Wendelring

Wendelring

Der Wendelring, auch Wendelhalsring oder Torques, ist seit der Eisenzeit als Halsschmuck für Frauen in Gebrauch gewesen. Er ist seit 2700 Jahren als Schmuck bekannt und wird seit 1883 so bezeichnet. Grabungen bei Halle-Trotha und Nebra brachten eisenzeitliche Wendelringe aus Bronze zutage.

Wappen mit einem Wendelring: Wappen der Hunsrücker Gemeinde Hecken

Wendelringe sind aus unterschiedlichen Epochen und in unterschiedlichen Gebieten gefunden worden. Während der Hallstattzeit, z.B. in Oberhausen bei Kirn, waren es häufige Grabbeigaben. Bekannter ist der Ring aus Erdbach (Landesmuseum Wiesbaden). Ein weiterer Fundort liegt in der Westprignitz im Königsgrab von Seddin.

Der Wendelring wurde um den Hals getragen. Besonders die begüterten Frauen trugen ihn in der Tracht der Hunsrück-Eifel-Kultur. Dazu trug die Frau Schläfenringe am Stirnband und Armreife. Die Untersuchungen von A. Pietzsch führten 1964 zum Durchbruch bei der Frage der Herstellung. Die eigentümliche Verzierung besteht aus einer Torsion eines profilierten vierkantigen Ringstabes als Ausgangsform. Der Großteil der Ringe wurde kalt gedreht, wobei der Materialermüdung durch Hämmern und Glühen entgegen gewirkt wurde. Ein- oder mehrmalig über den Ring verteilt wird die Drehrichtung geändert. Die Anzahl der so genannten Wendestellen schwankt zwischen einer und etwa 20 und steht im Zusammenhang mit der Herstellung, dem regionalen Stil und der chronologischen Stellung der Ringe. Vom Rohling bis zur endgültigen Fertigstellung benötigte man je nach dem 20 bis 60 Stunden. Der Wendelring zeugt von der Kunstfertigkeit und dem Erfindungsreichtum der damaligen Bronzekunst. Im Querschnitt zeigen sich kreuzförmige Ringkörper, die wechselweise zopfartig verdreht sind. Seit 1915 wurden diesen die »unechten« Wendelringe gegenübergestellt, bei denen die Verdrehung entweder beim Guß gewonnen oder durch tiefe Einkerbung oder Gravierung in einen rundstabigen Ring nachgeahmt wurde. Vielleicht gelangten Bronzehandwerker, die die schwierige Herstellungstechnik der »echten« Ringe nicht beherrschten, zu dieser Lösung. Deutlicher Abrieb an manchen Ringen spricht dafür, daß sie ständig getragen wurden. Reparaturstellen zeigen die große Bruchanfälligkeit.

Spätestens seit der Erhebung Kaiser Julian Apostatas 360 n. Chr. war die Torqueskrönung, bei der der neue Imperator auf einen Schild gehoben und mit einem Wendelring statt eines Diadems gekrönt wurde, Teil der Ausrufung der spätantiken römischen Kaiser. Der Gote Godila gab so im Jahre 518 dem auf einem Schild erhobenen oströmischen Kaiser Justin I. nach germanischer Sitte einen goldenen Wendelring als Zeichen der Macht, bevor er durch den Patriarchen Johannes II. mit dem Diadem gekrönt wurde. Noch im byzantinischen Mittelalter ist diese Praxis bezeugt.

Wappen mit Wendelring

Verschiedene Ortschaften haben einen Wendelring im Wappen, zum Beispiel Bonefeld, Hecken Hecken im Hunsrück, Meissenheim und Oberhausen bei Kirn. In der Heraldik spricht man hier von einer gemeinen Figur.

Literatur

  • Wilhelm Enßlin: Zur Torqueskrönung und Schilderhebung bei der Kaiserwahl. In: Klio 35 (1942), S. 268–298
  • Manuela Schwarz: Gefangener eines Schmuckstücks. In: Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte (Hrsg.): Schönheit, Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Begleitband zur Sonderausstellung vom 11. Dezember 2001 bis 28. April 2002 im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle/Saale, Halle 2001, S. 150f.

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