St. Klaus

St. Klaus
Niklaus von Flüe, Darstellung von Ende des 15. Jahrhunderts

Niklaus von Flüe oder Bruder Klaus (* 1417; † 21. März 1487 im Flüeli bei Sachseln im Kanton Obwalden) war ein Schweizer Einsiedler, Asket und Mystiker. Er gilt als Schutzpatron der Schweiz.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Niklaus von Flüe wurde in eine Obwaldner Bauernfamilie geboren. Sein Vater war Heinrich von Flüe, seine Mutter hieß Hemma Ruobert. Von 1440 bis 1444 nahm Niklaus von Flüe als Offizier am Alten Zürichkrieg teil. Nach dem Krieg heiratete er Dorothea Wyss, mit der er zehn Kinder hatte. Er lebte als für damalige Verhältnisse wohlhabender Bauer, war Ratsherr des Kantons und Richter seiner Gemeinde.

Geburtshaus des Niklaus von Flüe

1467 - das jüngste Kind war noch kein Jahr alt, der älteste Sohn Hans jedoch schon zwanzig, so dass dieser als Bauer die Familie ernähren konnte - verliess Niklaus mit dem Einverständnis seiner Frau seine Familie, um Einsiedler zu werden. Er pilgerte zunächst Richtung Hochrhein. Nachdem er auf seiner Wanderung der Legende nach im Windental oberhalb Liestals eine Vision erlebt hatte, kehrte er um und liess sich dann in der Ranftschlucht, nur wenige Minuten von seinem Haus, als Einsiedler nieder. Deshalb wird er von der Bildenden Kunst als hagerer, bärtiger Mann (vgl. Abb.) mit Stock und dem Bätti dargestellt, einer Gebetsschnur mit 50 Perlen (den Rosenkranz gab es damals noch nicht).

In seiner Klause führte er als Bruder Klaus ein intensives Gebetsleben, der Schwerpunkt seiner Betrachtungen war die Vertiefung in das Leiden Christi. Immer wieder will er von intensiven Visionen heimgesucht worden sein, die ersten sollen sogar schon im Mutterleib stattgefunden haben. Angeblich nahm er in den letzten 19 Jahren seines Lebens ausser der Eucharistie nichts zu sich und trank lediglich das frische Quellwasser aus einem nahen Bach. Dies bestätigte der zuständige Bischof nach einer Untersuchung.

Das Wohnhaus des Bruder vor seinem Auszug
Von Flüe wird von Pfarrer Heini um Vermittlung gebeten (Stanser Verkommnis)
Niklaus von Flüe


Einige seiner Nachkommen bekleideten hohe Ämter und erwarben politischen Einfluss. Besonders bekannt ist sein Enkel Konrad Scheuber (1481–1559), der als Landamann und Richter, aber auch als kluger Kopf und gottesfürchtiger Eremit in die Geschichte der Schweiz einging.

Politischer Ratgeber

Niklaus von der Flüe war auch als Mystiker an weltlichen Dingen interessiert. Er beobachtete die politischen Ereignisse und wurde in solchen Angelegenheiten um Rat gefragt. Bekannt wurde er durch seine vermittelnde Rolle im Stanser Verkommnis von 1481, durch den Ratschlag zur Abkehr von der Grossmachtpolitik "Machet den zun nit zu wit" und zur neutralitätspolitischen Maxime "Mischt Euch nicht in fremde Händel".

Gebet

Nach der Überlieferung soll Niklaus von Flüe diese Verse täglich gebetet haben [1]:

Mein Herr und mein Gott,
nimm alles mir,
was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir,
was mich führet zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir
und gib mich ganz zu eigen dir.

Politischer Einfluss

Niklaus von Flüe erlangte weithin Bekanntheit als Seelsorger und geistlicher Berater nicht allein für die Landbevölkerung, sondern auch als Ratgeber für ausländische Staatsoberhäupter im Europa des 15.Jahrhunderts. So berichtet ein Sondergesandter des Herzogtums von Mailand in einem Brief an Ludovico Sforza von Besuchen beim Einsiedler, wo er politische Fragen diskutierte, und der Herzog bedankt sich in der Antwort für dessen liebenswürdige Grüsse.[2]

