Tierrecht

Tierrecht
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Der Begriff der Tierrechte wurde als wörtliche Übersetzung des englischen Begriffs „Animal Rights“ aus dem angelsächsischen Sprach- und Kulturraum übernommen. Dabei geht es zunächst um die Anerkennung von spezifisch tierischen Interessen, so etwa die Vermeidung von Leid, der dieselbe Aufmerksamkeit wie den ähnlich gelagerten Interessen von Menschen zukommen sollte. Ein weiterer Schritt umfasst Tieren ähnliche Rechte zuzugestehen, wie sie heute beispielsweise unmündigen bzw. nicht handelsfähigen Menschen zustehen. Radikalere Tierrechtler, so genannte Tierbefreier argumentieren, so wie Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts nicht mehr diskriminiert werden dürften, dürften Tiere auch nicht aufgrund ihrer Spezies diskriminiert werden und fordern jegliche Haltung und Nutzung von Tieren allgemein zu unterbinden.

Das Verhältnis zwischen Tierrechten und Tierethik als Teildisziplin der Bioethik lässt sich wie folgt charakterisieren: Während die Tierethik zunächst einmal fragt, ob Tiere oder welchen moralischen Status Tiere im Verhältnis zu anderen Lebewesen haben, ist das Konzept der Tierrechte bereits eine Antwort, welche den moralischen Status und bestimmte Rechte bejaht.

Inhaltsverzeichnis

Tierrechte, Arten- und Tierschutz

Arten- und Naturschutz rührt aus einer Verantwortung des Menschen für die gesamte Umwelt unter Einbeziehung auch von Pflanzen und niederen Wesen bzw. im christlichen Sinne für die gesamte dem Menschen anvertraute Schöpfung heraus. Beim Natur- und Landschaftsschutz wird auch die unbelebte Natur miteinbezogen. Die Tierrechtsbewegung hingegen betont eine Autonomie oder gar Gleichstellung von höheren Tieren gegenüber dem Menschen. Tierschutz legt den Schwerpunkt auf die sach- und artgerechte Haltung, Umgang und Nutzung von Tieren durch den Menschen, während genau dies aus der Sicht vieler Tierrechtsvertreter scharf abgelehnt wird. Einige Tierrechtsforderungen gehen weit über den Tierschutz hinaus. In der öffentlichen Wahrnehmung werden Tierrechtler jedoch häufig mit Tierschützern gleichgesetzt; auch bestehen Übergänge zwischen beiden Gruppierungen.

Positionen

Tierrechte werden für jene Tiere vorgeschlagen, die nach Ansicht der Vertreter der Tierrechte ein Bewusstsein besitzen. Grundlage hierfür sind ethische Konzepte der Philosophie, die davon ausgehen, dass Tiere über eine Schmerz- und Leidensfähigkeit verfügen. Dies ist eine pathozentrische Ethik (von altgriechisch: pathein ~ deutsch: leiden). Damit verwandt, aber noch darüber hinaus geht die Position, Tieren eine eigene Würde zuzusprechen, mithin ein Recht auf ein bestimmtes Maß an Selbstbestimmung (Autonomie). Freiheit oder Selbstbestimmung steht dann als Wert im Zweifelsfall höher als Leidensvermeidung, bzw. Glücksförderung.

Solchen Tieren, meist zählen dazu alle Wirbeltiere, sollen demzufolge das Verfügungsrecht am eigenen Leib sowie die Möglichkeit begrenzter Selbstbestimmung gegeben werden. Die gängige Praxis, Tiere als Eigentum oder Handelsgut zu behandeln, wird abgelehnt.

