Wulf Bernotat

Wulf Bernotat

Wulf Hinrich Bernotat (* 14. September 1948 in Göttingen) ist ein deutscher Manager und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der E.ON AG.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bernotat begann nach seinem Abitur am Scharnhorstgymnasium in Hildesheim 1969 ein Jura-Studium an der Universität Göttingen, das er 1974 mit dem ersten Staatsexamen abschloss. 1976 legte er das zweite Staatsexamen ab und promovierte noch im gleichen Jahr.[2]

Im gleichen Jahr begann Bernotat seine berufliche Karriere als Justitiar bei der britisch-niederländischen Shell AG in Hamburg. 1981 wechselte er zu Shell in London, wo er bis 1984 als Business Development Manager für Osteuropa, insbesondere für Russland, Polen, Rumänien und Bulgarien tätig war.

1986 kehrte er nach Hamburg zurück, wo er das Handelsgeschäft Schmier- und Kraftstoffe der deutschen Shell leitete. 1986/87 übernahm er die Verantwortung für die strategische Planung. Kurzzeitig war er 1987/88 im Marketing-Sektor Erdgas seines Unternehmens verantwortlich. Von dort wechselte er 1988 in die Leitung des Shell-Vertriebszentrums Luftfahrt und Behörden.[3]

1989 wechselte er zur Shell-Niederlassung in Lissabon, wo er bis 1992 als General Manager den Konzern in Portugal vertrat.[4]

1992 kehrte er nach London zurück, wo er als Area Coordinator der Shell-Operationen in der südlichen Hemisphäre und Coordinator Coal Business Afrika tätig war. 1995 bis 1996 arbeitete er im Vorstand der Shell-France mit Zuständigkeit für Raffinerie und Distribution.[3]

1996 verließ Bernotat den Shell-Konzern und übernahm als Vorstand bei der VEBA-Oel AG in Gelsenkirchen die Verantwortung für das Marketing und den Vertrieb. Im November 1998 wurde Bernotat zum Vorstandsvorsitzenden der damals zum VEBA-Konzern gehörenden Stinnes AG in Mülheim an der Ruhr berufen. Die Stinnes AG formte er zu einem reinen Logistikunternehmen, dessen Börsengang er 1999 vorbereitete, bis es 2002 an die Deutsche Bahn AG verkauft wurde.[5] Gleichzeitig gehörte er bis Juni 2000 dem Vorstand des VEBA-Konzerns mit Verantwortung für den Bereich Downstream (Versorgung, Verarbeitung, Marketing, Vertrieb für Mineralöl- und Petrochemieprodukte) an.[3][6]

Im Mai 2003 trat Bernotat die Nachfolge von Ulrich Hartmann und Wilhelm Simson als Vorstandsvorsitzender des aus dem VEBA-Konzern hervorgegangenen Energieversorgers E.ON AG in Düsseldorf an. Das Unternehmen erhielt eine neue Unternehmensidentität und wurde auf die Elektrizitätsgewinnung und -verteilung sowie die Gasverteilung fokussiert.

Zur Übernahme der Ruhrgas AG im Januar 2003 wurde die Chemiesparte Degussa verkauft. Durch den schnellen Weiterverkauf der Messtechnikaktivitäten Ruhrgas Industries 2005 verschaffte Bernotat dem Unternehmen weitere Liquidität. Auch den Verkauf früherer VEBA-Immobilien als Viterra-Wohnungsbaugesellschaft für7 Mrd. konnte mit etwa2,4 Mrd. Buchgewinn ausgewiesen werden.[7]