Nach dem historischen Lexikon der Schweiz gilt sein vermittelnder Einfluss am Stanser Verkommnis [3] heute als erwiesen: 1481 kam es auf der Tagsatzung in Stans zu einem schweren Konflikt zwischen den vier Stadt- und Land-Orten der damaligen Eidgenossenschaft. Die Tagsatzung endete im Streit und es drohte Krieg zwischen den Bundesgenossen. In der Nacht begab sich der Pfarrer von Stans, Heimo Amgrund, zu Niklaus von Flüe und kam mit einem bis heute unbekannten Rat zurück. Der Pfarrer veranlasste die Ratsherren, nochmals zusammenzutreten, und richtete ihnen die geheime Botschaft des Einsiedlers aus. Daraufhin kamen die Ratsherren nach nur zwei Stunden zu einer Lösung. Es gab einen erneuerten Bundesschluss mit der Aufnahme der Kantone Freiburg und Solothurn in die Eidgenossenschaft.

Heiligsprechung

Niklaus von Flüe wurde bereits 1669 selig, aber erst am 15. Mai 1947 heilig gesprochen. Er ist Schutzpatron des Kantons Obwalden und der Schweiz sowie der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB), der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) und des Schweizerischen Studentenvereins. Sein Grab und seine Einsiedelei wurden schon bald nach seinem Tod zu einem der wichtigsten Pilgerorte der Schweiz.

Obwohl sein Todestag der 21. März war, wurde bei der Heiligsprechung durch Papst Pius XII. der 25. September als offizieller Gedenktag festgelegt. Grund: Am 21. März wurde bereits Benedikt von Nursia (Patron Europas) gefeiert. Auf dem Hoheitsgebiet des Kantons Obwalden befinden sich zwei Benediktinerkonvente (Engelberg und Sarnen) und zwei Benediktinerinnenklöster (Sarnen und Melchtal).

Bruder-Klaus-Kirchen

Bruder-Klaus Kirche St. Gallen-Winkeln

Niklaus von Flüe ist in zahlreichen katholischen Pfarreien der Schweiz Namens- und Schutzpatron, und etliche Kirchengebäude tragen das Patrozinium des Niklaus von Flüe. Eine Liste befindet sich im Artikel Bruder-Klaus-Kirche.

Psychologen zu Niklaus von Flües Mystik

Erschreckendes Gottesantlitz

Für Carl Gustav Jung ist Niklaus von Flüe „der einzige hervorragende schweizerische Mystiker von Gottes Gnaden, der unorthodoxe Urvisionen hatte und unbeirrten Auges in die Tiefen jener göttlichen Seele blicken durfte, welche alle durch Dogmatik getrennten Konfessionen der Menschheit noch in einem symbolischen Archetypus vereinigt enthält“ (Ges. Werke, 11, § 487). Jung hält Niklaus von Flüe deshalb für den Prototyp eines modernen Mystikers jenseits der Spaltung in verschiedene Konfessionen und Religionsbekenntnisse.

Hingegen sind nach Meinung von Marie-Louise von Franz Niklaus von Flües Visionen teilweise heidnischen Ursprungs und verwässern sein christliches Gottesbild, vor allem die Trinitätsvorstellung. Sie gipfeln in seiner letzten bekanntgewordenen Vision vom erschreckenden Gottesantlitz (vgl. Abb.), die er in einem langjährigen Prozess in das abstrakte Gottesbild seines Radbildes (vgl. Abb.) transformierte. Es ist im Gegensatz zum christlich-trinitarischen doppeltriadisch strukturiert. Dieser häretische Inhalt des Radbildes brachte Niklaus von Flüe in die Gefahr, als Ketzer verurteilt zu werden. Daher gab er darüber und über die letzte Vision viel weniger preis als über seine anderen Visionen.

