Stier (Hilfskreuzer)

Stier (Hilfskreuzer)
War Ensign of Germany 1938-1945.svg
Schiffsdaten
Schiffstyp: Frachtschiff
Auftragsvergabe:  ???
Kiellegung: 1936
Stapellauf (Schiffstaufe): 7. Oktober 1936 als Cairo
Bauwerft: Krupp Germaniawerft, Kiel
Bau.Nr. ???
Reederei: Atlas-Levante-Linie
Umbau zum HSK 1941: 1. Wilton-Fijenoord Werft, Schiedam – Holland
2. Oderwerke, Stettin
Indienststellung: als Cairo 1936
als Schiff 23 am 25. November 1939
als HSK 6 ab 11. November 1941
Tage auf See 140 (als HSK 6)
Besatzung: 324 Mann
(11 Offiziere, 3 Prisenoffiziere, 310 Unteroffiziere & Mannschaft)
Baukosten: ??? Mio Reichsmark
Technische Daten
Vermessung: 4778 BRT
Wasserverdrängung: 11.000 ts
Länge: über alles: 134 m
KWL: 124 m
Breite: 17,3 m
Tiefgang: 7,2 m
Maschinenanlage: 1 7-Zylinder 2-Takt Diesel (MAN)
Anzahl der Wellen: 1
Leistung: 3750 PS
Höchstgeschwindigkeit: 14 kn
Fahrbereich: 50.000 sm bei 12 kn
Brennstoffvorrat: maximal 3200 t Treiböl
Bewaffnung
Kanonen: 6 x 15 cm (L/48 C 36)
Flak 2 x 3,7 cm (Doppellaffette)
4 x 2 cm (Einzellaffetten)
Torpedorohre
Ø 53,3 cm
2 (Unterwasser)
Minenkapazität: Keine
Flugzeuge: 2 Arado Ar 231
Kommandant
Kapitän zur See Horst Gerlach

Die Stier war ein im Zweiten Weltkrieg unter der Bezeichnung Schiff 23 für den Einsatz bei der Kriegsmarine vereinnahmtes deutsches Handelsschiff. Es war ursprünglich das Frachtschiff Cairo der Deutschen Atlas Levante-Linie. Unter der Bezeichnung Handelsstörkreuzer 6 (HSK 6) wurde das Schiff als Hilfskreuzer eingesetzt. Den Namen Stier wählte Fregattenkapitän Horst Gerlach in Anlehnung an das Tierkreiszeichen seiner Frau Hildegard. Bei der britischen Royal Navy war die Stier als Raider J bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Einsatz als Schutzschiff

Am 25. November 1939 wurde die Cairo von der Kriegsmarine übernommen. Sie wurde mit zwei 15-cm-Geschützen bewaffnet und diente fortan als Schiff 23 zunächst als Eisbrecher, dann als Schutzschiff und Handelsstörkreuzer in der Ostsee. Das Kommando hatte zunächst KKpt. Pahl, bis dieses im Mai 1940 an Horst Gerlach überging.

Für die Operation Seelöwe, die geplante Invasion Englands, wurde das Schiff zum Minenschiff umgerüstet und in Cherbourg, später in St. Nazaire stationiert.

Am 21. April 1941 wurde Schiff 23 dann für den Umbau zum Hilfskreuzer außer Dienst gestellt. Der Umbau begann auf der Wilton-Fijenoord-Werft in Schiedam und wurde bei den Oderwerken in Stettin vollendet.

Feindfahrt der Stier

Am 11. November 1941 stellte Fregattenkapitän Gerlach den Handelsstörkreuzer 6 in Dienst und gab ihm den Namen Stier. Zunächst fuhr das Schiff unter der Tarnidentität seines Schwesterschiffes Ankara. Am 9. Mai 1942 verließ das Schiff, als Sperrbrecher 171 getarnt, Kiel und fuhr im Geleit nach Rotterdam.

Kanaldurchbruch

Am 12. Mai verließ die Stier Rotterdam in Begleitung von 16 Räumbooten der 2. und 8. Räumbootflottille und den Torpedobooten Iltis, Kondor, Falke und Seeadler der 5. Torpedobootsflottille. In der Nacht des 13. Mai um 2 Uhr eröffneten zunächst die Küstenbatterien von Dover das Feuer auf den Geleitzug, der sich jedoch außerhalb der Reichweite der Geschütze befand. Gegen 3.30 Uhr folgte dann ein Angriff von britischen Motortorpedobooten, in dessen Verlauf die deutschen Torpedoboote Iltis und Seeadler und das britische MTB 220 sanken. Die Kampfhandlungen gestalteten sich chaotisch, wobei u.A. die vorderen Geschütze der Stier in Nebel und Dunkelheit auf einen verdächtigen Schatten schossen, der sich jedoch als das Vorschiff der sinkenden Seeadler herausstellte, auf dem sich noch Seeleute zu retten versuchten. Beim Untergang der Iltis und Seeadler kamen 199 von 287 Besatzungsmitgliedern ums Leben.

Die Stier blieb bei den Kampfhandlungen unbeschädigt und erreichte Royan an der Girondemündung, von wo sie am 19. Mai in den Nordatlantik auslief.

Am 1. Juni 1942 wurde Fregattenkapitän Gerlach zum Kapitän zur See befördert.

