Sven Olof Joachim Palme

Sven Olof Joachim Palme
Olof Palme in den frühen 1970er Jahren

Sven Olof Joachim Palme (* 30. Januar 1927 in Stockholm; † 28. Februar 1986 ebenda) war schwedischer Sozialdemokrat und zweimaliger Ministerpräsident Schwedens (1969–1976 und 1982–1986).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Olof Palme kam aus einer großbürgerlichen und konservativen Familie. Die Familie seines Vaters stammte aus den Niederlanden; seine Mutter war eine deutsch-baltische Freiin von Knieriem. Während seiner Studienjahre in Stockholm trat er dem Sozialdemokratischen Studentenverein bei und 1952-53 war er Vorsitzender der Schwedischen Hochschülerschaft. 1953 wurde er Sekretär des Ministerpräsidenten Tage Erlander. Ziemlich rasch entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Ministerpräsidenten und dem 25 Jahre jüngeren Olof Palme. 1963 wurde er Staatsrat, 1965 Minister und 1969 – nach dem Rücktritt Tage Erlanders – Parteivorsitzender und Ministerpräsident. Nach dem Wahlverlust von 1976 ging die Sozialdemokratische Partei in die Opposition, aus der sie Olof Palme 1982 auf die Regierungsbank zurückführte. Seine zweite Periode als Ministerpräsident endete abrupt mit seiner Ermordung 1986.

Olof Palme war an der Reformpolitik der 50er und 60er Jahre maßgeblich beteiligt. Er hatte selbst an der Ausformung der Ideologie von der „starken Gesellschaft“ mitgewirkt, die Tage Erlanders Wirken prägte. Nach seinem Amtsantritt 1969 versuchte Palme, die Politik Tage Erlanders fortzuführen, begegnete aber mehreren Schwierigkeiten. Einerseits erschwerte die Verfassungsreform und die neue parlamentarische Situation nach der Wahl von 1973 eine stabile Zusammenarbeit über die Blockgrenzen hinweg, andererseits überschatteten wirtschaftliche Probleme, vor allem nach der Ölkrise 1973, die soziale Reformarbeit. Die Atomkraftdebatte, in der Palme 1973 den Bau von 24 Atomkraftwerken bis 1990 forderte[1], entzweite die eigene Partei und brachte einen neuen politischen Faktor ins Spiel, die Umweltpolitik und die grüne Bewegung, und die gewerkschaftliche Forderung nach Einführung von Arbeitnehmerfonds verschärfte die Gegensätze zu den bürgerlichen Parteien.

Wie kein anderer prägte Olof Palme aber das Bild Schwedens im Ausland durch seine engagierte Außenpolitik: durch seine harte Kritik am Vietnamkrieg, als UNO-Vermittler im Iran-Irak-Krieg und durch seine internationale Abrüstungsinitiativen, wie zum Beispiel im Rahmen der Palme-Kommission. Darüber hinaus hatte Palme enge persönliche Beziehungen zu europäischen Politikern wie Willy Brandt und Bruno Kreisky.

Olof Palme trug dazu bei, dass sein alter Schulfreund und Tennispartner Bert Bolin, der ihm bis dahin als Mittelsmann zwischen Politik und Wissenschaft gedient hatte, zum ersten Vorsitzenden des UN-Weltklimarates IPCC wurde. Kritiker sind der Auffassung, dass Palme mit der Förderung von Bert Bolin und dessen These von der Globalen Erwärmung durch Treibhausgase wie z.B. CO2 die Nutzung der CO2-freien Atomkraft populär machen wollte.[2]

Das Attentat

Rosen für Olof Palme am Tatort, 3. März 1986
Gedenktafel am Tatort

Am Abend des 28. Februar 1986 wurde Olof Palme im Alter von 59 Jahren an der Ecke Sveavägen/Tunnelgatan in der Innenstadt von Stockholm ermordet. Er war mit seiner Frau Lisbet ohne Polizeischutz nach einem Kinobesuch („Bröderna Mozart“/„Die Gebrüder Mozart“ von Suzanne Osten) auf dem Heimweg, als er aus nächster Nähe erschossen wurde. Obwohl er sehr schnell in ein Krankenhaus gebracht wurde, wurde Palme dort kurz vor Mitternacht für tot erklärt. Seine Frau erlitt leichte Verletzungen. Am Tatort erinnert eine Gedenktafel an den Mord.

Einem Passanten gelang es zunächst, den Attentäter zu verfolgen, er verlor ihn jedoch. Der nun folgende Polizeieinsatz startete schleppend. Der damalige Stockholmer Polizeichef Hans Holmér verwickelte sich in Widersprüche. Er gab beispielsweise an, zum Zeitpunkt des Attentats in einem Hotel in Borlänge genächtigt zu haben, obwohl er dort nie gewesen war. Holmérs Buch „Tod in Stockholm – Der Mordfall Olof Palme“ wurde vom Autor nach heftigen Anfeindungen zurückgezogen; unter anderem kam die Vermutung auf, die schwedische Sicherheitspolizei Säpo sei von Rechtsextremen unterwandert, habe die Ermittlungen verschleppt oder sei sogar selbst in das Attentat verwickelt. Auf letztere Vermutung weisen unter anderem Mitschnitte des Funkverkehrs in der Nacht des 28. Februar 1986 hin.