Die Vergabe von Rechten an bestimmte Tiere bedeutet nicht die rechtliche Gleichstellung von Mensch und Tier. Tierrechte sollen nach Ansicht ihrer Befürworter einer Tierart nach Komplexität des Gehirns und entsprechend vermuteter Unterschiede der Bewusstseinsfähigkeit angepasst sein. Unabhängig vom Nutzen, den ein Tier dem Menschen bietet, argumentieren Tierrechtler, soll dem Tier die Bestimmung über das eigene Schicksal soweit wie möglich gewährt werden; das Eigentum an Tieren und deren Nutzung soll also hinter das Selbstbestimmungsrecht des Tieres zurücktreten. Die meisten Tierrechtler sehen den Gebrauch von Tieren zum Gewinn von Nahrung oder Kleidung, zur Unterhaltung oder zu Forschungszwecken als unvereinbar mit den vorgeschlagenen Tierrechten an.

Geschichte

Die moderne Tierrechtsbewegung geht auf eine Gruppe von Dozenten der University of Oxford zurück, die in den 70er Jahren anzuzweifeln begannen, ob der moralische Status von Tieren gegenüber dem von Menschen notwendigerweise minderwertig sein sollte. Unter ihnen befand sich auch der Psychologe Richard Ryder, der 1970 - analog zum Rassismus - den Begriff "Speziesismus" prägte. Ryder war Mitautor von Animals, Men and Morals: An Inquiry into the Maltreatment of Non-humans, das von Roslind und Stanley Godlovitch und John Harris herausgegeben und 1972 veröffentlicht wurde. Eine Rezension von Peter Singer für die The New York Review of Books legte wiederum die Grundlage für dessen 1975 erschienenen Buches Animal Liberation, welches als "Bibel" der Tierrechtsbewegung angesehen wird.

Weniger bekannt wurden Veröffentlichungen von Donald VanDeVeer und John Rawls, die Tieren einen Status als 'Personen' in einem weiteren Sinn geben wollten. Als bahnbrechend wurden unter anderem The Case for Animal Rights von Tom Regan (erschienen 1983), Created from Animals: The Moral Implications of Darwinism von James Rachels (1990), Rattling the Cage: Toward Legal Rights for Animals von Steven M. Wise (2000) und Animal Rights and Moral Philosophy von Julian H. Franklin (2005) betrachtet. Neben diesen Büchern erschien auch eine Vielzahl wissenschaftlicher Aufsätze, z.B. von dem bereits erwähnten Donald VanDeVeer und von Brent A. Singer u.a. (vgl. auch unten im Absatz zu Philosophie). In Deutschland setzen sich z.B. Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. seit mehreren Jahren für die gesellschaftliche und rechtliche Anerkennung elementarer Tierrechte und deren Umsetzung ein.

Tierrecht in der Philosophie

Das Konzept der Tierrechte zielt darauf, Tieren das Recht zuzugestehen, ein ihnen gemäßes Leben zu führen. Dementsprechend wird die Position, die in Tieren Eigentum oder Investitionsgüter sieht, die dem Nutzen der Menschen dienen, abgelehnt.

Der Engländer Henry Salt thematisierte Tierrechte erstmals 1892 in seinem Buch Animals' Rights: Considered in Relation to Social Progress; im Folgejahr gründete er die Humanitarian League, die ein Verbot der Jagd als Sport erreichen wollte.

Ende der sechziger Jahre sowie Anfang der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts demonstrierte Martin Seligman, dass Hunde, die wiederholt und ohne Befreiungsmöglichkeit Elektroschocks ausgesetzt sind, einen ähnlichen Seelenzustand haben wie schwer deprimierte Menschen.

Bekannte moderne Befürworter von Tierrechten sind die Philosophen Peter Singer und Tom Regan, deren Forderungen weitgehend übereinstimmen, die ihre Sichtweisen aber unterschiedlich begründen. Aktivisten wie Karen Davis vom United Poultry Concerns, Ingrid Newkirk von PETA und Gary Francione von der Rutgers University Animal-Law Clinic haben ebenfalls Philosophien des Tierrechts entworfen. Francione vergleicht den Status der Tiere heute mit dem der antiken Sklaven und setzt sich für deren Befreiung ein.

