- Thalia Theater (Hamburg)
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Das Thalia Theater ist eines der drei Hamburger Staatstheater, eine Sprechtheaterbühne mit einem festen und viel gerühmten Ensemble. Das Große Haus am Alstertor in der Hamburger Altstadt fasst ca. 1.000 Zuschauer. Das Repertoire umfasst etwa 20 Produktionen, die täglich wechselnd oder in Blöcken gespielt werden. Pro Spielzeit gibt es ca. neun Premieren im Großen Haus , dazu kommen etwa sechs Premieren im Thalia in der Gaußstraße in Altona.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das alte Gebäude des Thalia Theaters wurde von den Architekten Franz Georg Stammann und Auguste de Meuron konzipiert und 1843 errichtet. Dieser Bau stand dem heutigen Bau gegenüber (heute steht dort der Thaliahof). Am 9. November 1843 gründete Chéri Maurice (eigentlich Charles M. Schwartzenberger) mit der Theaterlizenz der verstorbenen Witwe Handje das Thalia Theater. Als Namen wählte sich Schwartzenberger Thalia, die Muse der komischen Dichtung und Unterhaltungskunst; des Weiteren ist Thalia aber auch eine der drei Grazien.
1894 erwarb Bernhard Pollini das Theater, seine Erben wandelten es 1907 in eine GmbH um. Unter der Leitung des Regisseurs Leopold Jessner wurde 1912 der Neubau am Pferdemarkt, heute: Gerhart-Hauptmann-Platz, (Architekten Lundt & Kallmorgen) mit 1300 Plätzen eröffnet. 1927 war der weltberühmte Schauspieler Peter Lorre (Laszlo Löwenstein) Schauspieler am Theater. Der Direktion von Hermann Röbbeling, der seit 1915 im Amt war, folgte 1932 Erich Ziegel. Von 1934 bis 1942 übernahm Paul Mundorf die Leitung des Hauses, bis 1936 gemeinsam mit Erich Kühn, danach zusammen mit Ernst Leudesdorff. Im Jahre 1937 wurde das Thalia Theater verstaatlicht. Von 1942 bis 1945 hatte Robert Meyn die Leitung des Hauses inne. 1945 wurde es durch Bombenangriffe zerstört. Eine provisorische Wiedereröffnung mit Was ihr wollt von William Shakespeare erfolgte 1946 unter der Intendanz von Willy Maertens (1945-1964).
Unter Maertens Leitung erfolgte am 3. Dezember 1960 auch die Eröffnung des restaurierten Hauses mit dem Stück Die heilige Johanna von George Bernard Shaw. Die Innenausstattung des Architekten Werner Kallmorgen gilt als hervorragendes Beispiel der Nachkriegsmoderne.
Auf die Intendanz von Kurt Raeck (1964–1969) folgte Boy Gobert. Unter seiner Leitung (bis 1980) öffnete sich das Thalia dem zeitgenössischen Regietheater. Gobert holte Regisseure wie Peter Zadek, Hans Neuenfels und Jürgen Flimm und die Theaterfotografin Rosemarie Clausen. 1972 wurde mit dem TiK – Thalia in der Kunsthalle eine zweite Spielstätte eröffnet. Von 1980 bis 1985 war Peter Striebeck Intendant. Es folgte Jürgen Flimm, der das Haus 15 Jahre lang erfolgreich leitete. Das Thalia war und ist noch (2005) das wirtschaftlich erfolgreichste staatliche Sprechtheater Deutschlands.
Im Sommer 2000 übernahm Ulrich Khuon das Thalia Theater, unter dessen Leitung es in den Jahren 2003 und 2007 in der Jahresumfrage der Zeitschrift Theater heute zum Theater des Jahres gewählt wurde. Er engagierte so namhafte Regisseure wie Andreas Kriegenburg (den er als Oberspielleiter ans Haus holt), Michael Thalheimer (dessen Erfolgsinszenierungen Liliom, Liebelei und Lulu zu zahlreichen Festivals und Gastspielen eingeladen werden), Stephan Kimmig, Martin Kušej, Jürgen Kruse und Tomaž Pandur. Auf dem Spielplan stehen zum einen Klassiker und moderne Klassiker von Autoren wie Shakespeare, Schiller, Wedekind, Molnár, Ibsen und Schnitzler, zum anderen werden Stücke zeitgenössischer Autoren wie Dea Loher, Gesine Dankwart, Conor McPherson, Moritz Rinke, Fritz Kater, Lukas Bärfuss oder Jon Fosse gezeigt und zur Uraufführung gebracht.