Versenkte Schiffe

Gemstone

Captain E.J. Griffith gab nach einem kurzen Fluchtversuch auf, die gesamte Besatzung konnte unverletzt an Bord der Stier gebracht werden. Die Gemstone, die Eisenerz geladen hatte, wurde mit einem Torpedo versenkt.

Stanvac Calcutta

Der Tanker erwiderte aus einem 10,2 cm-Geschütz das Feuer und erzielte zwei Treffer. Eine Granate explodierte in einer Mannschaftsunterkunft und verwundete zwei Mann. Nach massivem Beschuss und einem Torpedotreffer bekam der Tanker langsam Schlagseite und sank. 14 Besatzungsmitglieder, darunter der Kapitän Gustav O. Karlsson, fanden auf der Stanvac Calcutta den Tod, ein weiterer erlag an Bord der Stier seinen Verletzungen.

  • Am 10. Juni Treffen mit dem Tanker Charlotte Schliemann. 68 Gefangene wurden von Bord gebracht.
  • Am 27. Juli erneutes Treffen mit der Charlotte Schliemann, Übergabe der restlichen Gefangenen.
  • Am 29. Juli Treffen mit dem Hilfskreuzer Michel. Gerlach und von Ruckteschell beschlossen, gemeinsam vorzugehen.

Dalhousie

Der Dampfer erwiderte zunächst das Feuer mit seinem 12,7-cm-Geschütz, ohne Treffer zu erzielen. Nachdem sein Schiff in Brand geschossen worden war, gab der Kapitän nach ca. einer halben Stunde schließlich auf. Die Stier nahm 37 Gefangene auf. Damit das brennende Schiff nicht weitere Aufmerksamkeit auf sich zog, wurde es mit einem Torpedo versenkt. Als das Handelsschiff zu kentern begann, erschien die Michel auf dem Schauplatz. Ruckteschell, der Gerlachs Taktik ablehnte, beschloss, die Jagd allein fortzusetzen. In der Folge versuchte Gerlach die beiden Arado Ar 231 Flugzeuge einzusetzen, um potentielle Ziele ausmachen zu können. Die beiden Versuchsmodelle, die für U-Boote gedacht waren, erwiesen sich aber unter den Einsatzbedingungen im Atlantik als völlig ungeeignet.

  • Am 27. August erneutes Treffen mit der Charlotte Schliemann nördlich der Insel Gough um Treibstoff zu übernehmen.

Genau einen Monat später war die Stier erneut auf dem Weg zu einem Rendezvous, diesmal mit dem Versorger Tannenfels, einem Schwesterschiff der Goldenfels, die ebenfalls als Hilfskreuzer Atlantis unterwegs war. In hoher See und schlechter Sicht tauchte am Rendevouzpunkt plötzlich ein drittes Schiff auf.

Stephen Hopkins

Es handelte sich um das bewaffnete Liberty-Schiff Stephen Hopkins. Um 8.54 Uhr schoss der Hilfskreuzer die erste Salve, doch der Dampfer erwiderte aus mehreren Geschützen erfolgreich das Feuer. An Feuerkraft letztlich deutlich unterlegen versank der Gegner nach einem einstündigen Feuergefecht. Wegen der schweren See blieb eine Suche der Tannenfels nach Überlebenden erfolglos, doch 31 Tage später erreichten 15 von 19 Überlebenden in einem Rettungsboot die Küste von Brasilien.

Der Rest der 57-köpfigen Besatzung der Stephen Hopkins bezahlte ihre mutige Gegenwehr mit dem Leben.

  • Gesamtbilanz:
    • Versenkt: vier Schiffe mit 30.728 BRT
    • Prisen: -keine-

Ende der Kaperfahrt

Die Begegnung mit der Stephen Hopkins besiegelte auch das Schicksal der Stier. Die ersten Treffer hatten die Hauptmaschine lahmgelegt und mehrere Brände ausgelöst, da das Bordstromnetz ausfiel, waren Munitionsaufzüge und Feuerlöschpumpen ebenfalls lahmgelegt. Der Versorger Tannenfels, der in der Nähe war, konnte wegen der hohen See ebenfalls keine Unterstützung bei der Brandbekämpfung leisten. Die Stier musste aufgegeben werden, Besatzung und Gefangene stiegen auf die Tannenfels über und das Schiff wurde mit zwei Sprengladungen versenkt.

Kommandant Gerlach hatte drei Tote, fünf Schwer- und 28 Leichtverletzte zu beklagen. Die völlig überbesetzte Tannenfels erreichte am 2. November 1942 sicher den Hafen von Royan.

Offiziere an Bord

  • Gerlach, Horst (Kommandant)
  • Schomburg, Heinz (Funkoffizier) – später Kommandant von U 145, U 561
  • Petersen, Ludolf (Erster Offizier)

Literatur

  • August K. Muggenthaler: Das waren die deutschen Hilfskreuzer 1939–1945. Motorbuch, Stuttgart 1981, ISBN 3-87943-261-9.
  • Jochen Brennecke: Die deutschen Hilfskreuzer im Zweiten Weltkrieg. Koehler, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0828-5.
  • Zvonimir Freivogel: Deutsche Hilfskreuzer des Zweiten Weltkriegs. Motorbuch, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02288-5.

Weblinks


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