Ebenfalls für Tierrechte engagiert sind Philosophen, die dafür argumentieren, das Vertragsmodell von John Rawls auch auf bestimmte Tiere als 'Personen' auszuweiten, z.B. Donald VanDeVeer [1] und Brent A. Singer.[2]

Darüber hinaus ist z.B. für Martha C. Nussbaum die „Fähigkeit, in Verbundenheit mit Tieren, Pflanzen und der ganzen Natur zu leben und sie pfleglich zu behandeln“ ein unverzichtbarer Teil der Merkmale, die ein „gutes menschliches Leben“ ausmachen.[3]

Die Philosophie der Tierrechtler und ihre Wurzeln

Peter Singer; sein Buch Animal Liberation wird von vielen als Keimzelle für die Entstehung der Tierrechtsbewegung betrachtet

Der britische Philosoph Jeremy Bentham erklärte, da Tiere Schmerz und Leid empfinden könnten, hätten sie unabhängig von der Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, welche auch einigen geistig Behinderten und Kindern fehle, die gleichen Grundrechte wie die Menschen. Er führte aus, dass ein Hund verständiger sei als ein Neugeborenes und daher dem erwachsenen Menschen näher stünde als der Säugling, welcher nur sein Antlitz teile. Daraus schloss er, dass den Tieren somit die gleichen Rechte eingeräumt werden müssten wie unmündigen Menschen. Er brachte - mit Aussagen wie „Wenn wir Mitglieder unserer eigenen Spezies betrachten, denen Charakteristika normaler Menschen fehlen, können wir nicht länger sagen, dass deren Leben stets dem anderer Tiere vorzuziehen sei“ - Behindertengruppen gegen sich auf, die aufs Schärfste gegen ihn protestierten.

Ansatz: Leidensfähigkeit

Obwohl Peter Singer aufgrund seines Buches Animal Liberation als Vordenker der Tierrechtsbewegung gilt, ist dies genau betrachtet falsch, weil seine Argumentation nicht auf einem Rechtekonzept basiert, sondern auf der Berücksichtigung tierlicher Interessen bzw. Präferenzen. Allein die Leidensfähigkeit begründet nach Singer bereits das Recht auf moralische Berücksichtigung, insbesondere das Recht darauf, dass das Interesse nicht zu leiden, berücksichtigt wird. Für das Lebensrecht ist nach Singer hingegen das Person-Kriterium ausschlaggebend. Personen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie sich als Individuen mit einer Vergangenheit und einer Zukunft begreifen.

Nach Singer gibt es Menschen, die keine Personen in diesem Sinne sind, z. B. Neugeborene oder manche geistig Behinderte. Und es gibt Tiere, die sehr wohl in diesem Sinne Personen sind: mit Sicherheit die Großen Menschenaffen, möglicherweise alle Säugetiere.

Ansatz: Individualrechte

Im Zentrum von Tom Regans Ansatz (The Case for Animal Rights) befinden sich Wesen, die „Subjekte eines Lebens“ sind. Diese zeichnen sich durch Eigenschaften und Fähigkeiten wie Wahrnehmungen, Wünsche, Gedächtnis, Annahmen, Selbstbewusstsein, Zukunftsvorstellungen und Interessen aus. Subjekte eines Lebens sind normale erwachsene Menschen, normale Säugetiere, die ein Jahr alt oder älter sind, sowie jene Menschen, deren geistigen Fähigkeiten diesen Tieren entsprechen.

Subjekte eines Lebens haben ein individuelles Wohlergehen, das sich nicht prinzipiell vom Wohlergehen des Menschen unterscheidet: Sie haben biologische, psychologische und soziale Interessen, die im Laufe ihres Lebens mehr oder weniger realisiert bzw. erfüllt werden können. Es kann ihnen im Leben besser oder schlechter ergehen.

