen zum Jahresende 1914 konnte das kaiserliche Heer durch den Großen Rückzug des russischen Heeres bis zur Jahresmitte 1915 die kurländische Küste mit den beiden bedeutenden Hafenstädten Libau und Windau besetzen - aber nicht Riga, das Zentrum des Baltikums. Libau und Windau verfügten beide über ausgebaute und große Tiefwasserhäfen, die es gestatteten, große Hochsee- und Kriegsschiffe zu versorgen. Die russischen Streitkräfte verharrten in der Defensive, bzw. nur leichte Seestreitkräfte der Ostseeflotte führten einen Minen- und Kleinkrieg gegen die deutsche Erzversorgung aus Schweden.

Planungen

Die ursprünglichen Überlegungen der Obersten Heeresleitung auf deutscher Seite sahen ein kombiniertes See-Land-Unternehmen zur Besetzung Rigas durch die 10. Armee und der Sperrung der Rigaer Bucht durch Heeresteile und Marineeinheiten, ähnlich der späteren Operation Albion von 1917, vor. Nachdem jedoch die Besetzung Rigas durch das Heer auf Grund fehlender Kräfte abgesagt werden musste, übernahm die Marine die alleinige Planung zur Sperrung der Zugänge der Rigaer Bucht, Durchbruch durch die Irben-Straße und Bekämpfung im Finnischen Meerbusen stehender russische Flotteneinheiten der russischen Ostseeflotte.

Der Einbruch in die Rigaer Bucht wurde für den 8. August 1915 durch die Ostseestreitkräfte angesetzt, wobei Teile der Hochseeflotte die Sicherung übernehmen sollten. Ziel war die Sperrung des Moon-Sunds mittels Minen durch den Hilfsminenleger Deutschland und die Blockierung des Hafens Pernau, der als britische U-Boot-Basis diente, durch Blockschiffe.

beteiligte deutsche Einheiten

Ostseestreikräfte:

  • II. Aufklärungsgruppe: SMS Graudenz, SMS Regensburg, SMS Stralsund, SMS Pillau
  • Führer der Torpedoboote: SMS Kolberg, 1. Torpedobootshalbflottille (4 Boote), III. Torpedobootsflottille (10 Boote), V. Torpedobootsflottille (8 Boote), IX. Torpedobootsflottille (10 Boote), I. Minensuchdivision (13 Boote)

beteiligte russische Einheiten

Vorkriegsaufnahme des russischen Zerstörers Nowik
  • Linienschiff: Slawa
  • Kreuzer: Bajan, Gromoboi
  • Zerstörer: Nowik; Ochotnik, General Kondratenko, Sibirski Strelok der Ochotnik-Klasse, Amurez, Ussurijez der Wsadnik-Klasse; Emir Bucharski, Finn, Dobrowolez der Emir-Bucharski-Klasse; Ukraina, Woiskowoi, Straschny, Donskoi Kasak der Ukraina-Klasse
  • Minenleger: Amur
  • Kanonenboote: Grosjaschtschi, Chrabry, Bearbeiten] 1. Vorstoß vom 6. bis 9. August 1915

    Die Planungen der Marine sahen vor, dass zwei Fahrwege durch die umfangreichen Minensperren in der Irbenstraße und westlich von Ösel innerhalb von 3 Stunden geräumt werden sollten, um den schweren Unterstützungseinheiten genug Raum zum Manövrieren zu geben.

    Linienschiff der Braunschweig-Klasse

    Am 8. August um 03.50 Uhr begann die II. Minensuchdivision – unter Bedeckung des Linienschiffs SMS Braunschweig sowie des Kleinen Kreuzers SMS Bremen – mit ihren 14, aus veralteten kleinen, zu Minensuchbooten umgebauten, Torpedobooten von Pissen aus in Richtung Irben-Straße einen Weg zu räumen. Um 04.45 Uhr folgte ihr die Hilfsminensuchdivision Neufahrwasser von Lyser Ort in Richtung Zerel die unter Bedeckung des kleinen Kreuzers SMS Thetis mit ihren neun aus ehemaligen Fischdampfern bestehenden Hilfsminensuchbooten. Am Kreuzungspunkt lief dabei das kleine ehemalige Torpedoboot Mine und sank um 05.25 Uhr ohne Menschenverluste. Die zur Bergung der Schiffbrüchigen heraneilende Thetis erhielt um 05.38 Uhr ebenfalls einen Minentreffer und musste daraufhin nach Libau entlassen werden. Währenddessen begannen die beiden russischen Kanonenboote Grosjaschtschi und Chrabry die Minensuchboote auf große Entfernung zu beschießen, deren Feuer wiederum von Bremen, Braunschweig und Elsass erwidert wurde, wobei letztere zwei schwere Treffer auf der Grosjaschtschi landen konnte. Das U-Boot-Sicherung fahrende Große Torpedoboot Hangö, Reval und Kronstadt verhindern sollte. Hinzu kamen die wegen der langen Fahrzeit erschöpften Kohlenvorräte einiger Schiffe, die ergänzt werden mussten. In Rechnung gestellt wurde ebenso die permanente U-Boot-Gefahr: So griffen das britische U-Boot Windau und Libau an, um Kohlen zu ergänzen – was den ganzen darauffolgenden Tag anhalten sollte. Währenddessen gelang es dem russischen Zerstörer Nowik, Teile der Irbenstraße erneut zu verminen.

