Yukos

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Sitz Moskau, Russland
Produkte Erdöl
Eine Yukos-Tankstelle in Moskau

YUKOS (russisch ЮКОС, deutsch JUKOS) war einer der großen Konzerne Russlands für Erdölförderung und Petrochemie und gehörte auch weltweit zu den größten nicht-staatlichen Konzernen. Nach der Festnahme des Unternehmensgründers Michail Chodorkowski im Jahr 2003 geriet das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten, was dazu führte, dass Yukos am 1. August 2006 von einem Moskauer Gericht für bankrott erklärt wurde.

Der im internationalen Wirtschaftsleben übliche englische Name YUKOS ist ein Akronym der Unternehmen, die an der Gründung des Erdölkonzers beteiligt waren, „YUganskneftegaz“ und „KuybyshevnefteOrgSintez“ (Юганскнефтегаз, КуйбышевнефтеОргСинтез; JUganskneftegas, KuibyschewnefteOrgSintes).

Inhaltsverzeichnis

Das Unternehmen

Yukos wurde in den letzten Jahren von Michail Chodorkowski geleitet, einem politisch engagierten Milliardär. Das Unternehmen hatte bis zu Chodorkowskis Verhaftung im Oktober 2003 den zweiten Platz am Markt inne.

Durch die Verhaftung und restriktive Maßnahmen des Kreml ist der Konzern international bekannt geworden, aber auch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Chodorkowski wurde wie auch einem zweiten Manager (Lebedew) Steuervergehen vorgeworfen. Beide wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Als eigentliche Gründe werden vermutet, dass Chodorkowski (der zu Russlands „Oligarchen“ zählt), als Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen war, bzw. weil die russische Regierung den Konzern (wie schon früher) in ihren Einflussbereich bringen will. Auch hatte sich Präsident Putin negativ zur Unterstützung von Bildungseinrichtungen und Massenmedien durch Yukos geäußert. Als Grund hierfür gilt, dass die Förderung des politischen Pluralismus sowie der Meinungs- und Medienvielfalt nicht den Bestrebungen Putins in Einklang steht. Besonders der Einstieg von US-Investoren in den russischen Markt durch Yukos wird als Grund für die staatliche Intervention angenommen.

Yukos wurde im Zuge der großen Privatisierungswelle nach Auflösung der Sowjetunion unter kontroversen Umständen von der russischen Regierung erworben. Der Erwerb erfolgte im Rahmen einer geschlossenen Versteigerung, welche von der durch Chodorkowski mitgegründeten Bank Menatep organisiert wurde, die dann selbst als einziger Bieter auftrat. MENATEP war in den Jahren zuvor selbst zu einer finanzkräftigen Privatbank geworden, da Chodorkowski ihr als stellvertretender Öl- und Energieminister unter Boris Jelzin zahlreiche Aufträge zur Verwaltung von Investitionsprogrammen hatte zukommen lassen. Später ging Yukos an eine Gruppe (auch internationaler) Investoren. Hauptanteilseigner wurde Chodorkowski.

Westliche Ökonomen schätzten einerseits die Flexibilität und Ertragskraft des Konzerns, warfen ihm aber auch eine dubiose Politik gegenüber den Kleinaktionären vor. Dies soll sich ab etwa 2001 gebessert haben. In den letzten Jahren konnte Yukos Umsatzsteigerungen von 30 % bis 104 % und Gewinnmargen bis 50 % vorzeigen und wurde zum Börsenmagneten, nicht nur in Russland (2000: 9,8 Mrd. US-Dollar). Es wurde kräftig in den Energiebereich investiert:

Die tägliche Erdölfördermenge von Yukos betrug etwa 1,7 Millionen Barrel, was über 15 % der gesamten russischen Ölförderung entsprach.

Im Juli 2006 erklärte der Vorstandsvorsitzende Steven Theede seinen Rücktritt zum 1. August 2006. Er begründete dies mit dem Insolvenzverfahren, welches eine Farce sei. Nach Einschätzung von westlichen Beobachtern war es das Ziel der russischen Regierung, die zusammen mit dem staatlichen Ölkonzern Rosneft 100 Prozent des Unternehmens besitzt, die Auflösung und Eingliederung in Rosneft.[1] Am 1. August 2006 stellte ein Moskauer Gericht den Bankrott des Unternehmens fest und beschloss somit die Auflösung von Yukos.

Der „Fall Yukos“

Im April 2003 vereinbarte Yukos eine Verschmelzung mit Sibneft (seit Juni 2006 Gazprom Neft), dem zu diesem Zeitpunkt das nach Umsatz etwa fünftgrößte Unternehmen in Russland. Die Fusion unterblieb infolge von Nachwirkungen der Verhaftung Chodorkowskis. Ende Oktober 2003 fror die Regierung 44 Prozent der Aktien ein, um ihre Übernahme durch eine mit Chodorkowski kooperierende Investorengruppe zu verhindern.