Zentral für das Verständnis des Wohlergehens ist die Autonomie: Subjekte eines Lebens haben Präferenzen, die sie selbst verfolgen können und selbst verfolgen wollen. Außerdem haben Subjekte eines Lebens einen inhärenten Wert. Wesen mit inhärentem Wert dürfen nie so behandelt werden, als hinge ihr Wert von ihrer Nützlichkeit für andere ab. In Anlehnung an Kant könnte man sagen: Wesen mit inhärentem Wert dürfen nie als bloßes Mittel zur Maximierung der Interessen aller betrachtet werden.

Ansatz: „Einfache Ethik“

Helmut F. Kaplan plädiert für eine möglichst einfache Ethik: [4] Einerseits sollten die vielen vorhandenen tierethischen Ansätze endlich einer breiteren Bevölkerungsschicht verständlich vermittelt werden. Andererseits sollten die Menschen „da abgeholt werden, wo sie sind“. Es müsse ihnen klar gemacht werden, dass ihre vorhandenen moralischen Überzeugungen, konsequent zu Ende gedacht und angewandt, den üblichen ausbeuterischen Umgang mit Tieren verbieten.

Kaplan will die „dritte Etappe der Tierethik“ einläuten, die Erkenntnis, dass komplexe moralische Überlegungen in Bezug auf Tiere ebenso überflüssig sind wie komplexe moralische Überlegungen in Bezug auf Menschen. („Wahre und wirksame Ethik ist einfach.“) Genauso wenig wie Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert werden dürften, dürften Tiere auch nicht aufgrund ihrer Spezies diskriminiert werden. Die Tierrechtsbewegung sei demnach die Fortsetzung anderer Befreiungsbewegungen wie die zur Befreiung von Sklaven oder der Emanzipation von Frauen. Eine der zentralen Aussagen Helmut Kaplans zum Themenfeld Tierrechte lautet:

Wir brauchen für den Umgang mit Tieren keine neue Moral. Wir müssen lediglich aufhören, Tiere willkürlich aus der vorhandenen Moral auszuschließen.

Helmut F. Kaplan

Seiner Meinung nach geht der Tierschutz oftmals nicht weit genug, da er sich größtenteils mit "Humanisierungen der Ausbeutung" begnüge. Die Tierrechtsbewegung dagegen fordere ein "Ende der Ausbeutung". Eine Humanisierung der Schlachtung zu fordern sei genauso wenig sinnvoll wie beispielsweise eine Humanisierung der Sklaverei oder die Zulassung zu einer "sanften Vergewaltigung".[5]

Ansatz: Praktische Autonomie

Steven Wise (Rattling the Cage, Drawing the Line) vertritt eine Verleihung von Tierrechten nach einem von ihm practical autonomy genannten Kriterium. Er sieht Tiere, die einen Sinn des „Ich“ besitzen, die intentionell handeln und Wünsche besitzen, als Kandidaten für bestimmte Grundrechte: Sie sollen nicht als Nahrung oder der medizinischen Forschung dienen dürfen. Auch im Hinblick auf die politische Durchsetzbarkeit schlägt er eine vorerst begrenzte Rechtsverleihung nur an wenige Tiere (Primaten, Delfine, Elefanten, Graupapageien) vor. Eine praktische Umsetzung findet sich beim in Seattle ansässigen Great Ape Project, welches sich bei den Vereinten Nationen für eine Erklärung für Menschenaffen einsetzt, die Gorillas, Orang-Utans, Schimpansen und Bonobos einige Grundrechte gewähren soll. Dies bedeute neben dem Recht auf Leben den Schutz der individuellen Freiheit und des Folterverbots.

