- Selbstadjungierter Operator
-
Ein selbstadjungierter Operator ist ein linearer Operator mit besonderen Eigenschaften. Operatoren und insbesondere selbstadjungierte Operatoren werden im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis untersucht. Der selbstadjungierte Operator ist eine Verallgemeinerung der selbstadjungierten Matrix.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Sei
ein Hilbertraum bestehend aus dem Vektorraum H und dem Skalarprodukt
und sei
ein dicht definierter Operator. Ein dicht definierter Operator
heißt dann adjungiert zu T, falls
für alle
gilt. Mit D(T) und D(S) werden die Definitionsbereiche der Operatoren T und S bezeichnet. Den adjungierten Operator notiert man meisten mit einem * , man setzt also T * : = S.
Ein Operator T heißt nun selbstadjungiert, wenn T = T * gilt, also der Operator T mit seinem adjungierten Operator T * übereinstimmt.
Geschichte
John von Neumann, der 1929 die Theorie der unbeschränkten Operatoren begründete war auch der erste, der die Notwendigkeit erkannte, zwischen symmetrischen und selbstadjungierten Operatoren zu unterscheiden. Denn nur für die letzteren kann eine Spektralzerlegung, wie sie im letzten Abschnitt dieses Artikels beschreiben wird, gezeigt werden. Von Neumann nannte symmetrische Operatoren hermitesch. Er stellte fest, dass es unter anderem für die Spektralzerlegung wichtig sei, dass ein Operator keine symmetrische Erweiterung zulässt und nannte dieser Klasse von Operatoren maximal hermitesch. Jedoch ist diese Forderung für den Spektralsatz, der selbstadjungierte Operatoren voraussetzt, noch nicht hinreichend. Von Neumann nannte auf Anregung Erhard Schmidts selbstadjungierte Operatoren hypermaximal. Der Begriff selbstadjungierter Operator wurde von Marshall Harvey Stone geprägt.[1]
Verwandte Objekte
Selbstadjungierte Matrix
Sei
der reelle oder komplexe Zahlenkörper und sei
ein Skalarprodukt auf
dann ist
ein Hilbertraum. Eine Matrix A heißt selbstadjungiert, wenn
für alle
gilt. Die Matrix A wird hier als lineare Abbildung auf dem
aufgefasst. Da A zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen abbildet, ist A beschränkt daher stetig und somit auch dicht definiert. Also ist eine selbstadjungierte Matrix auch ein selbstadjungierter Operator. Betrachtet man den
mit seinem Standardskalarprodukt, so entsprechen die symmetrischen Matrizen den selbstadjungierten. Im Fall des
mit dem entsprechenden kanonischen Skalarprodukt sind die hermiteschen Matrizen die selbstadjungierten.
Symmetrischer Operator
Ein Operator
heißt symmetrisch, falls
für alle
gilt. Im Gegensatz zum selbstadjungierten Operator wird hier nicht gefordert, dass der Operator T dicht definiert sein muss. Jeder selbstadjungierte Operator ist symmetrisch, aber nicht jeder symmetrische Operator selbstadjungiert. Jeder beschränkte Operator ist jedoch dicht definiert. Daher sind symmetrische, nicht selbstadjungierte Operatoren immer unbeschränkt. Außerdem besagt der Satz von Hellinger-Toeplitz, dass jeder symmetrische Operator, der auf ganz H definiert ist, stetig und damit selbstadjungiert ist.
Wesentlich selbstadjungierter Operator
Ein Operator
heißt wesentlich selbstadjungiert, falls T symmetrisch, dicht definiert und seine Abschließung selbstadjungiert ist. Einen wesentlich selbstadjungierten Operator kann man also immer zu einem selbstadjungierten Operator fortsetzen.
Beispiele
Symmetrische Matrix
Eine symmetrische Matrix
kann als Operator
verstanden werden. Bezüglich des Standardskalarproduktes ist jede symmetrische Matrix eine selbstadjungierte Matrix beziehungsweise ein selbstadjungierter Operator.
Der Operator -i d / dx
Ist ein Operator beschränkt, so sind die Begriffe symmetrischer Operator, wesentlich selbstadjungierter Operator und selbstadjungierter Operator wie erwähnt äquivalent. Bei unbeschränkten Operatoren impliziert zwar die Selbstadjungiertheit die Symmetrie, aber die Umkehrung gilt nicht. Ein Gegenbeispiel gibt das folgende Paar:
- Im Folgenden wird der Hilbertraum
und der Differentialoperator
mit den dirichletschen Randbedingungen ψ(0) = ψ(1) = 0 betrachtet.
- Und dessen Erweiterung p2, bei der man nur „Periodizität“ fordert,
.
