Steinbrinck

Steinbrinck

Otto Steinbrinck (* 19. Dezember 1888 in Lippstadt; † 16. August 1949 in Landsberg am Lech) war Industrieller und verurteilter Angeklagter im Nürnberger Flick-Prozess.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Der Sohn eines Lehrers war ab 1907 Berufssoldat bei der Marine und diente ab 1911 auf mehreren U-Booten. Im Ersten Weltkrieg wurde Steinbrinck als U-Boot-Kommandant 1916 mit zahlreichen Orden, darunter mit dem Pour le Mérite, ausgezeichnet. 1919 - der Weltkrieg war für Deutschland verloren - konnte man für ihn jedoch in der neugebildeten Reichswehr keine Verwendung mehr finden. Er wurde im Rang eines Kapitänleutnants entlassen.

1917 heiratete er Lola Vogelsang.

Beruflicher Werdegang

Nach dem Krieg arbeitete er in der Waffenstillstandskommission mit und danach als stellvertretender Geschäftsführer und Syndikus des Verbandes Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller unter Jakob Reichert und war zuständig für Wirtschafts-, Außenwirtschafts- und Verkehrspolitik. Dort wirkte er an der Vorbereitung des Friedensvertrages mit. Friedrich Flick las seine Schrift über die wirtschaftliche Situation Oberschlesiens des Jahres 1920 im Vorfeld der Volksabstimmung. 1923 bot ihm im Friedrich Flick eine neue Anstellung an, die er ablehnte und bei der Linke-Hofmann-Lauchhammer AG eine leitende Stelle unter dem Direktor Friedrich Möller annahm.[1] Ab Februar 1925 war er Privatsekretär des Generaldirektors Friedrich Flick; später stieg er zum Vizepräsidenten auf. Auch arbeitete Steinbrinck als Vorstandsmitglied in zahlreichen Firmen. Nach der Gründung der Flick KG fungierte Steinbrinck von 1937 bis 1939 als Generalbevollmächtigter für den Flick-Konzern.[2] Bereits 1933 sprach sich Steinbrinck mit Flick über seine Trennung vom Konzern und 1936 gab er Aufgaben wegen Arbeitsüberlastung ab bis er schließlich 1939 kündigte. Vorausgegangen soll ein Zerwürfnis zwischen den Ehefrauen sein.[3]. Sein Tätigkeitsfeld bei Flick, der Stahl- und der Kohlesektor sowie die Weiterverarbeitungsbranche übernahmen Odilo Burkart und Bernhard Weiß.

Im 1. Mai 1933 trat er in die NSDAP (Mitglieds-Nr. 2.638.206) ein, und wurde bald darauf am 30. Mai 1933 Standartenführer in der SS (Mitglieds-Nr. 63.084), wo er im April 1935 SS-Oberführer wurde. Bald darauf war er Mitglied im sogenannten Freundeskreis Reichsführer SS. Friedrich Flick benutzte Steinbrinck aufgrund seiner exzellenten Kontakte zum Militär, zu Ministerien, zur NSDAP und SS als „Verbindungsoffizier“.[4] Steinbrinck war ein überzeugter Nationalsozialist und überredete Friedrich Flick zur Mitgliedschaft im Freundeskreis Reichsführer SS.[5] Im April 1938 wurde Steinbrinck Wehrwirtschaftsführer und ab dem Januar 1939 SS-Brigadeführer (vergleichbar mit dem Rang eines Generalmajors). Er war Träger des Totenkopfrings, des Ehrendegens der SS und bekam den Julleuchter überreicht.

Als er im Sommer 1939 aus dem Flick-Konzern ausschied und fungierte er ab dem Dezember desselben Jahres als Treuhänder des Thyssen-Vermögens. Kurz zuvor war er als Fregattenkapitän reaktiviert worden. Ab 1940 war er im Aufsichtsrat der Vereinigten Stahlwerke AG, in der Thyssen die Aktienmehrheit besaß, und war dort bis zum Ende des Krieges stellvertretender Vorsitzender.

Von Mai 1940 bis März 1942 arbeitete Steinbrinck als Generalbevollmächtigter für die Stahlindustrie in Luxemburg, Belgien und Frankreich, und fungierte im April 1941 als Mitarbeiter im Präsidium der Reichsvereinigung Kohle.

Von März 1942 bis zur Räumung der westlichen Besatzungsgebiete im Herbst 1944 war Steinbrinck auch Generalbevollmächtigter der Reichsvereinigung Kohle für den Bergbau und die Kohlewirtschaft in Holland, Belgien und Frankreich, dem sogenannten Beko (Befehlskommando) West.

Kurz vor Kriegsende operierte Steinbrinck im April 1945 als Verbindungsmann zwischen der Ruhrindustrie und der Heeresgruppe B unter Generalfeldmarschall Walter Model.

Urteil

Am 30. August 1945 wurde Steinbrinck von den Amerikanern verhaftet und in Nürnberg im Flick-Prozess angeklagt. Dort erlitt er am 2. Verhandlungstag einen Herzanfall und fehlte in der ersten Woche der Verhandlung.[6] Steinbrinck wurde in mehreren Punkten angeklagt und durch Dr. Hans Flächsner, der auch Albert Speers Anwalt gewesen war, verteidigt. Steinbrinck war als einziger wegen seiner Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation, der SS, im Flick-Prozess angeklagt. Steinbrinck behauptete im Gerichtsverfahren, dass er lediglich zum Wohle des Konzerns in die SS und NSDAP eingetreten sei. Im Gegenteil, er habe dies nur getan, um die antikapitalistische und konzernfeindliche Stimmung der NSDAP gegen den Flickkonzern zu mindern. Die Verleihung der SS-Ränge sei von Göring aufgrund seiner öffentlichen Wertschätzung geschehen und von den Verbrechen der SS habe er nichts gewusst.[7] Am 22. Dezember 1947 wurde er zu 5 Jahren Haft verurteilt.

Der Anwalt Hans Flächsner, der Steinbrinck verteidigte, stellte in einem Schreiben an Steinbrincks Frau fest, dass es sich bei dem Urteil hinsichtlich der Anklagepunkte Sklavenarbeit und Arisierung um eine „recht günstige“ Lösung handle.[8] Kurz vor Beginn der allgemeinen Begnadigungswelle starb Steinbrinck in der Haft.

Literatur

  • Johannes Bähr et al: Der Flick-Konzern im Dritten Reich. Hrsg. v. Institut für Zeitgeschichte München-Berlin im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Oldenbourger Wissenschaftsverlag, München 2008. ISBN 978-3-486-58683-1.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0.
  • Susanne Jung: Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse. Dargestellt am Verfahren gegen Friedrich Flick. Tübingen 1992. ISBN 978-3-16-145941-2. Online teilweise verfügbar: Nürnberger Prozesse

Einzelnachweis

  1. Bähr: Flick-Konzern. S. 184
  2. Susanne Jung: Rechtsprobleme. S. 27
  3. Bähr: Flick-Konzern. S. 186
  4. Susanne Jung: Rechtsprobleme. S. 27
  5. Susanne Jung: Rechtsprobleme. S. 28
  6. Susanne Jung: Rechtsprobleme. S. 33
  7. Susanne Jung: Rechtsprobleme. S. 74
  8. Bähr: Flick-Konzern. S. 644

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