Ansatz: Bestehende Ungleichbehandlung

Gary Franciones Werk Introduction to Animal Rights basiert auf folgender Voraussetzung: Sofern Tiere als Eigentum betrachtet werden, werden alle Rechte, die als selbstverständlich betrachtet werden könnten, durch diesen Status direkt zunichte gemacht. Er weist darauf hin, dass ein Aufruf, die Interessen des Eigentums denen der eigenen als gleichwertig zu betrachten, absurd sei. Ohne das elementare Recht, nicht als Eigentum der Menschen behandelt zu werden, hätten Tiere überhaupt keine Rechte, so Francione. Er postuliert, dass die Empfindsamkeit die einzige berechtigte Beschluss für moralen Status sei. Dies steht im Gegensatz zu Regan, der qualitative Maße in den subjektiven Erfahrungen seines „Subjekt-des-Lebens“ sieht, die auf einer losen Bestimmung desjenigen basieren, der in diese Kategorie fällt. Francione behauptet, dass es in den USA tatsächlich keine Tierrechtsbewegung gäbe, sondern nur eine Tierschutzbewegung.

In Einklang mit seiner philosophischen Position und seiner Arbeit in Sachen Tierrechte für das Animal Rights Law Project der Rutgers University weist er darauf hin, dass jede Anstrengung, die nicht die Abschaffung des Eigentumsstatus der Tiere fokussiert, irregeleitet wird und daraus letztendlich unvermeidbar die Ausbeutung von Tieren resultiert. Er argumentiert, dass es logischerweise widersprüchlich und unmoralisch sei, wenn die festgelegten Ziele, die Bedingungen der Tiere zu verbessern, niemals erreicht würden.

In seinem Buch Animals, Property, and the Law behauptet er, dass der Haupthinderungsgrund zur Verleihung von Tierrechten der Status von Tieren als „Dinge“ sei. Der Tierschutz versuche zwar, die Bedingungen für Tiere, nicht aber ihren Status zu ändern. Er hält es für inkonsequent, Haustiere wie Hunde und Katzen wie Familienmitglieder zu behandeln, gleichzeitig aber Rinder, Schweine und Hühner für Nahrung zu schlachten.

Vergleich

Diese verschiedenen Sichtweisen zur Frage von Tierrechten zeigt, dass die Bewegung kein einheitlicher Block ist. Innerhalb der Tierrechtsbewegung wird so beispielsweise Singers Utilitarismus-Ansatz von Vertretern wie Regan und Kaplan kritisiert, da er unter Umständen Praktiken wie Tierversuche, Zurschaustellung von Tieren oder Fleischkonsum legitimieren könnte.[6]

Ein Minimalkonsens besteht darin, die Situation von Tieren generell zu verbessern, indem Tierversuche abgeschafft werden und Menschen eine vegetarische Lebensweise anempfohlen wird.

Eine Auseinandersetzung innerhalb der Tierrechtsbewegung ist die Frage, welchen Tieren Rechte zugesprochen werden sollen und ob alle Tiere die gleichen Rechte erhalten sollen, oder ob die Rechte je nach Tierart variieren. Extreme Positionen wollen allen Tieren gleiche Rechte zusprechen, eher moderate Sichtweisen (Steven Wise) sehen eine Rechtsverleihung nur nach Erfüllung bestimmter, vom Menschen festzulegender Kriterien.

Kritik

Die sozialrevolutionären Forderungen von Tierrechtlern treffen auf teilweise harte Ablehnung. Die aus Tierrechten abgeleiteten radikalen Forderungen, etwa einen gesetzlich vorgeschriebenen und staatlich durchgesetzten Veganismus werden von vielen, als insbesondere mit persönlichen Freiheitsrechten und Menschenwürde als völlig unvereinbar gesehen.

Kritiker von Tierrechten argumentieren zudem, dass Tiere gar nicht die Fähigkeit dazu hätten, in eine Vertragstheorie mit einbezogen zu werden oder moralische Entscheidungen zu treffen. Dementsprechend seien sie auch nicht dazu in der Lage, die Rechte anderer zu respektieren oder Rechtskonzepte in irgendeiner Form zu verstehen. Ohne ein Tier als Rechtsperson anzuerkennen, sei es aber möglich - und bereits auch juristische Praxis - Tieren Leidensfähigkeit, Schmerzempfinden und weitere Grundbedürfnisse zuzugestehen und deren Respektierung auch von Menschen einzufordern.