Aus der Gleichungskette
folgt, dass die Operatoren pi für
symmetrisch sind. Jedoch ist nur der Operator p2 selbstadjungiert, denn im ersten Fall wird der Definitionsbereich unnötig eingeschränkt.
Laplace-Operator
Der Laplace-Operator
ist ein unbeschränkter Operator. Er ist bezüglich des L2-Skalarproduktes selbstadjungiert. Das heißt er ist symmetrisch bezüglich diesem Skalarproduks, was
für alle
bedeutet, und ist dicht definiert. Die Ableitung ist hier im schwachen Sinn zu verstehen. Somit gilt für den Definitionsbereich
Dies entspricht dem Sobolew-Raum
der quadratintegierbaren und zwei mal schwach differenzierbaren Funktionen, dieser liegt dicht in
. Die Symmetrie des Laplace-Operators folgt aus der greenschen Formel.
Multiplikationsoperator
Sei (Ω,Σ,μ) ein Maßraum und
eine messbare Funktion. Der Multiplikationsoperator
mit
ist definiert durch
Dieser Operator ist unbeschränkt und dicht definiert, denn für
enthält D(Mf) alle L2-Klassen, die außerhalb von Ωn verschwinden und wegen
ist
dicht. Außerdem ist Mf bezüglich des L2-Skalarproduktes symmetrisch. Der Operator ist auch selbstadjungiert. Da für einen symmetrischen Operator nämlich
gilt, was
und
bedeutet, muss für die Selbstadjungiertheit nur noch
gezeigt werden. Sei χn die charakteristische Funktion von Ωn, für
und
gilt
Das heißt
gilt fast überall. Da
punktweise konvergiert, gilt
fast überall. Da nun
in L2 liegt ist
, was
zeigt und somit die Selbstadjungiertheit beweist.
Eigenschaften
Sei T ein dicht definierter Operator auf dem Hilbertraum
- dann ist T * T ein selbstadjungierter Operator mit
Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem Hilbertraum- Für das Spektrum σ(T) von T gilt
Es gibt also keine Spektralwerte, die echte komplexe Zahlen sind. Insbesondere hat eine selbstadjungierte Matrix nur reelle Spektral- beziehungsweise Eigenwerte.
- Ein Operator T ist positiv, das heißt es gilt
für alle
genau dann, wenn für das Spektrum σ(T) die Inklusion
gilt.
- Falls
gilt, so existiert ein selbstadjungierter Operator B mit
so dass
gilt.
Friedrichssche Erweiterung
Sei
ein Hilbertraum und
ein dicht definierter halbbeschränkter Operator. Halbbeschränkt bedeutet, dass der Operator entweder die Ungleichung
oder die Ungleichung
für ein
und für alle
erfüllt. Dann existiert zu T eine selbstadjungierte Erweiterung von T, die derselben Abschätzung genügt.
Zu beachten ist, dass bei einem hablbeschränkten Operator T der Ausdruck
reellwertig sein muss, da sonst die sonst die Ordnungsrelationen
und
nicht definiert ist und Operatoren für die
für alle
gilt sind symmetrisch.
Sei
ein abgeschlossener und dicht definierter Operator. Dann lässt sich aus der Friedrichsschen Erweiterung folgern, dass
dicht definiert und selbstadjungiert ist.
Spektralsatz für unbeschränkte Operatoren
Spektralzerlegung
Sei
ein Hilbertraum und Σ die borelsche σ-Algebra. Für jeden selbstadjungierten Operator
existiert ein eindeutiges Spektralmaß
, so dass
mit
und
gilt. Diese Aussage ist der Spektralsatz für unbeschränkte selbstadjungierte Operatoren. Fordert man, dass die Operatoren beschränkt und selbstadjungiert oder kompakt und selbstadjungiert sind so vereinfacht sich das Resultat. Das wird im Artikel Spektralsatz näher erläutert.
Multiplikationsoperator
Sei H ebenfalls wieder ein Hilbertraum und sei
ein selbstadjungierter Operator. Dann existiert ein (im separablen Fall ein σ-endlicher) Maßraum (Ω,Σ,μ), eine messbare Funktion
sowie ein unitärer Operator
mit
und
für
.
Im Wesentlichen ist also der Multiplikationsoperator
das einzige Beispiel eines selbstadjungierten Operators.
Literatur
- Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer-Verlag. Berlin 2007, ISBN 978-3-540-72533-6. S. 342 ff.
- Walter Rudin: Functional Analysis. McGraw-Hill, New York 1991. ISBN 0070542368. Kap. 13
Einzelnachweise
- ↑ Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer-Verlag, Berlin, 2007, ISBN 978-3-540-72533-6, Kapitel VII.6
Wikimedia Foundation.