Seither sank die Ertragskraft von Yukos kontinuierlich, was nach den kräftigen Zuwächsen der letzten Jahre umso auffälliger war. Der Kurs fiel gegenüber dem Jahresmittel (etwa 40 Euro) um bis zu 80 %, was alle russischen Aktienbörsen beeinträchtigte. Anfang 2004 gab es Gerüchte über Zahlungsunfähigkeit sowie den Verdacht, dass die Restriktionen einer Insolvenz und einem billigen Kauf durch den Staat dienen würden.

Am 31. Mai 2004 erklärte ein Moskauer Schiedsgericht die für die Zusammenlegung mit Sibneft bestimmte Zusatzemission von Yukos-Papieren für nichtig, wodurch der Konzern das Recht auf 57,5 % der Sibneft-Aktien einbüßte. Im folgenden Juni erklärte Gazprom, der weltweit größte Erdgasproduzent, im Falle einer Versteigerung Yukos-Aktiva zu erwerben.

Am 29. Juni 2004 wurden die Steuernachzahlungen in Höhe von umgerechnet 2,8 Milliarden Euro für das Jahr 2000 gerichtlich bestätigt und somit rechtskräftig. Gerichtsvollzieher leiteten nach dem Urteil ein Vollstreckungsverfahren ein. Das Unternehmen musste nach deren Beschluss diesen Betrag bis Ende August 2004 begleichen. Die Steuerschuld für 2001 betrug ebenfalls umgerechnet 2,8 Milliarden Euro. Für 2002 und 2003 wurden jeweils Forderungen in etwa gleicher Höhe gestellt. Das Unternehmen bot an, eine Zahlung von einer Milliarde Euro bei Erlass der Restsumme zu leisten. Das russische Finanzministerium bestand auf der Begleichung der gesamten Steuerschuld. Daraufhin folgte ein Vollstreckungsverfahren, bei dem die Steuerbehörden in der Rangordnung der Gläubiger über den Geldgebern sowie den Zulieferern standen. Auf Anweisung der Gerichtsvollzieher mussten die vier Fördergesellschaften von Yukos den Verkauf anderer Vermögenswerte mit sofortiger Wirkung stoppen. Förderung, Verarbeitung und Verkauf von Erdöl konnten jedoch fortgesetzt werden.

Am 19. Dezember 2004 wurde Juganskneftegas für sieben Milliarden Euro versteigert, um die Steuerschuld der zurückliegenden Jahre zu begleichen. Auf Juganskneftegas entfielen rund 60 % der gesamten Ölförderung von Yukos. Yukos-Manager hatten Tage zuvor angekündigt, dass sie den potentiellen Käufer vor internationalen Gerichten verklagen würden. Auch hatten die Yukos-Manager in Houston/Texas Gläubigerschutz nach Chapter 11 des Insolvenzrechts der Vereinigten Staaten beantragt. Bei der Versteigerung, in der sich v.a. die Baikalfinanzgruppe und Gazprom gegenüberstanden, erhielt letztere den Zuschlag und übernahm somit drei Viertel des Kerngeschäfts von Yukos.

Drei Tage später erfolgte die vollständige Übernahme der Baikalfinanzgruppe durch den staatlichen russischen Ölkonzern Rosneft.

Ehemalige Jukos-Eigner klagten am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen mutmaßlicher Diskriminierung des Konzerns durch die Steuerverfahren des russischen Staates. Die Klage wurde im September 2011 mit Möglichkeit auf Berufung abgewiesen. Das Gericht wies alle Vorwürfe eines politisch motivierten Verfahrens zurück, sah aber die Art und Weise der Eintreibung der Steuerschulden der Jahre 2000 bis 2003 als „unverhältnismäßig“ sowie als Verstoß gegen des Schutzes des Eigentums an, obwohl die Behörden alle auf legaler Grundlage gehandelt hätten.[2]

Stimmen

Der Anwalt des ehemaligen Mehrheitsaktionärs des russischen Ölkonzerns Yukos, Robert R. Amsterdam, hat nach der Versteigerung von Juganskneftegas Bundeskanzler Gerhard Schröder als „Mafioso“ bezeichnet, da er im Interesse deutscher Konzerne zusammen mit der Deutschen Bank den Rechtsbruch in Russland toleriere.

Zahlreiche Bundestagsabgeordnete, darunter die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wiesen darauf hin, dass Yukos durch eine Regierung zerschlagen worden sei, die bereit sei, jedes in ihrer Macht stehende Instrument zu nutzen, um ihre Interessen durchzusetzen.

Am 28. Dezember 2004 erklärte der russische Präsidentenberater Andrei Illarionow auf einer Pressekonferenz, beim Fall Yukos habe es sich um die „Affäre des Jahres 2004“ gehandelt.

Literatur

Weblinks

Fußnoten

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Juli 2006, S. 17
  2. Gerichtshof sieht kein Unrecht im Yukos-Prozess, veröffentlicht auf ftd.de (20. September 2011)

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