- Baiertal
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Baiertal Stadt WieslochKoordinaten: 49° 18′ N, 8° 44′ O49.38.74156Koordinaten: 49° 18′ 0″ N, 8° 44′ 24″ O Höhe: 156 m Einwohner: 4.517 (31. Dez. 2007) Postleitzahl: 69168 Vorwahl: 06222 Baiertal ist seit 1972 ein Stadtteil der Stadt Wiesloch im Rhein-Neckar-Kreis und liegt im Nordwesten von Baden-Württemberg. Der Stadtteil hat rund 4.500 Einwohner.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Geographische Lage
Mit zu den ältesten Ortschaften des Rhein-Neckar-Kreises zählt der ehemals selbständige, seit dem 31. Januar 1972 zur Großen Kreisstadt Wiesloch gehörende Stadtteil Baiertal. Sie liegt im nordwestlichen Kraichgau, der hügelig-welligen Senke zwischen dem waldbedeckten Buntsandstein-Odenwald und dem Schwarzwald in 144–234 m über NN. Die höchste Erhebung mit 233,7 m liegt im Nordosten der Gemarkung, die Steinershöhle, die niedrigste mit 144 m beim früheren Horrenberger Bahnhof. Benachbarte Orte sind Wiesloch, Schatthausen, Unterhof und Dielheim.
Klima
Das Gebiet ähnelt klimatisch der Rheinebene. Bei etwas weniger Wärme fallen mäßige Niederschläge, da die Regenwolken durch die Kraichgau-Senke abziehen. Im Wieslocher Raum gibt es im Durchschnitt eine Niederschlagsmenge von 770 mm im Jahr. Die Juli-Temperatur beträgt über 18°C und die durchschnittliche Jahrestemperatur 9,4°C (Heidelberg 10,4°C)
Gewässer
Die Bäche der Baiertaler Gemarkung entwässern indirekt zum Rhein. Maisbach und Klingenbruchgraben münden in den Gauangelbach, der unweit der Gemeinde Dielheim in den Leimbach fließt, der bei Brühl in den Rhein mündet. Durch beachtliche Lößlehm-Abschwemmungen wird die starke Wassertrübung der Bäche verursacht. Diese haben dem Leimbach (Lehmbach) seinen Namen gegeben.
Geschichte
Baiertal war durch seine günstige Lage vermutlich schon in der Jungsteinzeit besiedelt, außerdem gibt es römische und alemannische Funde in dieser Gegend, die in der Nähe der Kreuzung der Handelsstraßen Speyer-Heilbronn-Nürnberg und Frankfurt-Heidelberg-Karlsruhe liegt.
Urkundlich wird der Ort erstmals am 29. April 841, zur Zeit Kaiser Lothars I., in einer Urkunde des Klosters Lorsch erwähnt, wie viele andere Orte der Region auch. In der Urkunde schenken die fränkischen Gutsbesitzer Rutpert und Nending dem Kloster u.a. zehn Morgen Land in Baiertal, damals als "Buridal" bezeichnet. [1]
Buri bedeutet auf Althochdeutsch ‚Besitz‘ und dal bedeutet ‚Tal‘, schlicht übersetzt heißt es also "Besitz im Tal", in diesem Fall "Tal mit Viehhütten" und lässt darauf schließen, dass Baiertal eine Ausbausiedlung des Nachbarortes Dielheim war, die zunächst nur aus Ställen bestand. Dielheim besaß damals die Weiderechte im Gebiet des heutigen Ortes. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert besaßen die Herren von Hohenhart Land in Baiertal, nach ihrem Aussterben kamen zwei Drittel des Dorfes zur Kurpfalz, diese wurden von Ministerialen, also kurfürstlichen Verwaltungsbeamten, regiert, aus denen verschiedene Geschlechter des niederen Adels hervorgingen. Seit 1371 besaß der Deutsche Orden, der außer in Preußen und im Baltikum auch im nördlichen Württemberg Besitz hatte, ein Viertel des Dorfes und überließ es jeweils für mehrere Jahre einem Pächter in Erbpacht bei jährlichen Zinszahlungen, Frondienste mussten die Pächter aber nicht leisten. Der Besitz des deutschen Ordens gehörte zum Kanton Kraichgau, Komtur Weinheim. Die Ortsherrschaft lag seit 1369 bei einem Kondominat von Deutschem Orden und diversen Adelsfamilien, ab 1784 den Freiherren von Üxküll-Gyllenband. Die Oberhoheit lag ebenfalls geteilt bei der kurpfälzischen Meckesheimer Zent und dem Ritterkanton Kraichgau. Die beiden Baiertaler Hälften hatten je einen eigenen Schultheiß. Die jahrhundertelange Teilung wirkte sich auch auf die Konfessionsstruktur des Ortes aus: seit der Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert waren etwa zwei Drittel der Bevölkerung, v.a. Untertanen des Pfälzer Kurfürsten, evangelisch, das restliche Drittel, v.a. Untertanen des Deutschen Ordens, war katholisch. Von 1802 bis 1912 bestand eine Simultankirche, die von beiden Konfessionen genutzt wurde. Die konfessionelle Durchmischung der Bevölkerung unterscheidet Baiertal von den Umlandgemeinden, die im Süden (im Bereich des ehemaligen Hochstifts Speyer) stark katholisch, im ehemals kurpfälzischen Norden eher protestantisch geprägt sind.
