- Wegerecht (Straßenverkehrsrecht)
-
Das Wegerecht im Straßenverkehr gibt in Deutschland bestimmten Kraftfahrzeugen das Recht auf „freie Bahn“.
Im deutschen Straßenverkehrsrecht bezeichnet man als Wegerecht das Recht, von anderen Verkehrsteilnehmern „freie Bahn“ zu verlangen. Dies wird durch gleichzeitiges Einschalten von Blaulicht und Folgetonhorn (Sondersignal) angezeigt. Die rechtliche Grundlage bildet § 38 StVO.
„(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an:
‚Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen‘.“– Auszug aus § 38 StVO
Das Wegerecht ist eine unmittelbare verkehrsrechtliche Anordnung, die Anspruch auf sofortige Befolgung hat (Verstoß kann als Verkehrsordnungswidrigkeit geahndet werden). Die Befolgung dieser Anordnung durch den Verkehrsteilnehmer verpflichtet auch dazu, ohne Gefährdung Anderer selbst kleinere Verkehrsverstöße zu begehen (z. B. Ausweichen auf den Gehweg, Überfahren von roten Ampeln [aber nicht Überfahren der Kreuzung!], Überfahren von weißen Linien bzw. Befahren von Sperrflächen usw.), wenn sonst keine freie Bahn geschaffen werden könnte. Auf Autobahnen ist bei stockendem Verkehr spätestens jetzt die Rettungsgasse zu bilden, im Verkehrsfluss der linke Fahrstreifen zu räumen. Auch Fußgänger sind betroffen und haben geeignet Platz zu machen.
Das Wegerecht kann unter oben genannten Voraussetzungen von jedem mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgestatteten Fahrzeug in Anspruch genommen werden. Die Fahrzeuge, die mit blauem Blinklicht ausgestattet werden dürfen, sind in § 52 StVZO benannt. Es handelt sich dabei um:
- Kraftfahrzeuge, die dem Vollzugsdienst der Polizei, der Militärpolizei (Feldjäger und Militärpolizeien der in Deutschland stationierten NATO-Streitkräfte, vgl. NATO-Truppenstatut), der Bundespolizei oder des Zolldienstes dienen (insbesondere Kommando-, Streifen-, Mannschaftstransport-, Verkehrsunfall-, Mordkommissionsfahrzeuge),
- Einsatz- und Kommandofahrzeuge der Feuerwehren und der anderen Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes. (z. B. Hilfsorganisationen, Technisches Hilfswerk sowie als Krankenkraftwagen zugelassene Fahrzeuge für Krankentransport oder Notfallrettung,
- Unfallhilfswagen öffentlicher Verkehrsbetriebe, die mit spurgeführten Fahrzeugen, einschließlich Oberleitungsomnibussen, anerkannt sind.
Nach § 70 StVZO kann im Einzelfall oder allgemein für bestimmte Antragsteller eine Ausnahme zugelassen werden, beispielsweise für den Störungsdienst von Gasversorgungsunternehmen oder der Notfallseelsorge.
Vom Wegerecht zu unterscheiden sind verkehrsrechtliche Sonderrechte, die Angehörigen bestimmter Organisationen (z. B. Bundeswehr, Feuerwehr, Polizei) ein Abweichen von den Regeln der StVO erlauben, aber keine Anordnung an andere Verkehrsteilnehmer darstellen und für die weder Sondersignale noch Blaulicht erforderlich sind. Jedoch ist die Inanspruchnahme des Wegerechts meistens auch mit der Ausübung von Sonderrechten verbunden.
Vorfahrt und Unfall
Entgegen einem verbreiteten Rechtsirrtum ändert das Wegerecht nichts an der Vorfahrt. Kommt es zum Unfall, weil das Einsatzfahrzeug beispielsweise eine rote Ampel überfahren hat und mit einem Auto zusammenstößt, das „grün“ hatte, dann wird dies in aller Regel dem Fahrer des Einsatzfahrzeugs zugerechnet (§ 35 StVO):
„(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.“
– Auszug aus § 35 StVO (D)
Das bedeutet, dass sich ein Einsatzfahrzeug vorsichtig und langsam in eine schlecht einsehbare vorfahrtberechtigte Straße hineintasten muss, bis sich der Fahrer davon überzeugt hat, dass offensichtlich alle Vorfahrtberechtigen die Lage erkannt haben und anhalten werden. Sonder- und Wegerechte entbinden nicht von Haftungs- und Sorgfaltspflichten.
Die zivilrechtliche Haftungsaufteilung bei einem Unfall wird von den Gerichten jedoch unterschiedlich – auch zu Ungunsten der anderen Verkehrsteilnehmer – vorgenommen. Die anderen Beteiligten können durch überhöhte Geschwindigkeit oder laute Musik im Fahrzeug zum Unfall beigetragen haben und müssen dann Zahlungen der Kfz-Haftpflichtversicherung und resultierend Nachteile beim Schadenfreiheitsrabatt hinnehmen.
Weblinks
- FAQ von de.etc.notfallrettung zu Sonder- und Wegerecht im Straßenverkehr
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! Kategorie:- Straßenverkehrsrecht (Deutschland)
Wikimedia Foundation.