Wegen ihres Restrukturierungsbedarfs wurde die Übernahme des britischen Energieversorgers Powergen in Branchenkreisen als überteuert angesehen. Überdies übernahm das Unternehmen für1,637 Mrd. den britischen Energieverteiler Midlands Electricity, der mit692 Mio. verschuldet war.[8] Zwischenzeitlich beteiligte sich E.ON systematisch in Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Tschechien, Polen und der Slowakei.[9] Durch die Übernahme der Ruhrgas ist E.ON am größten halbstaatlichen russischen Gasunternehmen Gazprom mit 6,5% beteiligt.[10] Nachdem BASF bei einer Gasfeldkooperation schneller war als E.ON Ruhrgas, einigte sich Bernotat mit Gazprom auf eine 25%ige Beteiligung minus eine Aktie am sibirischen Erdgasfeld Yushno Russkoje. Im Gegenzug erhielt Gazprom eine Beteiligung von fast 50 % an den ungarischen Gasgesellschaften E.ON Földgaz Storage und E.ON Földgaz Trade, sowie 25 % plus eine Aktie am regionalen Strom- und Gasversorger E.ON Hungaria.[11] Um der E.ON-Tochter Ruhrgas die Geschäftsgrundlage für die nächsten Jahrzehnte zu sichern, ließ Bernotat E.ON-Ruhrgas zusammen mit der BASF-Tochter Wintershall 2005 einen Vertrag mit Gazprom zum Bau der politisch nicht unumstrittenen Ostseepipeline unterzeichnen.[12] Die geplante Übernahme der Scottish Power scheiterte am zu hoch erscheinenden Preis. Beim Übernahmeversuch des italienischen Elektroenergieerzeugers Edison hatte das Unternehmen gegenüber dem französischen Konkurrenten EdF das Nachsehen.[13] Im Februar 2006 plante das Unternehmen die Übernahme des spanischen Energieversorgers Endesa im Gesamtwert von55 Mrd. Zunächst legte aber der spanische Gasversorger Gas Natural ein Gegenangebot vor, das Bernotat noch durch ein verbessertes Angebot konterte. Auflagen seitens der spanischen Regierung wurden von der EU nicht genehmigt. Die Übernahme misslang jedoch, unter anderem wurden befreundete Unternehmen (Acciona und Enel) zum Kauf von Anteilen an Endesa unterstützt. Schließlich erhielt E.ON-Anteile an diversen Unternehmen in Spanien, Frankreich, Italien und weiteren Ländern im Wert von 10 Mrd. Euro. Auf der Hauptversammlung der E.ON 2007 wurde der Vertrag von Wulf Bernotat um 2 Jahre verlängert.

2006 wurde Bernotats Vergütung gegenüber 2004 um 63 % auf ein Jahreseinkommen von 5,72 Millionen Euro angehoben.[14] Er gehört dem Aufsichtsrat der Metro AG, der RAG und Allianz an. Im Mai 2006 wurde er in den Aufsichtsrat der Bertelsmann AG und mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in den Aufsichtsrat der Deutschen Telekom gewählt.[15][16] Am 30. April 2010 trat er vom Amt des Vorstandsvorsitzenden der E.ON AG zurück. Johannes Teyssen wurde mit Wirkung zum 1. Mai 2010 sein Nachfolger.

Im August 2010 positionierte sich Bernotat als einer von 40 Unterzeichnern des Energiepolitischen Appells, einer Lobbyinitiative der vier großen Stromkonzerne um die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke voranzubringen.

Privates

Bernotat ist verheiratet und Vater zweier Kinder.[2]

Einzelnachweise

  1. Mit Herz und Seele EON-Mensch. In: faz.net. 30. April 2010, abgerufen am 1. Mai 2010.
  2. a b Wulf H. Bernotat. In: WHOs WHO. Abgerufen am 19. Oktober 2006.
  3. a b c Stinnes Vorstandsvorsitzender Dr. Wulf Bernotat ist überzeugter Team-Player. In: Frankfurter Finance Newsletter. 4. Oktober 2002, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  4. Ölexperte Bernotat - Der designierte E.ON-Chef. In: n-tv. 4. Juli 2002, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  5. Nach dem Bahn-Kauf - Stinnes-Chef wechselt zu E.ON. In: n-tv. 4. Juli 2002, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  6. Dr. Wulf H. Bernotat. In: Homepage von Schenker Logistics. 16. November 1998, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  7. Viterra. In: Wikipedia.de. 16. August 2005, abgerufen am 14. Mai 2010.
  8. Einkauf in Großbritannien - E.ON auf Töchterjagd. In: n-tv. 21. Oktober 2003, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  9. Wohin mit den Milliarden - E.ON strotzt vor Kraft. In: n-tv. 15. Juni 2005, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  10. E.ON will Gasprom-Beteiligung nicht aufstocken. In: dw-world. 9. Juli 2004, abgerufen am 20. Oktober 2006.
  11. E.ON und Gasprom tauschen Beteiligungen. In: Finanznachrichten.de. 13. Juli 2066, abgerufen am 20. Oktober 2006.
  12. Gaspipeline vereinbart. In: Die Zeit. 8. September 2005, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  13. Brigitte Koch: Wulf BernotatDer Herr der vollen Kassen. In: FAZ-net. 16. Juni 2005, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  14. Wulf Bernotat. In: focus-online. Abgerufen am 19. Oktober 2006.
  15. Bertelsmann - Eon-Chef wird Aufsichtsrat. In: Manager-Magazin. 22. Mai 2006, abgerufen am 19. Oktober 2006.
  16. Wechsel im Telekom-Aufsichtsrat - Eon-Chef wird Kontrolleur. In: Handelszeitung Online. 5. Januar 2010, abgerufen am 5. Januar 2010.

Weblinks


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