Problematik der Tierrechte

Manche Kritiker, die aus einer bestimmten rechtsphilosophischen Position argumentieren, lehnen Tierrechte ab, weil nach dieser Konzeption ein Recht immer aus einer Selbsterkenntnis abgeleitet werden müsse, die bei Tieren nicht anzutreffen sei. Auch sei nach dieser Tradition ein Recht immer mit entsprechenden Pflichten verbunden. In der rechtstheoretischen Tradition, die nicht religionsgebunden ist, besteht ein Recht aus einem dreistelligen Relationsprädikat mit variablen Komponenten: 1. dem Subjekt oder Inhaber, 2. den Adressaten und 3. dem Inhalt oder Gegenstand des Rechts. Wie diese drei Komponenten ausgefüllt werden, ist nicht in einer vorpositiven apriorischen Natur- oder Vernunftordnung objektiv vorgegeben. In einer säkularen Konzeption kann dies vielmehr nur semikognitiv in einer moderaten Intersubjektivierbarkeit durch Austausch von Argumenten erarbeitet werden. Tierrechte bedeutet dezidiert nicht nur die starke Form des Rechtes auf Leben, sondern insbesondere ein gesicherter Anspruch auf relevante Berücksichtigung in Normenkonflikten, wie z. B. Schmerz-/Leidvermeidung bei Tierversuchen usw.

Die Position eines Teils der Tierrechtsbewegung, generell jede Art der Tiernutzung abzulehnen, ist auch innerhalb der Tierrechtsbewegung umstritten. Während Einigkeit besteht, Tierversuche und Tierquälerei sowie die Jagd zum Vergnügen (im Gegensatz zum Nahrungserwerb) abzuschaffen, wird die Zurschaustellung von (Wild)Tieren (Zoo, Zirkus) unterschiedlich bewertet. Auch in der Frage der Haustierhaltung ist die Position nicht einheitlich: Während die Haltung erkenntnis- und leidensfähiger Tiere als Nahrung abgelehnt wird, sehen manche Tierrechtler keine Probleme in einer Nutzung von Tieren als Blindenhunde, Zug- und Reittiere oder zu therapeutischen Zwecken.

Kritik von Norbert Brieskorn

Der Rechtsphilosoph und Jesuit Norbert Brieskorn hat festgehalten, wer höher entwickelten Tieren subjektive Rechte zugestehen will, müsse darauf antworten,

  1. ob Rechte Wesen zuerkannt werden sollen, die im Gegensatz zum Menschenkind nie von ihnen selbst Gebrauch machen können;
  2. worin das Plus der Zuerkennung von Rechten an Tiere gegenüber jenen ethischen Verpflichtungen läge, welche den Menschen gegenüber den Tieren ohnehin schon durch ethische Reflexion auferlegt sind;
  3. ob es sich um die Ausdehnung von Menschenrechten auf Tiere oder um spezifische Tierrechte handeln soll;
  4. wie der jeweilige Vorrang zwischen Menschen- und Tierrechten zu ermitteln ist;
  5. worauf die Legitimität jener beruht, welche die Tierrechte im Namen der Tiere geltend machen.

Holocaustvergleich und Umgang mit Tierschutz im NS Regime

Flyer der Organisation PETA, der ein Bild von Menschen in einem Konzentrationslager einem Abbild von Tieren in der Masentierhaltung gegenüberstellt. Die Beschriftung übersetzt sich etwa: Der Holocaust auf Ihrem Teller.

