- Bail-out (Wirtschaft)
-
Bail-out (englisch aus der Klemme helfen) bezeichnet in den Wirtschaftswissenschaften den Vorgang der Schuldenübernahme und Tilgung oder Haftungsübernahme durch Dritte, insbesondere durch den Staat oder staatliche Institutionen, im Fall einer Wirtschafts-, Finanz- oder Unternehmenskrise.
Inhaltsverzeichnis
Arten von Bail-outs
Unterschieden werden können Bail-outs auf verschiedenen Ebenen:
- privatwirtschaftliche Bail-outs, zum Beispiel zwischen Kreditinstituten untereinander (Einlagensicherungsfonds) bzw. Staat und Kreditinstituten (etwa im Rahmen der Finanzkrise ab 2007 durch staatliche Haftungsfonds) oder zwischen Staat und privatrechtlich organisierten Unternehmen
- subnationale Bail-outs, zum Beispiel in finanzföderalen Staaten zwischen nachgelagerten Gebietskörperschaften und der oberen staatlichen Ebene, zwischen Staat und Staatsunternehmen oder Parafisci (etwa das berühmte Bail-out der Vereinigten Staaten für New York City im Dezember 1975)
- internationale Bail-outs, zum Beispiel zwischen Staaten bzw. internationalen Körperschaften und Staaten (zum Beispiel IWF und Argentinien zwischen 1998 und 2002)
- multilaterale Bail-outs, zum Beispiel zwischen Staaten bzw. internationalen Körperschaften und Staaten (zum Beispiel Europäische Union und Griechenland im Jahr 2010)
Staatlicher Bail-out
Staatliche Bailouts werden häufig mit der Abwehr eines systemgefährdenden Schadens begründet, den die Insolvenz eines als zu bedeutsam („Too Big to Fail“) angesehenen Unternehmens mit sich bringe. Dies gilt insbesondere für den Bankensektor, aber auch für große Industrieunternehmen. Die staatliche Rettung soll die Krise beseitigen, um schädliche Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft zu verhindern. Ein staatlicher Bail-out ist nach dieser Auffassung keine Aufhebung der Marktgesetze, sondern eine Abwägungsfrage und ein zeitlich begrenzter Eingriff.
Kritisch gesehen werden Bail-outs wegen der Gefahr des Moral Hazard, also dem Anreiz, überhöhte Risiken einzugehen und damit zu einer Krisenanfälligkeit beizutragen.
Es wird in mehreren Ländern diskutiert, die Kosten des Bail-outs bei Finanzkrisen über eine Bankenabgabe vom Finanzsektor einzufordern.
No-Bail-out als wesentliche Grundlage des deutschen Euro-Beitritts
Nach Art. 125 AEU-Vertrag haften weder die Europäische Union noch ihre Mitgliedstaaten für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten (Nichtbeistands-Klausel). Deutschland setzte durch, dass diese Regel und einige andere 1992 im Maastricht-Vertrag berücksichtigt wurden, um sicherzustellen, dass die europäische Währung ebenso stabil werden würde wie die D-Mark.
Das Bundesverfassungsgericht billigte den Vertrag 1993 und schrieb dabei zur Nichtbeistandsklausel: Diese Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft ist Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes. .. Sollte die Währungsunion die bei Eintritt in die dritte Stufe vorhandene Stabilität nicht kontinuierlich im Sinne des vereinbarten Stabilisierungsauftrages fortentwickeln können, so würde sie die vertragliche Konzeption verlassen. Das Gericht kündigte damals an, in einem solchen Fall einzuschreiten.
Darauf hofften einige Euro-Gegner um Joachim Starbatty, die 2010 erneut (wie schon 1998) vor dem Bundesverfassungsgericht vergeblich geklagt hatten – ein Eilantrag wurde abgelehnt. Von der kurz darauf erfolgten 123-Milliarden-Zusage der Bundesregierung wussten sie zum Zeitpunkt der Ablehnung noch nichts.[1]
Gegensatz Bail-in
Der Gegenbegriff Bail-in bedeutet die Beteiligung der Gläubigerseite (Kreditinstitute, Investmentfonds, Lieferanten usw.) an den Kosten eines Krisenmanagements bei Schuldnern in einer Unternehmenskrise.
Siehe auch
- Lender of last resort
- Bankrott
- Finanzkrise
- Staatsanleihe
- Staatsverschuldung
- Spekulationsblase
- Zitronensozialismus
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Rüdiger Jungbluth: Währung: Der neue Teuro. In: Die Zeit. Nr. 20, 12. Mai 2010
Wikimedia Foundation.