- The War Zone
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Filmdaten Deutscher Titel The War Zone Produktionsland Großbritannien Originalsprache Englisch Erscheinungsjahr 1999 Länge 99 Minuten Altersfreigabe FSK 16 Stab Regie Tim Roth Drehbuch Alexander Stuart Produktion Dixie Linder,
Sarah RadclyffeMusik Simon Boswell Kamera Seamus McGarvey Schnitt Trevor Waite Besetzung - Ray Winstone: Vater
- Lara Belmont: Jessie
- Freddie Cunliffe: Tom
- Tilda Swinton: Mutter
- Colin Farrell: Nick
- Aisling O’Sullivan: Carol
- Kate Ashfield: Lucy
The War Zone ist ein britisches Filmdrama aus dem Jahr 1999, das einen Vater-Tochter-Inzest und eine daraus resultierende Familientragödie behandelt. Der Schauspieler Tim Roth gab sein Debüt als Regisseur, das Drehbuch schrieb Alexander Stuart nach seinem eigenen 1989 veröffentlichten Roman.[1]
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Eine vierköpfige Familie ist vor kurzer Zeit aus London in ein abgelegenes Haus an der Steilküste der Grafschaft Devon umgezogen. Die Eltern, etwa Anfang 40, haben im ganzen Film keine Namen, sie werden immer nur Vater und Mutter genannt. Ihre hübsche Tochter Jessie ist 18, Sohn Tom 15 Jahre alt. Die Mutter ist hochschwanger. Der Vater, der mit Antiquitäten handelt, telefoniert immer wieder geschäftlich. Die Familie erscheint äußerlich zufrieden, aber zwischen den einzelnen Mitgliedern gibt es eine spürbare Distanz. Nur die beiden Geschwister scheinen sich näher verbunden. In der Familie herrscht ein freizügiges Verhältnis zur Nacktheit: Die Eltern bewegen sich vor den Kindern bisweilen unbekleidet und auch Jessie hat offenbar nichts dagegen, wenn ihr Bruder ins Zimmer kommt, während sie nackt ist. Der wortkarge und zurückhaltende Tom, der unter dem Wegzug aus der Großstadt sehr leidet, findet heimlich Gefallen an der etwas älteren Lucy aus der Nachbarschaft, was seiner Schwester nicht entgeht.
Als bei der Mutter die Fruchtblase platzt, fährt die ganze Familie mit dem Auto ins Spital. Der Vater verliert die Kontrolle über den Wagen und das Auto überschlägt sich. Die neugeborene Alice kommt an der Unfallstelle zur Welt, niemand wird ernsthaft verletzt. Durch Zufall sieht der schockierte Tom seinen Vater und seine Schwester zusammen in der Badewanne. Er stellt Jessie zur Rede, doch sie beteuert, dass nichts Anstößiges passiert sei. Jessie bandelt mit Nick, einem jungen Burschen aus dem Dorf, an. Als sie erst morgens nach Hause kommt, weil sie offenbar die Nacht mit ihrem Freund verbracht hat, weist ihr Vater sie zunächst aggressiv zurecht, dann entschuldigt er sich jedoch überraschend für seinen Zornesausbruch.
Kurze Zeit später findet Tom Nacktfotos seiner Schwester, die der Vater aufgenommen hat. Darunter ist auch ein Bild, auf dem beide in eindeutig sexueller Pose zu sehen sind. Er zeigt ihr die Fotos und wieder versucht sie ihn zu beruhigen: Sie habe mit Nick einen jungen Liebhaber, da brauche sie doch nicht etwa ein Verhältnis mit dem eigenen Vater. Jessie stichelt Tom, dass er ja bloß neidisch sei, weil er selbst mal mit einem Mädchen Sex haben möchte. Sie könne Lucy fragen, ob diese bereit sei, mit Tom zu schlafen. Sprachlos über diese Reaktion zieht Tom sich zurück. Bei einem seiner einsamen Spaziergänge an der Steilküste sieht Tom Jessie mit Nick in einem Bunker verschwinden. Als Tom an einem späteren Tag seinen Vater und seine Schwester in den Bunker gehen sieht, schleicht er ihnen nach und beobachtet durch ein Fenster, wie die weinende Jessie vom Vater anal vergewaltigt wird. Am Abend sagt er seiner Schwester ins Gesicht, dass er alles gesehen habe. Doch Jessie blockt das Thema ab und fordert Tom auf, sie nicht mit derartigen Vorhaltungen zu quälen. Der Vater nimmt die Geschwister zu einer Geschäftsreise nach London mit. Dort führt Jessie Tom in die Wohnung von Carol, einer etwa 30-jährigen Bekannten, und bittet diese, Tom zu verführen. Als Carol und Tom sich entkleiden und krampfhaft Zärtlichkeiten austauschen, steht Jessie plötzlich im Zimmer und fordert die beiden auf, die Aktion abzubrechen.
