Weimarer Kunstschule

Weimarer Kunstschule

Die Grossherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar war eine per Statut vom 1. Oktober 1860 durch Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar gegründete Bildungseinrichtung künstlerischer Ausrichtung, die bis zum Jahr 1910 bestand, in dem sie in den Rang einer Kunsthochschule erhoben wurde (Großherzoglich Sächsische Hochschule für Bildende Kunst in Weimar). Sie ist nicht mit der Fürstlichen freien Zeichenschule zu verwechseln, die von 1776 bis 1930 existierte und ab 1860 ihre Schüler in einer Vorstufe auf die Aufnahme in die Kunstschule vorbereitete.

Inhaltsverzeichnis

Die Weimarer Malerschule

Die Lehrer und die Schüler der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar wandten sich in den Jahren 1870 bis 1900 von der akademischen Tradition idealisierter Kompositionen ab. Ähnlich wie vor ihnen die Vertreter der Schule von Barbizon in Frankreich fanden sie durch das Studium der Natur zu einer realistischen Landschafts- und Genremalerei. Diese an der Großherzoglichen Kunstschule geprägte Strömung ging als Weimarer Malerschule in die Kunstgeschichte ein.

Das Wirken der Weimarer Malerschule hat Walther Scheidig (1902–1977) aufgearbeitet, der viele Jahre über der Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen zu Weimar war.

Nachfolge

Unter Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar wurde die Grossherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar durch den Maler Hans Olde (1855–1917) unter Einbeziehung von Adolf Brütt (1855–1939) als Leiter der neu gegründeten Weimarer Bildhauerschule (1905) und der von Henry van de Velde (1863–1957) geleiteten Grossherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar (1908) zu einer Grossherzoglich-Sächsischen Hochschule für bildende Kunst in Weimar ausgebaut (3. Juni 1910). 1910 wurde Fritz Mackensen Direktor der Hochschule.

Der noch von Wilhelm Ernst eingesetzte Walter Gropius gründete 1919 das Staatliche Bauhaus zu Weimar, aus dem am 1. April 1921 die Staatliche Hochschule für bildende Kunst ausgegliedert und dann das Bauhaus 1925 gänzlich aufgelöst wurde. Unter Otto Bartning (1883–1959) wurden die vorhanden Weimarer Institutionen zur Staatlichen Bauhochschule und Hochschule für Handwerk und Baukunst zusammengefasst. Eine Reorganisation als Staatliche Hochschulen für Baukunst, bildende Künste und Handwerk in Weimar erfolgte unter Paul Schultze-Naumburg (1. April 1930). Unter Leitung von Gerd Offenberg entstand zehn Jahre später die Hochschule für Baukunst und bildende Künste im Range einer Technischen Hochschule. Hermann Henselmann (1905–1995) führte die Hochschule 1945 bis 1951 weiter. Die nachfolgende Hochschule für Architektur und Bauwesen wurde seit der politischen Wende 1989 weitgreifend umstrukturiert und trägt seit dem 17. Mai 1996 den verpflichtenden Namen Bauhaus-Universität Weimar.

Das Kunstschulgebäude

Das 1904-1911 nach den Entwürfen von Henry van de Velde errichtete Kunstschulgebäude (heute Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar).

Das Kunstschulgebäude (auch „Ateliergebäude“ genannt) wurde in zwei Bauphasen 1904/05 und 1911 gegenüber dem Kunstgewerbeschulbau von 1905/06 an der damaligen Kunstschulstraße nach den Plänen von Henry van de Velde errichtet. Beide Bauwerke sind dem Jugendstil verpflichtet und Ausdruck für die beginnende Erneuerung der Architektur auf Grundlage eines funktions- und materialgerechten Gestaltens. Als Gründungsort des Bauhauses 1919 ist es eines der bedeutendsten Kunstschulbauten der Jahrhundertwende. Besonders bemerkenswert im Inneren des Gebäudes sind die Wandgestaltungen von Bayer und Schmidt, der Oberlichtsaal, das elliptisch angelegte Treppenhaus und die „Eva“ von Auguste Rodin.

Im Dezember 1996 wurde das Kunstschulgebäude zusammen mit dem Kunstgewerbeschulbau (Van-de-Velde-Bau) in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. 1999 wurde durch die Sanierung unter Leitung des Architekten Thomas van den Valentyn weitgehend der Originalzustand wiederhergestellt, dazu gehörte unter anderem das 1923 als „Gesamtkunstwerk“ für die „Große Bauhausausstellung“ entworfene Gropiuszimmer (Direktorenzimmer von Walter Gropius), welches im Originalzustand bis zum Frühjahr 1925 existierte.

Als Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar in der Geschwister-Scholl-Straße 8 wird es heute durch die Fakultät Architektur mit Dekanat, die Fakultät Gestaltung und das Rektoramt genutzt.

Liste von Lehrern und Leitern der Grossherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar

Diese Liste ist nach dem Datum der Berufung geordnet. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Name Lebens-
daten
Klasse Lehrer
von/bis
Leiter
von/bis
Schüler Anmerkungen
Stanislaus von Kalckreuth 1820-1894 1860-1876
Alexander Michelis 1823-1888 1860-1862
Arnold Böcklin 1827-1901 1860-1862
Arthur von Ramberg 1819-1875 1860-1866
Carl Hummel 1821-? Landschaftsmalerei 1860-?
Franz von Lenbach 1836-1904 1860-?
Johann Wilhelm Cordes 1824-1869 1860-1869
Reinhold Begas 1831-1911 1861-(1863?)
Ferdinand Pauwels 1830-1904 Historienmalerei 1862-1872
Bernhard Plockhorst 1825-1907 Historien- und
Portraitmalerei, Grafik
1866-1869
Paul Thumann 1834-1908 Genremalerei 1866-? zuvor Schüler von
F. Pauwels
Max Schmidt 1818-1901 1868-1872
Charles Verlat 1824-1890 Tiermalerei 1869-?
Karl Gussow 1843-1907 1870
Theodor Hagen 1841-1919 Landschaftsmalerei 1871 1877-1881 wendet sich 1881
wieder dem Lehren zu
Albert Baur 1835-1906 1872-(1876?)
Ferdinand Schauss 1832-1916 Porträt- und
Genremalerei
1873-1876
Franz Gustav Arndt 1842-? Landschaftsmalerei 1876-? zuvor Schüler,
ab 1879 Sekretär der Kunstschule
Willem Linnig der Jüngere 1849-? Genre- und
Historienmalerei
1876-? zuvor Schüler
Alexandre Stuys 1852-? Aktmalerei 1878- ?
Albert Brendel 1827-1895 Tiermalerei  ? 1882-1885
Max Thedy 1858-1924 1883-1910 später Professor (1910-1920)
und Direktor (1914/15-1919) der Kunsthochschule
Leopold von Kalckreuth 1855-1928 1885-1890 zuvor Schüler,
Sohn von Stanislaus Kalckreuth
Hans Olde 1855-1917 1902?-? etabliert die Kunstschule
als Hochschule
Ludwig von Hofmann 1861-1945 1903-1907 Vorreiter der
Bewegung Neues Weimar

Liste von Schülern der Grossherzoglich Sächsischen Kunstschule Weimar

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Literatur

  • Walther Scheidig: Die Weimarer Malerschule. Seemann, Leipzig 1991, ISBN 3-363-00538-5

Weblinks


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