    Am folgenden Tag, dem 10. August, beschoss der Kreuzer SMS Kolberg in einem Ablenkungsmanöver zusammen mit dem Torpedoboot Leuchtturm auf der Insel Utö im Finnischen Meerbusen, wobei es zu einem kurzen Zusammentreffen mit russischen Zerstören kam. Um 06.00 Uhr wurde der Schlachtkreuzer SMS Von der Tann zusammen mit Zerel und wurden von russischen Zerstörern attackiert, wobei die Sibirski Strelok zwei Treffer erhielt.

    Am 11. August ruhten die Kampfhandlungen erneut, während es Nowik, Finn, Dobrovolec, General Kondratenko, dem Minenschiff Amur und fünf weiteren Booten gelang, insgesamt über 350 Minen in der Irbenstraße zu legen. Die Amurez erhielt hierbei einen Minentreffer und wurde von der Ussurijez nach Kuiwast eingeschleppt.

    Deutscherseits wurden die U-Boote SM U 9 und SM U 26 in das Gebiet zwischen Odensholm und Dagö zur Unterstützung und Überwachung geschickt. Das Minenlege-U-Boot Bearbeiten] 2. Vorstoß vom 16. bis 20. August 1915

    Schlachtschiff SMS Posen

    Nach den Erfahrungen des ersten Eindringversuches, beurteilte die maßgeblichen deutschen Stellen die Lage weitaus pessimistischer: Mit einem schnellen Durchbruch durch die ausgedehnten russischen Minensperren wurde nicht gerechnet und das Ziel war nicht mehr die Vernichtung der russischen Seestreitkräfte in der Rigaer Bucht, sondern nur noch deren Fernhalten bzw. das Einschränken deren Bewegungsfreiheit.

    Zum Eindringen waren die beiden Schlachtschiffe SMS Nassau und SMS Posen mit den Kleinen Kreuzern SMS Graudenz, SMS Pillau, SMS Augsburg und Bremen vorgesehen. Hinzu kamen die beiden neuen und großen Torpedoboote Kiel beordert worden. Die Forcierung der Irbenstraße sollte diesmal nur durch die Südeinfahrt bei Lyser Ort erfolgen, um die vorhanden Minensuchstreitkräfte von Anfang an schwerpunktmäßig einsetzen zu können.

    Am Morgen des 16. August wurden Graudenz, Augsburg, V 99 und V 100 sowie eine Torpedobootshalbflottille vor die Mitteleinfahrt der Irbenstraße zu einem Ablenkungsmanöver beordert. Um 04.00 Uhr begann der Einbruchsversuch durch die II. Minensuchdivision unter Deckung von Pillau und Bremen. Ab 11.30 Uhr wurden die ersten Minen geräumt, und zwar in einem Gebiet, welches am 8. August schon einmal geräumt worden war. Dabei lief um 13.30 Uhr das alte kleine ehemalige Torpedoboot Mine und sank unter Verlust von 17 Mann. Am frühen Nachmittag kamen auf große Entfernung das russische Kanonenboot Chrabry sowie das Linienschiff Slawa in Sicht, wobei letztere die Minesuchboote beschoss. Die sichernden Schlachtschiffe Nassau und Posen feuerten sofort zurück, was die Slawa zum Abbruch des Gefechts nötigte. Gegen 17.00 Uhr wurde das Minensuchen aufgrund der einsetzenden Dämmerung abgebrochen und vertagt. Im deutschen Stab kam man zu dem Entschluss, dass es aussichtsvoll sei, die schnellen und stark bewaffneten Torpedoboote V 99 und V 100 zu einem Torpedo-Nachtangriff auf die Slawa anzusetzen.

    Die Boote liefen um 18.30 Uhr dicht unter der kurländischen Küste an den russischen Minensperren vorbei in die Irbenstraße ein und standen um 19.55 Uhr mit den älteren russischen Zerstören General Kondratenko und Ochotnik in einem kurzen Gefecht, welches letztere abbrachen und sich zurückzogen. Beide Boote suchten nun nach der Slawa, die geschützt in der Arensburger Bucht in Ösel lag - was aber nicht bekannt war -, und stießen dabei bis zur Linie Insel Runö - Halbinsel Fettel auf Ösel vor. Der Rückmarsch erfolgte über die Arensburger Bucht, ohne dort aufgrund der Dunkelheit irgendwelche Ziele ausmachen zu können.