Die kleine Alice hat Blut in den Windeln, die Mutter fährt mit ihr in panischer Angst ins Spital. Bei einem Besuch am nächsten Tag fordert Tom sie auf, den Vater niemals mit dem Baby allein zu lassen. Als am Abend der Vater im Spital anruft, weigert sich die Mutter, mit ihm zu sprechen. Tom konfrontiert seinen Vater mit seinen Beobachtungen, zuvor hat er ein Messer eingesteckt. Der Vater rastet aus, beschimpft Tom und versucht ihn als dreisten Lügner darzustellen, der die Familie zerstören wolle. Auch als Jessie ihm ins Gesicht sagt, dass er sie missbraucht hat, leugnet er. Da sticht Tom seinen Vater vor den Augen seiner Schwester nieder. Tom flüchtet zum Bunker, Jessie folgt ihm. Seine Frage, ob der Vater tot sei, beantwortet sie nicht. Auch auf die Frage „Was tun wir jetzt?“ erhält er keine Antwort. Sie sitzen schweigend nebeneinander und er schließt die Tür des Bunkers.
Kritik
Roger Ebert schrieb in der Chicago Sun-Times, der Film sei „brillant und herzzerreißend“. Er thematisiere Inzest und spiele in der Gegenwart, sei jedoch zeitlos. Roth – einer der besten Schauspieler – erweise sich als ein Regisseur mit überraschenden Talenten.[2]
Die Redaktion von Film-Dienst schrieb, der Film sei ein „beklemmendes, in intensiven Bildern eingefangenes Familiendrama“. Er werfe „dank der einfühlsamen Inszenierung sowie der schauspielerischen Leistungen [...] einen emotional wie analytisch überzeugenden Blick auf das brisante Thema des sexuellen Missbrauchs in der Familie“. Dabei stelle er sich „vorbehaltlos auf die Seite der Opfer, ohne die Gegenseite zu dämonisieren“ und sei ein „zutiefst menschlicher Film, geprägt von seiner künstlerischen Verantwortung gegenüber dem Sujet“.[3]
Urs Jenny zeigte sich im Spiegel beeindruckt von den beiden jungen Laiendarstellern Lara Belmont („eine feine, fragile Schönheit mit Schmollmund“) und Freddie Cunliffe („ein wunderbar trauriger, pickliger Junge, der [...] aus der Tiefe seiner Einsamkeit heraus so suchend und begehrend um sich schaut wie sonst nur Tim Roth“). Jenny weist auch darauf hin, dass die Nacktszenen nicht erotisch wirken: „Nacktheit, wie Tim Roth sie zeigt, bedeutet (wie einst bei Bergman) nicht schöne Körper, sondern schutzloses Fleisch und spricht mehr von Schmerz als von Lust.“[4]
Daniel Sander lobte im KulturSpiegel vor allem die Leistung des Regisseurs: „Manchmal tut es geradezu weh, dabei zuzuschauen – so gnadenlos lässt Roth diese Tragödie auf ihr bitteres Finale zusteuern. Roth bringt den Zuschauern seine Protagonisten so schmerzhaft nah, wie es die meisten anderen Filme niemals wagen würden, so verstörend, so brillant.“[5]
Im Lexikon des Internationalen Films schrieb Rolf-Ruediger Hamacher über die Bildführung: „Der kammerspielartige Ton wird immer wieder durch den weiten Blickwinkel der Bilder aufgehoben, in denen Roth die Figuren kunstvoll arrangiert, Außen- wie Innenräume zu grafischen Tableaus macht. Die gedeckten Farben passen sich dem rauen Klima ebenso an wie der gedrückten Stimmung der Personen [...]“[6]
Preise und Nominierungen
Preise
- Tim Roth: C.I.C.A.E. Award
- Tim Roth: Bester Nachwuchsfilm
- Festróia 1999
- Tim Roth: Bestes Erstlingswerk
- Tim Roth: Silberne Ähre
- Lara Belmont: Vielversprechendster Newcomer
- Edinburgh International Film Festival 1999
- Tim Roth: Bester britischer Nachwuchsfilm
- Fort Lauderdale International Film Festival 1999
- Tim Roth: Bester Regisseur
- Tim Roth: Bester Nachwuchsfilm
- Lara Belmont: Spirit of Independence
Nominierungen
- Bester Film