Die Suche nach dem Täter kam auch deshalb nur äußerst zögerlich in Gang, da sich die Stockholmer Stadtpolizei und die schwedische Sicherheitspolizei Säpo zunächst lange um die Zuständigkeit stritten. Überdies ging die Polizei Hinweisen einer Zeugin nicht nach, die wenige Minuten vor den Schüssen auf den schwedischen Ministerpräsidenten einen Verdächtigen im Eingang eines Geschäfts am Sveavägen erkannt haben will. Sie war mit einer Freundin unterwegs, wollte sich nach der Uhrzeit erkundigen, erkannte in dem Mann ein Mitglied jenes Fitness-Studios, in dem sie selbst trainierte, und sprach ihn – weil sie wusste, dass er Finnisch sprach – auch auf Finnisch an. Daraufhin drehte sich der Mann nach Angaben der späteren Zeugin um, verdeckte sein Gesicht, während aus einem Walkie-Talkie, das er mit sich führte, auf finnisch die Anweisung zu vernehmen war, er solle sich unauffällig verhalten.

Olof Palmes Grab

Darauf, dass bei den Ermittlungen geschlampt wurde, deutet ebenso hin, dass die beiden Patronen nicht von der Polizei, sondern von Passanten gefunden wurden. Angebliche RAF-Mitglieder bekannten sich zu der Tat, die aus Rache am schwedischen Verhalten bei der Besetzung der deutschen Botschaft in Schweden verübt worden sei. Die Polizei hielt diese Aussagen für unglaubwürdig.

Zunächst wurde auch die PKK verdächtigt.

Eine Spur führte überdies nach Südafrika. Das dortige Apartheid-Regime, gegen das sich Palme wiederholt und engagiert ausgesprochen hatte, wurde verdächtigt, den Mord an Palme in Auftrag gegeben zu haben. Auch Palmes entschiedene Gegnerschaft zum Vietnamkrieg der Amerikaner wurde als möglicher Hintergrund in Erwägung gezogen. In diesem Zusammenhang hatte der Ministerpräsident für Schlagzeilen gesorgt, indem er die US-Angriffe auf Nordvietnam mit den NS-Verbrechen verglich.

Es vergingen fast drei Jahre, ohne dass die Polizei bei der Suche nach Palmes Mörder entscheidende Fortschritte machte. Erst Ende 1988 konnten die Fahndungsbehörden der Öffentlichkeit einen Tatverdächtigen präsentieren, der gut ins Bild zu passen schien. Es handelte sich hierbei um den einschlägig vorbestraften und drogenabhängigen Christer Pettersson. Er war bereits kurz nach dem Attentat vernommen worden. Jetzt aber hatte sich sein Alibi für die Tatnacht als falsch erwiesen.

Der ungeklärte Mord geriet im September 2003 im Zusammenhang mit dem Attentat auf Anna Lindh wieder in die öffentliche Diskussion: Auch bei diesem zweiten Mord an einer prominenten Persönlichkeit der schwedischen Politik binnen weniger Jahre konnte der Täter zunächst nicht zweifelsfrei festgestellt werden, was zu massiver Kritik an der Arbeit der schwedischen Polizei führte und bei vielen Menschen die Erinnerung an den Mordfall Palme wieder wachrief. Jedoch gelang es den Behörden hier verhältnismäßig schnell, einen Täter zu fassen.

Am 2. Februar 2007 berichtete die langjährige Freundin Petterssons gegenüber einem Journalisten der Zeitung Aftonbladet, dass Pettersson ihr gegenüber den Mord an Palme gestanden habe.[3] Das Motiv wäre Hilfe für einen Bekannten, der wegen Steuerschulden Rache an Palme nehmen wollte. Dabei legte sie 40 Briefe von Pettersson vor.[4]

Aufsehen erregte der Film Jag såg mordet på Palme, der am 26. Februar 2006 im schwedischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Dort gesteht Pettersson den Mord und beschreibt, dass es sich um eine tragische Verwechslung handelte, weil er jemanden anderen töten sollte, den Drogenhändler Sigge Cedergreen.

Literatur

  • Olof Palme, Freimut Duve (Hrsg.): Olof Palme. Er rührte an die Herzen der Menschen. Reden und Texte. Rowohlt, Reinbek 1986, ISBN 3499159198.
  • Thomas Kanger: Wer erschoß Olof Palme? Neuer-Malik Verlag, Kiel 1988, ISBN 3890290299.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nils-Axel Mörner: The Greatest Lie Ever Told. 2007. S. 1
  2. Nils-Axel Mörner: The Greatest Lie Ever Told. 2007. S. 2
  3. Artikel auf Aftonbladet.se
  4. Frankfurter Allgemeine Zeitung 5. Februar 2007

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