WEU

WEU

Flagge
██ Mitgliedstaaten
██ Assoziierte Mitgliedstaaten
██ Beobachterstaaten
██ Assoziierte Partnerstaaten
Gründung 17. März 1948
Generalsekretär Javier Solana
Website www.weu.int

Die Westeuropäische Union (kurz WEU; frz. UEO, Union de l'Europe occidentale), wurde am 23. Oktober 1954 von Frankreich, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, der Bundesrepublik Deutschland und Italien als kollektiver Beistandspakt gegründet. Sie ging aus dem Brüsseler Pakt hervor, in dem Frankreich, Großbritannien und die Benelux-Staaten bereits Mitglied waren. Die Gründungsdokumente, die Pariser Verträge, sind seit dem 5. Mai 1955 in Kraft. Der derzeitige Generalsekretär ist Javier Solana.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 wurde die WEU als kollektiver Beistandspakt der wichtigsten Länder in Westeuropa geschlossen. Insbesondere die britische Regierung verstärkte ihre Bemühungen, die von ihr bevorzugte Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO voranzutreiben. Um auch das vor allem von Frankreich geforderte Element einer europäischen Organisation zu bewahren, besann man sich auf den Brüsseler Pakt von 1948. Dieser war zwischen Frankreich, Großbritannien und den Beneluxländern geschlossen worden, um direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gleichermaßen einer möglichen sowjetischen Offensive wie auch einer erneuten Aggression Deutschlands entgegenzutreten. Gleichzeitig mit dem NATO-Beitritt wurden die Bundesrepublik und Italien auch in den nun in „Westeuropäische Union“ umbenannten Brüsseler Pakt aufgenommen. Im Gegensatz zur Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) handelte es sich bei der WEU keineswegs um eine europäische Gemeinschaftsarmee. Im Prinzip erschöpfte sich ihre Funktion in der Ermöglichung des NATO-Beitritts der Bundesrepublik und damit der Beendigung der Besatzungszeit. Damit wurde die Westeuropäische Union kurz nach ihrer Gründung schon wieder bedeutungslos, da die NATO ihre Aufgaben weitgehend übernahm.

Darüber hinaus war nur der Gründungsvertrag, in dem sich die Mitglieder zu gegenseitiger militärischer Hilfe verpflichteten, Obergrenzen für die jeweiligen Streitkräfte vereinbarten und Deutschland auf den Besitz von ABC- sowie anderer schwerer Waffen verzichtete, von Bedeutung. Zwar umfasste die WEU in dieser frühen Phase auch einen Ministerrat und ein parlamentarisches Gremium zu dessen Kontrolle, praktische Aufgaben kamen letztendlich jedoch nur dem Amt für Rüstungskontrolle, das die Einhaltung der Rüstungsbeschränkungen überwachte, und dem Ständigen Rüstungsausschuß zu, in dessen Zuständigkeitsbereich die technische Angleichung der Waffensysteme der Mitgliedsstaaten lag. Von einem direkten Einfluss auf die Streitkräfte der Mitgliedsstaaten oder auf die strategische Planung der europäischen Verteidigung konnte keine Rede sein. Diese Aufgaben blieben der NATO vorbehalten. Verpflichtungen, die europäische Integration auch auf kultureller und sozialer Ebene zu fördern, wurden nie umgesetzt und auch der bloße Anspruch auf diese Aufgaben wurden schon 1960 an den Europarat abgegeben. Eine bedeutendere Rolle sollte der WEU als Garantieinstanz für die geplante Kompromislösung für den Status des Saarlandes zukommen. Als diese Regelung noch 1955 an der Volksabstimmung scheiterte, kam es auch nicht zu dieser Funktion.

Ab 1963 diente die WEU auch als Kontaktorgan zwischen der EWG und Großbritannien.

Während des Kalten Krieges gelang es der WEU nicht, neben der übermächtigen und noch dazu wesentlich handlungsfähigeren Instanzen NATO und EG eine wahrnehmbare politische Bedeutung zu erlangen. Der Grund für diese geringe Bedeutung lag darin, dass spätestens nach dem Beitritt Großbritanniens 1973 allen WEU-Mitglieder die EG als Kommunikationsforum mit größeren politischen Spielräumen zur Verfügung stand. Lediglich als eine Art spezieller Interessenverband europäischer NATO-Mitglieder kam die WEU gelegentlich zum Einsatz. Außerdem kam der WEU praktisch keine Bedeutung bei der strategischen Verteidigungsplanung zu. Sie befasste sich nur mit der Rüstungskontrolle in den Mitgliedsstaaten. Da diese Staaten aber ohnehin einem Bündnis angehörten und einem gemeinsamen Gegner gegenüberstanden, fand auf diesem Gebiet kaum politische Gestaltung geschweige denn Auseinandersetzungen statt.

Nachdem die WEU die 60er und 70er Jahre mehr oder weniger verschlafen hatte, wurde sie in den 80ern wiedererweckt. Die Europäer fühlten sich sowohl von der Konfrontation der Supermächte als auch von der folgenden Annäherung der beiden ausgeschlossen und beschlossen, die WEU zur Artikulation ihrer Interessen zu nutzen. Seit der zweiten Hälfte der achtziger Jahre versuchte man mit der Europäische Politischen Zusammenarbeit dieses Politikfeld verstärkt in die europäische Integration einzubeziehen. Zudem traten 1989 Portugal und Spanien der WEU bei. Die strukturellen Voraussetzungen für Aktionen der WEU wurden allerdings erst Anfang der 90er erfüllt, als sich durch die politische Wende in den Staaten Osteuropas auch die militärischen Bedingungen grundlegend gewandelt hatten. Die EPZ floss in dem 1992 ausgehandelten Maastrichter Vertrag in die Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ein.