Einige Autoren und Gruppen stellen zwischen dem heutigen Umgang mit Tieren und dem Holocaust eine Analogie her, so tat dies etwa People for the Ethical Treatment of Animals (PETA), mit über 800.000 Mitgliedern eine der weltgrößten Tierrechtsorganisationen im Jahr 2003 mit einem Vergleich von Massentierhaltung und Holocaust. In der umstrittenen Ausstellung »Holocaust On Your Plate« (deutsch: „Holocaust auf Ihrem Teller“), die nach den USA auch 2004 in Deutschland gezeigt wurde, werden Bilder von Juden in Konzentrationslagern denen von getöteten und misshandelten Tieren gegenüber gestellt. Diese wurde von PETA auch gezielt eingesetzt, um Betroffenheit auszulösen. Die PETA-Vorsitzende Ingrid Newkirk wurde dabei zitiert wie sie sagte: "In den Konzentrationslagern starben sechs Millionen Juden, aber sechs Milliarden Hühner werden in diesem Jahr in Schlachthäusern sterben, um als Brathähnchen zu enden." Die vergleichende Darstellung wurde in der Öffentlichkeit sehr kontrovers aufgenommen, führte zu erheblichen Protesten und Unterlassungsklagen von Menschenrechtsorganisationen wie der Anti-Defamation League und Opfergruppen. Es sei unerträglich, das im Holocaust Menschen zugefügte Leid derart zu relativieren (vgl. Holocaust (Begriff)).

Die vergleichsweise unbefangene Diskussion um Tierrechte in den angelsächsischen Staaten wurde in Deutschland nur teilweise nachvollzogen. In Deutschland war das im Wesensgehalt heute noch geltende pathozentrische, das Leid der Tiere in den Mittelpunkt stellendes Tierschutzrecht bereits 1933 unter nationalsozialistischen Vorzeichen, im Sinne des Tierschutzes durchaus erfolgreich, eingeführt worden Im Sinne der Tierrechte eine wichtige Neuerung, was aber Krieg und ungeheure Verbrechen an Menschen und Menschlichkeit zu NS-Zeiten nicht ausschloß[7]..

Aktivismus

Tierrechtsrapper Albino auf einer Anti-Pelz-Demonstration

Während die Mehrzahl der Tierrechtsadvokaten politische Lobbyarbeit und Aufklärung durch Veröffentlichungen betreibt, gibt es auch Gruppen, die illegale Aktivitäten durchführen. Diese umfassen die Entfernung von Tieren aus Einrichtungen, Brandstiftung, Raub, Sachbeschädigung sowie Mord[8]- und Gewaltandrohung[9] gegenüber Nutzern von Tieren.

Tierrechtsbezogene und radikalökologische Gewalt haben mittlerweile in Großbritannien [10] und den USA [11] eine bereits als terroristisch angesehene Dimension[12]. Umstritten sind insbesondere auch die durch solche Akte hervorgerufenen Schäden an Tieren, Menschen wie auch dem Ansehen friedlicher Protagonisten von Tierrechten.

In seinem Beitrag „Tierbefreiungen - Kriminelle Akte oder konsequente Ethik?“[13] kommt der Tierrechtsphilosoph Helmut F. Kaplan allerdings nach wie vor zum Ergebnis, dass gerade auch Straftaten wie sogenannte Tierbefreiungsaktionen nicht nur moralisch legitim, sondern sogar moralisch geboten seien.

Kampagnen

Der Verein Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V. führt seit vielen Jahren Projekte und Kampagnen zu Tierrechtsthemen durch. Da andere Tierrechtsgruppen in Deutschland meist relativ klein sind, gibt es daneben auch spezielle Tierrechts-Netzwerke und -Bündnisse, in denen sich mehrere Tierrechtsgruppen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam mit mehr Druck spezielle Forderungen gegen Tierausbeutung durchsetzen zu können. Die bekanntesten Netzwerke sind die Offensive gegen die Pelzindustrie (OGPI) und die Aktion zur Abschaffung des Primatenhandels (AAP).