Rechtlich wurden die Besitzverhältnisse im Jahre 1561 fest geschrieben, nachdem der von Kurfürst Friedrich III. ein Jahr zuvor geschlossene Zentvertrag die kurpfälzische Oberhoheit über die adeligen Junker des Kraichgaus, also auch in Baiertal, festgeschrieben hatte. Baiertal wurde, wie die ganze Kurpfalz, im Dreißigjährigen Krieg mehrmals von Kriegseinwirkungen heimgesucht. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697), im Spanischen Erbfolgekrieg (1700-1712) und in den Französischen Revolutionskriegen (1799-1802) musste die Gemeinde Geld und Verpflegung für durchziehende Armeen bereit stellen, Bürger wurden zu Diensten herangezogen und mussten Quartiere zur Verfügung stellen; teilweise wurden auch notwendige Güter beschlagnahmt.
1803 kam der kurpfälzische Teil Baiertals an das neue Großherzogtum Baden. 1807 wurde die Herrschaft des Deutschen Ordens "jenseits der Bach" abgeschafft, ganz Baiertal wurde Grundherrschaft der Kondomini, also der Freiherrn von Bettendorff, von Üxküll und von Leoprechting, unter der Oberhoheit Badens. 1812 zogen 7000 badische Soldaten, darunter elf Baiertaler, im Gefolge Napoleons nach Russland, von dem gescheiterten Feldzug kehrten nur wenige zurück. Insgesamt nahmen etwa 200 Baiertaler Männer an den Feldzügen der badischen Truppen teil, mal auf der Seite Napoleons, mal auf der seiner Gegner. Mit dem Übergang an den neuen Staat Baden war die jahrhundertelange kurpfälzische Geschichte Baiertals und seiner Nachbarorte zu Ende; im neuen Flächenstaat, der sehr heterogene Gebiete umfasste, wurden aber erstmals eine konstitutionelle Verfassung und eine moderne, effiziente Verwaltungsstruktur eingeführt: 1809 wurde Baiertal Teil des Neckarkreises, 1832 des neu entstandenen Unterrheinkreises, 1863 des Kreises Heidelberg. Die 1830er Jahre brachten das Ende der bäuerlichen Leibeigenschaft, der Grundherrschaft und der zahlreichen Abgaben. Die wirtschaftliche und politische Lage der Bauern und Handwerker verschlechterte sich aber Mitte des 19. Jahrhunderts wieder, es kam zuerst in Südbaden, dann auch in der ehemaligen Kurpfalz zur demokratischen Revolution von 1848/49, an der mindestens elf Baiertaler Bürger teilnahmen.
Nach der Reichsgründung 1871 kam es in der Gemeinde wie in ganz Baden zu einem wirtschaftlichen Aufschwung vor allem durch die Zigarrenindustrie und den Anschluss an die private Eisenbahn von Wiesloch nach Meckesheim (1901), von 1837 bis 1910 stieg die Einwohnerzahl um fast 70 %, diese Jahre brachten Innovationen wie Straßenbeleuchtung, Telegrafie, Telefon, Elektrizitätsversorgung etc. in den Ort.
Im Ersten Weltkrieg starben 84 Baiertaler, im Zweiten 127 Soldaten und 10 Zivilisten (inklusive Vermisste). In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Baiertals enteignet, vertrieben und z.T. ermordet, die Synagoge im Zentrum des Ortes zerstört, woran heute ein Gedenkstein auf dem Synagogenplatz erinnert. In den ersten zwei Jahren nach dem Krieg hatte die Gemeinde etwa 525 Heimatvertriebene aus Mittel– und Osteuropa aufzunehmen, was über 21% der Bevölkerung entsprach. Jahrelange Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit waren zwar die Folge, die Integration gelang aber gut. Von den Heimatvertriebenen kamen 62 % aus der Tschechoslowakei (v.a. dem Sudetenland), 25% aus Ungarn, 5% aus Jugoslawien, 7% aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße und 1% aus Österreich. Erst durch die zahlreichen Heimatvertriebenen änderte sich die Konfessionsverteilung, seither sind die Katholiken in der Mehrheit.
