Stickstofftrifluorid

Stickstofftrifluorid
Strukturformel
Struktur von Stickstofftrifluorid
Allgemeines
Name Stickstofftrifluorid
Andere Namen
  • Stickstoff(III)-fluorid
  • Stickstofffluorid
  • Trifluoramin
  • Trifluorammoniak
Summenformel NF3
CAS-Nummer 7783-54-2
PubChem 24553
Kurzbeschreibung

farbloses Gas mit modrigem Geruch[1]

Eigenschaften
Molare Masse 71,00 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte

1,54 g·cm−3 (−129 °C)[1]

Schmelzpunkt

−206,6 °C[1]

Siedepunkt

−128,8 °C[1]

Löslichkeit

sehr schlecht in Wasser (61 mg·l-1, bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
03 – Brandfördernd 04 – Gasflasche 07 – Achtung

Gefahr

H- und P-Sätze H: 332-270-280
EUH: keine EUH-Sätze
P: 260-​244-​220-​304+340-​315-​370+376-​403Vorlage:P-Sätze/Wartung/mehr als 5 Sätze [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Brandfördernd Gesundheitsschädlich
Brand-
fördernd
Gesundheits-
schädlich
(O) (Xn)
R- und S-Sätze R: 8-20
S: 9-17-23
GWP

17200 (bezogen auf 100 Jahre)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

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Stickstofftrifluorid ist eine chemische Verbindung, die zur Gruppe der Stickstoffhalogenide gehört.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Stickstofftrifluorid wurde 1928 von Otto Ruff (1871–1939) erstmals durch Elektrolyse von wasserfreiem Ammoniumhydrogenfluorid (NH4HF2) dargestellt.[3] Im Jahre 1957 gelang es Peter Sartori, das Verfahren wesentlich sicherer zu machen, indem er die als Nebenprodukte entstehenden instabilen und explosiven Fluoramin NH2F und Difluoramin NHF2 durch bei der Reaktion eingebrachtes Braunstein eliminierte.[4]

Gewinnung und Darstellung

Es kann durch katalytische Umsetzung von Ammoniak mit Fluor oder durch Elektrolyse geschmolzenen Ammoniumhydrogenfluorids hergestellt werden:[5]

\mathrm{4 \ NH_3 + 3 \ F_2 \xrightarrow{Cu-Kat.} NF_3 + 3 \ NH_4F}

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Stickstofftrifluorid ist pyramidal aufgebaut, wobei das Stickstoffatom an der Spitze der Pyramide lokalisiert ist.[6] Die Bindungslängen und -winkel sind im Bild dargestellt.

Pyramidale Struktur von Stickstofftrifluorid

Chemische Eigenschaften

Stickstofftrifluorid reagiert bei Raumtemperatur nicht mit Wasser und besitzt im Gegensatz zu Ammoniak nahezu keine basischen Eigenschaften. Es ist ein starkes Oxidationsmittel. Mit Aluminiumchlorid reagiert es zu Aluminiumfluorid:[7]

\mathrm{2\ NF_3 + 2\ AlCl_3 \rightarrow\ N_2 + 3\ Cl_2 + 2\ AlF_3}

Umwelteigenschaften und Vorkommen

Stickstofftrifluorid wirkt als Treibhausgas 17.200-mal so stark wie Kohlendioxid und hat eine atmosphärische Halbwertszeit von 740 Jahren, wird aber nicht vom Kyoto-Protokoll erfasst.[2][8][9] Die Erdatmosphäre soll nach neuesten Forschungen inzwischen (2008) 5400 Tonnen Stickstofftrifluorid enthalten.[10] Bei einer Untersuchung von Luftproben aus 30 Jahren haben 2008 Forscher der Scripps Institution of Oceanography der UCSD festgestellt, dass Stickstofftrifluorid in fast vierfach höherer Konzentration in der Erdatmosphäre vorkommt als zuvor angenommen. Dabei liegt die Konzentration auf der nördlichen Hemisphäre signifikant höher als auf der südlichen. Dieses Ergebnis passt zur Lokalisation der hauptsächlichen Emittenden in den nördlichen Industriestaaten. Primärer Emittent war früher die Mikroelektronikindustrie, heute sind es die Flachbildschirm- und Dünnschichtsolarzellenindustrie. Über den Beobachtungszeitraum konnten die Forscher einen mittleren Konzentrationsanstieg von ca. 11% pro Jahr belegen. Angesichts des hohen Treibhausgaspotentials empfehlen die Forscher, Stickstofftrifluorid auf die Liste der bedrohlichen Treibhausgase, deren Emissionen nach dem Kyoto-Protokoll überwacht werden, zu setzen.[11]

