Ultimogenitur

Ultimogenitur

Die Primogenitur ist ein Erbfolgeprinzip, bei dem nur der Erstgeborene das Erbe antritt und sämtliche Geschwister ausgeschlossen bleiben.

Ihr Gegenteil ist die Ultimogenitur (der Letztgeborene erbt.)

Inhaltsverzeichnis

Grundsatz

Die Primogenitur wurde vor allem in Monarchien eingesetzt, um den Thronfolger zu bestimmen. Dabei geht es in der Regel immer nur um die Erbfolge der Söhne. Frauen waren entweder ganz ausgeschlossen (Lex Salica) oder wurden gegenüber den Männern nachrangig behandelt.

Funktion

Die Primogenitur sicherte den ungeteilten Bestand eines Erbes, im Falle eines regierenden Herrn also den ungeteilten Bestand eines Landes. Je mehr sich in der frühen Neuzeit Territorien in ihrem Selbstverständnis und ihrer Funktion einem Staat annäherten, desto erstrebenswerter wurde dieses Ziel.

Die Primogenitur, also der Anfall des Erbes bei nur einem Familienmitglied, nämlich dem ältesten Sohn, hatte zur Folge, dass die übrigen Geschwister ohne Versorgung aus dem Erbe blieben. Dies wurde zum Teil dadurch behoben, dass die anderen Geschwister kirchliche Pfründen übernahmen. Dieses System versagte allerdings nach der Reformation großflächig.

Ein weiterer Konflikt ergab sich daraus, dass in dieser Konstellation – wenn also die jüngeren Geschwister mit kirchlichen Pfründen versorgt wurden – nur der Erstgeborene legitime, erbberechtigte Kinder zeugen konnte. „Versagte“ er hier, drohte die Familie auszusterben. Deshalb kam es oft vor, dass, obwohl das Hausrecht einer Familie Primogenitur vorschrieb, in der Praxis doch davon abgewichen wurde, um den Bestand der Familie zu sichern.

Geschichte

Das Prinzip des Vorrangs des Erstgeborenen ist bereits alttestamentlich belegt, etwa in der Rivalität Esaus und Jakobs um das Erbe Isaaks. Wegen der besonderen Bedeutung des Erstgeborenen sind es auch gerade diese, die in der 10. Plage den Ägyptern genommen werden.

Im germanischen Rechtsbereich und damit auch im deutschen Mittelalter konnte sich das Prinzip nur allmählich durchsetzen. Bei den Karolingern und den Askaniern wurde die Herrschaft unter den lebenden Söhnen geteilt. Heinrich I. von Bayern versuchte seine wiederholten Aufstände gegen die Herrschaft seines Bruders Ottos des Großen dadurch zu rechtfertigen, dass jener zwar der Erstgeborene - Primogenitus - sei, er, Heinrich, aber geboren wurde, als sein Vater bereits die Königswürde trug - Porphyrogenitus (der Purpurgeborene) - während Otto lediglich als Herzogssohn das Licht der Welt erblickt hatte.

In Deutschland erlangte die Primogenitur im Heiligen Römischen Reich staatsrechtlich durch dessen Einführung in den Kurfürstentümern durch die Goldene Bulle von 1356 herausragende Bedeutung. Dass hier noch kein unumstrittener Grundsatz vorliegt, ist daran erkennbar, dass sich das ausschließlich auf die Kurlande bezog. Sonstiges Territorium, über das ein Kurfürst herrschte, konnte durchaus weiter geteilt werden, wie etwa die sächsische und die kurpfälzische Geschichte zeigen.

Eine der ältesten Bestimmungen, die die Primogenitur unterhalb der Ebene der Kurfürsten vorschreiben, ist das Primogeniturstatut von 1375 der Herrschaft und späteren Grafschaft Hanau.

In Mecklenburg wurde die Primogenitur erst durch den Hamburger Vergleich (1701) verbindlich eingeführt.

Gegenwart

Am häufigsten war in Erbmonarchien die patrilineare Primogenitur. Viele der noch bestehenden Erbmonarchien in Europa haben sich aber inzwischen von diesen das Geschlecht berücksichtigenden Erbregeln entfernt. So haben beispielsweise Schweden 1980 und Belgien 1991 die Erbfolge unabhängig davon gestaltet: Das älteste Kind, ungeachtet des Geschlechtes, besteigt den Thron. An der alten Form der Primogenitur hält heute z.B. noch Liechtenstein fest und in abgemilderter Form, bei der die Söhne des Herrschers oder der Herrscherin den Töchtern in der Erbfolge vorgehen, diese wiederum aber Vorrang vor fernerer (auch männlicher) Verwandtschaft genießen z.B. Großbritannien.

Literatur

  • G. Rühl: Majorat, Minorat, Primogenitur, Seniorat, in: Carl von Notteck/ Carl Welcker (Hrsg.): Das Staats-Lexikon - Encyklopädie der sämtlichen Staatswissenschaften für alle Stände, Bd.8, Verlag von Johann Friedrich Hammerich, Altona 1847, S.699–701.
  • Michael Kaiser: Regierende Fürsten und Prinzen von Geblüt, in: Jahrbuch Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 4 (2001/2002), S. 3ff.

Siehe auch

Senioratsprinzip, Majorat, Primogeniturgesetz, Purpurgeburt, Sekundogenitur, Realteilung.


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