- Hermitescher Operator
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Hermitesche Operatoren, benannt nach Charles Hermite, spielen eine zentrale Rolle in der Quantenmechanik, denn alle physikalischen Observablen werden durch lineare, selbstadjungierte Operatoren beschrieben und diese sind hermitesch.
Der Begriff des hermiteschen Operators wird in der Literatur höchst uneinheitlich verwendet. In manchen mathematischen Darstellungen findet man ihn überhaupt nicht, statt dessen werden sogenannte symmetrische, wesentlich selbstadjungierte und selbstadjungierte Operatoren betrachtet. In der physikalischen Literatur sind mit hermiteschen Operatoren in der Regel selbstadjungierte Operatoren[1] gemeint, auch wenn sie oft als symmetrische eingeführt werden[2]. Die hier gewählte Darstellung, wie sie etwa in den Lehrbüchern von Albert Messiah [3] zu finden ist, richtet sich zunächst an physikalisch interessierte Leser, weshalb die auf Dirac zurückgehende Bra-Ket-Notation verwendet wird, die gewisse mathematische Subtitlitäten in den Hintergrund treten lässt. Auf diese wird im Abschnitt Mathematische Bemerkungen eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
Definitionen
Der Operator A operiere auf Elemente aus dem Hilbertraum H, die als ket-Vektoren geschrieben werden und oft Funktionen aus L2-Räumen repräsentieren:
Diese Operation soll linear sein, um das physikalisch relevante Superpositionsprinzip zu sichern. Der Operator A operiere von rechts auf bra-Vektoren und von links auf ket-Vektoren derart, dass
gilt, weshalb die runden Klammern entbehrlich sind. Operatoren, bei denen die Gleichung für alle ket-Vektoren und zugehörigen konjugierten bra-Vektoren richtig ist, nennt man symmetrisch, manchmal auch hermitesch.
Die komplexen Zahlen
treten in der üblichen Interpretation der Quantenmechanik als Erwartungswerte im Zusammenhang von physikalischen Messungen auf und sollten daher reell sein. Es ist klar, dass die Eigenwerte der mit (1) definierten Operatoren reell sind, denn ist ein auf 1 normierter Eigenvektor zum Eigenwert a, so ist
eine reelle Zahl.
Der adjungierte Operator (oft auch A * geschrieben) operiert analog auf ket-Vektoren derart, dass
- bzw.
gilt, wobei der hochgestellte Stern für die komplexe Konjugation steht. Setzt man in dieser Gleichung ψ = φ, so ist reell, wenn ist. Solche Operatoren heißen, da sie mit ihrer Adjungierten übereinstimmen, selbstadjungiert, wofür ebenfalls in der Physik-Literatur häufig die Bezeichnung hermitesch verwendet wird (für die Unterschiede von mathematischer Seite siehe unten).
Beispiele
In der Ortsdarstellung betrachtet man den Raum aller quadrat-integrablen Funktionen auf dem dreidimensionalen Anschauungsraum. Typische hermitesche Operatoren sind etwa die Multiplikation mit der x-Koordinate zur Messung der x-Koordinate des Aufenthaltsortes eines Teilchens,
oder der Hamilton-Operator zur Bestimmung der Energie
- ,
wobei V(x,y,z) für das skalare Potential eines Feldes steht, unter dessen Einfluss sich das Teilchen bewegt. Weitere wichtige Beispiele sind der Impulsoperator oder die Drehimpulsoperatoren.
Ein zweidimensionales Beispiel erhält man durch die Behandlung des Spins. Der Raum wird von den beiden Vektoren spin-up und spin-down erzeugt. Die Operatoren auf zweidimensionalen Räumen sind -Matrizen, zum Beispiel die hermiteschen Pauli-Matrizen.
Ein endlichdimensionaler hermitescher Operator A (eine Hermitesche Matrix) mit den Elementen wird wie folgt adjungiert:
- ,
wobei die komplexe Konjugation von mji ist. Es gilt also , das heißt, die (i,j)-te Komponente der Adjungierten ist die komplexe Konjugation der (j,i)-ten Komponnete der Ausgangsmatrix.