Verwendung

Stickstofftrifluorid wird in der Halbleiter- und in sehr großer Menge in der Flüssigkristallbildschirm- und Solarindustrie zum Reinigen der PECVD-Beschichtungskammern von Siliciumdioxid, Siliciumoxidnitrid und Siliciumnitrid-Rückständen verwendet. Der starke Anstieg der Stickstofftrifluoridkonzentration in der Atmosphäre ist auf diese Anwendungen zurückzuführen.[12] Der Ersatz durch giftiges aber umweltschonenderes Fluor wird im technischen Maßstab erprobt.[13] Weiterhin kam es zeitweilig in militärischen Hochenergie-Fluorwasserstoff-Lasern (z. B. MIRACL) zum Einsatz, wurde als Oxidator in Raketentreibstoffen eingesetzt, als Zusatz zu Glühlampen-Gasfüllungen[7] erprobt und zur Herstellung von extrem giftigem Tetrafluorhydrazin (N2F4) – einem weiteren Raketenbrennstoff und unerwünschten Nebenprodukt der Stickstofftrifluoridherstellung – verwendet.

Produktion

Insgesamt wurden 2008 ungefähr 4000 Tonnen Stickstofftrifluorid produziert. Der weltweit mit Abstand größter Hersteller von Stickstofftrifluorid ist das amerikanische Chemieunternehmen Air Products & Chemicals Inc.. Würde die gesamte Stickstofftrifluoridjahresproduktion in die Erdatmosphäre entlassen, entspräche der hierdurch erzeugte Treibhauseffekt dem, der durch die Freisetzung von ungefähr 67 Mio. Tonnen CO2 erzeugt würde.[14]

Sicherheitshinweise

Stickstofftrifluorid ist nach EG-Richtlinien als brandfördernd und gesundheitsschädlich klassifiziert. Es zersetzt sich beim Erhitzen und reagiert heftig mit einigen organischen Verbindungen (z. B. brennbaren Stoffen).

Literatur

  • O. Ruff, F. Luft, J. Fischer: Z. anorg. allg. Chem. 172/-/1928 S. 417 ff.
  • O. Ruff, Z. anorg. allg. Chem. 197/-/1931 S. 273 ff.
  • O. Ruff, L. Staub: Z. anorg. allg. Chem. 198/-/1932 S. 32 ff.
  • G. Brauer (Hrsg.): Handbook of Preparative Inorganic Chemistry. 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, ISBN 0-12-126601-X, S. 181-3

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Eintrag zu CAS-Nr. 7783-54-2 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. August 2007 (JavaScript erforderlich)
  2. a b P. Forster, P., V. Ramaswamy et al.: Changes in Atmospheric Constituents and in Radiative Forcing. In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge University Press, Cambridge und New York 2007, S. 212 (PDF)
  3. Patent für Electrolytic anode and method for electrolytically synthesizing fluorine containing substance using the electrolytic anode
  4. Vortrag für die Gruppe der Deutschen Fluorchemiker (PDF)
  5. H.P. Latscha, H.A. Klein: Anorganische Chemie, 2002, Springer, ISBN 3-54042938-7, S. 312ff
  6. Nils Wiberg, Egon Wiberg und Arnold Fr. Holleman: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102., stark umgearb. u. verb. Auflage, Gruyter, 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 695
  7. a b N. Wiberg a. a. O.; S. 697
  8. Ute Kehse: Das vergessene Treibhausgas, in wissenschaft.de vom 3. Juli 2008.
  9. H. Reichardt, A. Frenzel and K. Schober: Environmentally friendly wafer production: NF3 remote microwave plasma for chamber cleaning. In: Microelectronic Engineering. 56, 2001, S. 73–76. doi:10.1016/S0167-9317(00)00505-0.
  10. W.-T. Tsai: Environmental and health risk analysis of nitrogen trifluoride (NF3), a toxic and potent greenhouse gas. In: J. Hazard. Mat.. 159, 2008, S. 257. doi:10.1016/j.jhazmat.2008.02.023.
  11. R. F. Weiss, J. Mühle, P. K. Salameh, C. M. Harth: Nitrogen trifluoride in the global atmosphere, in: Geophysical Research Letters, 2008; doi:10.1029/2008GL035913
  12. Unterschätztes Treibhausgas. Wissenschaft.de, 3.07, abgerufen am 23. Juli 2009.
  13. J. Oshinowo, A. Riva, M Pittroff, T. Schwarze and R. Wieland: Etch performance of Ar/N2/F2 for CVD/ALD chamber clean. In: Solid State Technology. 52, 2009, S. 20–24.
  14. NF3, the greenhouse gas missing from Kyoto

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