Sergei Paradschanow

Sergei Paradschanow

Sergei Iossifowitsch Paradschanow (gebürtig Sarkis Howsepi Paradschanian; georgisch სერგეი (სერგო) ფარაჯანოვი ; armenisch Սարգիս Հովսեպի Պարաջանյան; * 9. Januar 1924 in Tiflis, Transkaukasische SFSR, Sowjetunion, heute Tbilisi, Georgien; † 21. Juli 1990 in Jerewan, Sowjetunion, heute Armenien) war ein sowjetischer Filmregisseur. Der "Kinorebell" war einer der originellsten und gefeiertsten Regisseure des 20. Jahrhunderts. Seine Arbeit spiegelt die ethnische Vielfalt des Kaukasus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sergei Paradschanow auf einer armenischen Briefmarke

Er wurde als Sohn des armenischen Kaufmanns Josif Paradschanian und seiner Ehefrau Siranusch Bedschanian in Georgien geboren. 1942 schloss er die Oberschule ab und begann ein Studium an der Hochschule für Eisenbahnwesen. Er verließ die Universität, um Musik und Tanz zu studieren. 1945 schrieb er sich am Staatlichen Filminstitut (WGIK) in Moskau ein, wo die Regisseure Igor Sawtschenko und Alexander Dowschenko seine Lehrer waren.

Er wechselte nach Kiew, wo 1952 sein erster Kurzfilm, Moldowskaja skaska und 1955 sein erster Spielfilm Andriesch entstanden. Der Film Tini sabutych predkiw (dt. Schatten vergessener Ahnen, 1964) wich deutlich vom staatlich verordneten sozialistischen Realismus ab. Er schilderte eine tragische Liebesgeschichte unter Bergbauern, die von Folklore und Religion bestimmt wird. Seine visuellen Intensität erregte er internationales Aufsehen. 1965 wurde der Film mit dem Großen Preis des Festival Internacional de Cine de Mar del Plata, des Filmfestivals Rom und dem Preis der British Academy of Film and Television Arts ausgezeichnet.

Bei den sowjetischen Zensoren geriet Paradschanow mit dem Film im Misskredit. Sein Filmprojekt Kiewer Freskos wurde abgebrochen, das Filmmaterial ins Archiv verbannt. 1966 verlegte er seinen Wohnsitz nach Jerewan, produzierte dort einen Dokumentarfilm. 1969 stellte er einen surrealer Spielfilm über den armenischen Troubadour Sayat Nova fertig. Das Werk durfte nicht den vom Regisseur gewählten Namen tragen, musste in Zwet granata (dt. Die Farbe des Granatapfels) geändert werden. Der Regisseur Sergei Jutkewitsch wurde beauftragt, eine ideologisch geglättete russische Sprachversion herzustellen. Trotzdem kam der Film nicht in die Kinos und konnte erst 1984 uraufgeführt werden. Paradschanow reichte den Behörden in der Folgezeit vier weitere Filmskripte ein. Alle wurden von der Zensur abgelehnt.

Am 17. Dezember 1973 wurde er in Kiew verhaftet und 1974 wegen angeblicher Propagierung von Homosexualität zu fünf Jahren schwerer Lagerhaft im GULAG verurteilt. Die Verurteilung führte zu internationalen Protesten von Künstlern, Schriftstellern und Regisseuren wie Federico Fellini, Roberto Rossellini und Michelangelo Antonioni. Der französische Dichter Louis Aragon wurde persönlich bei KP-Chef Leonid Breschnew vorstellig. Im GULAG schuf Paradschanow Collagen und Zeichnungen. Nach vier Jahren wurde er aus der Strafhaft entlassen. Das Arbeitsverbot blieb bis 1984 in Kraft.

Pardaschanow zog nach Tiflis. 1982 wurde er dort wegen angeblicher Beamtenbestechung erneut verhaftet, verbrachte fast ein Jahr in einem georgischen Gefängnis. 1984 wurde das Arbeitsverbot auf Betreiben der georgischen Nomenklatura aufgehoben und Paradschanow durfte wieder Filme drehen. Im gleichen Jahr entstand Ambawi Suramis zichitsa, 1985 folgte ein Dokumentarfilm über den georgischen Maler Niko Pirosmani. In Tiflis wurde eine erste Ausstellung seiner bildenden Kunstwerke eröffnet.

Sein letzter Film, Aschugi Qaribi, (Aşık Kerib, „Kerib, der Spielmann“) entstand 1988 in Aserbaidschan nach einer Romanvorlage von Michail Lermontow. Er wurde mit dem Europäischen Filmpreis für die beste Ausstattung ausgezeichnet. Ein autobiografischer Film unter dem Titel The Confession konnte nicht mehr fertiggestellt werden. Das Filmmaterial wurde später Bestandteil einer Dokumentation über das Leben des Filmregisseurs, die den Preis der Russischen Filmakademie gewann. Paradschanow starb an Krebs.

Seit 2005 wird auf dem Filmfestival „Goldene Aprikose“ in Jerewan ein nach ihm benannter Preis für das Lebenswerk an international renommierte Regisseure vergeben.

Privates

Er war homosexuell, wurde 1947 in Tiflis erstmals wegen Homosexualität angeklagt und zu mehreren Monaten Haft verurteilt. 1950 heiratete er die junge Tatarin Nigjar Kerimowa, die wenig später von Familienangehörigen wegen ihrer Ehe mit einem Christen ermordet wurde. 1956 heiratete er die Ukrainerin Swetlana Schtscherbatjuk, mit der er einen Sohn, Suren, hatte. 1962 ließ er sich scheiden. Sein Neffe Gеorgi Paradschanow ist ebenfalls Regisseur.

Zitate

  • "Im Tempel des Films gibt es Bilder, Licht und Realität. Sergei Paradschanow war der Meister dieses Tempels." (Jean-Luc Godard)
  • "'Die Farbe des Grantapfels' von Paradschanow ist nach meiner Auffassung einer der besten zeitgenössischen Filme, der mit Perfektion und Schönheit beeindruckt." (Michelangelo Antonioni)
  • "Ich erinnere mich der Filme von Sergei Paradschanow, die ich sehr liebe, immer mit großer Dankbarkeit und Vergnügen. Seine Art zu denken, seine paradoxe poetische ... Fähigkeit die Schönheit zu lieben und die Fähigkeit in seiner Vision absolut frei zu sein." (Andrei Tarkowski)

Filmografie

  • Moldovskaya skazka (1951)
  • Andriesh (1954)
  • Zolotye ruki (1957)
  • Natalya Ushvij (1957)
  • Dumka (1957)
  • Pervyj paren (1959)
  • Ukrainskaya rapsodiya (1961)
  • Tsvetok na kamne (1962)
  • Tini zabutykh predkiv (dt. Feuerpferde, 1964)
  • Hakob Hovnatanyan (1967)
  • Sayat Nova (dt. Die Farbe des Granatapfels, 1968)
  • Ambawi Suramis zichitsa (1984)
  • Arabeskebi Pirosmanis temaze (1985)
  • Ashugi Quaribi (dt. Kerib, der Spielmann, 1988)
  • Confession (1990)

Weblinks


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