Simultankirche

Simultankirche
Altenberger Dom, eine der größten Simultankirchen Deutschlands.
Grundrissskizze (1742) der Laurentiuskirche von Dirmstein: protestantischer Teil (linkes Drittel) und katholischer Teil (rechts, mit Turm)

Der Ausdruck Simultankirche, auch Simultaneum oder paritätische Kirche genannt, bezeichnet einen von mehreren christlichen Konfessionen in konfessioneller Parität gemeinsam genutzten Sakralbau. Die Gottesdienste finden im Allgemeinen getrennt statt, ein gemischter Gottesdienst wird allenfalls ausnahmsweise praktiziert. Im kleineren Rahmen werden beispielsweise Krankenhauskapellen oft derart genutzt.

Zeitgenössische Darstellung (1567) der Simultankirche St. Petri in Bautzen aus dem katholischen Gesangbuch von Johann Leisentrit

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Simultankirche während und nach der Reformation war vermutlich die Kirche St. Petri zu Bautzen. Hier wurde bereits 1524 das Kirchenhaus geteilt, das Langhaus, die Sakristei sowie die Orgelempore waren seitdem evangelisch, der Chor und die erste Empore wurden von den römisch-katholischen Gläubigen benutzt.

In der Kurpfalz wurde am 29. Oktober 1698 von der Obrigkeit das Simultaneum eingeführt. Die Reformierten mussten ihre Kirchen für den katholischen Gottesdienst öffnen, die Katholiken behielten jedoch ihre Kirchen allein. Insgesamt erlangten die Katholiken ein Mitbenutzungsrecht von 240 Kirchen. In vielen Orten zahlte die größere Konfession um 1900 einen Geldbetrag an die kleinere, damit sich diese damit eine eigene Kirche oder Kapelle bauen konnte. Durch Erlass vom 29. März 1707 wurde das Simultaneum in der Kurpfalz im Zuge der pfälzischen Kirchenteilung wieder aufgehoben. Recht häufig waren Simultan- bzw. paritätische Kirchen in der Eidgenossenschaft, insbesondere in der Fürstabtei St. Gallen, in Glarus und in den von katholischen und reformierten Orten gemeinsam verwalteten Untertanengebieten.

Simultankirchen

Die Kirche Unser Frauen zu Memmingen. Die Orgelempore sowie das Langhaus waren evangelisch, die erste Empore sowie der Chor römisch-katholisch.

Die 65 Simultankirchen in Deutschland verteilen sich auf neun Bundesländer bzw. zwölf Landeskirchen oder 18 Bistümer.[1] Die meisten Simultankirche gibt es mit 29 in Rheinland-Pfalz (entspricht 44,62 % aller Simultankirchen in Deutschland), gefolgt von Bayern mit 19 Kirchen (29,23 %). Baden-Württemberg und Niedersachsen haben je vier simultan genutzte Kirchen. In Nordrhein-Westfalen gibt es drei, in Hessen und in Sachsen-Anhalt jeweils zwei sowie je eine im Saarland und in Sachsen.

Weitere Simultankirchen:

Ehemalige Simultankirchen

Die nachfolgende Aufzählung enthält nur die ehemaligen Kirchen außerhalb Deutschlands.

Literatur

  • Heinz Henke: Wohngemeinschaften unter deutschen Kirchendächern. Die simultanen Kirchenverhältnisse in Deutschland – eine Bestandsaufnahme. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2008, ISBN 978-3-86703-932-1.
  • Timotheus Wilhelm Roehrich: Das Simultaneum in den elsaessischen Kirchen. In: Timotheus Wilhelm Roehrich: Mittheilungen aus der Geschichte der evangelischen Kirche des Elsasses. Band 2: Evangelische Zeitbilder, und die Kirche der Väter unter dem Kreuz. Treuttel und Würtz, Straßburg u. a. 1855, S. 231–250, online.
  • Christoph Schäfer: Das Simultaneum. Ein staatskirchenrechtliches, politisches und theologisches Problem des Alten Reiches. P. Lang u. a. 1995, ISBN 3-631-49090-9 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft 1787), (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1995).
  • Bernard Vogler: Simultaneum. In: Theologische Realenzyklopädie. Bd. 31 (2000), S. 280–283 (mit Verzeichnis älterer Literatur).

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Simultankirche – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Heinz Henke: Wohngemeinschaften unter deutschen Kirchendächern: Die simultanen Kirchenverhältnisse in Deutschland – eine Bestandsaufnahme. Engelsdorfer Verlag, 2008 (Verlagsmeldung).

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