Baiertal wurde schließlich während der „Wirtschaftswunderzeit“ von einer bäuerlichen Gemeinde zu einer modernen Wohngemeinde. Große Flächen für neue Eigenheime wurden erschlossen, viele Menschen aus anderen Gemeinden und Regionen siedelten sich an (Im Volksmund "Naigschmeggde" genannt), die Einwohnerzahl verdoppelte sich in 30 Jahren. Nachdem der Individualverkehr immer mehr an Bedeutung gewonnen hatte, wurde 1967 die Eisenbahn nach Wiesloch still gelegt; die Zigarrenindustrie, die wie in vielen Dörfern der Region zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen hatte, ging innerhalb weniger Jahre zugrunde. In den Folgejahren wurden aber ein neues Schulhaus für die Grund- und Hauptschule (in den letzten Jahren renoviert und erweitert), neue Brücken und asphaltierte Straßen nach Schatthausen, Wiesloch und Dielheim errichtet. Es folgten nach 1975 der Bau von drei vierstöckigen "Hochhäusern" im Süden des Ortes ("Ortserweiterung Süd") sowie die Anlage eines Industrie- und Gewerbegebiets, in den 1980er-Jahren die Ortskernsanierung mit dem Bau der neuen Gebäude der Raiffeisenbank und der Sparkasse sowie in den 1990er-Jahren die Anlage eines Neubaugebiets mit über 700 Wohneinheiten im Westen des Ortes Richtung Wiesloch.
Jahr 1818 1852 1905 1939 1950 1965 2007 Einwohner[2] 902 1013 1631 1788 2558 2960 4489 Wappen
Die Blasonierung des Wappens lautet: In Blau eine mit drei roten Edelsteinen besetzte goldene Krone, durch diese gesteckt zwei schräggekreuzte silberne Spitzhämmer.
Es wurde 1901 von Baiertal auf Vorschlag des badischen Generallandesarchivs angenommen. Mit einer Krone war bereits das älteste Gerichtssiegel aus dem Jahr 1739 überhöht. Das angenommene Wappen entspricht mit Ausnahme der Grundfarbe dem Stammwappen der Herren von Üxküll-Gyllenband. Die beiden Spitzhämmer erinnern an den Bergbau, der in Baiertal betrieben wurde.[3]
Wirtschaft und Infrastruktur
Landwirtschaft
Obstbau
Was für die Kernstadt der Weinbau, ist für den Stadtteil Baiertal der Obstbau. Mit etwa 50 Hektar besitzt die Gemeinde die größte zusammenhängende Obstanlage Badens. Die Produkte der fünf Obsthöfe werden dabei seit Jahren von den Erzeugern selbst vertrieben und vermarktet, was sich sehr gut bewährt und den Erzeugern einen überregional guten Ruf eingebracht hat.
Vereine
Der Stadtteilverein Baiertal ist eine überparteiliche und überkonfessionelle Vereinigung der örtlichen Vereine zur Förderung des Stadtteiles.
Die Spielvereinigung Baiertal ist der größte Verein der Stadt Wiesloch mit rund 800 Mitgliedern.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
Baiertal hat vier Ehrenbürger, die sich in besonderer Weise um die Gemeinde verdient gemacht haben.
E.H. Willstädter und S. Simon
Im Jahre 1869 erbauten die Fabrikanten Simon und Co. die erste Zigarrenfabrik in Baiertal, in der Generationen von Menschen Arbeit und Brot fanden. Mit Beschluss des Gemeinderates vom 16. März 1898 wurden die Fabrikanten E.H. Willstädter und S. Simon, „in Anerkennung ihrer Verdienste um die hiesige Gemeinde“ zu Ehrenbürgern ernannt.
J. Gayer und J. Kaufmann
Von 1887 bis zu seiner Pensionierung am 1. April 1920 waren Josef Gayer und ab 1893 Johann Kaufmann bis Zurruhesetzung am 1.November 1920 an der hiesigen Schule als Lehrer tätig. Beiden haben sich nicht nur durch ihr vorbildliches Wirken als Lehrer ausgezeichnet, sondern sich auch durch ihren persönlichen Einsatz in ihrer Kirchengemeinde große Verdienste erworben. Die Gemeinde honorierte ihr Engagement mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Oberlehrer Josef Gayer erhielt am 12. Mai 1920, Hauptlehrer Johann Kaufmann am 24. November 1920 von Bürgermeister Friedrich Goos die Urkunde.
Weitere Persönlichkeiten
- Friedrich Brandeis (1835-1920), Missionar
- Hermann Buddensieg (1893-1976), Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer
- Pauline Maier (1877-1942), jüdische Krankenschwester, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurde
- August Neuburger (1902-1999), Politiker (CDU)
- Karl Hermann Zahn (1865-1940), Botaniker und Hieracienforscher
Literatur
- Stadtteilverein Baiertal (Hrsg.): Von burdidal bis BAIERTAL eine Gemeinde blättert in ihrer Geschichte
- Staatl. Archivverwaltung Baden-Württemberg in Verbindung mit d. Städten u.d. Landkreisen Heidelberg u. Mannheim (Hg.): Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim: Amtliche Kreisbeschreibung.
- Bd 1: Allgemeiner Teil. Karlsruhe 1966
- Bd 2: Die Stadt Heidelberg und die Gemeinden des Landkreises Heidelberg. Karlsruhe 1968
Einzelnachweise
- ↑ Urkunde 659 29. April 841
- ↑ Bis 1965: Kreisbeschreibung Bd. 2, S. 385. Danach: Stadt Wiesloch.
- ↑ Herwig John, Gabriele Wüst: Wappenbuch Rhein-Neckar-Kreis. Ubstadt-Weiher 1996, ISBN 3-929366-27-4, S. 133
Weblinks
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