Literatur

Sachbücher

  • Rupert Amschwand: Bruder Klaus. Ergänzungsband zum Quellenwerk von Robert Durrer. Staatskanzlei Obwalden, Sarnen 1987, ISBN 3-908046-01-1 (formal falsche ISBN)
  • Fritz Blanke: Bruder Klaus von Flüe. Seine innere Geschichte. Zwingli-Verlag, Zürich 1948
  • Peter Dörfler: Niklaus von Flüe. Ein Bildnis. Kösel Verlag, München 1962
  • Robert Durrer (Hrsg.): Bruder Klaus. Die ältesten Quellen über den seligen Niklaus von Flüe, sein Leben und seinen Einfluss. Regierungsdruckerei, Sarnen 1981 (Repr. d. Ausg. 1917) [Das Quellenwerk]
    • 1. - XLIX, 608 S.
    • 2. - S. 610-1300
  • Marie-Luise von Franz: Die Visionen des Nikolas von Flüe. Daimon-Verlag, Zürich 1980, ISBN 3-85630-001-5
  • Roland Gröbli: Die Sehnsucht nach dem "einig Wesen". Leben und Lehre des Bruder Klaus von Flüe. NZN-Buchverlag, Zürich 1992, ISBN 3-85827-089-X
  • Johannes Hemleben: Nikolaus von der Flühe. Der Heilige der Schweiz. Huber, Frauenfeld 1977, ISBN 3-7193-0550-3
  • Werner T. Huber: Der göttliche Spiegel. Zur Geschichte und Theologie des ältesten Druckwerks über Bruder Klaus und sein Meditationsbild. Lang, Bern 1981, ISBN 3-261-04915-4
  • Werner T. Huber: Bruder Klaus. Niklaus von Flüe in den Zeugnissen seiner Zeitgenossen. Benziger, Zürich und Düsseldorf, 1996, ISBN 3-545-20122-8 [Neusprachliche Quellen bis 1501 mit Kommentaren]
  • Benoît Lavaud: Vie profonde de Nicolas de Flue. l'Université, Fribourg 1942
  • Leonard von Matt (Photos), Johann Imfeld, Johann K. Scheuber (Texte): Nikolaus von Flüe. Lebensbild, Heiligsprechung. NZN-Buchverlag, Zürich 1982, ISBN 3-85827-038-5
  • Johann Ming: Der selige Bruder Nikolaus von Flühe, sein Leben und Wirken. Räber-Verlag, Luzern 1861-1878 (4 Bde.)
  • Walther Muschg: Die Mystik in der Schweiz. 1200-1500. Huber, Frauenfeld 1935, S. 383-398
  • W. Oehl: Bruder Klaus und die Mystik. In: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 11. Jg. (1917), S. 164-174, 241-254
  • D. Planzer: Zu Bruder Klaus' Sprüchen und Gebet. In: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 32. Jg. (1938), S. 39-46
  • Alban Stoeckli: Die Visionen des seligen Bruder Klaus. Benziger, Einsiedeln 1933
  • Ernst A. Stückelberg: Die schweizerischen Heiligen des Mittelalters. Ein Hand- und Nachschlagebuch für Forscher, Künstler und Laien. Amberger, Zürich 1903
  • A. Wagner: Ein Beitrag zur Bruder-Klaus-Forschung aus Geschichte und Kunst. In: Leonard von Matt (Mitarb.): Aus Geschichte und Kunst. Robert Durrer zur Vollendung seines sechzigsten Lebensjahres. Matt, Stans 1928, S. 383-398

Belletristik

  • Kurt Faßbender: Nikolaus von Flühe, ein Heiliger der Friedens. Mysterienspiel. Verlag Aktuelle Texte, Heiligkreuthal 1988, ISBN 3-921312-29-9
  • Paul Mons-Franken: Der Tag des Heiligen. Ein Volksschauspiel über Nikolaus von Flühe. Höfling-Verlag, München 1952
  • Martin Winkelbauer: Der Bauer in der Kutte. Das Heiligen Nikolaus von Flühe. Morsak-Verlag, Grafenau 1988, ISBN 3-87553-310-0
  • Varda Hasselmann, Frank Schmolke: Wege der Seele. Goldmann-Verlag, München 2002, ISBN 3-442-21625-7
  • Pirmin Meier, Ich Bruder Klaus von Flüe, eine Geschichte aus der inneren Schweiz (Biografie) Zürich 1997, ISBN 3-250-10309-8
  • Manfred Züfle: Ranft, Erzählungen und Erzählungen der Erzählungen. Zürich 1998, ISBN 3-85827-123-3
  • Roland Zoss: Jimmy-Flitz e Reis dür d Schwyz, Teil 3. Bern 2008 (Hörspieltrilogie), ISBN 3-03739-034-4

Einzelnachweise

  1. Quellen Bruder Klaus und Dorothea: Zur Geschichte des Gebets von Bruder Klaus, No. 67
  2. Quellen Bruder Klaus und Dorothea: Bernardino Imperiali, Sonderbotschafter Mailands, No. 33
  3. … imaginativ gegenwärtig, Das Stanser Verkommnis im zeitgeschichtlichen Kontext

Weblinks


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