Literatur

  • Martin Balluch: Die Kontinuität von Bewusstsein. Das wissenschaftliche Argument für Tierrechte Guthmann-Peterson, Wien 2005
  • Peter Dinzelbacher (Hg): Mensch und Tier in der Geschichte Europas Kröners Taschenausgabe Bd. 342, Stuttgart 2000 ISBN 3520342014
  • David S. Favre: Animal Law: Welfare, Interests, and Rights Aspen 2008
  • Gary Francione: Animals, Property and the Law. Temple University Press, Philadelphia 1995
  • Helmut Kaplan: Tiere haben Rechte – Argumente und Zitate von A bis Z. 2. Auflage. Harald Fischer, Erlangen 2002
  • Helmut Kaplan: Der Verrat des Menschen an den Tieren. Vegi-Verlag, Neukirch-Egnach 2006, ISBN 3-909067-06-9
  • Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Tierethik (Hrsg.): Tierrechte - Eine interdisziplinäre Herausforderung. Erlangen 2007, ISBN 978-3-89131-417-3
  • Mark Rowlands: Animal Rights. A Defense. London, New York, 1998
  • Tom Regan: The Case for Animal Rights. Routledge, New York 1984
  • Brent A. Singer: An Extension of Rawls' Theory of Justice to Environmental Ethics. Environmental Ethics 10, 1988, S. 217-231
  • Peter Singer: Henry Spira und die Tierrechtsbewegung. Harald Fischer, Erlangen 2001
  • Peter Singer: Animal Liberation. second edition. Avon Books, New York 1990
  • Steven Wise: Drawing the Line: Science and the Case for Animal Rights. Perseus, 2002, ISBN 0-7382-0810-8
  • Steven Wise: Rattling the Cage: Toward Legal Rights for Animals. Perseus, 2000
  • Tierrechte – Die Philosophie einer Befreiungsbewegung. Echo, Göttingen 2000, ISBN 3-926914-35-1
  • Jean-Claude Wolf: Tierethik. Neue Perspektiven für Menschen und Tiere. 2. Auflage. Harald Fischer, Erlangen 2005
  • Mohammad Nasser Taghavi: Tierrechte im Islam. Hamburg 2007, ISBN 978-3-925165-21-4
  • Donald VanDeVeer: Of Beasts, Persons, and the Original Position. The Monist 62, 1979, S. 368-377
  • Rudolf Winkelmayer, Eva Maria Maier, Christoph Wagner: Gewissensbissen. Tierethik und Esskultur. Löwenzahnverlag 2008, ISBN 978-3-7066-2420-6

Quellen

  1. Donald VanDeVeer: Of Beasts, Persons, and the Original Position. The Monist 62, 1979, p. 368-377
  2. Brent A. Singer: An Extension of Rawls' Theory of Justice to Environmental Ethics. Environmental Ethics 10, 1988, p. 217-231
  3. Martha C. Nussbaum: Gerechtigkeit oder Das gute Leben. Frankfurt am Main 1999, S. 201
  4. Einfache Ethik
  5. http://www.tierrechte-kaplan.org/kompendium/index.html
  6. Singer, Tierrechte und Utilitarismus
  7. [1] IDB Münster • Ber. Inst. Didaktik Biologie Suppl.2 (2002), 167-184 167, Tierschutz und Nationalsozialismus Die Entstehung und die Auswirkungen des nationalsozialistischen Reichstierschutzgesetzes von 1933 Daniel Jütte
  8. [2] Kill scientists, says animal rights chief (Tierrechtler fordert zur Ermordung von Wissenschaftlern auf)
  9. [3] Animal Rights and Environmental Extremists use intimidation and violence to achieve their ends (Gewaltandrohung durch Tierrechtler und Ökoextremisten)]
  10. [4] 30.8.2000 BBC: UK Animal rights, terror tactics
  11. [5] FBI, ATF address domestic terrorism Officials: Extremists pose serious threat, From Terry Frieden CNN 19.5.2005
  12. [6] Congressional Testimony Testimony of Louis J. Freeh, Director, FBI Before the United States Senate, Committees on Appropriations, Armed Services, and Select Committee on Intelligence May 10, 2001 "Threat of Terrorism to the United States"
  13. Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Tierethik Heidelberg (Hg.): Tierrechte. Erlangen: Harald Fischer Verlag, 2007.

Weblinks


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