Mathematische Bemerkungen
Schon obige Beispiele zeigen, dass die quantenmechanischen Operatoren nicht auf alle ket-Vektoren angewendet werden können. Das Ergebnis der Multiplikation mit der x-Koordinate liegt im Allgemeinen nicht mehr im Hilbertraum der ket-Vektoren, und im Falle des Hamilton-Operators fehlt es manchen L2-Funktionen an Differenzierbarkeitseigenschaften. Da nutzt auch eine Verallgemeinerung auf Distributionsableitungen nichts, da nicht alle solche Ableitungen wieder im Raum der ket-Vektoren liegen. Man ist daher gezwungen, die Operatoren in ihrem Wirkungsbereich auf einen Unterraum einzuschränken, der aber wenigstens noch eine dichte Teilmenge im Raum aller ket-Vektoren ist. Ist in physikalischen Darstellungen bei einer Operatorengleichung von “allen“ ket-Vektoren die Rede, so sind immer alle des Definitionsbereichs der beteiligten Operatoren gemeint.
Die Beschränkung auf einen Teilraum hat zur Folge, dass auch der adjungierte Operator nicht überall definiert ist. Die Forderung, dass für alle ket-Vektoren (aus dem Definitionsbereich von A) reell ist, bedeutet dann, dass eine Erweiterung des Operators A ist, das heißt der Definitionsbereich von umfasst denjenigen von A und beide Operatoren stimmen auf letzterem überein. Solche Operatoren nennt man symmetrisch.
Symmetrische Operatoren sind im Allgemeinen nicht selbstadjungiert, das heißt im Allgemeinen gilt nicht , denn dazu müssten die Definitionsbereiche beider Operatoren übereinstimmen. Die physikalisch relevanten Operatoren sind aber selbstadjungiert, denn nur dann hat man den vollen Spektralsatz zur Verfügung. Diesen braucht man, wenn man Funktionen von Operatoren betrachten will, wie das etwa durch den Unbeschränkten Borel-Funktionalkalkül ermöglicht wird. Oft kann man symmetrische Operatoren durch gewisse Abschlussoperationen zu selbstadjungierten Operatoren erweitern. Das gilt insbesondere für nach unten beschränkte Operatoren, wie sie bei Hamilton-Operatoren auftreten, denn Energien sind nach unten beschränkt, siehe dazu die Friedrichssche Erweiterung.
In vielen Physik-Lehrbüchern wird kein großes Gewicht auf diesen Unterschied gelegt. Zum einen bringt die Betrachtung der Definitionsbereiche keine tieferen physikalischen Einsichten über das betrachtete System, und des Weiteren kann man sich darauf verlassen, dass die Verwendung der „richtigen“ Operatoren, gepaart mit der „richtigen“ physikalischen Intuition, zu „richtigen“ Ergebnissen führt. Ferner liegen alle physikalisch relevanten Funktionen, auf die es die Operatoren anzuwenden gilt, nämlich die Eigenfunktionen, stets im Definitionsbereich. Vorsicht ist nur bei sogenannten „uneigentlichen Eigenfunktionen“ angebracht, denn diese sind nicht normierbar und liegen daher nicht im Raum der ket-Vektoren. Die Dirac'sche Notation unterstützt diese pragmatische Herangehensweise. Eine mathematisch vollständige Darstellung der Quantenmechanik bis einschließlich der Lösung des Wasserstoffproblems findet man im unten angegebenen Lehrbuch von Hans Triebel [4].
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Großmann Funktionalanalysis, Akademische Verlagsgesellschaft, Bd.2, S.189 bezeichnet selbstadjungiert-beschränkte Operatoren als hermitesch
- ↑ Beispielsweise wird in Reed, Simon Methods of Mathematical Physics, Band 1, Academic Press, 1980, S. 255 hermitesch synonym zu symmetrisch definiert
- ↑ Albert Messiah: Quantenmechanik, 2 Bände, de Gruyter 1976, 1991, Bd.1 ISBN 3110114526 , Bd.2 ISBN 3110126699, französisches Original: Mécanique quantique, Dunod, Paris 1959, 1964, 1969, Englische Übersetzung: Quantum Mechanics, New York, Interscience und Amsterdam, North Holland, 1961/62
- ↑ Hans Triebel: Höhere Analysis, Berlin, Deutscher Verlag der Wissenschaften 1972, 2. Auflage, Harri Deutsch 1980, (englisch Higher Analysis, Barth 1992)
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