Seit dem Beginn der Spielzeit 2009/2010 ist Joachim Lux, bisher Chefdramaturg am Wiener Burgtheater, Intendant des Thalia Theaters. Das künstlerische Profil des Spielplans bestimmen entschiedene Regie-Handschriften, die kontinuierliche Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern, Regisseuren und Autoren sowie ein starkes Ensemble. Es inszenieren regelmäßig namhafte Künstler wie Luk Perceval, Nicolas Stemann, Dimiter Gotscheff, Stefan Pucher, Christiane Pohle, Jan Bosse und Jette Steckel. Das Programm vereint neue Stoffe, Themen und Uraufführungen sowie antike Stücke und moderne Klassiker, die sich mit Themen wie der Suche nach innerer und äußerer Heimat und nach kultureller Identität beschäftigen.
Im Juli 2000 wurde das TIK (Thalia in der Kunsthalle) als zweite Bühne geschlossen. Im November 2000 wurde das Thalia in der Gaußstraße eröffnet, eine neue Studiobühne in Hamburg-Altona mit 150 Plätzen und einer variablen Bühne. In wenigen Jahren avancierte dieser Spielort zu einer der ersten Adressen für zeitgenössisches Theater. Erstaufführungen junger Autoren haben hier ebenso wie Klassiker (z.B.: "Romeo und Julia", "Medea", "Elektra") ihren Platz. Neben zahlreichen jungen Regisseuren/innen (David Bösch, Jorinde Dröse, Jette Steckel) inszenierten hier auch Dimiter Gottscheff ("Der dritte Sektor", "Der Verwaiser"), Armin Petras ("Fight city. vieneta", "zeit zu lieben. zeit zu streben", "we are camera") und Andreas Kriegenburg ("Kurz vor dem Vergessen", "Romeo und Julia", "Der Menschenfeind"). Ulrich Khuon nannte das Thalia in der GAUSS.STRASSE den "Ort, wo wir uns am enspanntesten, am wohlsten fühlen" und Andreas Kriegenburg befand: "In der Gaußstraße zu inszenieren, habe ich als Privileg erlebt, weil man hier in einer anderen Nähe und Intimität zum Publikum arbeiten kann."
Das Thalia Theater war mit seinen Produktionen auf Gastspielreisen in ganz Europa, New York, Hongkong, Bogotá und Rio de Janeiro, zuletzt in Shanghai, Wien, beim Malta Theatre Festival in Poznan sowie beim Budapester Frühlingsfestival. Eine Reihe von Fernsehaufzeichnungen und Einladungen zum Berliner Theatertreffen oder den Wiener Festwochen belegen den Erfolg des Theaters über viele Jahre hinweg.
Am Thalia Theater haben Regisseure wie Peter Sellars, Ruth Berghaus, Robert Wilson, Tomaž Pandur, Andreas Kriegenburg, Michael Thalheimer und Jette Steckel gearbeitet. Weltweiten Erfolg hatte Robert Wilson mit seinen Musicals The Black Rider und Alice – beide in Zusammenarbeit mit Tom Waits – und mit Time Rocker und POEtry, die in Zusammenarbeit mit Lou Reed entstanden. Der slowenische Regisseur Tomaž Pandur inszenierte in den Spielzeiten 2000/2001 und 2001/2002 die Trilogie Inferno. Purgatorio. Paradiso nach Dantes La Divina Commedia, die von Kolumbien bis Korea zu sehen war.
Auszeichnungen
Im Jahr 2003 wurde das Thalia Theater mit drei Produktionen zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen. In der Jahresumfrage der Zeitschrift Theater heute wurde das Thalia Theater von einer Jury von Theaterkritikern aus dem deutschsprachigen Raum 2003 und 2007 zum Theater des Jahres gewählt.
Insgesamt wurden bisher 3 Produktionen des Thalia Theaters für den Nestroy-Theaterpreis als Beste deutschsprachige Aufführung nominiert (2000, 2003 und 2004).
2010 wurde das Thalia Theater mit zwei Produktionen zum Berliner Theatertreffen sowie mit einer Produktion zu den Mühlheimer Theatertagen eingeladen.
Literatur
- Boy Gobert, Gerhard Blasche u. a.: Hamburger Thalia-Theater. Kristall, Hamburg 1980 ISBN 3-607-00004-2
- Merian extra „150 Jahre Thalia-Theater“. Merian-Verlag 1993 ISBN 3-7742-9313-9
- Volker Canaris, Ludwig von Otting (Hrsg.): ... vom Himmel durch die Welt zur Hölle! Bilder von Hermann und Clärchen Baus aus 15 Jahren Arbeit am Thalia-Theater unter der Leitung von Jürgen Flimm 1985–2000. Hoffmann und Campe, Hamburg 2000 ISBN 3-455-11160-2
- Ernst August Greven: 110 Jahre Thalia-Theater Hamburg 1843-1953. Eine kleine Chronik. Herausgegeben von Intendant Willy Maertens. Zusammengestellt von Albert Dambek. Hamburg 1953, 144 Seiten Mit zahlreichen Abbildungen OPp.
- Henrik Woelk: Die Thalia in der GAUSSSTRASSE. Ansichten eines Kartenabreißers. Books on Demand. Norderstedt 2007. ISBN 978-3-8370-0535-6
Weblinks
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