- Ray Winstone: Bester Darsteller
- Tim Roth: Goldene Ähre
- Bodil 2000
- Tim Roth: Bester nicht-amerikanischer Film
- Bester britischer Independentfilm
- Ray Winstone: Bester Schauspieler in einem britischen Independentfilm
- Lara Belmont: Beste Schauspielerin in einem britischen Independentfilm
- Chicago Film Critics Association Awards 1999
- Lara Belmont: Vielversprechendste Darstellerin
- Tim Roth: Bester ausländischer Film
Hintergrund
Der geschäftsführende Produzent Eric Abraham und die Produzentin Sarah Radclyffe hatten bereits seit dem Erscheinen von Alexander Stuarts Roman eine Verfilmung ins Auge gefasst. 1996 gelang es ihnen, Tim Roth als potentiellen Regisseur für das Projekt zu interessieren.[7] Roth selbst verhandelte mit Stuart über die Filmrechte und gewann ihn als Drehbuchautor.[4] Der Regisseur wollte für die beiden jugendlichen Hauptrollen keine Teenager mit Schauspielerfahrung, sondern völlige Neulinge.[4] Freddie Cunliffe begleitete einen Freund zum Vorsprechen und wurde dann selbst engagiert. Lara Belmont wurde beim Einkaufen auf dem Portobello Road Market von einem Casting-Agenten entdeckt und angesprochen.[8]
Die Dreharbeiten fanden in den ersten Monaten des Jahres 1998[4] in Hartland (Devon) und London statt.[9] Die Weltpremiere war am 29. Januar 1999 auf dem Sundance Film Festival. Im Februar 1999 wurde der Film auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin gezeigt, im Mai 1999 auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes und am 13. September 1999 auf dem Toronto International Film Festival. Es folgten weitere Filmfestivals.[10] Von Dezember 1999 bis April 2000 spielte der Film in Kinos der USA ca. 237.000 US-Dollar ein.[11]
The War Zone wurde von 2001 an mehrmals in deutschsprachigen Fernsehprogrammen ausgestrahlt.[12] 2010 erschien der Film bei dem Label Kinowelt Home Entertainment in deutscher und englischer Fassung auf DVD als Nr. 4 der Reihe Arthaus Collection British Cinema.
Weblinks
- The War Zone in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Sammlung von Kritiken zu The War Zone bei Rotten Tomatoes (englisch)
- Kritik des Kinos XENIX in Zürich
Einzelnachweise
- ↑ Alexander Stuart: The War Zone. A Novel. Hamilton, London 1989, ISBN 0-241-12342-9. – Deutsche Ausgabe: The War Zone. Jessies Geheimnis. Aus dem Englischen von Sonja Winner. Deutsche Erstveröffentlichung. Goldmann, München 1991, ISBN 3-442-09829-7.
- ↑ Roger Ebert: The War Zone, in: Chicago Sun-Times 14. Januar 2000, abgerufen 11. Februar 2008.
- ↑ Zitiert nach www.kabeleins.de abgerufen 11. Februar 2008.
- ↑ a b c d Urs Jenny: Was schön ist, muss wehtun, in: Der Spiegel 22/2000 vom 29. Mai 2000, abgerufen 1. Dezember 2010.
- ↑ Daniel Sander: The War Zone, zitiert nach: The War Zone (DVD-Booklet), Kinowelt Home Entertainment, Leipzig 2010, S. 3.
- ↑ Lexikon des Internationalen Films online abgerufen 27. Dezember 2010.
- ↑ Alex Todorov: Über den Film, in: The War Zone (DVD-Booklet), Kinowelt Home Entertainment, Leipzig 2010, S. 4.
- ↑ Alex Todorov: Über den Film, in: The War Zone (DVD-Booklet), Kinowelt Home Entertainment, Leipzig 2010, S. 5f.
- ↑ Internet Movie Database: Drehorte für The War Zone, abgerufen 11. Februar 2008.
- ↑ Internet Movie Database: Premierendaten für The War Zone, abgerufen 11. Februar 2008.
- ↑ Internet Movie Database: Einspielergebnisse für The War Zone, abgerufen 11. Februar 2008.
- ↑ The War Zone im Filmarchiv der rtv media group, abgerufen 6. Dezember 2010.
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