Obwohl sich auch die Mitgliedschaft in beiden Organisationen nicht exakt überschnitten, nahm der Ministerrat der WEU ab 1990 weitestgehend die Aufgabe eines Verteidigungsministerrats der EU ein. Die WEU wirkte als ein Sprachrohr der Sicherheitsinteressen der EU, wurde jedoch weiterhin nicht aktiv tätig. Verlautbarungen zu Krisen, wie beispielsweise im Fall des Zweiten Golfkriegs oder den Jugoslawienkriegen, enthielten meist nur grobe Stellungnahmen oder allgemeine Handlungsaufforderungen. Konkrete Aktionen blieben den einzelnen Staaten vorbehalten. Die WEU-Gremien dienten lediglich der Abstimmung dieser Operationen zwischen den Staaten.

Eine Neudefinierung der Aufgaben der WEU erfolgte 1992 mit der Definition der Petersberg-Aufgaben durch den Ministerrat. Die WEU wurde „als Verteidigungskomponente der EU und als Instrument zur Stärkung des europäischen Pfeilers der Atlantischen Allianz“ genau zwischen den beiden Institutionen EU und NATO angesiedelt. Die militärischen Aufgaben der einzelnen Mitgliedsländer wurden neu überdacht und auf humanitäre Aufgaben, Kampfeinsätze in Krisengebieten und friedensschaffende sowie -erzwingende Einsätze ausgeweitet. Im Rahmen der geforderten „Stärkung der operativen Rolle der WEU“ sollten multinationale Truppen aber in Zukunft auch unter direktem WEU-Kommando eingesetzt werden können. Mitgliedstaaten wurden dazu aufgefordert, Truppenteile verbindlich für solche WEU-Verbände zur Verfügung zu stellen. Auch der sicherheitspolitische Dialog zu den ehemals kommunistischen Staaten in Osteuropa sollte auf der Basis von Konsultationen, Einladungen zu Tagungen von WEU-Gremien und Veranstaltungen des WEU-Instituts für Sicherheitsstudien intensiviert werden.

Durch Zuweisung von multinationalen Verbänden für eventuelle WEU-Operationen versuchten die beteiligten Staaten seitdem offiziell, die Petersberger Beschlüsse umzusetzen. Zum Aufbau einer eigenen Kommandostruktur oder gar Militäraktionen unter direktem WEU-Kommando kam es jedoch nicht. Unternehmungen wie die Hilfe bei der Seeblockade gegen Jugoslawien oder die Unterstützung von Polizeiaktionen in Jugoslawien stellten de facto Unterstützungen von NATO-Aktionen durch Einzelstaaten dar, für die die WEU lediglich als Abstimmungsgremium diente. 1993 erfolgte die Verlegung des Rates und der Generalsekretariats der WEU nach Brüssel, wodurch die geforderte stärkere Bindung an EU und NATO auch räumlich verankert wurde. Einen weiteren Schwerpunkt der WEU-Arbeit in den 1990ern stellte der Aufbau eines europäischen Satellitenaufklärungssystems dar.

Im Vertrag von Amsterdam 1997 rückte die WEU stärker an die EU heran, indem sie als zukünftige Sicherheitskomponente der Europäischen Union bezeichnet wurde. Außerdem erhielt der Europäische Rat Richtlinienkompetenzen gegenüber der WEU. Allerdings erfolgte keine konkrete Zuweisung von Aufgaben und Zielen, um diese Rolle ausfüllen zu können.

WEU heute

Die im Vorfeld des Amsterdamer EU-Gipfels versuchte Integration der WEU in die EU wurde von Großbritannien abgelehnt. Es setzte sich der schon ältere Streit der beiden Pole Großbritannien (europäischer Pfeiler in der NATO) und Frankreich (eigenständige europäische Verteidigung) fort. Zur Kehrtwende kam es erst 1998, als Großbritannien beim französisch-britischen Gipfel in St. Malo dem Aufbau einer europäischen Verteidigung zustimmte. Hier begann die wirkliche Integration der WEU in die EU und somit die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Am Ende blieben nur die Parlamentarische Versammlung, das Generalsekretariat und der Brüsseler Vertrag übrig. Alles andere wurde aufgelöst oder in die EU integriert, so etwa die Planungskapazitäten sowie das Forschungs- und das Satellitenzentrum.

Mitglieder

Mitglieder der WEU sind die NATO- und EU-Staaten:

Diese Vollmitglieder müssen Mitglied der Europäischen Union sein.

Assoziierte Mitgliedstaaten der WEU müssen NATO-Mitglieder sein. Hierzu gehören:

Beobachterstaaten der WEU sind EU-Mitglieder, die keine Vollmitglieder sein können oder wollen. Meist sind sie neutral oder nicht paktgebunden, so etwa:

Assoziierte Partnerstaaten der WEU sind Staaten, die mit der EU ein Europaabkommen abgeschlossen haben. Dies sind:

Weblinks


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