    17. Aug. 1915: Das Große Torpedoboot V 99 sinkt nach zwei Minentreffern

    Am 17. August um 01.10 Uhr stießen beide Boote südöstlich Zerel auf die älteren russischen Boote Vojskovoi und Ukrajna, die mit Torpedos angegriffen wurden. Die Torpedos waren beides Flachschüsse, die die russischen Boote unterliefen und diese nötigten, dass Gefecht abzubrechen. Gegen 04.15 Uhr entdeckte V 99 einen russischen Zerstörer und griff diesen umgehend an, wobei sich dieser als die kampfstarke Nowik entpuppte und Unterstützung durch drei ältere Boote der Emir Bucharskij-Klasse erhielt. V 99 erhielt dabei mehrere Treffer und Brände brachen im Vorschiff und mittschiffs aus. Nun versuchte das Boot durch die bekannten russischen Minenfelder zu entfliehen und erhielt dabei zwei Minentreffer. Um 05.00 Uhr griff V 100 ein und nebelte das getroffene Boote ein, während

    Das Linienschiff Slawa 1915

Den ganzen 18. August fand ohne irgendwelche Zwischenfälle das Minenräumen statt. Am 19. August lief das alte kleine ehemalige Torpedoboot Romassar. Anschließend patrouillierte der Kreuzer mit fünf Torpedobooten auf einer Vorpostenlinie in der Arensburger Bucht vor Ösel. Die Graudenz besetzte mit einer Torpedobootshalbflottille eine Vorpostenlinie zwischen Kap Domesnäs und der Insel Runö und die Augsburg wurde mit V 100 zum Überwachen des Hafens Pernau abgeordnet.

Um 17.30 Uhr steuerte der Hilfsminenleger Deutschland zusammen mit drei mit je zwölf Minen beladenen Torpedobooten und unter Bedeckung des Kreuzers Pillau den Moon-Sund an, um diesen zu sperren. Jedoch wurde das Unternehmen schon um 18.00 Uhr wegen der Gefahr von Minen und russischer Zerstörer abgebrochen. Diese Gruppe ankerte in der Dunkelheit im Schutz der Insel Kynö. Die Augusburg begab sich um 19.30 Uhr ebenfalls auf den Weg von Pernau nach Kynö, um dort zu ankern, wobei sie südlich der Insel auf zwei feindliche Schiffe traf, die nach Norden in Richtung Moon-Sund zu entfliehen suchten. Aus dieser Richtung kam den beiden Schiffen - es handelte sich um die kleineren russischen Kanonenboote Siwusch und Koreetz, die zuvor vor Dünamünde 100 Minen verlegt hatten - jedoch das deutsche Gros entgegen. Um 20.17 Uhr griffen Posen und Nassau in das laufende Gefecht ein und versenkten die Siwusch. Das Schwesterschiff Koreetz konnte in der Dunkelheit entkommen, hatte jedoch später eine schwere Grundberührung und wurde aus diesem Grund am 20. August von der eigenen Besatzung aufgegeben und gesprengt. Gegen 23.00 Uhr ankerte die deutsche Hauptflotte 15 sm nördlich von Kynö. Um die gleiche Zeit erhielt das Torpedoboot S 31 eine Minentreffer ca. 4 sm westlich der Insel Runö. Gegen 01.30 Uhr versank das Boot auf der Position 57° 47′ N, 23° 5′ O57.78333333333323.083333333333 unter Verlust von 11 Mann.

Am selben 19. August griff das britische U-Boot E 1 den Schlachtkreuzer Seydlitz mit einem Torpedo an, der jedoch vorbei lief und den versetzt fahrenden Schlachtkreuzer Moltke im Bugtorpedoraum traf und dort acht Tote zur Folge hatte.

Am 20. August unternahmen die Kreuzer Graudenz und Augsburg zusammen mit den Booten Bearbeiten] Auswirkungen

Die deutsche Seite musste aufgrund der eigenen Erfolge beim Minenräumen erkennen, dass die Verminung des Moon-Sunds ohne ständige Bewachungen wenig effektiv gewesen wäre; deshalb verzichtete man letztlich auch auf sie. Die russische Marine wiederum erkannte die weitgehende Nutzlosigkeit defensiver Minensperren und begab sich weiter in die strategische Defensive. Warum die modernen Großkampfschiffe nicht aktiver gegen die deutschen Marineeinheiten vorgegangen sind, ist bis zum jetzigen Zeitpunkt umstritten – wahrscheinlich wollte man die wenigen schweren Einheiten nicht gefährden. Die Rigaer Bucht blieb die nächsten zwei Jahre – bis zur Operation Albion – der Hauptkriegsschauplatz zur See in der Ostsee. Die dort ausgefochtenen Kämpfe wurden aber zum größten Teil durch kleine Boote, wie LM-Boote, Minensuchboote oder Küstentorpedoboote getragen. Zugleich wurde die Minenkriegführung intensiviert und das Flugzeug begann, in diesen räumlich sehr begrenzten Gebiet eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen.

Literatur

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